Nach einem Ausflug in den Chin-State kehrte ich wieder nach Nyaung U (Bagan) zurück. Bagan ist eines der Haupttouristenziele Myanmars (d.h. man begegnet pro Tag ca. 20 - 50 Touristen), da sich in der trockenen Ebene mehrere tausend Tempelbauten aus dem 11. Jahrhundert drängen. Besonders zum Sonnenuntergang bietet sich so ein sehr eindrucksvolles Bild:
Aber jetzt widmen wir uns wieder der Eisenbahn. Nyaung U wurde erst 1996 an das Eisenbahnnetz angeschlossen. Hauptziel war der Transport von Touristen nach Bagan, denn Mitte der 90er Jahre hatte sich Myanmar für Touristen geöffnet. Mit dem Zug kommen aber praktisch nie Touristen (Ausnahmen sind halt Eisenbahnverrückte wie ich). Die meisten kommen mit dem Flugzeug oder dem Boot an, ein paar nehmen auch den Bus. Die Strecke wurde in den folgenden Jahren gebaut:
1997 Kyaukpadang - Nyaung U 30 Meilen
1996 Nyaung U - Myingyan 35 Meilen (Myingyan war schon seit 1893 mit einer Stichstrecke von Thazi an das Netz angeschlossen)
1992 Myingyan - Tadau-U 62 Meilen
1900 Tadau-U - Paleik 7 Meilen
1889 Paleik - Mandalay 11 Meilen (Teil der Strecke Yangon - Mandalay)
Streckenplan aus einer animierten Streckenkarte der burmesischen Eisenbahn Google-Earth-Basis (in Beta-Version auf meiner Homepage verfügbar)
Der Bahnhof von Nyaung U liegt ca. 10km außerhalb des kleinen Städtchens. Kurz nach sechs Uhr morgens packte ich mich und mein Gepäck auf den Sozius eines Mopeds und ließ mich zum Bahnhof fahren. Allerdings war das Moped ein bisschen überfordert und ich musste jedes Mal absteigen, wenn eine kleine Steigung kam.
Das absolut überdimensionierte Bahnhofsgebäude orientiert sich architektonisch an den Tempeln Bagans (über Geschmack kann man streiten)
Auch das Bahnhofsschild fällt hier opulenter aus als an anderen Bahnhöfen Myanmars
Die Größe des Bahnsteigs passt auch eher in eine Großstadt, im Hintergrund wartet der Zug nach Mandalay. Nyaung U hat weniger als 5.000 Einwohner und es halten täglich nur zwei Fernzüge und 3 Nahverkehrszüge!
Bereits mehrere hundert Menschen warteten auf den Zug, der bereits auf einem Nebengleis stand. Um 6:45 wurde der Zug dann an das Bahnsteiggleis rangiert. Nach einiger Suche und Unterstützung durch mehrere Schaffner hatte ich dann auch meinen reservierten Platz gefunden. Der Zug hatte nur Upper Class Waggons, war aber trotzdem recht gut ausgebucht.
Der Zug wird an den Bahnsteig rangiert
Bei Rückwärtsfahrten muss immer geläutet werden, in Ermangelung eines Läutwerks übernimmt das hier ein Bahnangestellter. Der seltsame Waggon am Zugende wurde hauptsächlich zum Transport von Fahrrädern und Mopeds verwendet
Die Kunstledersessel in meinem Waggon waren zwar schon etwas ramponiert, aber ansonsten ganz bequem
Motorisierte Draisinen im Bahnhof Nyaung U
Ein Dieseltriebwagen mit zwei Waggons im Bahnhof von Nyaung U für den regionalen Nahverkehr
DD 1202, unsere Zuglok
Die Gegend rund um Bagan gehört zu den trockensten Regionen Myanmars, da in drei Himmelsrichtungen den Wolken der Weg durch Gebirge versperrt wird. In der Trockenzeit fällt sechs Monate lang kein Regen, dafür gießt es in den drei Monaten Regenzeit wie aus Gießkannen. Leider fiel in der letzten Regenzeit viel weniger Regen als sonst und so sind dieses Jahr in den meisten Dörfern die Brunnen schon ausgetrocknet, obwohl die Regenzeit erst wieder im Juni beginnt. Bis dahin müssen die Menschen das Wasser teilweise über 20km zu Fuß herantragen und Teile ihres Tierbestandes notschlachten, weil Wasser und Futter fehlen.
Auf einer Brücke überquert der Zug ein ausgetrocknetes Flussbett
Obwohl die Strecke gerade mal gute 10 Jahre alt ist, war sie schon wieder in einem erbärmlichen Zustand (vielleicht hatte sie auch noch nie einen akzeptablen Zustand). Schneller als 30km/h fuhr der Zug selten. Auch die komplette Zugsicherung erfolgt durch handbewegte Signale und Weichen.
Einfahrtsignal
Im Vordergrund der Hebel zum Bedienen des Einfahrtsignals, dahinter die handbediente Weiche
Das "moderne" Empfangsgebäude des Bahnhofs Palin ...
... steht im krassen Kontrast zum Bahnsteig
An jedem Bahnhof steigen wie hier im Bild fliegende Händler zu (das sind alles keine Passagiere, wie man auf den ersten Augenblick meinen könnte). Sie verkaufen hauptsächlich Essen und Getränke, aber auch Zigaretten, Betelnüsse (ganz wichtig in Myanmar) und sogar Bücher. Der Bahnsteig ist zwar nicht befestigt, aber dafür wie an allen Bahnhöfen Myanmars bestens gepflegt. Wenn ich da an so manchen befestigten Bahnsteig der DB denke...
Bisherige Berichte dieser Serie:
Teil 1:
Mal wieder Myanmar (Burma) – Yangon Hbf (12 Bilder)
Teil 2:
Ausbesserungswerk Insein - Teil 1 (12 Bilder)
Teil 3:
Ausbesserungswerk Insein - Teil 2 (16 Bilder)
Teil 4:
Übersicht Dampflokgattungen Myanmar/Burma - Teil 1 (25 Bilder)
Teil 5:
Übersicht Dampflokgattungen Myanmar/Burma - Teil 2 (25 Bilder)