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Hallo zusammen,

als Fortsetzung der Albanienreihe wenden wir uns der unbekanntesten Bahn Albaniens zu, gewissermaßen einer der unbekanntesten Europas nach 1945. Die Faktenlage ist dünn, Bilder gibt es eigentlich nicht. Warum das so ist, werde ich hier beleuchten.

Da Rreshen, Burrell und Klos nicht der Mittelpunkt der Welt sind und abgelegen in den albanischen Bergen liegen, tauchen zwangsläufig keine Bilder über die Strecke auf. Die politischen Wirren haben ihr übriges getan, sodass es weltweit meines Wissens keinen Bericht mit Bildern über diese Strecke gibt. Belehrt mich und uns als Forengemeinschaft eines Besseren. Ebenso sind Ergänzungen mit Bildern, Aufzeichnungen, Anekdoten und sonstigen Anmerkungen immer gern gesehen.

Vorgeschichte:

Eins vorweg: Neben der Strecke Podgorica – Shkodra war dieses Thema für mich das wichtigste und auch komplizierteste. Insgesamt habe ich vier Anläufe gebraucht, um einen kompletten Bericht über die gesamte Strecke erstellen zu können

Zuerst eine Übersicht über den Verlauf der Strecke, die sich an den Hängen der Flüsse Mat und Fan hinauf schlängelt. Ab Rreshen hinauf bis Klos ist der trassierte Oberbau zu sehen.

Im ersten Teil geht es um den Streckenabschnitt Milot bis kurz vor Rreshen. Im zweiten Teil um den Streckenabschnitt Rreshen – Tarazh-Brücke – Burrel – Klos.

Die jeweiligen Fotostandpunkte habe ich verschiedenfarbig markiert.

Bilder 1 bis 10 (rot)
Bild 11 (blau)
Bilder 13 bis 16 (grün)
Bilder 18 bis 20 (gelb)
Bilder 21 bis 24 und 25 bis 28 (weiß)

Bild 1:

http://img684.imageshack.us/img684/9392/klosline1.jpg

Seitdem ich mich mit Albanien beschäftige, gab es immer den Plan, diese Strecke zu besuchen. 1996 wollte kein Mensch aus den altbekannten Gründen mitfahren, also hatte sich das Projekt erst einmal erledigt. Der Bürgerkrieg von 1997 stand unter keinem guten Stern. In den folgenden Jahren ergab sich keine Möglichkeit, bis ich 2008 nun endlich selbst hin wollte und zumindest den Ausgangspunkt der Bahn im Bahnhof Milot besucht habe. Hier wurde mir klar, du musst den Mat hinauf fahren und die Strecke selbst einmal betrachten. Es hat sich daraufhin ein interessierter Mitreisender gefunden, der ebenfalls großes Interesse an der Strecke hatte. Das sollte nun im April 2009 geschehen und dies ist auch geschehen. Leider muss ich sagen, de facto sind wir zu spät gekommen. Wir haben die letzten Reste gesehen, die nun dem Autobahnbau nach Pristina weichen mussten. Auch an diesem Beispiel wird deutlich, dass die Straße über die Bahn gesiegt hat, und zwar gründlich und mit unbarmherziger Konsequenz. Die hochtrabenden Pläne, die Strecke zwischen Rubik und Rreshen ins Kosovo oder Kosova zu verlängern, sind nun endgültig Episode.

Leider endete dieser Besuch 2009 mit einer defekten Kamera und auch nur bis Rreshen, sodass der derzeitige Bericht hier im Forum aufgrund der mangelhaften Bildqualität nur ein Kompromiss war.

Im April 2011 habe ich im dritten Anlauf die Strecke bis hinter Rreshen fotografieren können, im Juli 2011 folgte das letzte Stück bis hinauf nach Klos.

Im Vorfeld konnte ich mir über die Jahre die Lage der Brücken, Streckenreste, Dämme genau einprägen, sodass ich die Gegend mittlerweile besser kenne als so mancher Einheimischer.

Mittlerweile ist die neue Autobahn Milot nach Kukes (Morina) in Kosovo fertig gestellt worden und zwar genau bis kurz hinter Rubik auf der ehemaligen Trasse der Eisenbahnstrecke.

Geschichte der Bahn:

Aber wenden wir uns zuerst der Geschichte dieser Strecke zu. Der Bau stand im engen Zusammenhang mit der Erschließung diverser Minen oberhalb des Mats in den Orten Rubik, Rreshen, Burrel und Klos. Der Bau der Bahn war ein Bestandteil des letzten Fünfjahresplans Mitte der 80er Jahre und wurde bis Rreshen Ende der 80er Jahre fertiggestellt:

[digicoll.library.wisc.edu] (Seite 37-42)

“Also, new ferrochromium capacities would be added that, together with the
plant at Burrel, would increase ferrochromium output by about 44%. Projects
carried over from the seventh 5-year plan period that would be completed
included the Mi(l)ot-Rreshen-Klos Railroad, which would service Albania's largest
chromite mining district …“ (Zitat ebd.)

Wer sich für Daten, Fakten und Statistiken über die HSH interessiert klicke hier:

[pdf.edocr.com]

Die Bahn ist bis zum Umbruch 1990 zumindest bis Rreshen fertiggestellt worden, auch existiert der Oberbau bis Klos, allerdings hat der Zusammenbruch des kommunistischen Regimes und damit der albanischen Wirtschaft die Pläne für die Ausbeutung der Minen zunichte gemacht. Somit hat auch die Bahn als ein Rückgrat des Fünfjahresplanes ihre Existenzberechtigung verloren.

Zwar hat es in den Jahren 1995/96 eine kurze Periode des Personenverkehrs bis Rreshen gegeben (zwei Züge Tirana – Rreshen täglich), der aber schnell wieder aufgegeben wurde. Einwohner Rreshens können sich noch an diese Zeit des Personenverkehrs erinnern, ebenso wie es überhaupt kein Problem war, den Bahnhof gezeigt zu bekommen. Mit der Frage „Stacioni Hekurudhor“? konnte jeder in dieser kleinen Stadt etwas anfangen.

Der Bürgerkrieg vom Frühjahr 1997 als Folge des Zusammenbruchs des Pyramidensystems hat der Bahn den Garaus gemacht, da die Gleise zwischen Rubik und Rreshen ausgebaut wurden, um die gestohlenen Schienen zwischen Shkoder und der montenegrinischen Grenze zu ersetzen, damit die internationale Linie wieder befahrbar gemacht werden konnte.

Folglich war auf der Strecke nur noch Verkehr zwischen Milot und Rubik möglich. Mit der weiteren Verlagerung der Gütertransportleistungen von der Schiene auf die Straße tendierte der Verkehr ab der Jahrtausendwende gen Null. Dies ist eines der größten Probleme bei der HSH, welches sich aber mittlerweile entschärft, da der Güterzugbetrieb sich im Jahr 2011 positiv entwickelt hat. (Dazu ist im letzten Teil der Albanienreihe im Epilog ein besonderes Kapitel gewidmet.) So war der Stand bis zum Jahr 2008. Das vehemente Ende der Strecke trat zwischen dem Sommer 2007 und dem Frühjahr 2008 ein.

Der Abschnitt Rreshen – Burrel – Klos umfasst insgesamt 6 Kilometer Brücken und vier Tunnel mit einer Gesamtlänge von 2,2 Kilometern. Die meisten Oberbauarbeiten sind fertig geworden, jedoch wurde das Bahnprojekt Ende der 1980er Jahre gestoppt. Die Höchstgeschwindigkeit auf der Bahn war auf 45 Km/h begrenzt. Ein albanischer Lokführer hat mir berichtet, dass diese Strecke von der Befahrbarkeit her die schlechteste in ganz Albanien war.

Für mich ist eine Erkenntnis neu, dass an dem Bau der Strecke ein Militärbau-Bataillon beteiligt war. Und selbst nach dem Zusammenbruch des Regimes und der Massenflucht vieler Albaner nach Italien wurde auch in den politischen Wirren des Landes anscheinend noch an der Strecke weiter gearbeitet. Zumindest bis in das Jahr 1992. Allerdings würde ich diese Angabe nur mit Vorsicht betrachten.

[www.globalsecurity.org]

“The Xheniero-building battalion on 1 July 1968 the battalion was established mechanisms of Serious engineering Babrru deployed in Tirana. The purpose of creating this structure was to carry out various special works mainly for the execution of works of fortification. In 1983 Mechanisms of Severe battalion was involved in the structure of the newly established Division Xhenios. Battalion has conducted the most important tasks in terms of building facilities fortification. Among the main objects fortification are:
• Construction of Naval Base in tail-Pall, Durres.
• Building heliodromit of Farka, Tirana.
• Construction ground to Gjadrit, Lezha.
• Construction of tunnel for warships in Shengjin, Lezha.
In support of civil infrastructure construction:
• 1985-1986; Building Rrëshen rail station.
• 1988-1989; Building railway station Klos, Burrel.
• 1990-1992; Rrëshen-rail construction etc. Klos. “

Batalioni Xheniero-Ndërtues:

[www.supcom.mil.al]

Mit dem Bericht beginne ich an der Abzweigung der Strecke im Bahnhof Milot. Auf der Grafik von Google Earth aus dem Jahr 2007 ist die neue Autobahn noch nicht zu sehen.

Grün der Streckenverlauf (Tirana) – Vore – Shkoder, blau der Rest der Strecke Milot – Rreshen. Die Fotostandpunkte sind mit den Ziffern in Klammern markiert.

Bild 2:

http://img534.imageshack.us/img534/8433/milotreshen1.jpg

Bild 3 (1):

http://img713.imageshack.us/img713/5665/img0700kt.jpg
Bahnhof Milot von der Straßenseite aus betrachtet

Bild 4 (2):

http://img215.imageshack.us/img215/39/img0703un.jpg
Ehemalige Lagerhalle

Bild 5 (3):

http://imageshack.us/a/img23/1623/img0702rb.jpg
Streckenverlauf in Richtung Shkoder, geradeaus das Gleis in Richtung Rreshen, links die neu Brücke der Autobahn nach Prishtina

Bild 6 (3):

http://img828.imageshack.us/img828/7649/hshmilot2.jpg
Links Zug Rreshen – Tirana, rechts DGEG-Sonderzug 1996

Bild 7 (3):

http://img89.imageshack.us/img89/4402/hshmilot.jpg
Links DGEG-Sonderzug, in der Mitte der Zug nach Rreshen, dessen T669 erst umsetzen wird, wenn der Zug nach Tirana (rechts) den Bahnhof Milot verlassen hat

Bild 8 (4):

http://img825.imageshack.us/img825/2976/img0508xw.jpg
Blick aus umgekehrter Perspektive auf den Bahnhof Milot. Rechts Streckengleis nach Shkoder

Bild 9 (5):

http://img594.imageshack.us/img594/893/img0516x.jpg
Einige Schritte weiter zurück sieht man die Brücke, unter der die Strecke einmal hindurchführte

Bild 10 (6):

http://img269.imageshack.us/img269/9186/img0518wc.jpg
Einmal nach links um 90 Grad gedreht, sieht man das Gleis in Richtung Rreshen, das hier jäh endet

Als ich das erste Mal hier angekommen bin, habe ich nur gedacht, mein Gott, das ist alles. Denn bis Rubik gibt es von der Strecke nichts mehr zu sehen. Auf der Trasse wurde die neue Straße nach Morina und ins Kosovo gebaut.

Um weiter nach oben zu kommen, überquert man den Mat und fährt weiter auf der alten Straße nach Rubik. Auf der anderen Flussseite sieht man dort, wo der Rauch aufsteigt, den ehemaligen Streckenverlauf. Dort verläuft nun die neue Straße. Oberhalb die Straße nach Burrel.

Bild 11:

http://img59.imageshack.us/img59/3393/img0537s.jpg

Schlängelt sich die Strecke über wenige Kilometer erst am Mat entlang, verläuft sie im weiteren Verlauf am Ufer des Fan.

Bild 12:

http://img840.imageshack.us/img840/7631/milotreshen2.jpg
Bahnhof Rubik vor dem Straßenbau. Weiß ist gut die Trasse der Strecke zu sehen


Bild 13:

http://img232.imageshack.us/img232/5922/img0559ge.jpg
Ehemaliges Kombinat in Rubik

Drei Bilder aus Rubik im Jahr 1996:

Bild 14:

http://img855.imageshack.us/img855/3351/hshrubik.jpg

Bild 15:

http://img232.imageshack.us/img232/6788/hshrubik2.jpg

Bild 16:

http://img535.imageshack.us/img535/7443/hshrubik1.jpg

Im weiteren Verlauf oberhalb von Rubik verschwengt sich die neue Autobahn nach links. Die Bahnstrecke ist ab hier wieder deutlich zu erkennen, da sie nach rechts in Richtung Rreshen verläuft.

Bild 17:

http://img819.imageshack.us/img819/4505/milotreshen3.jpg

Bild 18:

http://img593.imageshack.us/img593/3528/img0581g.jpg
Links die Autobahn nach Pristina, rechts ehemalige Bahnbrücke über den Fan in Richtung Rreshen

Bild 19:

http://img41.imageshack.us/img41/61/img0679ms.jpg

Bild 20:

http://img824.imageshack.us/img824/3082/img0586ya.jpg
An die erste Brücke schließt sich noch eine zweite an

Kurz vor Rreshen befindet sich an einer weiteren Brücke der einzige Streckenabschnitt, an dem sich noch Gleise befinden.

Bild 21:

http://img692.imageshack.us/img692/717/img0598tq.jpg

Bild 22:

http://img543.imageshack.us/img543/1214/img0596p.jpg

Bild 23:

http://img62.imageshack.us/img62/4316/img0601gq.jpg
In Albanien werden alte Straßenschilder selten

Kurz vor Rreshen befindet sich eine weitere Brücke. Wenn man sich den Oberbau ansieht, hat man den Eindruck, als wenn die Strecke erst kürzlich stillgelegt worden wäre.

Bild 24:

http://img707.imageshack.us/img707/4209/milotreshen4a.jpg

Bild 25:

http://img97.imageshack.us/img97/996/img0667hmk.jpg

Bild 26:

http://img838.imageshack.us/img838/3752/img0668h.jpg
Streckenverlauf in Richtung Milot

Bild 27:

http://img829.imageshack.us/img829/7695/img0669b.jpg
Streckenverlauf in Richtung Rreshen

Kurz hinter der Brücke befindet sich wieder eine Lagerhalle. Dass hier eine Bahnlinie verlief, lässt sich nur noch an dem Schotter ausmachen.

Bild 28:

http://img703.imageshack.us/img703/6954/img0670td.jpg

Im zweiten Teil schauen wir uns die Strecke bis nach Klos an, der in Kürze folgen wird. Teil 2: [www.drehscheibe-foren.de]

Bilder 6, 7, 14 -16 © Thomas Becker, Bremen. Und einen herzlichen Dank für die Fotogenehmigung: [www.drahtkupplung.de]

Grüße
Alex

Bisherige Beiträge über die Eisenbahn in Albanien, April 2011:

Prolog, Fahrpläne, Pilgerzüge: [www.drehscheibe-foren.de]

Strecke Podgorica – Hani i Hotit – Shkodër (20. April 2011):

Teil 1: Podgorica – Tuzi [www.drehscheibe-foren.de]

Teil 2: Hani i Hotit [www.drehscheibe-foren.de]

Teil 3: Hani i Hotit bis nach Bajzë [www.drehscheibe-foren.de]

Teil 4: Bahnhof Bajzë [www.drehscheibe-foren.de]

Teil 5: Koplik bis Shkodër und Züge: [www.drehscheibe-foren.de]

Nebenbahn Kashar – Yzberish, Durres-Pendel: [www.drehscheibe-foren.de]

Strecke Fier – Ballsh (25. April 2011):

Teil 1: [www.drehscheibe-foren.de]

Teil 2: [www.drehscheibe-foren.de]

Teil 3: [www.drehscheibe-foren.de]

Betriebsalltag in den Bahnhöfen Tirana und Vorë: [www.drehscheibe-foren.de]

Industriebahn Papërr – Cërrik, Stahl der Partei (Elbasan): [www.drehscheibe-foren.de]

Bahnhof Prrënjas und der Lokfriedhof: [www.drehscheibe-foren.de]

Züge Nr. 18 und 19: Von Tirana nach Vlorë (24. April 2011):

Teil 1: [www.drehscheibe-foren.de]

Teil 2: [www.drehscheibe-foren.de]

Strecke Milot – Rreshen – Burrel – Klos (April und Juli 2011) Teil 2: [www.drehscheibe-foren.de]

Dalje: Epilog mit Güterzügen und Informationen [www.drehscheibe-foren.de]

Mehr von der HSH: [www.drehscheibe-foren.de]



3-mal bearbeitet. Zuletzt am 2012:03:25:09:40:01.