Tag 5: 4. August 2008 –Barcelona - Madrid
Heute ist also der große Tag: die erste Fahrt mit einem spanischen AVE-Zug. Mit der Metro L3 fahren wir zum Bahnhof Sants, dort beginnt das besondere Procedere, das uns in ähnlicher Form noch oft begegnen wird:
Die aufwändige Kontrolle bei Fernzügen
Zunächst gehen wir zum Eingang der besonderen Bahnsteige 1 bis 6. Hier gibt es schon oben eine erste Fahrkarten-kontrolle. Danach muß man sein Gepäck durch einen Röntgen-Apparat schieben, ähnlich wie auf den Flughäfen. Man geht durch einen Torbogen durch, der anschlägt, wenn man zu viel Metall am Körper trägt. Nach der Gepäckkontrolle werden noch einmal die Karten kontrolliert. Aber genauer, denn hier ist ein Desk, wo die Platzkarte elektronisch eingelesen wird. Da unsere Platzkarten nicht auch zugleich die Fahrkarten sind und auch nicht in Spanien sondern in Deutschland ausgestellt wurden, gibt es keinen Balkencode auf dem Ticket, sondern unsere Platznummern werden in eine Liste eingetragen. Dann dürfen wir die Rolltreppe zum Bahnsteig betreten. Dort warten wir ein wenig, bis 10 Minuten vor der Abfahrt der Zug einfährt. Wie nicht anders zu erwarten ist es eine Garnitur der Baureihe 103 (Siemens-Velaro), ziemlich baugleich mit den deutschen ICE-Zügen der Reihe 406. Aber auch in China und in Rußland gibt es bereits Velaros. Die Sitze wirken recht bequem und sind es auch. Im Inneren werden auf einem Display die Außentemperatur (derzeit 29°C) und die Geschwindigkeit abwechselnd angezeigt. Es werden Kopfhörer wie im Flugzeug verteilt. Es gibt ein Bord-Musikprogramm und ein paar Radioprogramme sowie einen Film wie im Flugzeug (Simpsons, aber natürlich gekürzt). Leider nur in Spanisch (kastillisch) und nicht wählbar auf zum Beispiel Englisch. Es wird auch ein kleines Stück Schokolade verteilt. Fahrkarten werden allerdings während der ganzen Fahrt keine mehr kontrolliert. Auch später kommt die Zugbegleiterin durch und verteilt noch Zuckerln. Zum Verständnis: wir sind in der Touristenklasse. Es gibt Turista (T), Club (C) und Preferente (P).
Die AVE-Fahrt nach Madrid
Nun geht es also los, unser Zug AVE 3080 ist ein Zug ohne Halt bis Madrid. Wir fahren also an Zaragoza außen vorbei, denn es gibt eine Umfahrungsstrecke. Abfahrt Barcelona Sants um 8:30, Ankunft in Madrid Atocha um 11:13. Die ersten 5 Minuten geht es langsam dahin und zwar im Tunnel, nach 15 Minuten haben wir aber schon 250 km/h erreicht. Dieses Stück der Hochgeschwindigkeitsstrecke wurde erst am 20. Februar 2008 eröffnet. Die Strecke wurde in mehreren Abschnitten eröffnet, ich weiß jedoch nicht, ob es schon von 2002 an umspurbare Züge Madrid-Barcelona gegeben hat. Die Eröffnungsdaten:
20.12.2002: Madrid-Zaragoza
11.10.2003: Zaragoza-Lleida
22.06.2007: Lleida-Tarragona
20.02.2008: Tarragona-Barcelona
Das Innere unseres Velaro-Triebwagens
Die Geschwindigkeit ist nicht immer gleich, sie schwankt zwischen 200 und 300 km/h. Um 9 Uhr passieren wir Camp de Tarragona, wo bis vor wenigen Monaten der Cambiador (Umspuranlage) benutzt wurde.
Unterwegs gibt es viele eher karg aussehende Abschnitte
Die Landschaft entlang der Strecke ist teilweise entsetzlich öde und sieht nach Wüste aus. Teilweise gibt es aber sehr interessante Strukturen, ja sogar Wälder und Flüsse, allerdings nicht viele Siedlungen. Jedenfalls eine sehr fremdartige Landschaft.
Auch Wälder gibt es zu sehen.
Wir überwinden übrigens einen beträchtlichen Höhenunterschied bis Madrid, allerdings weiß ich nicht, ob das auch einige steile Streckenabschnitte beinhaltet. Wir haben von Meeresniveau bis Madrid (667 m) immerhin mehr als 600 km Zeit, den Unterschied auszugleichen. Für die 635 km benötigt unser Zug 2 Stunden und 43 Minuten, das entspricht einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 233 km/h. Der normale Fahrpreis für diesen Zug wäre 60,50 Euro. Ich mußte dafür zu meinem Interrail-Ticket 10,20 Euro für die Platzkarte aufzahlen. Das hat Gottseidank Martin Kop. in Berlin für mich getan, dem ich an dieser Stelle ausdrücklich danken möchte für seine Mühe.
Um etwa 11 Uhr erreichen wir die äußeren Stadtteile von Madrid, dann geht es relativ langsam weiter bis zum Bahnhof Puerta de Atocha, wo wir pünktlich ankommen (sogar 2 Minuten zu früh).
Kurz vor der Ankunft überqueren wir die tieferliegenden Nahverkehrsgleise und können die Nahverkehrshalle sehen, die wir noch oft betreten werden.
Das Bild zeigt unseren Triebwagen 103-005 nach der Ankunft in Madrid Atocha. Ich bin extra zurückgegangen, um das Foto zu machen, das war überhaupt kein Problem. Ich wußte ja, daß ich nur dann, wenn ich einen Zug auch benütze, den Bahnsteig betreten kann.
Auf dem gleichen Bahnsteig stand noch Triebwagen 102-010 (Patito), der vor allem auf der neuen Strecke nach Valladolid eingesetzt wird. Ob er auch Richtung Sevilla/Malaga im Einsatz ist, weiß ich nicht. Leider sind die Lichtverhältnisse hier nicht die besten, aber ich glaube, ich hab die Type sonst nicht mehr fotografiert…
Leider konnte ich Triebwagen Reihe 100 (TGV-Bauart) nicht gut aufs Bild bannen. Diese Aufnahme dient daher in erster Linie dazu, die relativ nüchterne (Beton-)Gestaltung der Bahnsteige und Säulen zu veranschaulichen. Aber hier hält man sich ja auch nicht auf, sondern ist nur unterwegs. Wir gehen ebenerdig in die Bahnhofshalle hinaus. Draußen warten vor den Absperrbändern Leute, die auf ihre Angehörigen warten.
Erste Eindrücke: Bahnhof Madrid Puerta de Atocha
Nun bin ich also in Madrid, fast zum ersten Mal könnte man sagen, denn mein Kurzbesuch 1973 erstreckte sich wegen des strömenden Regens damals auf wenige Stunden, davon einige auf den Bahnhöfen und kaum was in der Stadt. Ich habe also keinerlei Erinnerungen an die Stadt selbst.
Die Abfahrts- und Ankunfts-Bildschirme sind klar lesbar (schön groß und nicht negativ wie z.B. bei der Wiener Schnellbahn). Zugsgattungen gibt es in Spanien jede Menge. Mit „Avant“ sind zum Beispiel die Hochgeschwindigkeitszüge gemeint, die nur kurze Abschnitte befahren. Es sind kürzere Garnituren im Einsatz als auf den Langstrecken. (zum Beispiel nach Puertollano auf der Hauptstrecke nach Sevilla oder nach Toledo oder die Verbindung zwischen Malaga und Sevilla über Cordoba. „Altaria“ sind lokbespannte Talgozüge oder auch Triebwagen, die durch Spurwechselanlagen eine Verbindung zum Breitspurnetz herstellen (zum Beispiel von Madrid nach Cádiz, Huelva, Granada, Algeciras, Pamplona oder Irun/Hendaye. „Alaris“ heißen die Breitspurzüge (Triebwagen) zwischen Madrid und Valencia. Es gibt aber noch viel mehr Zugbezeichnungen.
Die alte Bahnhofshalle hat keine Gleise mehr, der Bahnhof Atocha wurde ja umgebaut. Der Kopfbahnhof wurde zurückversetzt, die gesamte alte Halle ist in eine Art Palmenhaus verwandelt. Allerdings ist der Durchgang momentan mit Bändern abgesperrt (oder immer?). Die Pflanzen werden andauernd feucht bestäubt.
Auch von außen ist des alte Bahnhofsgebäude in seiner ganzen Pracht sehenswert. Die neue Bahnhofshalle für den Fernverkehr wurde südlich an die alte Halle angebaut und hat zwei Zugangs-Stockwerke: Oben ist die Sicherheitskontrolle und der Zugang zu den Bahnsteigen (Abfahrt). Unten ist der Ankunftsbereich. Der ist natürlich mit Bändern abgesperrt. Die Angehörigen müssen vor den Bändern warten. Zum Bahnsteig hat man nur mit Fahrkarte Zutritt. Östlich neben der Fernverkehrshalle liegt etwas tiefer gelegt die Nahverkehrshalle. Hier sind ebenso zahlreiche Gleise, aber es ist ein Durch-gangsbahnhof. Nach Norden verschwinden drei verschiedene Strecken in Tunnels. Ein Tunnel wendet sich scharf nach links und führt Richtung Westen nach Móstoles, zwei Tunnels (túnel de la risa und seit kurzem túnel del sol) führen Richtung Norden zum Bahnhof Chamartin, der ziemlich weit außerhalb der Innenstadt liegt. Der alte Tunnel hat zwei Stationen: Recoletos und Nuevos Ministerios, während der neue eine etwas andere Strecke befährt und erst bei Nuevos Ministerios eine gemeinsame Station mit der zuerst erwähnten Strecke besitzt. Eine Station „Sol“ ist in Bau aber noch nicht fertig.
Die Lage unseres Hotels hab ich mir über Google-maps schon herausgesucht und wir finden es auch sehr schnell. Aber wir verlassen es bald wieder, denn wir wollen ja etwas sehen.
Bahnhof Madrid Príncipe Pio (früher Estación del Norte)
Als erstes Ziel wähle ich den Bahnhof Príncipe Pio. Denn von dort fuhr ich 1973 in Richtung Medina del Campo von Madrid weg. Mittlerweile hab ich natürlich aus dem DSO-Forum schon erfahren, daß der Bahnhof heute anders heißt und kein Fernbahnhof mehr ist. Wir gehen also zum Bahnhof und wollen mit einer S-Bahn (Cercanías genannt), dort hin fahren. Nur: wie müssen uns wieder ein Zugangsticket besorgen, damit wir durch die Magnetkarten-Sperre kommen. Auf meine Frage, ob es nicht so ein Ticket für mehrere Tage gibt, erhalte ich eine abschlägige Antwort. Ich muß mich also jedes Mal für jede Fahrt neu anstellen. Nervenaufreibend! Mit der Linie C-10, die man auch erst finden muß, denn es sind die Fahrziele bei den Bahnsteigen angegeben und nicht immer die Linienbezeichnungen, fahren wir nach Príncipe Pio. Die Linie macht einen kleinen Umweg, weil sie nach Süden aus dem Bahnhof herausfährt in großem Bogen über eine (vermutlich ehemalige Güter)-Strecke nach Norden wendet. Als wir aussteigen, staune ich nicht schlecht, der Bahnhof wurde unter Beibehaltung des alten Gebäudes völlig umgebaut.
Unser Triebwagen 447-353 nach der Ankunft auf Gleis 2 des Bahnhofs Príncipe Pio.
Die alte Halle (vermutlich aus Gußeisen) besteht noch und überspannt die hier endenden Gleise. Gleis 2, auf dem wir angekommen sind, ist ganz recht an der gerade noch sichtbaren Mauer außerhalb der Halle. Vor den Prellböcken (im Vordergrund) gibt es eine große Grube, ein Loch, man hat hier einen guten Einblick auf zwei U-Bahnsteige. Hier verkehren die Linien 5 (Schmalprofil) und 10 (Breitprofil), die Station der kurzen Linie R ist komplett unterirdisch und nicht sichtbar. Außen an den Prellbockgleisen, auf denen einige Garnituren der Doppelstockreihe 450 stehen, mit denen wir leider nie fahren werden, führen die durchgehenden Gleise dieser Strecke Richtung Süden und in der Folge zum Bahnhof Atocha. Das Richtungsgleis nach Süden überspannt den offenen U-Bahnsteig dabei mit einer interessanten Brücke (links an den runden Profilen sichtbar), die sich sozusagen mitten in der alten Bahnhofshalle befindet. Das Gleis Richtung Norden überquert die U-Bahn dort, wo sie selbst noch im Tunnel ist. Jedenfalls ist die Anlage interessant. Hier kann ich auch einige U-Bahn-Bilder machen, obwohl ich nicht weiß, ob das erlaubt ist. Aber ich verhalte mich unauffällig.
So sieht die Halle heute aus …
…und so war es 1973. Bitte die schlechte Dia-Qualität zu entschuldigen, aber ich wollte unbedingt den Vergleich bringen. Das Bild zeigt übrigens einen Triebwagen der Reihe 597.
[/
Dieses Bild zeigt das Bahnhofsvorfeld 1973, damals fuhren hier noch Schlafwagenzüge ab.
[URL=http://imageshack.us] Und noch ein Vergleich von 1973 im damals noch Estación del Norte genannten Bahnhof: Triebwagen 432 008 in der Halle
Zurück zur Gegenwart: Die erwähnte S-Bahn-Brücke (Fahrtrichtung Atocha) im inneren der Halle, die die U-Bahnsteige überspannt.
Ein Zug der Großprofilreihe M-7000 der Madrider Metro auf dem Außenbahnsteig. Die Oberleitung ist als Stromschiene ausgeführt.
Und hier ein Kleinprofilzug auf den beiden mittleren Gleisen der großen Station. Hier ist die Oberleitung aus Draht. Man erkennt im Hintergrund die Profile der „S-Bahn-Brücke“.
Wir spazieren hinaus auf den Vorplatz, der nett gestaltet ist. Die wirkliche (alte) Frontseite des Bahnhofs, die ich dann suche, ist allerdings unrenoviert. Hier steht noch „Estación del Norte“ angeschrieben, der Vorplatz ist als wilder Parkplatz genutzt. Bäume stehen herum, ich finde, man könnte auch diesen Teil des Bahnhofs als Eingang nutzen und schöner gestalten. Zumindest die Fassade könnte man renovieren.
Versteckte Pracht: die alte Fassade des ehemaligen Bahnhofs Norte
Schade, daß man nicht mehr aus der schönen Fassade gemacht hat
Den Rest des Tages verbringen wir mit Besichtigungen in der Innenstadt von Madrid, mit einem günstigen Mittagessen beim „Museo de Jambon“ um 10,50 Euro (inklusive Getränk, Vorspeise und Dessert). 0,375 Liter Wein pro Person ist ein Beispiel für ein Getränk. Sehr empfehlenswert! Direkt bei der Metrostation Sol (die jedoch gesperrt war, weil die direkte Linie von Atocha ins Zentrum wegen Bauarbeiten gerade gesperrt war. Am Abend hab ich noch einmal den Bahnhof Atocha besucht, in der Hoffnung, irgendwo die ein- und ausfahrenden Züge fotografieren zu können, aber vergeblich. Man kann lediglich von einer Art Brücke in die Halle hinunter fotografieren. Die Perspektive und auch das Licht lassen jedoch zu wünschen übrig. Trotzdem wage ich, ein paar Aufnahmen zu zeigen:
Patito Reihe 102 (nicht umspurbar)
Velaro Reihe 103
Pendolino von CAF Reihe 104 für Alvia-Züge (Media Distancia), also z.B. nach Toledo.
Rechts sind TGV-Baureihen Reihe 100 erkennbar. Es gibt noch weitere Gleise, weiter rechts, wo auch Breitspurzüge abfahren. Dort kann man aber von oben nicht hinein fotografieren.
Auch Dreischienengleise gibt es, wie hier gut zu sehen ist.
Fortsetzung folgt. Toledo ist entgegen der Ankündigung noch nicht dabei. Das kommt im viertel Teil bei den Ausflügen von Madrid aus.
Wer die bisherigen Teile finden will, muß nicht lange suchen, hier sind die Links:
Teil 1: [
drehscheibe-online.ist-im-web.de]
Teil 2: [
drehscheibe-online.ist-im-web.de]