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"Kammerl-Flimmern".......Frevel im Ammertal

geschrieben von: Bernd Mühlstraßer

Datum: 22.10.13 21:04

http://foto.arcor-online.net/palb/alben/10/779010/6431633536323137.jpg

Das gesamte "Ensemble" Kammerl in der Ammerschlucht. Rechteckiges Turbinen-Haus, Wohnhaus, Waschhaus. Zustand 1904. Im Hintergrund sieht man die bis heute kleine Zufahrtsstraße über Saulgrub-Achele und die auch heute nur als Fussgängerbrücke freigegebene Brücke über die Ammer. Der Fotograf steht nahe dem Wasserschloss (dazu im Text)

Es ist für mich ein doppeltes Drama:

Fast täglich war ich über Jahre hinweg mit unserem Hund am Ammerwehr oder am „Eisernen Steg“ Gassi. Wald und Wiesen, herrliches Panorama, menschenleer und romantisch. Die Halb-Ammer zwischen Geröll-Rinnsaal oder Hochwasser-Ungeheuer, die Ufer immer im Wandel – Naturschutzgebiet, wildromantische Ur-Flusszone.

Vor zwei Jahren zerstörte meine „bessere Häfte“ schon mal den Part mit Familie und Hund – seitdem habe ich das Gebiet gemieden. Auf meinen letzten Spaziergängen vor dem Familien-Gau beobachtete ich schon den Anmarsch von Baufahrzeugen….. aber das stand jetzt erstmal nicht mehr auf der Tagesordnung.

Diese Woche bin ich zurückgekehrt in die riesige Waldfläche, die sich vom Ammertal bis ins Allgäu erstreckt. Alarmiert von Mutmaßungen und Fragen. Ich traf auf Verwüstung und Frevel – diesmal aber nicht durch böse Weiberhand, sondern durch die DB.

Das Kammerl, ältestes Wasserkraftwerk für Bahnstrom der Welt(lt. Wikipedia) , wird nie mehr Strom liefern! Ein lebendiges Denkmal ist zerstört, jedenfalls im Sinne seiner ursprünglichen Aufgabe. Erneut wurde die Geschichte der ersten Wechselstrombahn mit Füßen getreten, erneut hat man keines Respekt vor Werten. Aber bevor ich mich jetzt schon in Rage schreibe (das mach ich dann am Ende des Themas nochmal) – stelle ich Euch erstmal das „Kammerl“ vor.

Bekanntlich ist die Bahnstrecke Murnau – Oberammergau die erste Einphasen-Wechselstrombahn und damit der Anfangspunkt unseres heutigen elektrischen Zugbetriebs. Im Januar 1905 war das, doch ging dieser Meisterleistung erstmals ein komplettes Chaos voraus. Die Planungen zum Ende des 19. Jahrhunderts sahen eine Drehstrombahn vor. Während weder die komplizierte Oberleitung, noch die vorgesehenen Triebwagen hierfür jemals die Betriebstauglichkeit erlangten, entstand in den Jahren 1898/99 etwa vier Kilometer von der Strecke entfernt das Bahnkraftwerk Kammerl in der unwegsamen Ammerschlucht und war voll funktionstüchtig. In diesem, bis heute unwegsamen Gelände entstand eine Maschinenhalle, ein Wohnhaus und eine Waschküche. In der Maschinenhalle fanden drei Turbinen-Sätze für Bahn- und Verbrauchsstrom Platz. Die Turbinen erzeugten eine Leistung von 500 PS, die Generatoren lieferten jeweils 280 kW.

http://foto.arcor-online.net/palb/alben/10/779010/3639663761626264.jpg

Die, heute fast in indentischen Zustand, befindliche Turbinenanlage. Nur die Schalttafeln haben sich gewandelt

Während mit Fertigstellung der Anlage also im Ammertal „das Licht anging“ (1904 wurden 1664 Glühlampen in Murnau, Aschau, Kohlgrub, Ammertal gespeist. Dies kosteten den Nutzer 30 Mark im Jahr, Schlafzimmerlampen hatten mit 24 Mark einen Sonderpreis…) , wurde der Bahnstrom nicht benötigt – man fuhr mit Dampf nach Oberammergau. Erst als der ursprüngliche Betreiber pleite ging und die LAG die Strecke kaufte, brachen die elektrischen Zeiten an. Zusammen mit Siemens entschied man sich bahnbrechend für die bislang nicht angewandte Einphasen-Wechselstrom-Technologie – mit bekannt erfolgreichem Ergebnis. Auch die Anlagen im Kammerl wurden entsprechend umgebaut – und das war es dann für die nächsten 106 Jahre. Natürlich wurde modifiziert, vor allem im Bereich der Schalttechnik und Anlagensteuerung – aber die eigentliche Stromerzeugung blieb wie sie war. Über 100 Jahre lieferte das Kammerl Strom, erst der LAG, dann der Reichsbahn, der Deutschen Bundesbahn und auch der Bahn AG. Nachdem die Abläufe vor Ort in den 80er Jahren automatisiert wurden, lief das Werk 24 Stunden ferngesteuert! Die DB bezeichnete das alte Krafwerk trotz der geringen Strommenge als das effektivste und rentabelste im gesamten DB-Netz!

Aber wen interessiert an einem Schreibtisch von DB Netz so was? Wen schert dort Denkmalschutz? Offensichtlich niemand – weder in Frankfurt, noch vor Ort.

Ich lade Euch ein, geht mit mir die 1,5 km lange Anlage entlang, lernt mit mir das Kunstwerk Kammerl kennen, und seht, was damit geschieht……

Von der Bahnstation Altenau der Ammergauer Bahn mündet das sogenannte „Königsstraßerl“ ab, das das Ammergau mit dem Allgäu verbindet. König Ludwig II befuhr diesen Waldweg auf der Reise zwischen seinen Schlössern Linderhof und Neuschwanstein, daher der Name. Etwa 1 km nach Altenau trifft man auf die Ammer, die sich dort im unverbautem Flussbett noch durch weite Hügellandschaft schlängelt. Wir folgen ihr in S-Form, an dessen Ende sich der Fluss verbreitert. Hier ist das Stauwehr des Kammerl, das die Wassermassen links in den Kraftwerkskanal leitet, während das übrige Wasser rechts in die wilde Ammerschlucht mündet (dort befinden sich noch Reste eines privaten E-Werks).

http://foto.arcor-online.net/palb/alben/10/779010/3534623031653237.jpg

Hier beginnt die Anlage "Kammerl", das Wehr bei Altenau, 1905. Links die Staustufe der weiterlaufenden Ammer, rechts das Wehr zum Kanal, der im Vordergrund vorbeifließt und in der Mitte seinen seinen Überlauf zur Ammer zurück hat
http://foto.arcor-online.net/palb/alben/10/779010/3734393363633739.jpg

Über 100 Jahre später, fast unverändert. Die Aufbauten sind durch die automatisierten Einrichtungen etwas höher geworden, aber im Kern ursprünglich. Der Überlauf, rechts im Bild, ist hier gut zu erkennen. 2011 noch so romantisch, aber im Hintergrund sind schon erste Baufahrzeuge zu sehen. Heute - nur neuer Beton!


Der separierte Kanal ist insgesamt 1,49 km lang und verschwindet bereits nach wenigen Metern in einem Bergwerk-artigem Portal in einem Tunnel. Dieser unterquert auf 185 m einen Waldhügel – ganze Generationen von Jugendlichen haben sich an dieser Stelle die Frage gestellt, was wohl passiert, wenn man hier ins Dunkel schwimmen würde…. Der Wassertunnel endet etwa 25 Meter über der Schlucht der Halbammer, einem Ammerzufluss aus dem Ammergebirge. Um diese zu überwinden schließt sich unmittelbar ein Aquädukt mit einer Spannweite von 82 Metern an, auf dem das Wasser in schwindelnder Höhe über die Schlucht fließt. Dieses Wasser-Viadukt ist im klassischen Ammergaubahn-Stil ausgeführt, ähnelt optisch den Bahnbrücken in Murnau (1986 ersetzt) und Grafenaschau. Das Aquädukt ruht auf drei im Flusslauf einbetonierten Stahlstützen. Bis zum Ende dieser Brücke befand sich die Anlage in Ursprungszustand von 1899. Erst das aufnehmende Widerlager auf der nördlichen Anhöhe wurde in den 90ern in Betonbauweise neu angefertigt, nachdem es mehrfach von Hochwasser unterspült wurde.


http://foto.arcor-online.net/palb/alben/10/779010/6361616335366162.jpg

Das Aquädukt von oben und flussaufwärts aus aufgenommen - Blickrichtung Kraftwerk. Unter der Brücke fließt die Halbammer, die genau an dieser Stelle, rechts in die Ammer fließt

http://foto.arcor-online.net/palb/alben/10/779010/3734626231616565.jpg
Das Aquadukt heute - einzig betriebenes Ursprungsbauwerk mit den neu fundamentierten Stützen, die bei Unwettern innerhalb von wenigen Minuten wild umspült werden können. Im Volksmund heißt das Aquädukt "Eiserner Steg" - zumal man - zumindest inoffiziell - auch damit ans andere Ufer gelangen kann

Nun windet sich das kristallklare Wasser auf einem Bergrücken in leicht geschwungenem S auf das Kraftwerk zu. Kurz vor dem Naturdenkmal „Scheibum“ (Winnetou lässt grüßen), einem fantastischen Felsdurchbruch der Ammerschlucht, endet der Kanal in einem Wasserschloss, unmittelbar über dem Kraftwerksbau. Hier stürzt sich das Wasser nun in ein 2 Meter breites und 18 Meter langes Rohrsystem, dass direkt in das Turbinenhaus führt und die Anlage in Schwung bringt. Kurz vor der „Scheibum“ mündet das Turbinen- und Überlaufwasser in zwei getrennten Kanälen wieder in die Ammer.

So hat das Ganze also über 100 Jahre funktioniert. Das Abzweigewehr und das Wasserschloss wurden im Rahmen des Fernsteuer-Betriebes mit automatischen Schmutzrechen und Schleusen ausgestatten – der einzige, kaum sichtbare Eingriff in das historische Ensemble.


http://foto.arcor-online.net/palb/alben/10/779010/6164663933326331.jpg
Wasserschloss 1905......
http://foto.arcor-online.net/palb/alben/10/779010/3564343562653639.jpg

und 2013.....

Letzlich hat sich aber am System der Stromerzeugung nie etwas geändert. Die von mir im Herbst 2011 noch beobachteten Baufahrzeuge machten sich zuerst am Ableitungswehr zu schaffen, das mittlerweile komplett abgerissen wurde. Dann wurde ein etwas 4 km langer Baustellenweg durch das Naturschutzgebiet angelegt, weil das Kraftwerk für Schwerfahrzeuge nicht anfahrbar ist. Als die Baumonster in der Ammerschlucht angekommen waren, machten sie sich am Wasserschloss zu schaffen, das inzwischen auch komplett zerstört wurde. Was jetzt passiert ist: Direkt neben der alten Turbinenhalle entsteht ein völlig neues Krafwerk. Sicherlich leistungsstärker, aber durch die vorgegebene Wassermenge des Kanals dennoch von geringer Gesamtleistung. Dem alten Turbinenhaus wurde sprichwörtlich das Wasser abgegraben. Kein Tropfen wird mehr in die alten Turbinen fließen. Damit ist das einzige verbliebene, noch betriebene, Bauwerk der alten Anlage nun das Aquädukt.

Da unter Denkmalschutz stehend, bleibt das alte Maschinenhaus zwar erhalten, ist aber nun ein totes Objekt mit stillstehenden Turbinen.

Und dies halte ich für Frevel. Ein funktionierendes und rationell arbeitendes Technik-Denkmal ist ohne Widerspruch seiner Funktion beraubt worden. Wenn Denkmalschutz Sinn macht, dann doch in dieser Reinkultur von arbeitenden Anlagen der Technikgeschichte. Aber nein, @#$%&egal, niemand bekümmert diese mutwillige Zerstörung von lebendigem Kulturgut.
Komme mir jetzt niemand mit dem Einwand von „notwendigem technischen Fortschritt“. Wie gesagt, das Werk wurde als das effektivste der DB bezeichnet. Und dies, obwohl es weniger Strom lieferte, als für den Betrieb einer 141 im Zugverkehr nach Oberammergau notwendig gewesen wäre! Zwei E69 ja, aber keine 141 mit um die 3000 kW Leistung. Auch das neue Kraftwerk wird keine Bäume ausreisen können. Aber was wäre daran problematisch, ein rentables Denkmal weiter zu betreiben?

http://foto.arcor-online.net/palb/alben/10/779010/3466323935376263.jpg

Die gleiche Szene wie im ersten Foto abgebildet, über 100 Jahre später. Unschwer zu erkennen: Noch ist die Zeit stehen geblieben. Noch liegt dieses romantische Stromschloss im einsamen Wald wie um 1900. Doch der Baukran lässt erahnen, was kommt....

Aber, Geschichte macht man in Deutschland ja lieber künstlich. Man kann über die aufgebaute Frauenkirche in Dresden, das Stadtschloss Berlin, die Pfahlbauten am Bodensee, Freilichtmuseen mit nachgebauten oder versetzten Gebäuden, denken was man will. Ob sie die Millionen, die zu deren Errichtung notwendig waren, rechtfertigen – diskussionswert. Ich finde es gut, wenn man Geschichte erleben kann! Auch so – auch künstlich! Aber wenn ich mir solche Mammut-Projekte als kulturlebendes Land leiste, dann muss ich aber auch den @#$%& in der Hose haben, noch ursprünglich erhaltenes Kulturgut zu erhalten. Lebendig, original, echt.. Aber daran kann die Beton-Mafia kein Geld verdienen, keine Schmiergelder fließen.

In den letzten beiden Jahren wurde die Oberleitung der Ammergauer Bahn, älteste aus Urmaterialen bestehende Fahrleitung, vermutlich rechtswidrig durch Betonspargel ersetzt. Der Oberammergauer Bahnhof, unter Denkmalschutz wurde in seiner Gebäudeform kastriert und wird derzeit von Privat in den ehemaligen Betriebsräumen im EG umgebaut, samt neuer Fenster- und Türen, die die Außenform verändert. Jetzt wird ein funktionierendes Technikdenkmal, das älteste Bahnkraftwerk der Welt platt gemacht – Leute, ich kann das Wort „Denkmalschutz“ nicht mehr hören. Das Gesamtkunstwerk „Erste elektrische Einphasen-Wechselstrombahn“ wurde in den letzten Jahren ausradiert. Ich finde es erbärmlich, ich finde es zum Kotzen!

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In YouTube gibt es ein Video, dass Euch ganz nett in die romantische Welt des Kammerls begleitet (nicht von mir!)

[www.youtube.com]
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Und hier noch eine Konstruktions-Skizze des Maschinenhauses
http://foto.arcor-online.net/palb/alben/10/779010/3865393637643833.jpg

Bernd Mühlstraßer

Ein paar VIDEOS der BAUREIHE E69 - z.B.hier:
[www.youtube.com]

oder wie wär´s mit der E69-Facebook-Seite unter dem Suchbegriff: Die Baureihe E69




4-mal bearbeitet. Zuletzt am 2013:10:22:23:54:35.

Leider typisch deutsch!

geschrieben von: Cargoknipser

Datum: 22.10.13 22:18

Lieber Bernd, ich kann Dich verstehen! Das Volk der Solarzellen und Windräder hat schon lange kein Interesse mehr an Denkmalschutz. Der ist lästig und vor allem teuer! Es gibt tausende Beispiele in Deutschland, wo erhaltenswürdige Technik- oder Bausubstanz vernichtet wurde. Schau Dir deutsche Städte an. Das bisschen was vom Krieg verschont wurde, wird seit Jahrzehnten durch gefeierte Architekten und Stadtplaner regelrecht zur Sau gemacht. Und da wo es noch schön ist, wird mit großem Beifall die linke Energiewende vollzogen. Sprich, es werden Solarzellen auf Fachwerkhäuser geschraubt und Windanlagen wachsen wie Pilze aus dem Boden. Da werden einfach mal Kulturlandschaften, die über hunderte Jahre gewachsen sind, platt gemacht. Nichts ist in Deutschland so verlogen wie Klima- und Denkmalschutz. Da demonstrieren Verrückte gegen die Dresdener Waldschlösschenbrücke und die Marienbrücke in unmittelbarer Nähe zur Altstadt wird betoniert, ohne das es einen Demonstrierer interessiert. Da werden Stecken mit Betonmasten in Landschafts- und Tourismusgebieten zugepflastert, ohne das es einen Einwand gibt. Ich habe inzwischen leider den Glauben verloren! Erst letzte Woche wurden deutsche Großstädte zu den hässlichsten Städten der Welt erklärt. Wen wundert das noch...

Nachdenkliche Grüße
Günter



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2013:10:22:22:40:16.

Re: Leider typisch deutsch!

geschrieben von: Helmut Philipp

Datum: 22.10.13 22:43

Moin Günter!

Ich schließe mich Deinem Statement vollinhaltlich an, das Gespür für Bewahrenswertes stirbt mit zunehmender Tendenz immer mehr aus - kostet ja Geld :-(( Dabei nimmt man die Verschandelung der Landschaft billigend in Kauf und feiert den "Fortschritt"...

Gruß aus dem Norden
Helmut

Auch das Bahnkraftwerk Muldenstein zeigt,...

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 22.10.13 22:47

...daß hier völlige Kultur- und Historienbanausen am Werk sind!
Das erste deutsche Kohle-Bahnkraftwerk, ein eigentlich historisches Kleinod - komplett plattgemacht für einen profitträchtigen Solarpark.
Mögen die geldgeilen Säcke an ihrem Zaster ersticken!

http://www.holgerkames.de/Bilder/CIMG2207.jpg
"Ein' feste Burg... "

Kammerl-Flimmern

geschrieben von: joh

Datum: 22.10.13 23:46

Hallo Bernd,

als ich den Haltepunkt auf meiner Modellbahn [www.drehscheibe-foren.de] "Kammerl" genannt habe, dachte ich natürlich an das Bahnkraftwerk der LAG-Strecke. Nun hast Du uns gezeigt, wie es dort aussah. Danke dafür!

(Wahrscheinlich ist es Dir als ausgemachter Fan der LAG-Strecke ein Graus, dass ich bei der Namensgebung meiner Modellbahnhöfe quer durch ganz Oberbayern geritten bin, aber die so zusammengeführten Strecken hatten eben auch was gemeinsam. Außerdem bin ich nicht so phantasievoll, was die Erfindung bayrisch klingender Ortsnamen angeht.)

Gruß
Johannes

Tja,

geschrieben von: Joachim Leitsch

Datum: 23.10.13 07:59

Helmut und Cargoknipser haben alles gesagt. Gerade auch in meienr alten Heimat, dem Ruhrgebiet gilt: was nicht der Abrißbirne zum Opfer fiel (und das war verdammt vile!!), wird architektonisch verschlimmbessert. Wie gut, daß ich kaum noch Haare habe - die würde ich mir vor Wut und Verwzweiflung ausraufen....

RUHRKOHLE - Sichere Energie

seit dem 24.II.2022 bittere Wahrheit in Europa

Re: Kammerl-Flimmern

geschrieben von: E 19 01

Datum: 23.10.13 11:12

Daß so etwas bei uns in Bayern passieren darf, ist einfach unverständlich. Auf der anderen Seite werden nämlich unglückliche Eigentümer von halb eingefallenen Bauernhäusern von den Denkmalschützern in den Landratsämtern par ordre de mufti dazu gezwungen, diese Ruinen zu erhalten.

Re: Tja,

geschrieben von: gleis59

Datum: 23.10.13 11:17

Hallo Bernd,

ich kann mich meinen Vorschreibern nur anschliessen.
Bleibt nur die Frage was ist aus dem Land der Dichter
und Denker nur geworden.

Danke für den wunderbaren Bericht.

Grüße
Siegfried

Pro alternative Energien

geschrieben von: Lokjäger

Datum: 23.10.13 16:00

Servus Cargoknipser,
was haben jetzt Solarzellen und Windräder mit dem Kraftwerk Kammerl zu tun?
Nix!
Und was nützt eine historisch wertvolle Stadt / Gemeinde, wenn nebenan ein
KKW einen Supergau "produziert" und dieses Gebiet im Umkreis von 200 km für
die nächsten hunderte Jahren Sperrgebiet ist?
Und wohin mit dem Atommüll?
Und was hat das jetzt mit einer linken Energiewende zu tun?
Und wie sieht eine "rechte" Energiewende aus?

Und wenn Du schon (teilweise berechtigt) Solarzellen auf Hausdächern monierst, dann
darfst Du gleich bei Satelitenschüsseln, modernen Straßenlampen (schau mal bei
[www.progaslicht.de] vorbei - was da teilweise zerstört wird), usw. weitermachen.

Die schlimsten Bausünden in den deutschen Städten sind wohl im Abrißwahn der 60'er
bis Anfang 80'er Jahre gemacht worden. Allein was in Augsburg tlw. unter fadenscheinigen
Begründungen an nicht kriegszerstörten Häusern abgerissen und durch Betonbauten
ersetzt wurde (Schlössle-Neubau, Stadtsparkassen-Neubau).

Servus

Lokjäger

Gegen Rassisten, Extremisten und Menschenverachter!

Mei!

geschrieben von: Lokjäger

Datum: 23.10.13 16:04

Servus E19 01,
du weißt doch, daß es - gerade in Bayern - gleiche und gleichere gibt.
Aber solange das Stimmvieh überwiegend schwarz wählt, ist ja alles in Ordnung.

Servus

Lokjäger

Gegen Rassisten, Extremisten und Menschenverachter!

Warum muss ein neues Kraftwerk her?

geschrieben von: joh

Datum: 23.10.13 17:09

Hallo Bernd,

nachdem ich Deinen sehr informativen Beitrag noch einmal in Ruhe gelesen habe, stellt sich für mich die Frage, warum es überhaupt ein neues Kraftwerk werden muss? Die Turbinengehäuse könnten z. B. nach mehr als hundert Jahren durch Korrosion und Kavitation so weit abgezehrt sein, dass eine Reparatur nur mit sehr großem Aufwand möglich wäre. Wenn die Wassermenge und das Gefälle schon nicht veränderbar sind, könnte vielleicht eine modern gestaltete Turbine mehr Energie herausholen? Wenn der Erhalt des Alten mit erheblichem Mehraufwand verbunden ist, kann ich mir schon vorstellen, das der Weiterbetrieb als "lebendiges" technisches Denkmal hinten runter fällt. Ein kleiner Mehraufwand ließe sich vielleicht mit bezahlten Führungen ausgleichen. Das Video scheint ja bei so einer Gelegenheit entstanden zu sein.

Aber immerhin: Ein Wasserkraftwerk wird nicht einfach so dicht gemacht wie es noch vor ein paar Jahren normal gewesen wäre.

Dass man andererseits bei DB nicht unbedingt auf rationale Entscheidungen hoffen kann, zeigt der Umbau von Stuttgart Hbf. Die Anlage des Kopfbahnhofs wurde in der Vergangenheit immer als besonders zweckmäßig herausgestellt, weil es dank der "lebendigen" Topographie Stuttgarts nur wenige betriebsbehindernde Niveau-Kreuzungen gibt. Seit geraumer Zeit fahren als weitere betriebliche Erleichterung nur noch Trieb- und Wendezüge. Nun will man sich mit 8 Gleisen bescheiden, noch dazu im Gefälle gelegen. Kaum zu glauben!

Gruß
Johannes

Re: "Kammerl-Flimmern".......Frevel im Ammertal

geschrieben von: Steffen Buhr

Datum: 23.10.13 18:30

Hallo,

Bernd Mühlstraßer schrieb:
> Bekanntlich ist die Bahnstrecke Murnau –
> Oberammergau die erste Einphasen-Wechselstrombahn
> und damit der Anfangspunkt unseres heutigen
> elektrischen Zugbetriebs. Im Januar 1905 war das,

Das hast Du schonmal geschrieben, aber es ist nicht
richtig. Die erste Bahn, die mit Einphasen-Wechsel-
strom (6 kV, 25 Hz) betrieben wurde, war die Strecke
Niederschöneweide—Spindlersfeld, damals noch bei
Berlin. Der elektrische (Versuchs-) Betrieb lief von
1903 bis 1906, vgl. [de.wikipedia.org]

Im ersten Jahr gab es mit den beiden sechsachsigen
Tw nur Versuchsfahrten, dann ganz regulären Perso-
nenverkehr, für den noch drei Beiwagen zwischenge-
stellt werden konnten.

> Da unter Denkmalschutz stehend, bleibt das alte
> Maschinenhaus zwar erhalten, ist aber nun ein
> totes Objekt mit stillstehenden Turbinen.

Dazu haben die anderen bereits geschrieben, sehe
ich genauso.

Besten Gruß

URL repariert



3-mal bearbeitet. Zuletzt am 2014:09:21:10:33:49.
Hallo Steffen,

das fordert jetzt dann doch mal meinen Ehrgeiz heraus. Die Positionierung von Murnau - Oberammergau als "erste Einphasen-Wechselstrombahn mit planmäßigem Betrieb" ist ja keine Erfindung von mir, sondern eigentlich gängige Formulierung.

Der von Dir angegebene Wikipedia-Beitrag beschreibt allerdings nur einen "Probebetrieb". Als Berlin-Fan und noch dazu, wo dort die Versuchsfahrten ja ausgerechnet noch mit den Oberammergauer Triebwagen stattfanden, hätte ich aber auch kein Problem damit, diesen Titel "abzugeben". Ich werde mal einen "Guru" kontaktieren, um die genau Definition und die richtige Wertung von "höchster Ebene " feststellen zu lassen....

Bernd

Bernd Mühlstraßer

Ein paar VIDEOS der BAUREIHE E69 - z.B.hier:
[www.youtube.com]

oder wie wär´s mit der E69-Facebook-Seite unter dem Suchbegriff: Die Baureihe E69

Re: "Kammerl-Flimmern".......Frevel im Ammertal

geschrieben von: Steffen Buhr

Datum: 23.10.13 20:27

Hallo Bernd,

Bernd Mühlstraßer schrieb:
> heraus. Die Positionierung von Murnau -
> Oberammergau als "erste Einphasen-Wechselstrombahn
> mit planmäßigem Betrieb" ist ja keine Erfindung
> von mir, sondern eigentlich gängige Formulierung.

Vermutlich wie anderswo auch, da schreibt einer
vom anderen ab und dann ist das „gängig“.

> Der von Dir angegebene Wikipedia-Beitrag
> beschreibt allerdings nur einen "Probebetrieb".

Etwas besseres fand ich im Netz nicht.

> "abzugeben". Ich werde mal einen "Guru"
> kontaktieren, um die genau Definition und die
> richtige Wertung von "höchster Ebene " feststellen
> zu lassen....

Berichte dann mal, interessiert mich. Es gab zu dem
Thema den Beitrag „Der elektrische Versuchsbetrieb
Schöneweide—Spindlersfeld in den Jahren 1903—1906“
in den Verkehrsgeschichtlichen Blättern, in dem mehrere
Quellen aus der Zeit genannt sind, kann ich ggf. ein-
scannen.

Besten Gruß

Re: Pro alternative Energien

geschrieben von: Cargoknipser

Datum: 23.10.13 22:48

Hallo Lokjäger, auch die Grünen werden irgendwann mal lernen, das Blumenkübel keine Steuern zahlen. Es ist besonders sinnvoll deutsche Atomkraftwerke abzuschalten und in unseren Nachbarländern (Tschechien, Polen, Frankreich, England) neu zu bauen oder zu erweitern. Der Supergau macht natürlich an den deutschen Grenzen halt, genauso wie die Abgase aus der Kohleverstomung. Das Weltklima lacht sich über Deutschland tot. Aber Deiner Schreibe nach bist Du offensichtlich sehr zufrieden...

Humor ist wenn man trotzdem lacht, gel!
Günter

Re: "Kammerl-Flimmern".......Frevel im Ammertal

geschrieben von: 01 1066

Datum: 24.10.13 13:29

Moin Bernd,

ja, wir hängen doch an "Althergebrachtem", auch wenn es (vielleicht) nicht mehr zeitgemäß ist. Es ist einfach schön, wenn man Geschichte erleben kann; wobei ich nicht nur ein "wiederaufgebautes" (in Wahrheit meist "neu gebautes") Denkmal als künstlich empfinde, sondern auch ein erhaltenes, aber nicht mehr in seiner ursprünglichen Form genutztes.

In Großbritannien ist man da weiter: es gibt etliche Instituitonen wie National Trust, English Heritage usw., die sich den Erhalt der denkmalwürdigen Gebäude etc. auf die Fahne schreiben. So etwas fehlt in Deutschland! Auch hätte ich Schwierigkeiten mit der Vorstellung, dass das ehemalige Landhaus eines deutschen Regierungschefs aus Kriegszeiten als Denkmal erhalten bliebe (in England selbstverständlich: Chartwell, das Landhaus von Winston Churchill, ist heute Museum). Adenauers Wohnhaus in Rhöndorf ist zwar auch Museum, aber Adenauer war kein "Kriegs-Kanzler".


Vielleicht liegt es daran, dass wir in Deutschland keine Geschichte haben (dürfen), die sich nicht ausschließlich mit der Erinnerung an die negativen Seiten des 20. Jahrhunderts (und der Zeit davor befasst. So konnte bei der Berichterstattung über den 200. Jahrestag der Völkerschlacht von Leipzig auch die Gegenansicht, dass die "karnevalsartige Darstellung" der Schlacht doch dem Gedenken an die Toten nicht gerecht werden könne, bestaunt werden. In Großbritannien wäre eine solche Äußerung als reichlich deplaziert angesehen worden...

Ich empfinde das, was uns zumindest offiziell als "Geschichte" angeboten wird, als unbefriedigend - es ist mir persönlich zu einseitig. Leider passen solche Ereignisse (mögen sie auch nur lokal von Bedeutung sein), wie Du sie beschreibst, sehr gut dort hinein. Und ein weiteres Problem ist die Berichterstattung: wenn es den Medien nicht passt, werden solche Dinge totgeschwiegen, weil ja (angeblich) kein großes Interesse daran besteht...

Hallo Bernd,

auch ich kann mich nur vollends Deinen Worten anschließen!

Beispiele wie das von Dir sehr interessant und anschaulich beschriebene (Vielen Dank hierfür!), gibt es sicherlich Hunderte in Deutschland, "Denkmalschutz" eine einzige Lachnummer.
Wo der Kommerz regiert wird eben erst verfallen gelassen dann plattgemacht.
Das Totschlagargument hast Du ja schon selber angeführt. Wir sind demnach halt "die ewig gestrigen, rückwärtsgewandten Fortschrittverweigerer".

Ich gerate bei diesem Thema ebenfalls regelmäßig derart aus dem Häuschen, dass ich es mit den paar Worten bewenden lassen möchte.

Aber es kotzt einen ohne Ende an was in Deutschland in dieser Hinsicht - politisch meist auch gewollt, möglich ist.
Aber, es interessiert auch wirklich "keine Sau" an der großen Masse gemessen.
Es sind immer nur einige Wenige die sich oft genug auf verlorenem Posten, als Spinner bezeichnet und bestenfalls milde belächelt,
gegen diese Zerstörung von Kulturgut und Geschichte wehren. Egal wie groß die Sch.... ist die anschließend an gleicher Stelle entsteht.
Ich sage nur beispielsweise aktuell hier in Düsseldorf "Tausendfüßler" vs. "Kö-Bogen".

Ach anzumerken wäre noch das ich ganz und gar nicht rückwärtsgewandt denke, aber wer als Land, Stadt etc. seine Wurzeln verliert, vernichtet und vergisst...der wird mal sehr arm dastehen wenn er seine Identität sucht.
Unsere rot-grünen NRW Politfuzzis planen die Förderung des Denkmalschutzes ja ebenfalls drastisch einzudampfen.
Passt doch ins Bild.
Wen´s interessiert, der klickt mal hier:
[www.openpetition.de]
Aber, nur rd. 27.000 Leute haben unterschrieben, davon 13.000 nicht aus NRW...da sieht man wie "das Volk" zum Thema steht.

Man gar nicht soviel Fressen wie man kotzen möchte...

Solidarische Grüße,
Dirk



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2013:10:24:20:40:16.