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[CZ] Bahnurlaub in Tschechien - Sommer 2012 (Teil 13)

geschrieben von: tokkyuu

Datum: 26.05.13 21:20

Bahnurlaub in Tschechien - Sommer 2012 (Teil 13)

Bisherige Teile:
Teil 1: Von Zwickau über Cheb nach Chomutov
Teil 2: Von Chomutov zur Fichtelbergbahn und zurück
Teil 3: Karlsbad und Brüx
Teil 4: Rundfahrt über Sebnitz/Dolní Poustevna
Teil 5: Zwei Strecken zwischen Böhmen und Zwickau
Teil 6: Über Leitmeritz nach Prag
Teil 7: Karlštejn und Prag
Teil 8: Prag Straßenbahnmuseum Strešovice
Teil 9: Eisenbahnmuseum Lužná
Teil 10: Ausflug nach Pilsen
Teil 11: Prag und Nelahozeves
Teil 12: Tábor und Bechyne

Teil 13A: 2. August 2012: Fahrt nach Police nad Metují



Fahrt nach Police nad Metují (Politz an der Mettau)

Fahrplan 2.8.:
10:09 ab Praha hl.n. (R 853)
12:38 an Starkoc
12:42 ab Starkoc (Sp 1746)
13:20 an Žd’ár nad Metují
176 Bahnkilometer

Heute verabschieden wir uns von Prag, das nächste Ziel ist ein Zipfel im Nordosten von Böhmen, den man auch das Braunauer Ländchen (Broumovsko) nennt, einst Heimat von etwa 30.000 Sudetendeutschen. Es hat natürlich seinen guten Grund, warum wir dort hinfahren: die Adersbacher Felsenwelt mit den imposanten Sandsteinformationen und andere ähnliche Naturschönheiten gibt es dort zu sehen. Ich habe lange nach einem Quartier in der Nähe dieser Felsenwelt gesucht, aber nichts Näheres gefunden, das unseren Preisvorstellungen entsprochen hätte. Bedingung für das Quartier war ja unter anderem auch. in der Nähe eines Bahnhofs. Nun gut, ich muss zugeben, die Pension in Politz liegt nicht gerade nahe an einem Bahnhof, aber weil nichts Besseres gefunden wurde, haben wir es eben akzeptiert.

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Unser Zug, R853 von Prag nach Trutnov wird zunächst von der 163 093 gezogen.

Wir können mit einem Schnellzug bis Starkoc fahren, von dort ist Anschluss an einen Eilzug nach Žd’ár nad Metují. Da in unserem Wagen nur Plastiksitze sind, wechseln wir in die 1. Klasse, obwohl sie auch nicht besonders bequem ist, aber man gönnt sich ja sonst nichts. Die Aufzahlung mit meiner Kilometerbank bedeutet um 50% mehr Kilometerabbuchung. Aber auch nur bis Starkoc, worauf mich die Schaffnerin aufmerksam macht, denn der Spešný vlak (Eilzug) hat nur 2. Klasse. Daher bessert sie die Eintragung aus. Sehr aufmerksam!

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Ab Königgrätz zieht uns die 750 705.

In Hradec Králové (Königgrätz) wird die Lok gewechselt, statt der 163er bekommen wir nun eine Diesellok (Taucherbrille Reihe 750). Ab Jaromer fehlt die Oberleitung. Interessant ist auch die Umgebung von Starkoc. Wir fahren in einer starken Linkskurve in den Bahnhof ein, wo bereits unser Anschlusseilzug – ein Regionova – an einem Prellbock wartet. Wir werden gleich sehen, wieso ein Triebwagen hier erste Wahl ist: nach drei Kilometern ist Fahrtrichtungswechsel angesagt: und seltsamerweise ist das eigentlich die Hauptrichtung! Fast alle Züge, die von Starkoc nach Václavice fahren, fahren von dort nach dem Stürzen Richtung Náchod weiter, die meisten bis Mezimestí oder gar Broumov. Wir jedoch steigen bei einer kleinen Haltestelle namens Žd’ár nad Metují aus, weil das die nächste Station zu unserem Zielort Police ist. Der Bahnhof Police ist noch weiter vom Ort entfernt.
Ab hier müssen wir eben zu Fuß gehen, denn Busse verkehren hier so wenige, dass es wenig Sinn hat, zu warten. Also spazieren wir etwa 40 Minuten lang entlang der Straße, bis wir in die kleine Stadt gelangen, wo wir bald das nette, winzige Pensiönlein (Pension Adler) finden (dank Ausdruck von google maps ist der Weg einfach zu finden). Es ist ein älteres Gebäude, teilweise aus Holz (zumindest verkleidet) und sieht freundlich aus. Wir bekommen unser Zimmer, das einfach, aber für den Preis okay ist.


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In Žd’ár nad Metují steigen wir aus, unser Eilzug, ein Regionova, fährt weiter.

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Eine kleine Haltestelle, wie sie auch im Weinviertel oder Waldviertel stehen könnte, ahem: gestanden ist.

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Die kleine „Pension Adler“ am Ortsrand von Police (Politz).

Ziemlich bald begeben wir uns in die Gaststube, um ein verspätetes Mittagessen zu genießen. Hier ist das Wasser (20 Kronen) sogar billiger als das Bier (21 Kronen), der Rostbraten mit Spiegelei und Americký bramborý ist gut. Etwas sonderbar ist die Dienstkleidung der Kellnerin, nämlich ein Bikini. Nunja, andere Länder, andere Sitten.

Die Stadt Police nad Metují
Erstmals urkundlich erwähnt wurde Politz an der Mettau im Jahr 1253 und zwar bereits als Stadt. Die Kolonisation des Gebietes geht auf die Benediktiner zurück. 1785 wurde die Klosterkirche durch Josef II. aufgehoben und zur Pfarrkirche umgewidmet. Die Kirche von 1294 brannte mehrmals ab, das Westportal (frühgotisch) ist jedoch noch erhalten, befindet sich jedoch in barocken Fassade von 1723. Das Innere können wir nicht wirklich besichtigen, nur der Windfang ist offen, aber die Kirche sieht interessant aus mit den gotischen Bögen und den interessanten Wandbemalungen. Der zugehörige Klosterkomplex ist nicht renoviert und dürfte derzeit als Wohngebäude für viele Wohnungen dienen. Interessant ist auch eine moderne Kirche (Hussitenkirche) im Stil der 1930er-Jahre (Vermutung) sowie ein Friedhof daneben. Das Rathaus ist ziemlich alt und wurde barockisiert. Es sieht mit dem achteckigen Turm interessant aus. Die Mariensäule auf dem Hauptplatz hat noch immer eine deutsche Inschrift. Die Stadt hat etwas über 4000 Einwohner.

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Rathaus und Mariensäule auf dem Hauptplatz von Police.

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Die ehemalige Klosterkirche hat ein imposantes Portal.

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Die wahre Größe zeigt sich erst im Inneren: interessante Wandmalereien.

Eigentlich wichtigster Grund für unseren Spaziergang waren aber die Autobusfahrpläne bzw. die Erkundung der richtigen Haltestelle für unsere morgige Fahrt zu den Adersbacher Felsenwelten. Man muss schon ein wenig suchen bei den vielen Haltestellen auf einem Platz mit Park in der Mitte. Die Haltestellen sind rundherum angeordnet, aber wir finden die Abfahrtsstelle schließlich, sodass wir morgen den Bus nicht verpassen können.

Nach diesem Rundgang gehen wir wieder zu unserer Pension zurück und schauen uns die Wettervorhersage an. Wir müssen morgen leider mit regnerischem Wetter rechnen. 2 bis 15 Liter sind zu erwarten, wir könnten also auch Glück haben.

Teil 13B: 3. August 2012: Adršpach und Broumov


Fahrplan 3.8.:
08:30 ab Police nad Metují (Bus)
09:05 an Adršpach skály
14:19 ab Teplice n.M. skály (Os 15761)
14:26 an Teplice nad Metují
14:30 ab Teplice nad Metují (Os 5104)
14:41 an Mezimestí
14:44 ab Mezimestí
14:58 an Broumov
18:02 ab Broumov
18:39 an Žd’ár nad Metují
47 Bahnkilometer, 16km im Bus

Mit dem Bus zu den Adersbacher Felsen
Wie befürchtet, ist es ziemlich trüb draußen. Da wir keine andere Wahl haben (wir müssen morgen nach Liberec aufbrechen), beschließen wir, auf jeden Fall zu den Felsen zu fahren, dann können wir immer noch entscheiden, ob wir die Wanderung machen oder nicht. Zum Frühstück gibt es außer Kaffee nur Eierspeise, Brot und Butter, sonst nichts. Also keine Marmelade oder so. Wird wohl hier so üblich sein.

Als wir Richtung Busbahnhof aufbrechen, beginnt es zu regnen. Die Fahrt kostet 29 Kronen und dauert eine halbe Stunde. Wir fahren über Bukovice, Lachov und Teplice nad Metují. Unser Bus hat einen Fahrradanhänger. Bei Schönwetter dürften also viele Fahrgäste mit dem Rad den Bus benützen, der von Náchod kommt und bis Horni Malá Úpa fährt, ein für uns unbekannter Ort in den Bergen. Ich habe natürlich Angst, dass ich die richtige Haltestelle bei der Felsenstadt versäumen könnte, aber es steigen hier mehrere Leute aus und vor allem: der Bus hat hier eine längere Pause!
Da es noch immer regnet, stellen wir uns so wie Dutzende andere Wanderer unter das schützende Dach zwischen einigen Hütten, in denen es diverse Geschäfte für die Touristen gibt, darunter auch Imbissstuben und Souvenirgeschäfte. Aufschriften gibt es auch auf Polnisch, weil wir hier ganz nahe der polnischen Grenze sind.
Nach einer dreiviertel Stunde kommt ein Zug vorbei (Brotdose), da hat der Regen bereits nachgelassen und wir machen es den anderen Leuten nach und betreten die Felsenstadt, wie das Gebiet heißt. Der Eintritt kostet 70 Kronen und man kann wählen zwischen einem Rundgang oder einer weiteren Wanderung, zum Beispiel nach Teplice skály.

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Der Bus mit dem Fahrradanhänger im Regen bei der Haltestelle der Adersbacher Felsenwelt.

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Es gibt hier auch eine Bahnstation, aber mit der Bahn hierherzufahren wäre sehr umständlich gewesen.

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Auch vom Zug aus sieht man schon einige Felsen.

Die Adersbach-Weckelsdorfer Felsenstadt (Adršpašsko-Teplické skály)
Die sogenannte „Felsenstadt“ ist eine Gruppierung von Sandsteinfelsen zwischen Adršpach (Adersbach) und Teplice (Weckelsdorf) in der Region Broumov (Braunau) in Nordböhmen nahe der polnischen Grenze. Die Felsen, die bis zu 100 Meter hoch sind, entstanden nach der Kreidezeit durch den Einfluss von Wasser, Sonne, Frost und Wind.
Viele Jahrhunderte lang war der Wald mit den Felsen den Menschen unheimlich und sie wagten sich nur dorthin, wenn sie sich bedroht fühlten, um sich zu verstecken. Viele Felsengebilde bekamen fantasievolle Namen wie Spanische Wand, Großvaterstuhl, Henkelkrug, Zuckerhut, Bürgermeister, Liebespaar, Rübezahlorgel, Rübezahls Zahnstocher usw. Um 1700 kamen die ersten Naturliebhaber aus Schlesien in die Felsenstadt. Seitdem ist sie zugänglich. Im Jahr 1770 besuchte sie Goethe. 1824 brach in den Felsen ein mehrere Wochen dauernder Waldbrand aus, der den ganzen Waldbestand vernichtete. Anfang des 19. Jahrhunderts wurden von den Herrschern erste Wanderwege angelegt um die Felsen besser zu erschließen. Seit 1933 steht die Felsenstadt unter Naturschutz. Die Felsen ziehen nicht nur Touristen (Wanderer) an, sondern auch Kletterer.

Wir beginnen also unseren Weg und freuen uns, dass es nicht stark regnet. Zwischendurch ist es auch wieder mal etwas trocken. Bald nach dem Eingang in das Gelände kommen wir an einem See vorbei. Die Felsformationen sind faszinierend und sehen machmal unwirklich aus. Unterwegs machen wir einen Abstecher zum Felsen „Liebespaar“, hier könnte man den Rundweg abkürzen, aber wir gehen wieder auf unseren Weg zurück und spazieren weiter zum kleinen Wasserfall. Auch der See dahinter interessiert uns, sodass wir nach etwa eineinhalb Stunden Wanderzeit beschließen, nicht den Rundweg zu vollenden, sondern bis Teplice skály weiter zu wandern. Bisher hab ich ungefähr 5x den Schirm auf- und wieder abgespannt, aber das stört mich gar nicht. Die Landschaft ist so faszinierend, dass wir den Regen in Kauf nehmen. Der See ist künstlich angelegt, es gibt sogar Floße drauf und man kann gegen Gebühr eine Fahrt unternehmen (allerdings nicht jetzt bei Regenwetter). - Es folgen jetzt mehrere OT-Bilder, aber ich finde diese Gegend wirklich faszinierend.

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Bevor man zu den spektakulären Felsformationen kommt, führt der Weg an einem See vorbei.

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Der Eingang in diese Engstelle wurde mit einem Tor versehen.

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Der weitere Weg wird am Anfang auf Informationstafeln als schlecht und mangelhaft beschrieben. Nur auf eigene Gefahr zu betreten. Wir wollen es zumindest versuchen und entdecken recht bald, dass es durchaus gefährlich ist, bei diesem nassen Wetter, wenn die Holzbohlen und die kaputten Stufen und Leitern glitschig sind. Manchmal fehlen zwei oder drei Stufen, sodass man die Hände zu Hilfe nehmen muss, um den Weg zu meistern. Wir müssen also ganz gut aufpassen und ich staune nicht schlecht, als ich einen Vater mit Kind auf den Schultern über diesen Weg gehen sehe. Das würde ich mich nun ja nicht trauen, auf mich selbst kann ich aber schon aufpassen. Wir kommen langsam aus den Felsen heraus und gelangen in eine völlig andere Art von Wald, manchmal mit Wegen aus Holzbrettern. Wenn man da ausrutscht, landet man in einem sumpfigen Moos. Auf dem weiteren Weg hört der Regen schließlich ganz auf und wir kommen rascher vorwärts, weil es hier keine Felsen mehr zu besichtigen gibt. Kurz nach Mittag kommen wir zum Ausgang bei Teplice skály. Hier gibt es in der Nähe eine Bahnstation (von wo wir später abfahren wollen) sowie mehrere Gaststuben und Unterkünfte und so weiter. Wir betreten eines dieser Gasthäuser und wollen mittagessen. Ich wähle natürlich wieder Schweinsbraten mit Kraut und Knödeln (Veprove výpecky, knedlík, zelí). Danach versuche ich noch eine regionale Spezialität zum Kaffee, nämlich Marlenka, ein Honigkuchen.

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Ein falscher Schritt oder ein Ausrutscher, und die Füße sind nass bis zum Abend!

Statt Rückfahrt: Besuch in Broumov
Wie so oft ändern wir unsere Pläne, weil uns etwas einfällt oder weil sich etwas Neues ergibt. Ich habe bei den Vorbereitungen notiert, dass um 16.30 Uhr ein Zug von Teplice Richtung Žd’ár fährt, den wir für die Rückfahrt nutzen wollten. Frühere Züge hab ich keine notiert, aber nach meinen Vermutungen sollte es hier einen ungefähren Zweistundentakt geben. Bei der nahen Haltestelle schauen auf den Fahrplan: und tatsächlich gibt es einen Zug um 14.19 Uhr. Aber jetzt schon heimfahren ist auch zu früh. Da wir also noch Zeit übrig haben, beschließen wir, die nahegelegene Stadt Broumov zu besuchen, die Endstation der Bahnlinie, die von Süden kommt. Den Fahrplan dorthin können wir aus den Aushangfahrplänen herauslesen. Wieder sind wir beeindruckt über den gut vernetzten Verkehr mit vielen Umsteigemöglichkeiten. Und es gibt auch genügend Fahrgäste, die diese nutzen!

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Abfahrt von Teplice skály.

Wir müssen zweimal umsteigen, denn unser Zug fährt nur bis Teplice nad Metují, von dort geht es nach Mezimestí weiter. Der Bahnhof ist riesengroß, aber als ich später lese, daß hier ehemals ein Grenzbahnhof war, ist der Grund klar. Wir müssen hier noch einmal umsteigen nach Broumov. Broumov ist heute Endpunkt der Eisenbahnlinie. Ein paar Jahre zuvor konnte man noch eine Station weiter fahren. Der grenzüberschreitende Verkehr Richtung Polen ist aber bereits seit 1953 Geschichte. Die Strecke, die wir hier (ab Mezimestí) befahren, ist Teil der ehemaligen StEG-Strecke Chotzen - Mittelsteine (heute Chocen - Scinawka Srednia).

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Großer Bahnhof beim Umsteigen in Mezimestí.

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Sofort nach der Ankunft in Broumov füllt sich der Solo-Triebwagen wieder mit Fahrgästen und ist bereit für die Rückfahrt.

Sofort nach der Ankunft in Broumov schauen wir in den Fahrplänen, wie wir von dort wieder zurückfahren könnten, wir können mit dem Zug fahren und wieder 40 Minuten wandern, oder mit einem Bus direkt in das Stadtzentrum von Police. Mit diesem Wissen geht es nun in die Stadt.

Die Stadt Broumov (Braunau)
Broumov (Braunau) ist das Zentrum des Braunauer Ländchens (Broumovsko), das bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs hauptsächlich von Deutschen besiedelt war (1930: 6800 Deutsche, 1100 Tschechen). Vermutlich 1255 wurde der Markt gegründet, das Land wurde durch die Benediktiner von Brevnov (Prag) kolonisiert. 1306 wurde das Stift Braunau nach einem Umbau anstelle einer früheren Burg gegründet. Es wurde 1950 von den Kommunisten enteignet, nachdem die deutschen Mitbrüder bereits bei Kriegsende aufgrund der Benešdekrete das Land verlassen mussten. Das Stift diente bis zur Wende als Konzentrationskloster für Ordensschwestern, die hier interniert waren. Bereits im 14. Jahrhundert erlangte die Stadt Bedeutung als Kulturzentrum in der Region. In der Barockzeit wurden Stift, Kirche und zahlreiche andere Gebäude erneuert oder neu errichtet, z.B. auch ein Gymnasium. Im 19.Jahrhundert begann die Industrialisierung und es entstanden Fabriken und Wohnhäuser für die Arbeiter. 1847 ging ein 23 kg schwerer Eisenmeteorit auf ein Haus der Stadt nieder, dem die Wissenschaft damals große Bedeutung beimaß. Nach der Vertreibung der Deutschen 1945 zogen viele Tschechen in die Stadt, die trotzdem einen großen Einwohnerschwund hinnehmen musste. Die Bevölkerung sank auf zwei Drittel des Vorkriegsstandes. 1989 wurde das Kloster restituiert, allerdings nicht neu besiedelt. Es steht heute weitgehend leer, es gibt jedoch Führungen (siehe später). Etwas kurios mutet die Tatsache an, dass Reichspräsident Hindenburg Zeit seines Lebens geglaubt hat, dass Hitler in diesem (böhmischen) Braunau geboren worden wäre.

Wir schauen also in die Stadt hinein zum Hauptplatz. Die Gassen wirken unaufdringlich aber hübsch, der Hauptplatz ist ein Schmuckstück. Auch hier finden sich auf den Denkmälern und Mariensäulen wieder deutsche Aufschriften. Das Wetter ist wunderschön geworden: Sonnenschein und blauer Himmel!

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Sauber renovierter Hauptplatz von Broumov (Braunau).

Wir spazieren weiter zum schon vom Bahnhof aus sichtbaren und die Stadt dominierenden Stiftsgebäude. Wir entschließen uns zu einer Führung (85 Kronen). Zuvor können wir noch außen herumspazieren und Bilder machen. An zwei Seiten ist das Stiftsgebäude renoviert und dunkelrot/weiß gefärbelt, andere Teile sind noch nicht fertig und haben das alte, typische grau der Häuser, wie es im früheren Ostblock so normal gewesen ist. Der Eingangsbereich und die Seitenfront der Kirche sind schönstes Barock. Die Führung beginnt in der Kirche, und sie ist auch sehr sehenswert. Irgendwie wirkt die Führung durch das Stiftsgebäude dann bedrückend, wenn man sieht, was mit diesen Heiligtümern geschieht, wenn der Geist fehlt und kein Leben darin herrscht. Auch das Schicksal der vielen Ordensfrauen, die hier zwangsweise eingesperrt waren, ist natürlich traurig. Die Gänge und Räume wirken verfallen, es gibt aber auch interessante Ausstellungsstücke. Trotzdem wirkt es manchmal so, als würde man über eine frühere Religion berichten, die schon ausgestorben ist. Nach der Führung, die um etwa 17 Uhr zu Ende ist, gehen wir zum Bahnhof zurück. Kaum zu glauben, dass nach dem regnerischen Tagesbeginn jetzt die Sonne so strahlend scheint!

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Eingang zur ehemaligen Klosteranlage Broumov.

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Viel Barock ist hier zu sehen. Auch die vielen Statuen stehen noch alle.

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Eingang zum Klosterhof: dieser Teil ist schon renoviert und frisch gefärbelt.

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Die schöne Front beim Ausgang zum Klostergarten.

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Das Stiftsgebäude von außen: Unterschied zwischen Renovierung und Noch-nicht-Renovierung.

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Kaum zu glauben, dass in für uns so unbekannten Orten so viel schöner Barock zu finden ist.

Da ich Busfahren nicht mag, gehe ich zum Bahnhof und fahre mit dem Zug zurück. Der Fahrkartenschalter ist geschlossen, die Fahrkarte bekomme ich im Zug. Es kommt ein Regionova, allerdings wird daran noch die blaue Brotbüchse angehängt, die im Bahnhof gestanden ist. Der Eilzug fährt jetzt auf direktem Weg Richtung Süden, ich muss also nicht umsteigen und spaziere wieder von Žd’ár über die schon bekannte Straße richtung Police.

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Der Zug für die Rückfahrt fährt in Broumov ein.

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Beim Aussteigen in Žd’ár nad Metují.

Ich bin übrigens nicht der einzige, der hier aussteigt, noch acht andere Leute gehen auch denselben Weg. Mich beeindruckt das. Ich bemerkte dann, dass die Jugendlichen einen schmalen Fußweg als Abschneider Richtung Police nahmen. Genau hier hab ich schon gestern vermutet, dass man kürzer in die Stadt gelangt – allerdings wäre es mit den Koffern wohl nicht so einfach gewesen. Heute ist es aber kein Problem und ich komme über diesen Weg und zwischen einigen Häusern zum Platz, auf dem der Busbahnhof ist, und von dort zu unserer „Pension Adler“.
Der Abend klingt mit Bier und Kaffee aus. Morgen geht es weiter nach Liberec.


Fortsetzung:
Teil 14: Liberec (Reichenberg)

LG Gustav
HIER sind meine Reiseberichte zu finden!




1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2013:07:06:10:14:46.
Toller Bericht mit richtig schönen Bildern.Vorallem die Bilder aus der Felsenstadt gefallen mir sehr. Speziell das erste, wo noch Wolken oder Nebelschleier vom Regen zu sehen sind. Das verleiht dem ganzen eine richtig, tolle, gar mystische Stimmung, die es bei besten Sonnenschein nicht hätte. Da werden schon Erinnerungen an meinen letzten Besuch im Elbsandsteingebirge wach...

Grüße
Jan

Hier geht es zu meinen Reiseberichten


Fußball und Eisenbahn funktioniert !

Schöne Bilder

geschrieben von: FANTOMAS

Datum: 27.05.13 06:48

... Danke für den Beitrag.

Grüße

Frank

Re: Schöne Bilder

geschrieben von: dacia

Datum: 27.05.13 09:34

Danke vielmals für den Beitrag! Die Felsenwelt habe ich für diese Woche jetzt vorgemerkt, das war mir vorher gar nicht bekannt! Leider ist das Wetter in Tschechien momentan auch nicht besonders...

Gruß aus Prag,
Bernhard
Hallo,

sehr schöner Bericht, wobei mir die Fotos der Felsenstadt besonders gefallen. Die Pension macht ebenso einen wirklich einladenden Eindruck! Bekommt man richtig Lust, eine Reise zu unternehmen. Apropos polnische Anschriften in Adrspach: Polen ist hier nicht nur sehr nah, die Felsenstadt hat sich zu einem ausgesprochen beliebten Reiseziel der Nachbarn entwickelt.

Eine kleine Berichtigung sei aber erlaubt: Der Reiseverkehr von Mezimesti über Mieroszow nach Walbrzych wurde zwar in den 1950er Jahren beendet, aber in den 1990er Jahren (wer weiß das genaue Datum?) wieder aufgenommen, es fuhr über einige Fahrplanperioden hinweg sogar ein Schnellzugpaar von Praha nach Wroclaw hier entlang. Die erneute Einstellung des Reiseverkehrs erfolgte im Dezember 2003, der reguläre Güterverkehr folgte im April 2013. Die Strecke soll aber m.W. für Sondergüterzüge betriebsfähig vorgehalten werden.

Die StEG-Strecke ins heutige Scinawka Srednia wurde auf tschechischer Seite noch bis vor wenigen Jahren über Broumov hinaus bis zur letzten Station vor der Grenze (Otovice zst.) im Reiseverkehr bedient. Auf polnischer Seite ruhte der Verkehr seit 1945 (?), aber zwischenzeitlich ist die Strecke nach einer grundhaften Erneuerung bis Tlumaczow für den Güterverkehr wieder in Betrieb. Wie so oft in Niederschlesien, sorgt auch hier ein Steinbruch für Aufkommen.

Ahoj
Daniel
In diesem Forum einmal Bilder der "Adrspacher Skaly" und der Klosterstadt Broumov zu sehen, ist natürlich ein besonderes Highlight.
Aus familiären Gründen kenne ich diese "Ecke" seit über 20 Jahren - und bin immer wieder angetan von der landschaftlichen Schönheit
dort. Leider war es mir nie vergönnt, einmal mit dem Zug hierher zu kommen, aber das wäre aus Richtung Prag auch richtig umständlich und
langwierig. Selbst aus Nachod gibt es keine direkte Verbindung bis Broumov. Genausowenig kann man - wie Du ja auch richtig erwähnst -
nur sehr umständlich nach Adrspach kommen. Deine Impressionen sind sehr schön. DAnke fürs Zeigen.
KBS_104 schrieb:
-------------------------------------------------------
Selbst aus Nachod gibt es keine
> direkte Verbindung bis Broumov.

Aber ja, es gibt doch alle zwei Stunden einen direkten Spešny (Eilzug)! (er kommt von Starkoc).
Oha,danke für die Info. Dann ist meine "Schwiegerfamilie" dort aber ganz schlecht informiert... ;-)

Re: Schöne Bilder

geschrieben von: dacia

Datum: 31.05.13 00:39

dacia schrieb:
-------------------------------------------------------
> Danke vielmals für den Beitrag! Die Felsenwelt
> habe ich für diese Woche jetzt vorgemerkt, das war
> mir vorher gar nicht bekannt! Leider ist das
> Wetter in Tschechien momentan auch nicht
> besonders...

Das Wetter war auch heute miserabel, trotzdem habe ich den Plan in die Tat umgesetzt und bin auf Gustavs Spuren gewandelt. Besucht wurden ebenfalls Adrspach samt Felsenlandschaft sowie die Stadt Broumov, für die An- und Abreise wurden alle drei tschechischen Bahngesellschaften und insgesamt zwölf Züge benutzt. In den nächsten Tagen werde ich einen detaillierteren Bildbericht einstellen.

Schon jetzt gibt es ein Foto von 810.539 + BDtax heute Nachmittag kurz vor dem Bahnhof Adršpach. Der anhaltende Regen der letzten Tage sorgt für eine saftig grüne Vegetation.

https://dl.dropboxusercontent.com/u/28506526/2013-05-30_Adrspach/DSC_9474.JPG


Gruß (noch) aus Prag,
Bernhard



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2013:05:31:00:40:14.