Vergangene Vennbahnvielfalt
Die zwischen 1885 und 1888 als „Hohe-Venn-Bahn“ von der preußischen Staatsbahn fertiggestellte Eisenbahnstrecke von Aachen über Montjoie (Monschau) und St. Vith nach Prüm und ihre Zweigstrecken, von denen die 1889 erbaute Strecke Lommersweiler – Ulflingen (heute: Trois-Vierges) als Verbindung nach Luxemburg die größte Bedeutung erlangte, sind heute wieder weitgehend verschwunden. Eine rd. 7 km lange Draisinenstrecke zwischen den Bahnhöfen Kalterherberg und Sourbrodt und die Strecke von Stolberg über Raeren nach Eupen sind die einzigen verbliebenen Gleisreste dieser für die Menschen in der kargen Grenzregion zwischen der Eifel und den Ardennen zeitweise sehr wichtigen Eisenbahnstrecke. Die „Vennbahn“ ([URL= [
www.vennbahn.de][/URL]) erschloss ursprünglich eine der landschaftlich einzigartigsten Gegenden des westlichen Rheinlandes bzw. des östlichen Belgiens. Durch die Abtretung des Gebietes um Eupen, Malmedy und St. Vith als Folge des verlorenen Ersten Weltkrieges wurden große Teile der Vennbahn dem belgischen Staat und dessen Staatsbahn zugeschlagen. Zwischen Raeren und Kalterherberg wurde die über deutsches Gebiet verlaufende Bahntrasse ebenfalls belgisches Staatsgebiet. Als die SNCB im Jahre 1989 den Restverkehr auf der schon teilweise zurückgebauten Strecke einstellen wollte, gründete sich in Belgien der Verein „Vennbahn V.o.E“ ([URL= [
www.vennbahn.de][/URL]) mit dem Ziel, die Vennbahn wegen ihrer landschaftlich reizvollen Lage für den Tourismus zu erhalten.
Am 2. Juni 1990, einem Pfingstsonntag, begann diese letzte Blütezeit der Vennbahn als tourisitische Eisenbahn, von der ich hier berichte. In den folgenden Jahren baute der „Vennbahn V.o.E." sein Fahrplanangebot und seinen Fahrzeugpark stetig aus. Daneben wurde die Vennbahn auch ein attraktives Ziel für eine Vielzahl von interessanten Sonderzügen.
Von 1994 bis 1998 bot zusätzlich auch ein deutscher Vennbahnverein Schienenbusfahrten von Stolberg über Raeren nach Monschau an.
Ende 2001 musste der „Vennbahn V.o.E.“ seinen Zugbetrieb leider unerwartet plötzlich einstellen.
Bild 1
Zu den ersten Loks des Vereins „Vennbahn V.o.E.“ gehörte die 1955 bei der belgischen Firma Cockerill gebaute, rd. 1.750 PS starke Diesellok 5922, die hier am 01. Mai 1993 von Eupen kommend, am Stellwerk „Cab. 2“ (mit Saxby-Technik!) vorbei in den Bahnhof Raeren einfährt.
Bild 2
Zur Weiterfahrt nach Sourbrodt und Büttgenbach musste die Lok 5922 in Raeren die Fahrtrichtung wechseln und ihren Zug umfahren. Dabei entstand am 01. Mai 1993 ein Foto mit Güterbahnhofskulisse.
Bild 3
Der Bahnhof Raeren konnte seine preußische Herkunft nicht verleugnen. Die Signale und auch der Gleisplan kündeten bis zuletzt von ihren deutschen Wurzeln. Im Hintergrund startete der Vennbahnzug zu seiner Weiterfahrt, aufgenommen ebenfalls am 01. Mai 1993.
Bild 4
Zwischen Kalterherberg und dem Einfahrsignal von Sourbrodt passierte der aus Raeren kommende Zug einen der landschaftlich eindrucksvollsten Abschnitte der Vennbahn. Das Foto vom 01. Mai 1993 zeigt eine in den ersten Betriebsjahren typische Zugbildung.
Bild 5
Zum Star der touristischen Vennbahn avancierte die 1992 erworbene, eigens für den Einsatz im Hohen Venn mit Ölhauptfeuerung ausgerüstete Dampflok 50 3666. Das Foto vom 06. Juni 1993 zeigt sie – von Raeren kommend – bei der Einfahrt in den Bahnhof Eupen.
Bild 6
Am 28. Mai 1994 feierte der Verein „Vennbahn V.o.E.“ seinen fünfjähriges Bestehen. Aus diesem Anlass bot man u.a. Sonderfahrten zwischen Raeren und Stolberg an. Vor der Kulisse der Stolberger Burg entstand dabei das Foto der dort nur selten zu sehenden 5922 mit einem Zug nach Raeren.
Bild 7
Als Nachschuss entstand am gleichen Tag das ebenso seltene Bild der vom “Vennbahn V.o.E." aus Beständen der DDR-Reichsbahn erworbenen Lok 228 742 (V 180 392) am Bahnhof Stolberg-Hammer. Die Lok war bis Ende 1999 bei der Vennbahn im Einsatz und wurde dann weiterverkauft. Am 11. Dezember 2007 wurde sie bei einem Zugunglück in der Nähe von Walldürn zerstört.
Bild 8
Am 28. Mai 1994 konnte man auch die legendäre V 200 der Deutschen Bundesbahn auf der Vennbahn erleben. Sie kam mit einem Sonderzug über Stolberg nach Raeren und verkehrte von dort zusammen mit 50 3666 weiter nach Sourbrodt. Das Foto zeigt die von den Hammer Eisenbahnfreunden bewahrte V 200 033 am Vormittag des 28. Mai 1994 bei Schmithof, wo sie die Panzersperren des ehemaligen Westwalls überquerte.
Bild 9
Von Raeren bis Sourbrodt wurde dieser Sonderzug von 50 3666 an der Spitze und V 200 033 als Drucklok nach Sourbrodt weiterbefördert. So konnte 50 3666 zusammen mit einem für sie ungewohnten Bm-Waggon der Deutschen Bundesbahn aufgenommen werden. Das Foto entstand am 28. Mai 1994 bei Lammersdorf.
Bild 10
Ab Mai 1994 konnte auch der in Stolberg gegründete deutsche Vennbahnverein Schienenbusfahrten von Stolberg über Raeren nach Monschau anbieten. Dazu wurde ein von der österreichischen Bundesbahn erworbener dreiteiliger Schienenbus eingesetzt. Am 25. September 1994 begegnete der Vennbahn-Triebwagen 6581 053 auf dem Bahnhof Stolberg-Hammer einem Uerdinger Schienenbus der Dürener Kreisbahn, der an diesem Tag anläßlich des Stolberger Stadtfestes zwischen Stolberg Hbf und Stolberg-Hammer pendelte.
Bild 11
In der Winterpause 1995/96 wurde der ehemalige ÖBB-Schienenbus des deutschen Vennbahnvereins bei der Aachener Waggonbaufabrik „Talbot“ neu lackiert. Der zwischenzeitlich als „blauer Panoramaschienenbus“ beworbene Zug fährt auf diesem Foto in den Bf. Stolberg-Hammer ein (Oktober 1996).
Bild 12
Zur Adventszeit bot sich der Monschauer Weihnachtsmarkt als attraktives Ziel von zusätzlichen Vennbahnfahrten an. Hier ist der ehemalige CFL-Triebwagen 206/216 bei einer solchen Fahrt am 10. Dezember 1995 am einstigen Eisenbahnerwohnhaus des Bahnhofs Lammersdorf fotografiert worden. Das Hausgrundstück ist übrigens bis heute belgisches Staatsgebiet geblieben.
Bild 13
Am 10. Dezember 1995 entstand auch dieses Foto, das den auf dem Bahnhof Monschau wartenden Triebwagen 206/216 zeigt. Da sich der Monschauer Bahnhof weit außerhalb und oberhalb der im Tal der Rur gelegenen Stadt befand, waren die Fahrgäste mit Bussen vom abseitigen Bahnhof in die Monschauer Altstadt weiterbefördert worden.
Bild 14
Am 10. Dezember 1995 konnte der Eisenbahnfreund auf der Vennbahn noch ein weiteres Stück luxemburgische Eisenbahn erleben. An diesem Tag verkehrte nämlich ein von der CFL-Diesellok 1801 und aus luxemburgischen Reisezugwaggons gebildeter Sonderzug über die Strecke. Das Foto zeigt ihn bei der Einfahrt in den Bahnhof Lammersdorf neben den Werksanlagen der Firma Junker, die dort jahrzehntelang einen eigenen Gleisanschluss hatte.
Bild 15
Als Drucklok eines Sonderzuges zur Festveranstaltung anläßlich des 10-jährigen Jubiläums des Vennbahn V.o.E. auf dem Bf. Raeren verschlug es am 23. Mai 1999 die im Betriebshof Oberhausen stationierte 216 094 der DB-AG auf die Vennbahn. Am Vormittag jenes Tages entstand dieses Foto, das sie zwischen den Ortschaften Breinig und Hahn auf der Falkenbachbrücke zeigt. Heute ist dieses Motiv mit einer großen Reithalle zugebaut.
Bild 16
Vom Premium-Wanderweg “Eifelsteig” aus bietet sich den Wanderern dieser Blick auf die Falkenbachbrücke – heute freilich ohne Bahnbetrieb. Am 23. Mai 1999 konnte dort noch die in der Abendsonne glänzende V 200 135 fotografiert werden. Die sanierungsbedürftige Falkenbachbrücke ist heute das Haupthindernis für eine evtl. Reaktivierung des Eisenbahnverkehrs auf dieser letzten im Bahnnetz verbliebenen Vennbahn-Teilstrecke.
Bild 17
Durch das Wirken des “Vennbahn V.o.E.” erlebten die Bahnstrecken in der deutsch-belgischen Grenzregion eine letzte Blütezeit. Zwei Jahre lang warben sogar mehrere Bahnen gemeinsam für ihr touristisches Angebot. So empfiehlt dieser Flyer aus dem Jahre 1998 dem Touristen Fahrten mit den belgischen und deutschen Vennbahnzügen, mit dem von Düren nach Heimbach verkehrenden “Rurtalexpreß” (“Rex”) oder mit den vom "Eifelbahn e.V." angebotenen Sonderzügen auf der Strecke Gerolstein – Jünkerath – Losheim.
Leider ist von dieser Vielfalt nichts geblieben....
Mit vielen Grüßen aus der Region Aachen
Roland Keller