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Hallo mal wieder!

Heute soll es hier um den Dt 73/72 "Gondoliere" gehen. Das Portrait dieser eher kurzen Episode der Fahrplangeschichte entstand quasi als "Abfallprodukt" der Recherchen zum D 1323/1322 und seinen Vorgängern und Nachfolgern. Abereigentlich könnte man diesen Beitrag auch unter das Motto stellen: Was es nicht alles gab...

Vorab - wie immer - der Link zum Blog Fahrplangeschichte(n.) und der Hinweis, dass sich dieser Blog auch bequem abonnieren lässt, dann seid ihr immer auf dem Laufenden!

Bisher erschienene Artikel:
Mit dem "Postzug" von Nürnberg nach Augsburg,zugehörige Diskussion auf DSO
D 1323/1322: Direktverbindung aus dem Ruhrgebiet an die Adria,zugehörige Diskussion auf DSO
D 1123/1122 bzw 1125/1124 „Dolomiten-Express“ Dortmund – Italien,zugehörige Diskussion auf DSO
Mit dem Bahnbus von Augsburg nach Donauwörth,zugehörige Diskusison auf DSO
Die Nebenbahn Mertingen – Wertingen, Teil 1 1905-1957,zugehörige Diskussion auf DSO
Die Nebenbahn Mertingen – Wertingen, Teil 2 1957-1981,zugehörige Diskussion auf DSO
Die Nebenbahn Mertingen – Wertingen, Teil 3 Nach der Stillegung ab 1981

"Gondoliere" war der wohlklingende Name einer gar nicht mal so lange bestehenden Schnellzugverbindung von München über den Brenner nach Italien.
Erstmals nachweisen lässt sich das Zugpaar Dt 73/72 "Gondoliere" 1959. Der Dt 73/72 "Gondoliere" war eine Direktverbindung von München nach Venedig, die nur in der Hochsaison verkehrte, 1962 war dies z.B. der Zeitraum vom 30.VI. bis 17.IX. In Österreich verkehrte der Zug als TS 73/72 "Gondoliere" (TS=Triebwagenschnellzug), in Italien als R 348/347 "Gondoliere" (R=Rapido; mit besonderem Zuschlag).
Hierbei wurde die ganzjährig verkehrende Kurswagengruppe des D 65, der eine Dreiviertelstunde später München verließ, entlastet. Dt 73 hatte jedoch wesentlich weniger Halte und eine beschleunigte Fahr- zeit, so dass man mit diesem 4 Stunden früher als mit den Kurswagen aus D 65 in Venedig war.

http://www.histoliga.de/fahrplangeschichten/S62_Dt73.png
Bild 1: Recht übersichtlich war der Fahrplan des "Gondoliere". Mit nur 7 Zwischenhalten geht es in schneller Fahrt nach Venedig. Mit dem durchgehenden EC geht das heute auch nur 50 Minuten schneller.

Für das Zugpaar war eine Garnitur erforderlich - verwendet wurden hierzu zwei FS-Triebwagen der Baureihe ALn 773

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/66/Certosa_di_Pavia_staz_ferr.jpg

Bild 2: So in etwa - wenn auch in anderer Farbgebung - darf man sich Dt 73/72 Gondoliere von 1959-1965 vorstellen. Das Foto entstand 1993 in den letzten Tagen der Triebzüge. Foto: Stefano Paolini. Veröffentlicht auf Wikimedia Commons unter Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 Generic Lizenz.

Hierbei handelt es sich um eine Serie von 70 vierachsigen Dieseltriebwagen mit gut 300kW der Baujahre 1956-1962, die damals also "brandneu" waren. (Nähere Angaben - leider nur in italienisch - auf Wikipedia: [it.wikipedia.org]) Die Fahrzeuge sollen sich aber nicht allzu sehr bewährt haben.

Gerade in heutigen Zeiten kann man sich nicht wirklich vorstellen den Brenner in einem Fernverkehrszug nur bestehend aus zwei vierachsigen Triebwagen in der Leistungsklasse des VT627 zu überqueren. Zwischen Innsbruck und dem Brenner wurde auch nur eine Durchschnittsgeschwindigkeit von gut 50 km/h erreicht, die lokbespannten Züge waren dort wesentlich schneller!

Auf der Internetseite [www.finescalemuc.de] (ziemlich weit nach unten scrollen) findet sich auch ein mit Sicherheit sehr seltenes Bild vom Dt 73/72 "Gondoliere", aufgenommen 1962 in Kirchbichl (Tirol) sowie etwas Text zum Zug.

Die anhaltenden Probleme mit den zu schwachen Dieseltriebwagen führten dazu, dass dieser Zug zum Sommer 1966 als Kurswagengruppe in den schon bestehenden D 265/260 integriert wurde, der in Kürze hier vorgestellt wird.

Vielen Dank an Jörg Schwabel für ergänzende Recherchen in ÖBB-Kursbüchern!

Markus

http://histoliga.de/fahrplangeschichten/gepflegtereise.png
Hallo!

Für das Fahrplanabschnitt Sommer 1960 kann ich folgende Zeiten mitteilen:

Dt 73 (nur vom 25.VI. bis 12.IX., platzkartenpflichtig):

München (Dt 73) - Kufstein (TS 73) - Brennero (R 347) - Venezia

München Hbf. 7.00
Kufstein 8.05/15
Innsbruck Hbf. 9.05/07
Brennero (Brenner) 9.50/58
Bolzano (Bozen) 11.14
Trento (Trient) 11.51
Verona PN 12.53
Venezia/Venedig SL 14.12

Besonderes: TS 73 war zwischen Brennero und Bolzano 5 Minuten schneller als der TEE 75.

DT 72 (nur vom 25.VI. bis 12.IX., platzkartenpflichtig)

Venezia (R 348) - Brennero (TS 72) - Kufstein (Dt 72) - München

Venezia (Venedig) SL 15.35
Verona PN 16.54
Trento (Trient) 17.51
Bolzano (Bozen) 18.29
Brennero (Brenner) 20.00/10
Innsbruck Hbf. 20.47/49
Kufstein 21.41/50
München Hbf. 23.03

Die Halte in Padova (Padua) und Venezia Mestre waren hier nicht verzeichnet.

Quelle: Kursbuch der Deutschen Reichsbahn, Sommerfahrplan 1960, Tabelle E 1)

Das Binnenkursbuch der Deutschen Reichsbahn hat bis einschl. Sommer 1961 auch internationale Anschlussfahrpläne veröffentlicht. Es gab in jener Zeit noch kein separates Kursbuch Ausland. Dieses wurde erst im Winter 1961/62 eingeführt.

Mit freundlichen Grüßen

Der Cottbuser




2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2012:01:19:19:48:53.
Hallöle,

mein Beitrag zum Thema ist ein Altpapier-Scan:

http://666kb.com/i/c0jplz2t0gb1247mx.jpg
http://666kb.com/i/c0jpnmy6yqg5cbpgp.jpg

Quelle: Amtlicher Taschenfahrplan Südbayern Sommer 1962, 27. Mai bis 29. September 1962

Die Strecke C ist eigens für diesen Taschenfahrplan gesetzt worden und erschien so in keinem anderen Fahrplandruckstück. Sie stellt einen Auszug (sowohl bezogen auf die Bahnhöfe als auch die Züge) der Strecke D5 des Amtlichen Kursbuchs dar. Es sind alle ab/bis München durchgehend verkehrende Italienzüge aufgeführt. Die Fahrplanqualität im Brennerverkehr (und nicht nur dort...) war vor 50 Jahren um ein Vielfaches besser als heute.

Zur Entstehungsgeschichte des «Gondoliere» wäre noch zu sagen: Bereits 1957, zur Einführung der TransEuropExpress Züge und somit des TEE «Mediolanum», war eine rein erstklassige Verbindung München-Firenze/Florenz und zurück in der Lage des Gondoliere (früh ab/spätabends an München) vorgesehen. Da zu wenig VT 11.5 vorhanden waren, sollte ein VT 08 zum Einsatz kommen. Erst zum Sommerfahrplan 1959 wurde der Gondoliere mit einem technisch und komfortmässig absolut ungeeigneten italienischen Triebwagenug geschaffen.

Quelle: Dr. Stöckl, Europäische Eisenbahnzüge mit klangvollen Namen. Röhrig, Darmstadt, 1958

Viele Grüsse,
Hubert.
Hallo!

Vielen Dank für die interessanten Informationen!

Eine schnelle Frühverbindung München - Italien wäre mit dem TEE-Netz tatsächlich naheliegend gewesen. Die D-Züge waren durch die vielen Lokwechsel und Kurswagenumstellungen fast 2 Stunden langsamer als der Mediolanum und darum für den Geschäftsreiseverkehr wenig attraktiv.

Während man 1966 von Mailand aus zum Nachmittagstermin in München sein konnte (Ankunft 14:01 Uhr), war man in der Gegenrichtung mit dem Frühzug ganzjährig erst um 18:40 Uhr in Mailand, was faktisch eine Ganztagesreise ist.

Markus

http://histoliga.de/fahrplangeschichten/gepflegtereise.png