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Bahnen im Bergischen Land XI: 1984 - die erste City-Bahn im Aggertal
Mit diesem Beitrag werde ich in den nächsten Monaten nach und nach die alten Beiträge zum Thema „Bahnen im Bergischen Land“ aus den Jahren 2004/2005 neu bebildert und erheblich ausgeweitet präsentieren, bzw. komplett neu zusammenstellen. Zusätzlich sind weitere noch nicht gezeigte Beiträge in Vorbereitung. Es lohnt sich auf jeden Fall reinzuschauen!
Über der zwischen dem 01. Juli /01. Oktober 1893 (Marienheide – Gummersbach - Dieringhausen) und dem 01. August 1910 (Overath-Kalk) eröffneten Bahnstrecke durch das Tal der Agger hing in den siebziger und frühen achtziger Jahren das Damoklesschwert der Stillegung, hatte doch der Bau der parallel zur Bahnstrecke verlaufenden Autobahn Olpe - Köln zu einem erheblichen Fahrgastschwund geführt. Allerdings mit der Folge, dass der Verkehr in und um Köln immer dichter und zähflüssiger wurde. Das wiederum veranlasste den Oberbergischen Kreis und die BD Köln, ein Gutachten über die Chancen des Schienenverkehrs im Aggertal zu erstellen. Ins Auge gefasst wurde eine Modernisierung mit Neutrassierungen, um die Fahrzeiten drastisch kürzen zu können, und mit einem gut ausgebauten "Park & Ride"-System. Die zu erwartenden Kosten waren allerdings so hoch, dass man seitens der BD Köln gerne darauf verzichtete und stattdessen Rückbaumassnahmen einleitete. So wurden die Bahnhöfe Ehreshoven und Osberghausen geschlossen und ihrer Kreuzungsmöglichkeiten beraubt. Aufgrund der kurvigen Trassierung waren vor allem östlich von Engelskirchen der Fahrzeitverkürzung enge Grenzen gesetzt. Diese wäre nur durch teilweise Verlegung der Strecke möglich gewesen. So benötigte man 1984 für die 58 Kilometer von Köln Hbf nach Gummersbach 70 Minuten Fahrzeit.
Nun war bis 1984 bei der DB die Erkenntnis gereift, dass man ein kundenorientiertes Angebot auch außerhalb der S-Bahn-Netze in den Ballungsräumen benötigte (daher auch die Farbanlehnung an die S-Bahn-Züge) und erkor nun die damalige KBS 415, Köln – Gummersbach (- Meinerzhagen), als Pilotprojekt, um das Konzept mindestens zwei Jahre im Aggertal zu erproben. Da, wie bereits dargelegt, Fahrzeitverkürzungen nicht so ohne weiteres möglich waren, wollte man diesen Nachteil durch besseren Service, wie z.B. Getränkeautomaten in den Zügen, aufheben. Bereits nach einem Jahr wollte man eine Entscheidung fällen, ob weitere Züge zu City-Bahnen umgebaut werden sollten.
Im AW Hannover-Leinhausen richtete man einen Zug entsprechend her, in dem man vier Silberlinge (1 x ABnrzb, 2 x Bnrzb und 1 x BDnrzf) umbaute. Diese erhielten eine ZWS-Ausrüstung, so dass theoretisch auch ein 1-Mann-Betrieb möglich gewesen wäre. Meines Wissens war aber immer ein Zugbegleiter mit im Zug. Da die umgebauten Wagen ausschließlich E-Heizung besaßen, wurde 218 137 anlässlich einer U 2 im AW Bremen in den neuen Produktfarben reinorange (RAL 2004) und kieselgrau (RAL 7032) lackiert. Die Baureihen 211, 212, 215 und 216 schieden als Zugloks für die Citybahn aus, da sie ausschließlich über eine Dampfheizanlage verfügten. Somit war 218 137 zunächst die einzig planmäßig im Aggertal eingesetzte Lok ihrer Baureihe. Bei Fristarbeiten oder Reparaturen musste eine andere 218, oder aber eine der drei mit E-Heizung ausgerüsteten 215 030 – 032, aushelfen. Weiß da jemand etwas genaueres zu berichten? Kam tatsächlich eine der drei 215 mal im Aggertal zum Einsatz?
Zu den Wagen werde ich zu gegebener Zeit mal einen eigenen Beitrag bringen. Nur so viel vorneweg: Der ABnrzb 772 erhielt eine andere Raumaufteilung, wobei die 1. Klasse von der Wagenmitte ans Handbremsende rutschte. Dadurch enstanden zwei Großräume 1. und zwei Großräume 2. Klasse. In der Mitte wurden zwei Getränkeautomaten für einmal Kaltgetränke und einmal Heißgetränke installiert. Bei allen Wagen gelangten die aus der Reisebusproduktion weiter entwickelten Sitze teils in Reihen-, teils in Vis-a-vis-Anordnung zum Einbau. Beim Steuerwagen wurde der Gepäckraum zum Mehrzweckraum umfunktioniert. An den Wänden gelangten Klappsitze zum Einbau, um in Hauptlastzeiten zusätzliche Plätze anbieten zu können. Hinzu kamen zwei Gestelle für den Fahrradtransport. Mittels zusätzlicher Türöffner konnte die Falttür von außen geöffnet werden. Diese ganze Aktion lief in der Planungsphase relativ lautlos ab, so dass die Inbetriebnahme recht kurzfristig erfolgte. Im Frühsommer 1984 gab es erste Hinweise auf ein neues Nahverkehrskonzept, im Spätsommer zunächst eine Vorführfahrt und mit Beginn des Winterfahrplans 1984/85 ging der Zug in den Versuchsbetrieb auf der KBS 415.
Natürlich musste dieser „besondere“ Zug umgehend abgelichtet werden. Also wurde für den nächstmöglichen Termin, das war in diesem Falle der 02. November 1984, eine Fahrt ins Aggertal geplant. Mein Freund Peter Kristandt wohnte seinerzeit in Wuppertal-Oberbarmen, und so ging es für mich zunächst mit dem Zug bis Wuppertal-Elberfeld. wo ich im Laufe des Vormittags eintraf. Da Peter erst noch eine Vorlesung hatte, kamen wir erst gegen Mittag aus Wuppertal fort. Über Hämmern, wo wir noch eine rote 212 mit dem N 6064 nach Remscheid-Lennep fotografierten, und Wipperfürth erreichten wir Engelskirchen, wo 218 137 mit dem City-Bahnzug als N 6419 nach Gummersbach vorgesehen war (das damals hier gezeigte Bild der 212 280 bei Hämmern ist in eine andere Folge ausgewandert).
Bild 01: Und tatsächlich kam der Zug uns - Steuerwagen voraus - bei Engelskirchen vor die Linse:
Bild 02: Der Nachschuss auf die 218 137:
Bild 03:
Bild 04: Inzwischen trugen die Wagen die Aufschrift
„City-Bahn“, wobei anläßlich der Präsentation
noch dieses Logo die Wagen zierte (Foto: DB):
Bild 05: In Ründeroth kam der N 6428 mit 212 070 in den Bahnhof eingefahren:
Bild 06:
Bild 07:
Bild 08: Entlang eines Staubeckens bei Osberghausen schiebt 215 128 den N 6421 nach Gummersbach. Bei den aus herkömmlichen Wagenmaterial ge-
bildeten Zügen, trug der Steuerwagen einen grünen Aufkleber mit der Aufschrift „Der Aggertaler“, welcher zwischen dem Buschwerk zu erkennen ist:
Bild 09:
Bild 10: 218 137 kommt an derselben Stelle kurz darauf mit dem N 6434 zurück:
Bild 11:
Bild 12: Mit dem N 6430 ist 215 126 bei Engelskirchen nach Köln unterwegs:
Bild 13: 215 128 zieht den N 6438 bei Loope an einem Wehr der Agger vorbei:
Inzwischen hatte sich die Sonne bereits verdächtig dem Horizont genähert, so dass wir uns nur noch auf einige Aufnahmen am und im Bahnhof Overath beschränkten.
Bild 14: Kurz darauf verlässt die Lok mit dem Zug den dortigen Bahnhof. Interessant mit Sicherheit auch die Stopfmaschine, der Bus und die abgestellten Autos:
Bild 15: Der Fussballfan verbindet mit dem Namen Overath noch etwas ganz anderes. Aber in gleichnamigen Bahnhof
steht nun die 218 137 mit dem N 6440 im letzten Licht der herbstlichen Abendsonne abfahrbereit,...(Foto P. Kristandt)
Bild 16:
Bild 17:
Bild 18: ...bevor sie mit dem Zug nach Köln den Bahnhof verlässt:
Bild 19:
So endete dieser schöne Herbsttag. Zunächst fuhren wir zurück nach Wuppertal, von wo aus ich dann mit dem Zug weiter nach Lengerich (Westf.) fuhr, wo Vater mich mit dem Auto vom Bahnhof abholte und wir die restlichen 14,5 Kilometer nach Bad Iburg-Glane in Angriff nahmen.
218 137 mit ihrem Zug war der Beginn eines Erfolgskonzeptes. Zwar wurde nur noch die Strecke Hamburg=Neugraben – Stade als „City-Bahn“ in Betrieb genommen, aber das Konzept lebte als StädteExpress bzw. RegionalSchnellBahn und später als Regionalbahn bzw. Regionalexpress weiter. Mehr aus dem Aggertal der achtziger Jahre in nächster Zeit.
Bis neulich – natürlich im HiFo
Rolf Köstner
Ach ja, hat irgend jemand den grünen Aufkleber "Der Aggertaler" fotografiert? Bitte PN an mich. Danke!
Man hat nicht richtig gelebt, wenn man nie in einem ICE gesessen hat, der in Hamm geteilt worden ist.
Ich bin ein Boomer!
9-mal bearbeitet. Zuletzt am 2022:09:20:15:12:03.