Werte HiForiker!
Beim Scannen diverser Filme ist mir aufgefallen, daß auf etlichen Bildern Stellwerke eher als „Beifang“ auftauchen. Dies habe ich zum Anlaß genommen, Euch mal auf kleine Rundfahrt durch das West-Berlin der Jahre 1983 bis 1988 einzuladen. Das wird kein systematisches Besichtigen sämtlicher seinerzeit vorhandenen Stellwerke, deren Schicksal bei meinen Aufnahmen war eher, zum richtigen Zeitpunkt an der rechten Stelle zu stehen. Eine gewisse Häufung bestimmter Stellwerke und das Fehlen anderer Stellwerke ist eine logische Folge daraus. Bei der Auswahl war ich bemüht, Orte zu zeigen, die ihr Aussehen heute – nicht immer zu ihrem Vorteil – gänzlich geändert haben. Für gewisse persönliche Anekdoten zu dem einen oder anderen Foto bitte ich schon jetzt um Euer Verständnis...
Beginnen wir unsere Reise in Berlin-Charlottenburg, im Fernverkehr seinerzeit nur durch einzelne Sonderzüge zu erreichen, ansonsten als Bahnhof der Britischen Streitkräfte bekannt:
(1) Der typische Brademann-Bau des Brückenstellwerks
Chab im August 1985.
(2) Das innere Stellwerk gehörte zur Bauform Siemens & Halske 1912, Mike Staschewski hat auf
seinen Seiten sehr schöne und seltene historische Fotos!
(3) Im Oktober 1984 (Aufnahmezeitpunkt) waren die beiden S-Bahnsteige baufällig, die offenbar brüchigen Kanten abgesperrt.
(4) Der 2. Dezember 1983 war zwar frostig, Aufnahmen am offenen S-Bahn-Fenster konnte dies jedoch nicht verhindern..
Wir bleiben in Charlottenburg, wechseln jedoch zu dem an der Ringbahn gelegenen Güterbahnhof. Unterhalb der Ringgleise der S-Bahn traf hier das Verbindungsgleis aus Ruhleben auf die Ring-Gütergleise.
(5) Das Stellwerk
Chag war hier am 6. Dezember 1988 Kulisse einer einmaligen Kleinwagenfahrt: Die Überführung unseres Klv 12 von der SIEMENS-Güterbahn nach Schönow!
(6) Die ganze Geschichte dieses trüben Wintertages und die folgenden Abenteuer
gibt es hier!
(7) Bereits am 27. März 1985 war Chag ein guter Fotostandort. Auch dieses Stellwerk war ein elektromechanisches der Bauform S&H 1912.
(8) Zurück auf der Stadtbahn, findet sich das Stellwerk
Cho an der östlichen Einfahrt des Bahnhofs Berlin-Charlottenburg. Der LVT kommt als Dienstpendel vom Bahnhof Friedrichstraße.
(9) Es folgt 74 1230 auf ihrer im Oktober 1984 als Sensation gefeierten Sonderfahrt durch den Westteil Berlins.
(10) Wir bleiben noch kurz in dieser Ecke: Am 27.03.1985 fanden auf der seinerzeit stilliegenden Strecke Westkreuz - Heerstraße Pesonalschulungsfahrten der BVG statt. Im ersten Untergeschoß des Empfangsgebäudes Eichkamp befand sich nach meiner Kenntnis ursprünglich einmal eine Blockstelle, erkennbar sind noch die Erkerfenster. Ich meine, in einem Reichsbahnkalender mal ein Foto aus den dreißiger Jahren gesehen zu haben, das diese Blockstelle (
Ek?)in Betrieb zeigt. Hat jemand nähere Angaben dazu?
(11) Kehren wir zurück in den trüben Dezember 1988: Unsere Motordraisine hat mittlerweile den Rangierbahnhof Grunewald durchquert und wartet im Bezirk
Gdr auf Weiterfahrt. In diesem Gebäude war neben dem Stellwerk auch die Bahnhofsdispatcherleitung untergebracht. Was gäbe ich heute für dieses Schild...
(12) Zwei Stellwerke auf einen Streich (August 1985): An der Einfahrt zur Triebwagenhalle Hundekehle sind die Stellwerke
Gds (links) und
Gdw (rechts) zu sehen.
(13) Das Stellwerk
Hal in Berlin-Halensee hat beim Reichsbahnerstreik von 1980 eine ganz besondere Rolle gespielt. Am 3. November 1984 ist es hier jedoch recht ruhig. Rechts zweigt die seinerzeit noch zweigleisige Verbindungskurve vom Südring zur Stadtbahn ab.
(14) Nordwärts: Am 1. Oktober 1985 ging die Strecke Gesundbrunnen – Frohnau wieder ans Netz. Das Stellwerk
Foh war in einem Gebäude auf dem Bahnsteig untergebracht. Dieses Stellwerk wurde von der Signalmeisterei Wuppertal der Deutschen Bundesbahn im Jahre 1985 für den S-Bahnhof Frohnau im Auftrag der BVG rekonstruiert und war bis zum Juni 1992 dort im Betrieb. Durch die Wiedereröffnung der S-Bahn-Verbindung Frohnau - Hohen Neuendorf - Oranienburg mußte die vorhandene Stellwerkstechnik den neuen Gegebenheiten angepaßt werden, der Bau eines neuen Drucktastenstellwerks war unumgänglich. Durch die freundliche Unterstützung der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen, der Fa. MÖLLER-Tiefbau, der BVG und der Fa. SIEMENS konnten wir dieses letzte mechanische Stellwerk aus dem Betriebsbereich der BVG-S-Bahn sichern und können es heute
an „hohen Feiertagen“ präsentieren.
Weitere Informationen zum Stellwerk Foh und dem jetzigen Spurplanstellwerk gibt es hier: [
fahrdienstleiter.cl]
(15) Stellwerk
Pr am Bahnhof Priesterweg, 6. Dezember 1983.
(16) Am Bahnhof Berlin-Lichterfelde Ost steht auch heute noch das prächtige Stellwerk
Lio (30. September 1986). Das Umfeld ist heute ein ganz anderes...
(17) Berlintouristen werden wohl nie begreifen, daß Lichterfelde Ost und Lichterfelde West nicht nebeneinander liegen. Das auf dem S-Bahnsteig Lichterfelde West stehende Stellwerk
Liw ist hier nur Kulisse für die soeben eingetroffene
Lok 2 der MKB.
(18) Der Fahrdienstleiter von Lichterfelde West saß bis zum 6. Dezember 2009 im Stellwerk
Lwt (Bauform Jüdel). Aufnahme vom Februar 1985.
(19) Dieser einst schmucke Bau steht heute leider leer und verfällt. Am 13. Juli 1986 war hiervon noch nichts zu spüren.
(20) In Lichterfelde West war neben dem Verkehr für die Goerzbahn auch recht umfangreicher Ladebetrieb der Post. Der Chronist hatte hier im Sommer 1989 das Vernügen, die Grundzüge des Rangiererhandwerks zu erlernen. Aufnahme vom 13. März 1986.
(21) Wir bleiben auf der Wannseebahn: Stellwerk
Szg an der Südeinfahrt des Güterbahnhofs Steglitz (Mai 1985).
(22) Zu diesem Stellwerk (hier am 28. März 1986) hatten wir kürzlich
hier eine spannende Diskussion mit faszinierenden Fotos!
(23) Am Nordende des Steglitzer Güterbahnhofs stand bis vor einigen Jahren das Stellwerk
Sob an der Feuerbachbrücke (18. März 1986).
(24) Aus dieser Aufnahme vom April 1985 wird deutlich, wie dicht an der Brücke dieses Stellwerk stand.
(25) Am Betriebsbahnhof Schöneberg stellte sich das Stellwerk
Sgr (Bauform S&H 1912) am 18. März 1986 noch recht stattlich dar, obwohl es wohl schon außer Betrieb war. Seit Verbreitung einer sich durch Farbsprühdosen artikulierenden Zerstörungswut hat sich das Erscheinungsbild leider verheerend verändert. Gleiches gilt für das dahinter stehende Schaltwerk Ebersstraße...
Schöneberg Betriebsbahnhof war übrigens im Jahre 2005 das
Ziel einer bemerkenswerten Dienstfahrt der MKB.
(26) Unsere Reise geht wieder südwärts: Im Oktober 1984 wird der Bahnhof Zehlendorf mit dem Stellwerk
Zfm (S&H 1912) einer umfassenden Sanierung unterzogen, denn die Wannseebahn soll ja schließlich am 1. Februar 1985 wieder in Betrieb gehen.
(27) Im Bildvordergrund kreuzt das Gütergleis der Wannseebahn die S-Bahn-Strecke nach Düppel. Die Gleissperre in einem Hauptgleis dürfte wohl einmalig gewesen sein...
(28) An der Brücke über den Königsweg stand das Stellwerk
Zwt. Neben der Ausfädelung des stadteinwärtigen Überleitungsgleises über die Stammbahn, dessen Fachwerkbrücke etwa 1980 abgebrochen wurde, wurde von hier auch der westliche Bahnhofskopf bedient (Aufnahme vom Januar 1983).
(29) Im Februar 1985 sorgte der Einsatz von Paßvierteln auf der gerade wieder in Betrieb genommenen Wannseebahn für reizvolle Motive.
(30) Wir fahren auf der Wannseebahn weiter in Richtung Wannsee, mittlerweile ist es wieder Winter (30. Dezember 1985) geworden. Am Bahnhof Schlachtensee fand sich das Stellwerk
Sts, das sowohl die bis 1933 (Elektrifizierung der Wannseebahn) vorhandene Kehranlage als auch den Güterbahnhof bediente.
(31) Ein weiterer schmucker Brademann-Bau: Das Stellwerk
Wsk im Bahnhof Wannsee im Oktober 1983. Auch dieses Stellwerk gehörte zur Bauform S&H 1912.
(32) Am 2. November 1984 kontrastierte 74 1230 als klassische Stadtbahn-Lok mit der Architektur der Elektrifizierungsära.
(33) 29: Dezember 1985: Trotz Schnees fuhr sie S-Bahn! Was haben die damals nur anders gemacht...?
(34) Auch das Brückenstellwerk
Ws (ebenfalls Bauform S&H 1912) zeigt die zeitlos ansprechende Architektur der Neuen Sachlichkeit Brademanns. Das Bild entstand im Januar 1983, die Gleise der Wannseebahn (im Vordergrund) sind noch außer Betrieb.
(35) Am 31. März 1985 verläßt ein Transitzug den Bahnhof Wannsee.
(36) Am selben Tag rückt 03 001 das 1891 gebaute alte Stellwerk
Ws ins Blickfeld. Nach seiner Außerbetriebnahme 1928 wurde das Gebäude von den Signalwerkern standesgemäß weitergenutzt.
(37) 03 001 setzt zurück an ihren Sonderzug.
(38) Schon im Bereich des S-Bahnbetriebswerks Wannsee treffen wir auf das Stellwerk
Wsa. Das Bild entstand am 29. Dezember 1985 vom Überwerfungsbauwerk der Stahnsdorfer Strecke. Im Schneegestöber ist in der Ferne das Stellwerk Ws zu erahnen.
(39) Ein wenig weiter nach links gedreht: Wsa liegt über der Einfahrt zum S-Bw. Auf dieser Brücke wurde der Chronist übrigens im Jahr 1976 vom Eisenbahnvirus infiziert, Keimträger waren 01.5 vor Transitzügen...
(40) Gut geschützt inmitten des S-Bahnbetriebswerks lag das Stellwerk
Wsw (VES Patronenbauform), das lediglich von 1939 bis 1945 in Betrieb war. Zum Zeitpunkt der Aufnahme (März 1983) waren seine Tage bereits gezählt: Im Mai 1985 mußte es der Erweiterung des Bahnbetriebswerks weichen.
Eine umfassende und sehr sorgfältige Darstellung der Stellwerke des Bahnhofs Wannsee (u.a.) findet sich übrigens hier:
[
www.berliner-stellwerke.de]
(41) Unsere Reise geht wieder stadteinwärts: Wiederum die unverkennbare Handschrift Richard Brademanns trug das Stellwerk
Wk des Bahnhofs Westkreuz. Im Oktober 1984 thronte der Stellwerksturm (der höchste Berlins!) noch über den umfangreichen Bahnanlagen, 1993 mußte er wegen umfangreicher Schäden (Setzungen im moorigen Baugrund) abgebrochen werden.
(42) Einfahrt in das alte West-Berlin! Stellwerk
Zow des Bahnhofs Berlin Zoologischer Garten im Oktober 1984.
(43) Der (gut bepackte) Skl war nicht der Grund dafür, daß der Chronist den beliebten Standort „Bilka-Parkhaus“ aufsuchte. An diesem 3. November 1984 wurde 74 1230 erwartet.
(44) Wie viele Filme mögen auf diesem Parkdeck im Laufe der Jahrzehnte verschossen worden sein? Am 26. März 1985 war – wie der volle Fernbahnsteig zeigt – 03 001 wieder einmal der Mittelpunkt des Interesses.
(45) Noch einmal ein kurzer Abtecher an die Anhalter Bahn: In Höhe des Bahnhofs Südende befand sich das Stellwerk
Tfh, von dem aus die Südeinfahrt des Rangierbahnhofs Tempelhof gestellt wurde. Im März 1983 war vor lauter Gestrüpp nur wenig Stellwerk zu erkennen...
(46) Am 4. Januar 1984 wurde die stilvolle Landhausarchitektur etwas deutlicher.
(47) Als trübes Abschiedsbild mag diese Aufnahme vom Bahnhof Schönholz (ebenfalls vom 4. Januar 1984) dienen. Auch das Stellwerk
Snl (Inbetriebnahme: 1934, mechanische Einheitsbauform) strahlt die zeitlose Eleganz der sachlichen und zweckbestimmten Brademann-Architektur aus.
Hier endet unsere Reise.
Um wie viel ärmer und schäbiger sind doch unsere Bahnanlagen geworden!
Detailangaben zu einzelnen Stellwerken wurden [
stellwerke.de] entnommen.
Gruß,
Markus.