Eine Bemerkung vorweg sei mir gestattet: Während meiner Schulzeit habe ich als Schüler weder an einer Bildungsreise nach Berlin noch in die DDR teilgenommen. Verwandtschaft im engeren Sinne besaßen wir ebenfalls keine in diesem Teil Deutschlands. Und dieser Kontakt beschränkte sich im Wesentlichen auf eine Postkarte zu Weihnachten oder Ostern zwischen hüben und drüben. Apropos „Kontakt“: einen telefonischen gab es einmal. Wie Kinder so sind, machten wir uns Ende der 1960er gelegentlich den Spaß, am Telefon willkürliche Nummernkombinationen zu wählen. Das Ergebnis war, dass sich jemand aus Jena meldete! Wie das passieren konnte, ist mir bis heute ein Rätsel.
Mein erster Besuch in der DDR fand Anfang 1990 statt. Mit einem ehemaligen Studienkollegen unternahmen wir eine Tagestour nach Eisenach. Für mich war es eine Zeitreise zurück in meine Kindheit: Alles war wie bei uns im Westen, so wie ich es aus den 1960er Jahren in Erinnerung hatte: Straßen, Häuser, Geschäfte – es war faszinierend. Im Frühjahr 1990 unternahmen wir eine mehrtägige Fahrt in das Gebiet östlich der Elbe, wo wir uns noch mehr DDR-typisches Flair erwarteten. Damals ahnte ich noch nicht, dass sich nur 1 ½ Jahre später ein bis heute andauernder intensiver Bezug zur Lausitz ergeben würde.
Streckenkarte Lausitz Sommer 1991-92
Doch jetzt zurück zur o. g. Rundreise, die bereits damals in der ersten Hälfte der 1990er Jahre in der geschilderten Form kaum mehr möglich war, viele Jahre vorher jedoch durchaus möglich gewesen wäre. Doch nun heißt es: „Einsteigen bitte!“
In Weißwasser haben wir uns vor Beginn der Reise erst einmal in der Mitropa-Gaststätte gestärkt, anschließend an einem der dunkelroten Automaten in der Bahnhofshalle links vom Eingang die Fahrkarte gelöst. Der Zug in Richtung Forst und weiter nach Cottbus, ehem. KBS 206 bzw. 221, steht auf dem Stumpfgleis zwischen Gleis 1 und dem Schuppengleis. Heute haben wir Glück! Statt der üblichen 202 mit ihrem Doppelstockwagen befördert eine der vierachsigen Cottbuser 228.1 den Zug.
228 104-6 in Weißwasser März 1993
228 175-6 und 232 xxx in Weißwasser März 1993
Nach Abwarten des Anschlusszuges aus Görlitz geht es los. Links von uns zwischen den Strecken nach Forst und Spremberg liegt bereits ungenutzt der ehemalige Lokschuppen. Als Nächstes folgt der Fabrikkomplex der „Bärenhütte“, einer Glasfabrik, heute eine Brache. Der nächste Halt ist Halbendorf; bis zur Ortsmitte ist es ein ganzes Stück zu laufen.
228 104-6 in Halbendorf 25.08.1993
Wir verlassen den Zug, denn vor ein paar Tagen haben wir auf einem Gleis der ehemaligen Braunkohlengrube „Frieden“ abgestellte 52.80 entdeckt, die es im Bild festzuhalten gilt.
52 8191 in Halbendorf März 1993
52 8078 in Halbendorf März 1993
Mit dem nächsten Zug geht es weiter durch Kiefernwälder und entlang von Wiesen und Feldern bis Döbern. Rechter Hand sehen wir die Schornsteine der Glashütte. In Döbern ist richtig was los! Auf dem Nachbargleis wendet ein Doppelstockzug aus Cottbus und der Güterzug nach Forst wird heute ebenfalls von einer 228.1 bespannt. Vor einem Personenzug nach Weißwasser mit Bgh-Wagen macht sich eine 232 nützlich.
202 488-3 in Döbern 25.08.1993
228 104-6 in Döbern 06.05.1992
232 563-7 in Döbern 07.05.1992
232 642-9 Groß Kölzig 06.05.1992
Hinter Groß-Kölzig macht die Strecke einen Bogen nach Norden, erreicht Simmersdorf mit dem ehemaligen Anschlussgleis zum Flugplatz und mündet nach ca. 30 Kilometern von Osten kommend in den eine wunderbar altmodische Atmosphäre verströmenden und von besseren Zeiten kündenden Bahnhof der Stadt Forst ein.
(Bei Interesse geht die Fahrt weiter.)