Moin,
der dritte Reisetag begann nach einer miesen Nacht einschließlich mehrfachen Aufwachens wegen des dicken Knöchels damit, dass ich beim Versuch, aufzustehen, erstmal wieder zurück auf mein Bett umkippte. Irgendwie fühlte ich mich auch sonst nicht allzu gut; einen dicken Knöchel hatte ich vor paar Jahren schon mal gehabt, drei Wochen Freistellung vom Schul- und Vereinssport sowie drei Tage Bettruhe waren seinerzeit die Folgen. Andererseits wusste ich, dass ich die Motive, die ich an diesem Wochenende nicht schießen würde, womöglich nie wieder machen könnte, und das hätte mich im Nachhinein doch allzu sehr gewurmt. Ich fahre doch nicht 1000 Kilometer, um am zweiten Urlaubstag abzubrechen! Also beschloss ich als faulen Kompromiß, mich zumindest bis zum Mittag irgendwie mit der SU45 zu beschäftigen und dann einen Arzt aufzusuchen.
Nachtruhe hielten um 4.20 Uhr noch SA132 009, SA108 005 und 001.
Unter lautem Gähnen erwacht SU45 245 und schleudert eine Rußwolke in den nächtlichen Himmel. Der Zug war diese Nacht deutlich besser abgestellt als am Vortag, sodass einige Variationen möglich waren.
Mit vollem Weitwinkel war auch eine Ansicht von der Straßenbrücke möglich. Da der Wochenendkurs eine Stunde später abfuhr als an Werktagen üblich, konnte ich heute auf eine Aufnahme des Frühzuges hoffen.
Und nun passierte das Merkwürdige, was einfach nur bescheuert klingen muss, und was ich mir als Leser wohl auch nicht glauben würde: Nach einer Stunde Schlaf im überheizten Görlitzer erwachte ich bei Strykowo, wo gerade die rote Sonnenscheibe einen Daumen weit über dem Horizont lag, stehe auf, weil ich noch die Toilette aufsuchen möchte, und merke plötzlich: Der Fuß ist plötzlich wieder total in Ordnung, und auch sonst fühlte ich mich wieder topfit! Ein leichtes Hinken beim Gehen, sonst nichts. Sogar laufen konnte ich, wie sich beim Ausstieg zeigen sollte. Das verwunderte mich doch schon ein wenig… ob hinter dieser wundersamen Genesung die Hühner von Strykowo steckten?! Jedenfalls habe ich mir vorgenommen, in Zukunft, wenn möglich, nur noch Eier von freilaufenden Bahnsteighennen zu kaufen.
Ach ja: Das Licht reichte wie geplant tatsächlich für ein Bild im frostigen Haltepunkt von Wiry, auch wenn die Sonne im dichten Morgennebel feststeckte.
SA132 003 ebenfalls in Wiry.
Zugefrorene Coca-Cola-Dosa (die früher vielleicht mal eine SP45 war?) mit schönen Eisnadeln. Oder bringe ich gerade etwas mit den Bildunterschriften durcheinander? Man beachte jedenfalls den herrlichen Oberbau. Zwei Tage später sollte die Strecke zur Modernisierung gesperrt werden, und es war mir in diesem Augenblick schwer vorstellbar, dass dann in Wiry die Zukunft tatsächlich ankommen sollte.
Die Fahrt ging durch den Nebel, der zusammen mit der tiefstehenden Sonne das Land in eine Existenz aus reinem Licht verwandelte. Eine Kloschüssel in einem Bach, eine Toilette inmitten eines überfluteten Feldes, ein vergilbtes Poster eines traurig dreinblickenden, jungen Karol Wojtylas – das Leben ist manchmal ziemlich Pop-Art. Ziel war jedenfalls wieder Ruchocice, wo das Motiv vom Vortag heute mal in einer brauchbaren Version umgesetzt werden sollte.
Noch hatte ich über zwei Stunden Zeit, sodass im Ort Proviant gekauft werden konnte. Und der Fuß hielt während der vielleicht zwei Kilometer einwandfrei. Auf dem Bild nicht sichtbar, versinkt auch an einem Samstagmorgen der Ort im Lärm der all der Laster, die sich über die Landstraße hinweg durch die Orte quälen.
Und wieder ein Wunschmotiv abgegrast! Auch Jonas (samt Vater) hatte diese Motividee, seine Version hatte er vor zwei Wochen bereits gezeigt. Beste Grüße nochmals an euch beide!
Zwischenhalt in Rakoniewice. Der Bahnhof ist wegen Lampenmasten leider nur schlecht von dieser Seite zu knipsen, und für ein ausgewogeneres Motiv war die Zeit nicht vorhanden. Wird bei Zeiten sicher nachgeholt.
Schnell wieder eingestiegen und ab nach Tloki. Das Motiv hatten wir zwar schon mit SA132, aber gerade der Goldfiat macht sich doch hier richtig hübsch!?
Für mich ging es dann nach Granowo, wo ich vermutlich der erste Fahrgast war, der den neuen Bahnsteig benutzt hat. Ziel war ein überschwemmtes Feld einige Kilometer weiter östlich des Ortes. Doch was war das unterwegs, ein lautes Tröten an einem Bahnübergang! Für den Planzug aus Poznan war es doch noch eine gute Stunde zu früh…
Ach was, da kam plötzlich ein Kutter! Also schnell quer über auf das moorige Feld gelaufen, wie gut, dass man Ersatzsocken dabei hat. Schnell die Kamera aus dem Rucksack gerissen, immerhin diese Notschlachtung gelang. Güterzüge auf der KBS332 sind nun wirklich nicht alltäglich (in der kommenden Nacht gab es jedoch wohl einen weiteren, denn Grodzisk war am Sonntagmorgen mit zusammen etwa 30 Schachteln vollgestellt).
Bevor der Zug aus Wolle kommen konnte, wurde erst der Triebwagen aus Poznan erwartet. Der kam auch pünklich vorbei. Der Himmel war zwar mittlerweile recht diesig, aber bei Temperaturen von geschätzt deutlich über 10 Grad ließ es sich gut aushalten, sodass ich es mir mit meiner Reiseliteratur unter einem Baum gemütlich machen konnte. Letztes Jahr hatte ich Ende März noch Schneestürme gehabt.
Und dann kam auch endlich der Fiat. Ein gelbblauer Görlitzer wäre zwar nicht ganz so sehr untergegangen, aber irgendeinen Grund zum Meckern muss man ja immer finden.
Die etwas weitwinkligere Version des Motivs. Auch mit dem Ergebnis dieses Standpunktes war ich sehr zufrieden.
Auf der Rückfahrt wiederholte sich das Spiel mit ST43 260, die nach Poznan zurück dieselte und wieder auf freiem Feld abgefangen wurde.
Wann bekommt man schon mal neue Flügelsignale zu Gesicht? In Granowo ist es derzeit möglich!
SA134 008 auf dem Weg nach Wolsztyn.
Letzte Anlaufstelle des Tages war wieder in Wiry der „ich-komme-kurz-nach-Sonnenuntergang-Zug“ in der einsetzenden Dämmerung. Die gelbe Front rettet einiges (auch wenn ich gegen etwas Abwechslung im Lokeinsatz langsam nichts gehabt hätte. Aber wie gesagt, einen Grund zum Meckern braucht der Mensch!)
Im Bw ging der Tag mit seiner sehr zufrieden stellenden Ausbeute wieder bei einem Essen mit dem Zimmernachbarn zu Ende.
Als bescheidenen Bonus des Tages gibt es noch SU45 159 in Sokolka am 28.7.2007 – es ist meine allererste SU45-Aufnahme überhaupt gewesen:
Grüße aus dem Wagenwerk Trier, wo unser Untersatz für das kommende Wochenende gerade noch eine Revision erhält,
Patrick
Ps: „Er ist Hoffnungsträger für viele Menschen, die sich nach Freiheit sehnen“ – das sagte zumindest Wolfgang Kubicki gestern über unseren Noch-Vizekanzler Westerwelle im Heute-Journal und erfreute damit sicher Millionen. Währendessen hat die Facebook-Gruppe „Kann dieser herzlose Streuselkuchen mehr Fans haben als Guido Westerwelle?“ wahrhaftig deutlich mehr Fans als ebendieser. Allerdings hat die Gruppe “Support for Muammar al Gaddafi from the people of Serbia” noch vier mal mehr virtuelle Befürworter als der Liberale. Tja, ich habe schon vor eineinhalb Monaten gesagt, Gaddafi solle in der Bunderegierung einsteigen. Er würde sicher einen guten Verteidigungsminister abgeben (besser als Karl-Theodor gewiss), und mit seinem Grünen Buch wäre er ja sogar politikwissenschaftlich ein Ass. Ganz abgesehen davon, dass seine Leibgarde sich sicherlich in den Bundesgrenzschutz integrieren ließe (oder die neue polnische Bahnpolizei stellen könnte).
Aber das alles nur als spontane Gedanken am Rande der Diskussion…
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2011:04:04:21:04:23.