Liebe Freunde des Flachdachs!
Axel Polnik brachte mich mit seinem
Beitrag über den G 10 im Bauzugdienst auf die Idee, Euch hier einmal einen der zahlreichen Vetreter (von diesem nach Musterblatt A2 des Staatsbahnwagenverbandes gebauten Güterwagen wurden von 1910 bis 1927 über 120.000 Stück beschafft!) der Gattung "gedeckter Güterwagen der Verbandsbauart" etwas näher vorzustellen.
Wir schreiben das Jahr 1984. Eine Delegation der AG Märkische Kleinbahn e.V. bereist die DB-Ausbesserungswerke Limburg, Duisburg-Wedau und Weiden auf der Suche nach Waggons zur Verstärkung des vereinseigenen Fahrzeugbestandes. Die bei dieser Tour zahlreich entstandenen Negative habe ich dämlicherweise einmal verliehen. Sollte man nicht machen. Habe ich seitdem auch nie wieder.
Egal - die Negative dieses Ausflugs sind jedenfalls unwiederbringlich weg, und der betreffenden Person wünsche ich schmerzhaften Stuhlgang bis zum Lebensende...
Im AW Limburg fanden wir einen geeigneten Kandidaten der früheren Gattung G 10 und wurden mit der DB auch handelseinig. Einige Zeit später bekamen wir dieses nette Schreiben:
Da gab es dann nicht viel zu überlegen - den "weit besseren" Wagen wollten wir natürlich haben!
Nun galt es, das Mobil nach Berlin zu bekommen. Für die Bundesbahndirektion Frankfurt (Main) lief dies als "außergewöhnliche Sendung":
Die Gleitachslager des Wagens machten ihn zur Lademaßüberschreitung, gleichwohl bekam er im März 1986 die Lauffähigkeit für 80 km/h bescheinigt:
Im April 1986 kam dann die erfreuliche Mitteilung der Güterabfertigung des Bahnhofs Berlin-Lichterfelde West:
"Euer Wagen ist da!"
Just zu diesem Zeitpunkt hatten wir mit dem
umfangreichen Umbau unserer Gleisanlagen begonnen, so daß er zunächst einmal "vor der Tür" bleiben mußte (Aufnahmen vom 4. April 1986):
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(04) Nach Fertigstellung unserer Gleise wurde das Dach notdürftig gedeckt (Oktober 1987).
(05) Dank großzügigen Bitumeneintrags auf den porösen Dachbahnen kam er dann auch gut über den Winter 1987/88 (Bild vom Februar 1988).
Für das Jahr 1988 stand nun Großes bevor:
Die "Preußische Stammbahn" Berlin - Zehlendorf - Potsdam wurde 150 Jahre alt, und aus diesem Anlaß veranstaltete die BVG auf den Gleisen ihrer Bahnmeisterei auf dem früheren Güterbahnhof Zehlendorf vom 23. bis 25. September 1988 eine große Sause, zu der auch wir eingeladen waren. Schnell reifte im Verein der Beschluß, unseren G 10 äußerlich dem Stückgutwagen No. 2 der Zehlendorfer Eisenbahn (
"Goerzbahn") zu widmen. Bildlich überliefert ist leider nur der "größere Bruder" in Gestalt des Stückgutwagens No. 1:
(06)
Und das kam dann dabei heraus:
(07) Mit buchstäblich noch "feuchter Farbe" steht der auferstandene Stückgutwagen No. 2 im September 1988 auf dem Bahnhof Schönow.
(08) Details der nachempfundenen Beschriftung.
Nun könnte man ja meinen, daß eine Fahrt vom Südbahnhof der Zehlendorfer Eisenbahn zum Güterbahnhof Zehlendorf einfach zu bewerkstelligen sein müßte. Ganz so leicht war es dann doch nicht, denn:
- die MKB hatte zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei eisenbahnrechtlichen Status,
- der Güterbahnhof Zehlendorf lag an der durch die BVG betriebenen S-Bahn und
- irgendwie mußte die Deutsche Reichsbahn an der ganzen Sache beteiligt werden.
Der (seinerzeit) stark ausgeprägte politische Wille nach einer möglichst farbenfrohen Veranstaltung sowie das mittlerweile pragmatisch-entspannte Verhältnis zwischen Ost und West machten dann aber doch das unmöglich Erscheinende möglich.
Obwohl unsere Kö 0128 ("MKB 01") und der Güterwagen MKB 21 zwar aufgearbeitet, aber noch in keiner Weise bahnamtlich abgenommen waren, wurde die Lauffähigkeit festgestellt. Örtlich und sachlich zuständig war hierfür die "Unterhaltungsdienststelle für Maschinentechnik" (UfM), ein in den achtziger Jahren geschaffenes Konstrukt der Deutschen Reichsbahn in Berlin (West), bestehend aus dem früheren Raw Tempelhof und dem Bw Grunewald. Der Umstand, daß diese Bescheinigung von einem ausgewachsenen Reichsbahn-Oberrat ausgestellt wurde, ist wohl der politischen Brisanz der ganzen Angelegenheit geschuldet:
Die dröge Vmax von 20 km/h ergab sich aus dem Umstand, daß die Kö I überhaupt nur 18 km/h fahren durfte. Mit abgelegten Ketten wären zwar 30 km/h möglich gewesen, aber das wollten wir uns dann doch nicht antun...
(09) Am Morgen des 20. September 1988 stand nun unsere "Anfangspackung" auf dem Bahnhof Schönow zur Abholung bereit. Im Schlepp der 106 287-6 ging es zunächst nach Lichterfelde West.
(10) Fotohalt am früheren Nordbahnhof der Goerzbahn, kurz vor der Einfahrt in den Bahnhof Lichterfelde West. Die 106 ist netterweise ein Stückchen weggerollt.
(11) Das ganze noch einmal näher betrachtet: Der Aufsichter des Bahnhofs Lichterfelde West ließ es sich nicht nehmen, mit aufs Bild zu komen!
(12) Nach der Ankunft in Liw.
Bis hierhin ging das noch als Bedienfahrt (der Anschlußbahn). Für die Etappe nach Wannsee galten wir als Arbeitszug 91135:
Der entsprechende Wagenzettel.
(13) Die 106 mußte jetzt umlaufen.
(14) Fertig zur Abfahrt nach Wannsee!
(15) Ausfahrt Lichterfelde West. Der Chronist nimmt mit der Holzklasse Vorlieb.
(16) Einfahrt Zehlendorf auf dem Ferngleis 1. Eine Verbindung zum Güterbahnhof über die S-Bahn-Gleise gibt es nicht.
(17) Nach der Ankunft in Wannsee. Da das für unsere "Juste" die erste Langstrecke nach ihrer Aufarbeitung war, nimmt sich der Chronist pflichtgetreu die Achlager vor.
Die folgende Etappe blieb leider bildlich undokumentiert:
Vom Fernbahnteil des Bahnhofs Wannsee ging es über das Stahnsdorfer Gleis in den Betriebsbereich der BVG. Nach Beginn der S-Bahn-Betriebsruhe gegen 1.00 Uhr des 21. September 1988 holte uns eine der Jung-Lok der BVG (5073 - 5076) von dort ab und schleppte uns über das linke S-Bahn-Gleis zurück nach Zehlendorf, wo wir uns für die bevorstehende Ausstellung einrichteten.
(18) Während der Ausstellung auf dem Güterbahnhof Zehlendorf.
Mehr Bilder dieser Veranstaltung gäbe es hier: [
mkb-berlin.de]
Die Kollegen der Berliner Eisenbahnfreunde hatten derweil ihre ganz eigenen Transportaufgaben zu bewältigen:
[
www.drehscheibe-foren.de]
(19) Zurück in der Heimat, März 1989.
(20) Der neuste Fahrzeugzugang der MKB in Gestalt des von der Jugendgruppe aufgearbeiteten Dienstfahrrades wird präsentiert.
(21) Modellbahnperspektive: am soeben fertiggestellten Gleis 4 des Bahnhofs Schönow.
(22) Jetzt haben wir es amtlich! Die ominösen "bahnaufsichtlichen Aktivitäten" waren nichts weniger als die Prüfung des MKB-Personals und die Betriebsaufnahme der MKB als Mitbenutzer mit eigener Betriebsführung auf der Anschlußbahn.
(23) Seitdem fester Bestandteil des MKB-Fahrzeugparks (Aufnahme vom September 2002).
Genügsam dient er nun Jahr für Jahr als Lagerraum für allerlei Material, Halbzeuge und gemischten Kram, der anderswo nicht unterzubringen ist.
Zu hohen Feiertagen wird er aufgeräumt, herausgeputzt und drapiert.
Danke, lieber Freund!
Gruß,
Markus.