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Meine Postkarten Teil 14 (mit 23 Bildern)

geschrieben von: wieslein

Datum: 15.12.12 22:10

So, hab wieder was für euch zusammengestellt. Diesesmal gehts in die Steiermark. Und zwar an eine kleine Nebenbahn am Fusse des Semmering: Die "Neubergerbahn", die hier im HIFO auch schon ein paar mal verewigt wurde.

Hier zur Orientierung die Strecke:

http://s7.directupload.net/images/121215/mmcvfigt.jpg

Wir beginnen unsere kleine aber feine Reise im Bahnhof Mürzzuschlag. Wie erwähnt liegt dieser am Fusse des Semmerings und dort beginnt auch das eigentliche Weltkulturerbe Semmeringbahn. Mürzzuschlag, in km 116,7 ab Wien gelegen, erreichten die ersten Eisenbahnschienen schon relativ früh, nämlich im Jahre 1844. Am 21.10. dieses Jahres konnte der Betrieb zwischen Mürzzuschlag und Graz aufgenommen werden. Die Bergstrecke über den Semmering, damals die erste "Hochgebirgsbahn" der Welt und Meisterstück von Ing. Carl Ritter von Ghega, wurde am 17.7.1854 in Betrieb genommen. Damit war ein durchgehender Verkehr auf der k.k. südlichen Staatsbahn von Wien bis nach Laibach (Ljubljana) im heutigen Slowenien möglich geworden. Die letzte Teilstrecke von Laibach nach Triest wurde 1857 in Betrieb genommen, womit die Stammstrecke der Südbahn zum wichtigsten Adriahafen der Habsburgermonarchie fertiggestellt war.
Aber wieder zurück nach Mürzzuschlag. Aufgrund der Topografie und der Steigungen der Semmeringbahn erhielt Mürzzuschlag, genauso wie Gloggnitz an der Nordseite des Semmerings, umfangreiche Gleisanlagen und ein grosses Heizhaus zur Wartung und Bereitstellung der meist unvermeidlichen Schiebe- und Vorspannlokomotiven.

Auf diesem Bild von 1911 sehen wir die Ortschaft, die Bahnhofsanlagen befinden sich links vom Kirchturm. Von unten rechts sehen wir die Hauptstrecke von Bruck/Mur kommend:

http://s7.directupload.net/images/121215/7mgya8gd.jpg

Praktisch die Gegenansicht dazu sehen wir auf dem nächsten Bild. Auf der PK gelaufen 1908 erkennen wir die Ortschaft, das Aufnahmsgebäude, ein typischer Stellwerksturm der Südbahn und das Frachtenmagazin gegenüber dem Bahnhofsgebäude. Die Zugförderungsanlagen sind nicht zu sehen:

http://s14.directupload.net/images/121215/5zvrx9re.jpg

Nachdem der österr. Kaiser sich im Jahre 1870 in Mürzsteg bei Neuberg im oberen Mürztal ein Jagdschloss errichten lies, kam der Plan auf, auch diese Ortschaften per Bahn zu erschliessen. Dies führte dann dazu eine Lokalbahn von Mürzzuschlag bis Neuberg an der Mürz zu errichten. Die Bahn wurde auf Staatskosten gebaut und am 1.12.1879 eröffnet. Den Betrieb führte die private Südbahngesellschaft. Die Strecke begann also in Mürzzuschlag und führte südlich aus dem Bahnhof um dann in einem langgezogenen Rechtsbogen in das Tal der Mürz einzuschwenken.

Auf dem nächsten Bild sehen wir die Bahnanlagen mit den beiden großen Langheizhäusern am Bildrand links und die Trasse der Neubergerbahn, die links im Bild schön zu erkennen ist:

http://s1.directupload.net/images/121215/v7fyafmx.jpg

Bevor wir uns aber auf die etwa 13km lange Reise begeben sehen wir uns noch etwas in Mürzzuschlag um! Hier das Aufnahmegebäude etwa 1900:

http://s14.directupload.net/images/121215/gezp4tek.jpg

Nochmal das Bahnhofsgelände im Überblick: Das schon erwähnte Gütermagazin, AG, die beiden grossen Langheizhäuser und die Werkstätte davor aus dem Jahr 1854. Das im Jahr 1873 gebaute Rundheizhaus befindet sich genau dahinter und ist hier nicht zu sehen:

http://s7.directupload.net/images/121215/wi3p6xi6.jpg

Hier, Karte gelaufen 1926, sehen wir das AG, am rechten Bildrand das Gütermagazin und links unten die alte Werkstätte aus dem Jahr 1854. Rechts davon, durch neue Architektur gut zu unterscheiden, die 1919 gebaute "neue" Werkstätte. Beide Gebäude waren mittels Schiebebühne verbunden:

http://s14.directupload.net/images/121215/wgbmwefv.jpg

Die nächsten zwei Bilder stammen aus dem Buch "Architektur an der Semmeringbahn" aus dem Verlag Slezak Wien. Auf dem ersten vom Jahr 1898 sehen wir die beiden Langheizhäuser von 1854 und das 1873 gebaute Rundheizhaus, das in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts vergrößert wurde. Von links nach rechts können wir folgende Lokbaureihen erkennen: Serie 32c, Serie 34 und zwei Maschienen der Serie 33 :

http://s1.directupload.net/images/121215/hfyzzp45.jpg

Hier nochmal das Rundheizhaus mit einer Lok der Serie 17c im Jahr 1898:

http://s7.directupload.net/images/121215/palggclw.jpg

Die Langheizhäuser aus der Anfangszeit der Semmeringbahn sind schon lange abgetragen, in den Werkstattgebäuden und dem Rundheizhaus befindet sich heute das sehenswerte Südbahnmuseum!
Doch wenden wir uns wieder der Neuberger Bahn zu. Nach verlassen von Mürzzuschlag erreichen wir in km 1,6 das größte Kunstbauwerk der Strecke, die Brücke über die Mürz. Leider stehen mir davon nur zwei aktuelle Bilder zur Verfügung, auch ein Vorgriff auf den Jetztzustand der Strecke....

http://s7.directupload.net/images/121215/if4h2g8o.jpg

http://s7.directupload.net/images/121215/svtgsxe5.jpg

Nach passieren der Haltestelle Kohleben erreichen wir in km 6,6 den Bahnhof Kapellen. Dieser besass ein aus Stein gemauertes gefälliges Aufnahmsgebäude, Magazin mit Seitenrampe und ein Ausweichgleis. Postkarte aus 1903:

http://s14.directupload.net/images/121215/vxyr3e77.jpg

Nochmal Kapellen, AK gelaufen 1907. Zu sehen auch das Magazin und das "Bahnhofshotel" mit Gastwirtschaft unmittelbar hinter dem AG:

http://s1.directupload.net/images/121215/aoao2z42.jpg

Und eine schöne Detailaufnahme des Bahnhofes aus dem Jahr 1912:

http://s1.directupload.net/images/121215/cn9oifoz.jpg

Wir fahren weiter das Mürztal bergauf, lassen die Haltestellen Hirschbachbrücke und Arzbach hinter uns, passieren in km 11,3 auf einer kleineren Brücke den Arzbach und erreichen dann den in km 11,4 gelegenen Endbahnhof Neuberg an der Mürz. Hier entstanden neben einem representativen Aufnahmegebäude mit eigenem Warteraum für den kaiserlichen Hof auch eine Magazinsgebäude, Verladerampe und ein einständiges Heizhaus mit Wasserstation und Übernachtungsräumen für das Lokpersonal.
Auf der nächsten PK aus dem Jahr 1910 kann man die Bahnanlagen gut sehen:

http://s1.directupload.net/images/121215/aaj4z5ja.jpg

Nochmal der Ort und Bahnhof auf einer PK ungelaufen, ca. 1930:

http://s14.directupload.net/images/121215/rdhwm54n.jpg

Hier das AG im Jahr 1935! Der Gebäudeteil ganz rechts beherbergte den Hofwartesaal:

http://s7.directupload.net/images/121215/xrejdpou.jpg

Neuberg Bahnhof war zwar (damals) das Ende für Reisezüge, die Strecke führte aber noch etwa einen Kilometer weiter zum größten Frachtkunden der Bahn, dem Sägewerk Neuberg. Ursprünglich der Forstverwaltung der Habsburger zugehörig, nach 1918 im Besitz der Östrreichischen Bundesforste. Hier entstand auch noch wenige Jahre vor der Einstellung der Bahn 1985 in km 12,5 die Haltestelle Neuberg Ort.

Auf der nächsten PK aus den 30ern sehen wir mittig links das Sägewerk und rechts den Ort. Die neue Haltestelle entstand unmittelbar an der Brücke über die Mürz in Bildmitte. So kann man auch die erkennen dass die Haltestelle wesentlich näher am Ort lag als der Bahnhof:

http://s7.directupload.net/images/121215/6nl6w33v.jpg

Zum Abschluss noch den, neben dem Sägewerk, zweiten Hauptgrund für die Entstehung der Bahn. Das kaiserliche Jagdschloss im nahen Mürzsteg:

http://s1.directupload.net/images/121215/g8q7f8z3.jpg

Eine gewisse Bekanntheit erlangte die Neubergerbahn bis Anfang der 70er Jahre als letztes Einsatzgebiet der ÖBB Reihe 91, ex. k.k.StB Reihe 99 ! Zahlreiche Eisenbahnfreunde pilgerten damals in das Mürztal um die alten Damen noch mal auf Film zu bannen. Auf der Aufnahme (aus dem Buch "Bahn im Bild 32" Verlag Pospischil Wien) sehen wir zwei dieser Maschienen nämlich die 91.33 und die 91.41 mit einem PmG abfahrbereit mit einer wunderschönen Garnitur alösterr. Personenwagen am 20.7.1957 im Bahnhof Neuberg. Zwei dieser Maschienen sind in Österreich erhalten geblieben. Nämlich die 91.107 bei Brenner&Brenner und die 91.32 die lange auf einem Sockel neben dem AG Mürzzuschlag stand und jetzt im Heizhaus des Südbahnmuseums dortselbst untergebracht ist:

http://s7.directupload.net/images/121215/lhgdfg6h.jpg

Nach der Dampflokära die hier 1972 (meinem Geburtsjahr) endete, verkehrten hauptsächlich Triebwagen der Reihen 5046, 5144 und die "Österreichischen Uerdinger" Schienenbusse der Reihe 5081. In den 80ern verdrängten dann die neuen Nebenbahnretter der Baureihe 5047 die altehrwürdigen Dieseltriebwagen. Für den bescheidenen Güterverkehr verwendete man hauptsächlich Loks der Reihe 2067. Trotzdem war das Ende nicht aufzuhalten. Auch die 1985 wie erwähnt neu eingerichtete Haltestelle Neuberg Ort änderte nichts an der Tatsache, dass die ÖBB den Betrieb auf der Neubergerbahn mit Fahrplanwechsel 1996 einstellten. Nachdem die Strecke lange brach gelegen hatte, sie wurde per Bescheid des Verkehrsministeriums im Jahr 2007 offiziell eingestellt, kaufte das Land Steiermark die Bahntrasse. 2010 wurden die Gleisanlagen abgebaut, 2011 der obligate Radweg "zur allgemeinen Förderung des Fremdenverkehrs und der Infrastruktur im oberen Mürztal" eröffnet. Im ehem. Bahnhofsgebäude Kapellen entstand eine Gastwirtschaft für die Radfahrer, das AG Neuberg ist im Besitz der Gemeinde, die es lobenswerter Weise in ursprünglicher Form erhalten möchte.

Für Interessierte habe ich hier noch den Fahrplanauszug vom 1.12.1939:

http://s14.directupload.net/images/121215/v94srury.jpg

vom Winterfahrplan 1982:

http://s1.directupload.net/images/121215/lwb3yz5p.jpg

Und einen Auszug aus Dr. Kochs Stationsverzeichnis 1931:

http://s1.directupload.net/images/121215/l49ucwi5.jpg

Und hier wieder ein paar hilfreiche Links:

[de.wikipedia.org]
[de.wikipedia.org]
[de.wikipedia.org]
[www.drehscheibe-foren.de]
[www.suedbahnmuseum.at]

In der Hoffnung wieder was interessantes fabriziert zu haben (Motto: auf alten Bildern gibts viel zu entdecken) verabschiede ich mich für heute und wünsche viel Spass beim Ansehen!

Bis zum nächsten mal!
Gruß: Peter!



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2012:12:15:22:13:04.

Re: Meine Postkarten Teil 14 (mit 23 Bildern)

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 15.12.12 23:46

Hallo Peter,

besten dank für das Einstellen dieses Beitrags! Als Kind habe ich die Strecke noch mit 91ern erlebt, später war ich mal da, um 5081 zu fotografieren. Die Stilllegung ist völlig an mir vorüber gegangen!

Grüße

Martin

Re: Meine Postkarten Teil 14 (mit 23 Bildern)_GENIAL!

geschrieben von: bloem

Datum: 16.12.12 00:12

...diese Aufarbeitung der jeweiligen Themen, die die Postkarten hergeben! Auch ohne Bezug zu den jeweiligen Örtlichkeiten, macht es großen Spaß, sich dort hineinzudenken.
Immer wieder wunderbar gemacht! Danke.

LG Hendrik.

Re: Meine Postkarten Teil 14 (mit 23 Bildern)

geschrieben von: Helmut Philipp

Datum: 16.12.12 00:15

Moin Peter!

als Ergänzung zu Deinem lesens- und sehenswerten Beitrag möchte ich noch darauf hinweisen, das auch ich seinerzeit einen Beitrag zu diesem Thema ins HiFo eingestellt habe. Der Beitrag berichtet aus dem Jahr 1971, im Gegensatz zu Ludgers Bericht also aus einer Zeit, zu der die Strecke noch mit Dampfloks bedient wurde. Hier der Link zum Beitrag "Mürzzuschlag-Neuberg 1971 - nur mit Dampf": [www.drehscheibe-foren.de]

Für Deinen schönen Beitrag dankt Dir

Helmut

Re: Meine Postkarten Teil 14 (mit 23 Bildern)

geschrieben von: 03 1008

Datum: 16.12.12 08:58

Hallo,

vielen Dank für den klasse Bericht, der Erinnerungen an eine Strecke weckt, die ich auch zweimal besucht habe:

[www.drehscheibe-foren.de]

[www.drehscheibe-foren.de]

Schade, dass das "Marburger Heizhaus" auf Bild 8 z. T. abgeschnitten ist. (Daneben befindet sich übrigens das "Semmering-Heizhaus"). Das vollständige Foto ist auf S. 51 dieses sehr empfehlenswerten Buches abgedruckt:

[www.eurobuch.com]

Viele Güße, Helmut

Re: Meine Postkarten Teil 14 (mit 23 Bildern)

geschrieben von: oseYannis

Datum: 16.12.12 17:52

Super Beiträge, danke dafür.
Nur eine Anmerkung: 91.107 gehört meines Wissens nach dem VEF und nicht Brenner und Brenner.
Gruß Yannis

Re: Meine Postkarten Teil 14 (mit 23 Bildern)

geschrieben von: Uwca

Datum: 15.03.13 20:13

Wunderschöne Bilder und ein interessanter Beitrag !

Das alte Farbfoto von Mürzzuschlag ist auch bei Wikipedia im Artikel "Mürzzuschlag" zu sehen, Link direkt zum Foto:

[commons.wikimedia.org]

Ich finde die hier gezeigte Version besser (weil schärfer) als die von Wikipedia. Ist sie von Dir selbst gescannt?

Außerdem wird hier als Jahreszahl "1911" angegeben, bei Wikipedia hingegen "between 1890 and 1905". Ich vermute mal, dass es sich um eine 1911 gelaufene Postkarte handelt, deren Motiv damals schon einige Jahre alt war. Oder gibt es Infos, wonach das Bild erst 1911 aufgenommen wurde?