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[HBS] droht mal wieder die Einstellung

geschrieben von: Ditmar

Datum: 16.04.11 03:10

Wegen seines immer größer werdenden Haushaltsdefizits empfehlen Gutachter die Einstellung der Halberstädter Straßenbahn bis 2020. (Quelle: MDR).
----

Kaum ist Dahere weg, kommen die Gegner wieder aus ihren Löchern.

Ditmar

Re: [HBS] droht mal wieder die Einstellung

geschrieben von: das-jan

Datum: 16.04.11 09:16

Ditmar schrieb:
-------------------------------------------------------
> Wegen seines immer größer werdenden
> Haushaltsdefizits empfehlen Gutachter die
> Einstellung der Halberstädter Straßenbahn bis
> 2020. (Quelle: MDR).
> ----
>
> Kaum ist Dahere weg, kommen die Gegner wieder aus
> ihren Löchern.
>
> Ditmar


Moin.
Aus dem gleichen Grund (neuer Verkehrsminister) gibt es wohl auch diese Überlegung: [www.drehscheibe-foren.de]

Wünsche ein angenehmes Wochenende.
Jan

Re: [HBS] droht mal wieder die Einstellung

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 16.04.11 09:26

Und wie funktioniert das dann genau?
Die Fahrzeuge dürften auch in 9 Jahren wohl noch Fördermittelbindung haben. Bei der Infrastruktur hätte man dann schon in den vergangenen 10 Jahren nichs investieren dürfen. Hat man das?

Re: [HBS] droht mal wieder die Einstellung

geschrieben von: Nico Kunze

Datum: 16.04.11 09:44

> Wie funktioniert das dann genau?

Indem man den Straßenbahnbetrieb einstellt, aber nicht abbaut bis die Fördermittel abgeschrieben sind.
Das gleiche geht auch beim Coss-Border-Leasing: die gemieteten Wagen müssen nur betriebsfähig erhalten bleiben, sie dürfen weder verkauft noch verschrottet werden. Läuft das CBL aus kann man alles damit machen.
Moin,
ich war zwar seit knapp vier Jahren nicht mehr dort, aber bei meinen letzten Besuchen konnte man die Fahrgäste in den Straßenbahn doch wirklich an einer Hand abzählen. Zumeist Senioren und vorne eine Horde, welche die Fahrerin bzw. den Fahrer offensichtlich den ganzen Dienst lang begleiteten. Für beide braucht es keine teure Straßenbahn.

Dann sollte man auch demografische Aspekte nicht unberücksichtigt lassen. Um es direkt zu sagen: Die Straßenbahn fährt einfach fernab vom Schuss!

Die Neubaustrecke zum Sargstedter Weg führt in ein mittlerweile nahezu unbewohntes Gebiet - die einstigen Plattenbauten sind nahezu (oder inzwischen allesamt?) beseitigt. Die Sargstedter Siedlung und der Halberstädter Osten (Quedlinburger Straße bzw. Wilhelm-Trautewein-Straße) sind überhaupt nicht an das Straßenbahnnetz angeschlossen - das wären Gebiete, wo u.U. etwas Potenzial vorhanden wäre. Ich fürchte jedoch, dass eine Kosten-Nutzen-Analyse für etwaige Strecken dorthin dennoch nicht positiv ausfiele.

Zudem sind die Takt- und Reisezeiten alles andere als einladend. Gerade die Aufgabe der Tagesanschlüsse am Holzmarkt, um einen Kurs zu sparen, wird bei sicher nicht wenigen zu großen Unmut geführt haben. Kaum einer wartet heute bis zu 40 Minuten auf seine Straßenbahn, um dann noch eine regelrechte Stadtrundfahrt (vgl. Fahrten der SL 2 über Klus) zu machen.

Eine bessere Abstimmung auf den Eisenbahn-Taktknoten am Bahnhof wäre - v.a. am Wochenende auch erstrebenswert. Während das Abrringen der Fahrgäste noch einigermaßen funktioniert (aber auch nur, wenn die Züge pünktlich sind), ist es beim Zubringen schon problematischer. Gerade wenn man die SL 1 benutzt, wird man in vielen Fällen rote Lichter vom 612 oder 640/648 sehen.

Es entzieht sich meiner Kenntnis, in welchen Maße bei einer Gesamteinstellung des Betriebs Fördermittel zurückgezahlt werden müssten. Ich sehe es auch als großen Fehler an, überhaupt in Neufahrzeuge und in die Sanierung von Strecken investiert zu haben. Während in der DDR solche Betriebe, zuletzt im Wesentlichen dank chronischer Energieknappheit, überleben konnten, wurden solche "Pendants" im Westen bereits in den 50er- und 60er-Jahren stillgelegt.

Zugegebenermaßen wäre der Verlust eines Straßenbahnbetriebs für viele eine bittere Pille. Aber man sollte doch bitte benken: Die Straßenbahn ist ein Massentransportmittel! Diese sind im mittlerweile zersiedelten Halberstadt eher weniger vorhanden.
Ein effizientes Stadtbussystem wäre für Halberstadt sicherlich die bessere Lösung.
Die dann überflüssigen Leoliner könnten im Anschluss z.B. in Brandenburg oder Görlitz bei der Abwicklung des Strassenbahnnetzes helfen.

Re: Warum erhält man diesen Betrieb eigentlich überhaupt künstlich am Leben?

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 16.04.11 13:26

Ich bin davon überzeugt, dass es so langsam wieder losgeht mit der Stilllegungswelle wie in den 60er und 70er Jahren in Westdeutschland. Kleinere Betriebe dürften kaum ein Chance haben, wenn sie nicht sehr gut aufgestellt sind. Wenn, dann hätte man in der Euphorie des auslaufenden 20. Jahrhundert noch Straßenbahnen bauen müssen "wie blöd". Einige Straßenbahnen kamen ja zurück, wie Saarbrücken und Oberhausen, einige erreichten kaum das Planungsstadium (Wiesbaden, Kiel) wieder andere haben zwar Fahrzeuge bekommen, aber keine Strecken (Aachen beispielsweise, es wurden einige Talente mit BOStrab-Ausrüstung* für die zu bauende Strecke beschafft, die bis heute nur auf dem Reißbrett existiert). Braunschweig rüstete die Strecken für die RegioStadbahn um, zog dann aber den Schwanz ein und verabschiedete sich aus dem Projekt.

Der Weiterbau der Strecken im Saarland dümpelt vor sich hin, einge Streckenteile brauchten nach Fertigstellung noch Ewigkeiten, bis man sich zu einer Inbetriebnahme durchringen konnte. Der Streckenabschnitt in Riegelsberg war bei einem Besuch dort vor zwei Jahren komplett fertig gestellt, die Gleise aber als kostenpflichtiger Parkraum umgenutzt. Inrwischen rollt der Betrieb mit Pendelwagen.

Insgesamt bleibt festzustellen, dass anscheinend das goldene Schienenzeitalter (mal wieder) vorbei ist.

*=teilweise nach BOStrab ausgerüstet, teilweise nur vorbereitet.
Travis Bickle schrieb:
-------------------------------------------------------
> Ich bin davon überzeugt, dass es so langsam wieder
> losgeht mit der Stilllegungswelle wie in den 60er
> und 70er Jahren in Westdeutschland. Kleinere
> Betriebe dürften kaum ein Chance haben, wenn sie
> nicht sehr gut aufgestellt sind.

Ich bin nur tw. Deiner Meinung: In Zeiten immer klammerer kommunaler Kassen wird und muß die Frage nach dem Erhalt von Kleinbetrieben und schwach ausgelasteten Strecken gestellt werden. Entscheidend wird dabei sein, ob die Straßenbahnen nachweisen können, ob sie bei vergleichbaren Betriebskosten einen größeren Nutzen generieren können als Busverkehre. Ein wichtiges Plus für die Straßenbahnen ist dabei, daß auch in Kleinstädten der Schienenbonus zu beobachten ist (vgl. z.B. Görlitz und Bautzen). Voraussetzung für das Überleben der ostdeutschen Kleinbetriebe sind jedoch zwei Faktoren: 1) Die Straßenbahnen müssen alle wichtige Schwerpunkte des Fahrgastaufkommens erschließen. 2) Die Einwohnerzahlen der erschlossenen Gebiete bzw. Gesamtstädte muß langfristig einen Straßenbahnbetrieb rechtfertigen.

Halberstadt hat sich bislang nicht genügend Gedanken über die Optimierung seines Straßenbahnnetzes gemacht. Dieses wird m.A.n. nur dann überleben können, wenn mind. die Sargstedter Siedlung angefahren wird. Ob weitere Potentiale (z.B. im Südosten der Stadt) bestehen, müßte geprüft werden. Das aktuelle Netz ist leider suboptimal und wäre mit Bussen wahrscheinlich wirtschaftlicher zu betreiben.

> Insgesamt bleibt festzustellen, dass anscheinend
> das goldene Schienenzeitalter (mal wieder) vorbei
> ist.

Nein. Das hängt davon ab, was nach dem GVFG kommt. Können die Kommunen weiterhin Fördermittel von Bund und Land einwerben, ist ein weiterer Ausbau bestehender Netze und die Wiedereinführung der Straßenbahn andernorts möglich. Hier geht um verkehrspolitische Vernunft der Politiker unjd entsprechende Lobbyarbeit für den schienengebundenen ÖPNV.
Tach,

wenn ich diese Meldung lese, kann ich wirklich nur den Kopf schütteln. Es geht wohl wirklich nur darum, zu testen wieviel der neue Verkehrsminister aushält, mehr dürfte es wohl nicht sein.

Warum es ausgerechnet Halberstadt trifft, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Von den Städten, über die bereits der Geier schwebte, ist Halberstadt die mit der besten Infrastruktur. Die Fahrzeuge sind faktisch fabrikneu, in die Infrastruktur wird ständig weiter investiert, warum sollte jetzt damit Schluss sein....

Von ominösen Gutachten will ich erst gar nicht reden, denn Gutachter haben schon manchen S***** geschrieben; siehe Cottbus.

Grundsätzlich spiegelt Halberstadt allerdings ein Problem wider. Vor allem in Ostdeutschland macht man wo immer es geht den Fehler, den demographischen Wandel durch Angebotskürzungen nicht vermeintlich zu reduzieren, stattdessen macht man damit alles schlimmer. Dies ist ein gewaltiger Teufelskreis und wenn wir ihn nicht rechtzeitig beseitigen, droht ein existenzbedrohlicher Kollaps, den auch der Westen deutlich spüren wird.
Stattdessen muss man versuchen, die bestehenden Angebote zu optimieren, und Bedarf gibt es in Halberstadt reichlich:
Bis jetzt gibt es keinen Verkehrsverbund im Harz, was ein großes Defizit darstellt. Gerade Touristen dürften davon gut Gebrauch machen. Genau auf diese muss man in Halberstadt mehr Wert legen, andere Verkehrsunternehmen (z.B. Naumburg) sind da ein gutes Vorbild.
Zu guter letzt wie bereits erwähnt wäre da die Streckenführung; der Ast zur Zuckerfabrik ist wohl nicht zu halten, eine Schleife in die großen Wohngebiete (genau dass hat man in Halberstadt im Gegensatz zu den anderen Kleinbetrieben komplett versäumt) wäre sinnvoll, und ggf. in eingleisiger Streckenführung auch nicht sonderlich teuer.

Ja, der schienengebunden Verkehr hat eine große Zukunft, weil absehbar der MIV unbezahlbar wird. Daran werden auch Projekte wie Elektroautos nichts ändern können. Eigentlich könnte die Schiene heute schon einen viel größeren Stellenwert besitezn, aber wie immer liegt es daran, dass vorhandene Potentiale am fehlenden poltischen Engagement scheitern.
Ich hoffe in Anbetracht meines jungen Alters, diese Renaissance noch zu erleben - oder noch besser - mitzugestalten.

MfG aus Dresden
Johannes

http://blog.windbergbahn.de/wp-content/themes/_wbb_final/images/img_1.jpg

Wir fahren wieder!
die Windbergbahn - mit Volldampf bergan.


Hier findet Ihr einige Aussagen zum Gutachten aus Sicht der Stadtverwaltung, allerdings ist die Tram hier nur kurz erwähnt, im Absatz "... politischer Sprengstoff ...": [www.halberstadt.de]

Das Gutachten stammt von der
BSL Public Sector Managementberatung GmbH
Hauptstraße 25
D-50126 Bergheim

Ditmar

Re: [HBS] droht mal wieder die Einstellung

geschrieben von: Ditmar

Datum: 17.04.11 02:24

Hier noch ein passender Volksstimme-Artikel:
[www.volksstimme.de]

Das wird in den nächsten Wochen noch heiß hergehen im Stadtrat.

Ditmar

Re: [HBS] droht mal wieder die Einstellung

geschrieben von: Tequila

Datum: 17.04.11 13:24

Als 2006 die Magdeburger Straße mit Straßenbahngleisen saniert wurde, wurde ganz klar gesagt, wird der Verkehr über diese Stelle oder gar auf der gesamten Halberstädter Straßenbahn vor Ablauf von 20 Jahren eingestellt, fällt die Rückzahlung der kompletten Fördermittel an.
Insofern funktioniert Strategie "einstellen, aber noch betriebsfähig vorhalten" nicht. Es muß schon Betrieb stattfinden (m.W. mind. einmal täglich). Sonst müßte man sich ja nicht auf so mancher Strecke den Krampf mit dem Alibizugpaar (z.B. Pockau - Marienberg bei Chemnitz) machen, um voreilig mit Fördergelder sanierte Strecken nicht zurückzahlen zu müssen.

† 14.12.2014: Goodbye, RE 4 Halle - Hannover †
Brigadeleiter schrieb:
-------------------------------------------------------
> Zu guter letzt wie bereits erwähnt wäre da die
> Streckenführung; der Ast zur Zuckerfabrik ist wohl
> nicht zu halten,

Naja, da hängt der Betriebshof dran, die Strecke kann man also eh nicht einstellen. Und die paar Meter von Einfahrt Betriebshof bis zur Stumpfendhaltestelle Friedhof machen den Kohl auch nicht mehr fett.
Im Gegenteil, wenn man sich endlich mal dazu entschließen könnte, an der Eisenbahn in Höhe des BÜ den Hp "Halberstadt Friedhof" zu errichten, könnte man Umsteiger aus dem Westen gewinnen, die dann nicht mehr per zeitraubender Nord- und Ostschleife zum "Hbf" fahren müßten, um dann per Straßenbahn wieder nach Westen zu fahren, um in die Innenstadt zu kommen, sondern die könnten dort direkt in die "1" umsteigen und ein paar Stationen in die Innenstadt fahren. Platz genug wäre da, da immer noch das Planum des ehemaligen zweiten Gleises vorhanden ist. Vorteilhaft wäre allerdings hier in der Tat ein Verkehrsverbund (dazu könnte ich mir am ehesten vorstellen, den derzeitigen reinen Bus- und Straßenbahn-VTO zu einem Echten Verkehrsverbund zu erheben, in dem auch die Eisenbahn inbegriffen wäre).

> eine Schleife in die großen
> Wohngebiete (genau dass hat man in Halberstadt im
> Gegensatz zu den anderen Kleinbetrieben komplett
> versäumt) wäre sinnvoll, und ggf. in eingleisiger
> Streckenführung auch nicht sonderlich teuer.

Ja, die 2 hätte man in die Sargstedter Siedlung und die 3 in die Klussiedlung verlängern müssen. Dann könnte man schon wieder viel Busverkehr substituieren.

Gruß,
Nik

† 14.12.2014: Goodbye, RE 4 Halle - Hannover †
Bernhard Martin schrieb:
-------------------------------------------------------
> Travis Bickle schrieb:
> --------------------------------------------------
> Ein wichtiges Plus für die
> Straßenbahnen ist dabei, daß auch in Kleinstädten
> der Schienenbonus zu beobachten ist (vgl. z.B.
> Görlitz und Bautzen).

Habe ich etwas versäumt, oder seit wann hat Bautzen eine Straßenbahn?
Hallo,
Zitat:
Habe ich etwas versäumt, oder seit wann hat Bautzen eine Straßenbahn?
Bautzen sollte hier als schienenloses Gegenstück zu Görlitz für den Schienenbonus-Vergleich dienen.
1418

Re: Warum erhält man diesen Betrieb eigentlich überhaupt künstlich am Leben?

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 18.04.11 16:20

Bautzen: ja und Nein. Zwar nicht als reguläres öffentliches Streckennetz aber als betriebsinterne Teststrecke.
(Dieser Beitrag enthält keinen Text)
"Es ist kein Zeichen von Gesundheit, an eine von Grund auf kranke Gesellschaft gut angepasst zu sein."
Jiddu Krishnamurti
Brigadeleiter schrieb:
-------------------------------------------------------
> Grundsätzlich spiegelt Halberstadt allerdings ein
> Problem wider. Vor allem in Ostdeutschland macht
> man wo immer es geht den Fehler, den
> demographischen Wandel durch Angebotskürzungen
> nicht vermeintlich zu reduzieren, stattdessen
> macht man damit alles schlimmer. Dies ist ein
> gewaltiger Teufelskreis und wenn wir ihn nicht
> rechtzeitig beseitigen, droht ein
> existenzbedrohlicher Kollaps, den auch der Westen
> deutlich spüren wird.

Per se würde ich das auch nicht sagen, oder gehst du davon aus, dass die Existenz einer Straßenbahn zu deutlich höheren Arbeitsplatzzahl in der Region führt und/oder die Geburtenquote erhöht? Wenn ja, dann müsste das Emsland das beste deutsche Straßenbahnnetz haben...

Fakt ist nun mal folgendes: Beim demographischen Wandel zeigt sich, dass Schrumpfungsprozesse zu groß Dimensionierter Infrastruktur (nicht nur Straßenbahnen, auch Kanalisationen und andere Systeme) teurer sind, als Wachstumsprozesse mit ständigen Erweiterungen in der Größe aber auch in der Benutzung.

Jetzt geht es darum, zu schauen, was man optimieren kann - eben dein genanntes Beispiel des Verkehrsverbundes oder sonstigen systematischen Angebote für unterrepräsentierten und gewnschten Zielgruppen oder aber ob man das System durch kleine Veränderungen größere Nutzen hinzufügen kann, wie angesprochene Verlängerungen. Nur das ganze muss auf Dauer funktionieren. Verkehrsströme ändern sich ebenso, wie eine Stadt sich verändert. Insofern darf man nicht davon ausgehen, dass starre Linienführung, wie sie eine Straßenbahn eben hat, auch Probleme mit sich birgt. Und ich denke, ein Denkverbot hinsichtlich einer Stillegung darf es auch nicht geben - allerdings geht dies nur, wenn wirklich alle Vor- und Nachteile auf dem Tisch liegen, auch alle Kosten und Nutzen. Erinnert sei dabei, an die negativen Auswirkungen die durch die Straßenbahnstilllegung beispielsweise in Wuppertal entstanden und danach durchaus in der Politik zeigte, dass es sich bei der Entscheidung um einen Fehler gehandelt hatte.

> Stattdessen muss man versuchen, die bestehenden
> Angebote zu optimieren, und Bedarf gibt es in
> Halberstadt reichlich:
> Bis jetzt gibt es keinen Verkehrsverbund im Harz,
> was ein großes Defizit darstellt. Gerade Touristen
> dürften davon gut Gebrauch machen. Genau auf diese
> muss man in Halberstadt mehr Wert legen, andere
> Verkehrsunternehmen (z.B. Naumburg) sind da ein
> gutes Vorbild.

Wobei ein Verkehrsverbund, wenn er denn für niedrigere Fahrpreise sorgen soll, auch zwingend Mehrausgaben beinhaltet. Gleichzeitig besteht aber auch die Chance die Auslastung zu verbessern. Fragt sich eben, auf welche Dauer und in welchem Verhältnis zu den Ausgaben.

Was Naumburg angeht - das ist für mich fast noch mehr Spielerrei als die 10 in Nordhausen, deren Nutzen ich schon arg grenzwertig empfand...

> Ja, der schienengebunden Verkehr hat eine große
> Zukunft, weil absehbar der MIV unbezahlbar wird.
> Daran werden auch Projekte wie Elektroautos nichts
> ändern können.

Das wird die Zukunft leider erst zeigen, über Spritpreise regen sich zwar viele auf, dennoch ändern sie nichts freiwillig an ihren Gewohnheiten. Spannend wäre es, wenn die Pendlerpauschale stark begrenzt oder gar ganz abgeschafft wäre. Das Elektroautos auch starke Tücken haben, sollte bekannt sein - schließlich kommt der Strom weder aus der Steckdose, noch lässt er sich umweltfreundlich im Auto speichern...

> Ich hoffe in Anbetracht meines jungen Alters,
> diese Renaissance noch zu erleben - oder noch
> besser - mitzugestalten.

Kommt wohl auch auf die Weiterentwicklung der kommunalen Finanzen an, aber eben auch denjenigen im Bund und im Land.
Ich bin generell ein Pessimist, also gibt es für mich da mehr positive Überraschungen ;-)

Das Klima kennt Gewinner und Verlierer
Das steht - in meinem Reiseführer
Der Freistaat Sachsen kann sich glücklich schätzen
Gemütlichkeit unter Moskitonetzen
Rainald Grebe - Sachsen

Wer das ganze Lied hören möchte und nicht aus irgendeiner humorbefreiten Zone kommt, kann dem Link folgen: [www.youtube.com]

Re: [HBS] droht mal wieder die (vermeintliche) Einstellung

geschrieben von: 1418

Datum: 21.04.11 18:59

Hallo,
Zitat:
Per se würde ich das auch nicht sagen, oder gehst du davon aus, dass die Existenz einer Straßenbahn zu deutlich höheren Arbeitsplatzzahl in der Region führt und/oder die Geburtenquote erhöht? Wenn ja, dann müsste das Emsland das beste deutsche Straßenbahnnetz haben...
Da gibts ogar nen Transrapid, der von der Streckenlänge her keinesfalls dem Fernverkehr dient. Im Übrigen würde ich eine überdurchschnittliche Geburtenquote auf mangelnde Alternativen zurückführen ;-)
1418

[HBS] droht mal wieder die Einstellung

geschrieben von: Der Ungläubige Thomas

Datum: 22.04.11 14:45

Moin,
<korinthe> dezenter Hinweis, Magdeburger Str. (- Breiter Weg = Innenstadtstrecke) ist schon 1978 zugunsten Karl-Marx-/ Kühlinger Strasse (= am Zentrum vorbei) stillgelegt worden. </korinthe>
Du meinst mit 2006 die Erneuerungsmassnahme Friedrich-Ebert-Strasse / E-Weinert-Strasse, nehme ich an.

Dass trotz nutzbarer Flächen das Netz in die falsche Richtung orientiert wurde, steht ausser Frage.

Dennoch darf ich daran erinnern, dass die Strassenbahn Halberstadt seit den späten 1990ern wohl einer der effizientesten Betriebe sein dürfte. Gleichwohl hat man dem städt. Betrieb NOSA (Eigentümer der von der HVG als Tochtergesellschaft betriebenen Leoliner) ein immer grösseres Sammelsurium an Tätigkeiten (Bahnhof, Spassbad, Sportanlagen, usw.) aufgebürdet.

Politisch besteht einzig das Problem der veränderten Schwerpunktsetzung bei der NOSA. Schnell einmal lässt sich ein Defizit den Strassenbahn- bezogenen Kosten zurechnen, und damit der Betrieb hoffnungslos, aber demonstrativ in die Miesen drücken. Problem ist der OB, dem es angeblich an nötigen Managementfähigkeiten gebricht. Indem er den Sack Flöhe im Griff hatte, war Haussmann besser als Henke. Leider nicht so gut vernetzt, sonst hätte man ihn nicht über eine Altersregelung abgesägt, nach der es schon seit 4 Jahren keinen Herr Böhmer mehr als MP hätte geben dürfen. Aber gut, so'ne Katastropphe wie Busch ist Henke auch nicht.
Grusz -

Der Unglaeubige Thomas
Nun, ich gestatte mir, einfach mal den Inhalt der interessanten Darlegungen von "614078" mit seiner Signatur zu kreuzen, und daraus folgend die Überschrift auf ihren Kern zu reduzieren.

Nun, die Frage der "kritischen Grösse" kannst Du immer wieder stellen. Ob es beispielsweise der Charakter einer "mittelalterlichen" Stadt mit Etagenklos en Masse und überall nem Kulturerbe- Bäpper drauf nicht rechtfertigt, das Ganze administrativ auf Kuhdorfcharakter herunter zu stufen, wäre so eine Fragestellung, erstmal unabhängig von der Strassenbahn.

Irgendwann sind die "kleinen" Betriebe mal weg, 614078 freut sich, aber ohne dass er es sieht, haben die Plattmacherstrategen ihre Messlatte neu kalibriert (nur das generiert Aufträge) und stufen einen Betrieb wie Braunschweig oder den Bahnanschluss vor Deiner Haustür als "klein" ein. So geht das dann immer weiter, irgendwann sind die heutigen Grossbetriebe dran, und als erhaltungs- und lebenswürdige "Stadt" gilt nur mehr ein zentrales Mega-Konglomerat, das sich dann das Gros der Zuschüsse auf Kosten des Umlandes (= jenseits Speckgürtel, ist ja alles A.d.W. und in der Hand der Dumpfbacken) einverleibt.

Insofern wäre man gut beraten, solche Tendenzen nicht erst einreissen zu lassen. Die hat's durchaus schon früher gegeben; so kann die "Company Town" Goslar in der historischen Perspektive in den Pausen der Bergbauförderung durchaus als nur mittleres Kuhdorf durchgehen, nachdem Pfalzen und ähnliche feudalen "Dienstleistungs- Leerstände" der Umnutzung und dem Abbruch anheimgefallen waren.

Die Beobachtungen von "614078" zur Fahrgastfrequenz kann ich nicht teilen, auch wenn ich ebenfalls als Auswärtiger nur gelegentlich in HBS mit der Strassenbahn fahren kann. Die "Horde beim Fahrer" sind allerdings gelegentlich dieselben, stimmt, wahrscheinlich aber nicht erhebliche Prozentsätze des Fahrgastaufkommens. Ich würde diesen Teil der Schilderung eher unter Provokationsversuch oder versuchten Frustabbau verbuchen wollen.

Leider ist in HBS selbst wirtschaftlich zu wenig los. Seit 2000 wäre eigentlich ohne Strassenbahn der Dorfstatus erreicht, der Unterschied zum Umland verflacht - bzw. wäre die "HZ"- Kreisstadt heute Wernigerode. Insofern kann man dem Trambetrieb meines Erachtens attestieren, der Stadt auch einen Rest Würde in diesen Zeiten bewahrt zu haben, was ein Busbetrieb (mit ordentlichen Takt-Frequenzen) nicht geschafft hätte. Auch eine "Klammer" zwischen den bemerkbaren Unterschieden von Unter- und der südlichen Oberstadt. Hätte denn die Politik auch mit industriellen Standortentwicklungen mitgezogen:

Der Tram-Betrieb HBS steht daher gegen das Schweigen im Podium bei einer bereits länger vergangenen OB-Wahlveranstaltung (zu der Henke bereits einmal antrat, m.W. noch gegen Busch), und einer im Publikum fragte die Kandidaten, sie sollten doch mal ad hoc 5 Gründe nennen, mit dem Betrieb nach HBS zu ziehen bzw. dort richtig fett zu investieren. Das passte den damaligen Kandidaten überhaupt nicht, und Henke verweigerte sich der (m.E. berechtigten) Fragestellung mit "sowas kenne man bereits".
Die Frage von "614078" könnte man also erweitern zu: "Wozu Stadt am Leben erhalten, wenn keine Wertschöpfung?". Denn von Dienstleistung allein kann keine Stadt existieren. Von "Kultur" auch nicht.

Dann hätten etliche Kommunen ihre Probleme, fürchte ich. Gerade solche, die sich als reines "Dienstleistungs- und Kulturzentrum" definieren, und "Wertschöpfung" (Industrie, Gewerbe) als genehmigungspflichtiges, d.h. mit allen Mitteln administrativ zu verhinderndes "Ihgittigitt" bekämpfen.

Jetzt daher kommen, und den ganzen Rest streichen zu wollen, ist zumindest scheinheilig. Das würde die Abwärtsentwicklung der Stadt nur weiter beschleunigen.
Grusz -

Der Unglaeubige Thomas