Hallo allerseits,
vor einigen Tagen gab es eine
Meldung im News-Forum, dass der Abbau der so genannten Altrhein- oder auch Rheinkniebahn Osthofen – Rheindürkheim – Guntersblum bevorstehe. Ich möchte dies zum Anlass nehmen, einige Bilder zu zeigen, die ich Ende der 80er Jahre an dieser Strecke gemacht habe.
Kurz ein Blick in die Geschichte der Bahn: nach den üblichen Streckenführungsquerelen wurde 1897 zunächst der Abschnitt Osthofen – Rheindürkheim (Rheinhafen) und 1900 die restliche Strecke von Rheindürkheim bis Guntersblum eröffnet. Die insgesamt 18,74 km lange Strecke diente der Erschließung der in einem weit nach Osten ausholenden Rheinbogen liegenden Orte sowie der Anbindung des Hafens Rheindürkheim an die bereits 1853 eröffnete Hauptstrecke Mainz – Worms – Ludwigshafen. Dass man die Strecke beidseits – in Osthofen und Guntersblum – an die Hauptstrecke anschloss, und nicht wie üblich nur eine Stichbahn baute, dürfte daran gelegen haben, dass beide Städtchen eine zentralörtliche Funktion hatten. Der folgende Scanausschnitt der Direktionskarte der Rbd Mainz aus den 40er Jahren zeigt Lage der Strecke und Betriebsstellen.
In der Anfangszeit der Strecke besorgten T3 der Lokstation Osthofen die Traktion. Sowohl in Osthofen als auch in Guntersblum war ein zweiständiger Lokschuppen vorhanden. In späteren Jahren dürften alle nebenbahntauglichen Triebfahrzeug-Baureihen des Bw Worms „in den Altrhein“ gekommen sein: T3, T12, G8, später 56.2 und 50er. Ab den 20ern bis Mitte der 50er bestritten Wittfeld-Akkutriebwagen einen Teil des Verkehrs; ihrem Einsatz auf der Altrheinbahn hat auch K.-E. Maedel ein literarisches Denkmal gesetzt. Sie dürften durch
ihre Nachfolger, die ETA 150 VT95 oder VT98 (welchen Bw's) abgelöst worden sein, bis zum Sommerfahrplan 1969 der Personenverkehr auf der Strecke endete. Ab diesem Zeitpunkt fand nur noch Güterverkehr statt, wobei die Übergaben im Kreis von Osthofen über den Altrhein nach Guntersblum und über die Hauptstrecke wieder zurück fuhren, so dass die Altrheinbahn im Regelbetrieb nur noch in einer Richtung befahren wurde.
Nun endlich zu den Bildern. Ich will starten mit einer Fototour, die ich am 10. Oktober 1987, also vor ziemlich genau 25 Jahren, an die Altrheinbahn unternommen habe. Auch wenn planmäßig an W(Sa) eine Übergabe vorgesehen war, richtig zuverlässig wurde die Strecke nur in der Rübensaison befahren, dann aber sogar samstags. Zum Fotografieren ungünstig fuhren die Züge immer am Vormittag, so dass nur auf dem kurzen und eher unfotogenen Abschnitt Osthofen – Rheindürkheim das Licht richtig stand.
Mit der Bildqualität ist es wie immer bei meinen pilzzerfressenen Dias nicht zum Besten bestellt, ich bitte das zu entschuldigen.
Bild 1:
Beginnen wir in Rheindürkheim: 212 062 vom Bw Darmstadt, während der Rübensaison nach Rheinhessen ausgeliehen, hat bereits drei leere gegen drei volle Rübenwagen getauscht und wartet auf die Weiterfahrt.
Waren Anfang des 20. Jh. alle Betriebsstellen der Altrheinbahn nur als Haltestellen klassifiziert, so war Rheindürkheim in den letzten Jahren der einzige Bahnhof, während die übrigen Stationen lediglich als Anschlussstellen geführt wurden.
Bilder 2 und 3:
Eine mäßige Streckengeschwindigkeit und die parallel verlaufende Kreisstraße erlauben auf den vier folgenden Streckenkilometern bis Ibersheim gleich zwei Aufnahmen der Üg 67582. Im Hintergrund ist schwach das rheinhessische Hügelland zu erkennen, über das von Osthofen aus einst die Strecke nach Gau Odernheim führte.
Bild 4:
Ankunft in Ibersheim. Das privatisierte Empfangsgebäude ist recht eingewachsen. Die Gleisanlagen des Bahnhofs sollen dem Vernehmen nach noch in den 80er Jahren im Rahmen einer Pionierübung der Bundeswehr komplett erneuert worden sein – Schwerter zu Schienensträngen?
Bild 5:
Um die beladenen Wagen aus dem Ladegleis zu holen, zieht 212 062 über den BÜ der Kreisstraße nach Eich vor. Die Postbotin im grauen Rock mit gelbem Fahrrad und die Mischmaschine für die wochenendliche Hausbautätigkeit bilden ein eigenes ländliches Idyll.
Bild 6:
Noch einmal ein Blick auf den Bahnhof Ibersheim von der Schattenseite her. Ibersheim gehörte zusammen mit Eich zu den starken Rübenbahnhöfen, während in Rheindürkheim und Gimbsheim weniger und in Hamm gar keine Rüben verladen wurden.
Bild 7:
Hinter Ibersheim zieht 212 062 ihre lange E-Wagen-Schlange durch die Felder. Dem aufmerksamen Beobachter wird auffallen, dass die leeren Wagen jetzt vorn laufen.
Bild 8:
Die Station Eich ist im besten Gegenlicht erreicht. Der Gleisverlauf zeigt, dass hier wie auch an den anderen Stationen außer Rheindürkheim nebn dem durchgehenden Hauptgleis nur noch das einsitig aus Richtung Guntersblum angebundene Ladegleis übriggeblieben ist. Ferner bemerkenswert: die Ladestraßenbeleuchtung und der Gebläsekanal für die Getreideverladung.
Bild 9:
Das Rangiergeschäft sorgt für aufmerksame Beobachter.
Bild 10:
Das nächste Bild habe ich erst wieder am nördlichen Ortsrand von Gimbsheim gewagt, wo die Sonne nicht mehr geradewegs ins Objektiv schaut. Mittlerweile sind nurmehr zwei leere E-Wagen übrig geblieben.
Bild 11:
Leider etwas unscharf: Ankunft in Gimbsheim. Die schwarz gekleideten und gelb behelmten Rangierer gehen ihrer Arbeit nach. Charakteristisches Ausstattungselement: der große Wellblechschuppen, in die Rübenverladeanlage übersommert.
Bild 12:
Nun ist die Wagenschlange voller Rüben komplett: 212 062 nähert sich dem Endbahnhof Guntersblum, wo sie umsetzen und den Zug über die Hauptbahn zurück nach Worms und weiter über Monsheim nach Grünstadt befördern wird. Rechts im Hintergrund grüßt aus dem Odenwald der Melibocus …
Ich hoffe, es hat gefallen. Wenn ja, kann ich noch von weiteren Touren an die Altrheinbahn berichten.
Grüße
Volker
4-mal bearbeitet. Zuletzt am 2015:04:05:19:25:34.