Hallo allerseits,
hier nun der Jahrgang 1958 aus der „Preetzer Zeitung“. Viel Spaß beim Lesen!
4. Januar
Die Bundesbahn hält es aus wirtschaftlichen Gründen für empfehlenswert, die Strecke Husum–Flensburg stillzulegen. Parallel laufende Omnibuslinien haben den Hauptteil des Personenverkehrs an sich gezogen. Hohe Beamte der Bundesbahndirektion Hamburg sagen, daß die Strecke einen täglichen Zuschuß von 900 Mark erfordert. Ob die Bundesbahn den Betrieb einstellen kann, liegt jedoch nicht in ihrer Entscheidung – nach dem Eisenbahngesetz muß der Bundesverkehrsminister seine Zustimmung geben.
6. Januar
Die Bundesbahn will im schleswig-holsteinischen Bezirksverkehr die Verhältnisse auf den Strecken Husum–Rendsburg–Kiel, Heide–Neumünster, Kiel–Neumünster, Kiel–Eckernförde und Kiel–Lübeck durch den Einsatz neuer Akku-Triebwagen verbessern. Auch die Eilzugverbindung Büsum–Neustadt soll im Sommer von einem solchen Triebwagen versehen werden.
Die neuen Diesellokomotiven, von denen im Bezirk der Bundesbahndirektion Hamburg bisher 83 vorhanden sind, tragen wesentlich zur Beschleunigung des Reiseverkehrs bei. Die Bundesbahn benutzt neben diesen besonders sparsam und rationellen Lokomotiven auch auf Ölfeuerung umgebaute Dampflokomotiven, für die in Altona eine Tankanlage gebaut wird.
Die Kraftwagenverladungen über den Hindenburgdamm werden weiter zunehmen, nachdem 1957 bereits 66145 Kraftfahrzeuge tranportiert wurden. Noch in diesem Jahr soll in Westerland eine neue Autorampe gebaut werden. Später sollen außerdem die Kreuzungsgleise in Morsum, Keitum und Klanxbüll verlängert und auf dem Hindenburgdamm eine zweite Kreuzungsstelle eingerichtet werden.
12. Januar
Ein zweieinhalbjähriger Junge gelangte in Bad Oldesloe unbemerkt durch die Sperre und blieb, nachdem er in einem Bundesbahntriebwagen eine Fahrt nach Schwarzenbek und zurück mitmachte, als „Fundsache übrig“. Ein Bahnbeamter versuchte, ihn nach Hause zu bringen – der Junge führte ihn mit den Worten „heimegehen heimegehen“ jedoch zu drei falschen Häusern im Stadtgebiet. Der Beamte brachte den Jungen schließlich zur Polizei, die nach einigen Schwierigkeiten die Mutter ausfindig machen konnte.
13. Januar
Nach viertägiger Verhandlung wurden im Prozeß um das Eidelstedter Eisenbahnunglück vom 2. März 1957 die Urteile gesprochen. Wegen fahrlässiger Transportgefährdung in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung wurde ein 37-jähriger Gleiswärter zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Ein mitangeklagter 30-jähriger Rottenführer erhielt neun Monate, ein weiterer 52-jähriger Gleiswärter sechs Monate Gefängnis. Ein 46-jähriger Oberingenieur und ein 44-jähriger Leitungsaufseher wurden freigesprochen. Der Amtsgerichtsdirektor sagte in der Urteilsbegründung unter anderem, daß diese Angeklagten es an der notwendigen Aufmerksamkeit und an der Gewissenhaftigkeit fehlen ließen.
25. Januar
Vom Amtsgericht Preetz wurden ein Fahrdienstleiter und ein Schrankenwärter zu 75 DM und 50 DM Geldstrafe verurteilt. Sie hatten am 23. August vorigen Jahres in Raisdorf einen Eilzug in Richtung Kiel abfahren lassen, ohne das die Bahnschranken an der Bundesstraße 76 geschlossen waren. Der Fahrer eines Personenwagens konnte sich nur mit Mühe vor dem heranbrausenden Zug über die Schienen retten.
10. Februar
Ein 23-jähriger Bundesbahnbediensteter ist am Sonnabend tot auf den Gleisen des Eutiner Bahnhofs aufgefunden worden. Nach den bisherigen Ermittlungen muß er bei Ragierarbeiten verunglückt sein – Augenzeugen gibt es jedoch nicht.
26. Februar
Auf einem Stellwerk in Neumünster hat sich aus noch ungeklärter Ursache eine Flüssiggasexplosion ereignet. Zwei im Stellwerk anwesende Personen mußten verletzt ins Krankenhaus gebracht werden. Das Gas muß schon längere Zeit aus der unbeschädigt gebliebenen Flasche ausgeströmt sein, bis es plötzlich explodierte.
28. Februar
Am Mittwoch abend blieb ein Triebwagen der Elmshorn-Barmstedt-Oldesloer Eisenbahn bei Blumendorf in einer Schneewehe stecken. Er mußte von einer Hilfslok befreit werden und erreichte Bad Oldesloe mit über zwei Stunden Verspätung. Auf der Rückfahrt nach Elmshorn blieb er wiederum bei Blumendorf in einer neuen Schneewehe stecken – diesmal für rund 14 Stunden. Er wurde dann mit einer aus Lübeck herangeholten Rangierlok nach Bad Oldesloe zurückgeschleppt.
24. April
Am frühen Mittwochmorgen suchte das Lokpersonal eines Güterzuges in Hamburg-Wilhelmsburg einen Fehler am Zug, der ihn kurz nach der Abfahrt wieder zum Halten brachte. Plötzlich setzte sich der Zug mit seinen 20 schwerbeladenen Güterwagen jedoch in Bewegung und fuhr als „Geisterzug“ über die Elbbrücken und durch den Hauptbahnhof. Der Geistesgegenwart der Besatzungen mehrerer Stellwerke ist es zu verdanken, daß der führerlose Zug durch schnelle Weichenstellungen immer wieder auf freie Gleise dirigiert werden konnte; an einigen Stellen erreiche er eine Geschwindigkeit von etwa 50 Kilometerstunden. Kurz hinter dem Hauptbahnhof sprang ein 37-jähriger Weichenwärter auf den letzten Wagen des an der Auffahrt zur Lombardsbrücke etwas abstoppenden Zuges und löste den Luftbremshahn.
Die Untersuchung des Vorfalles ergab, daß der Güterzug nach einem Luftschlauchschaden wieder anfahren konnte, weil der Lokomotivführer die Maschine verlassen hatte, ohne die hierfür vorgeschriebenen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Die Bundesbahndirektion Hamburg teilte mit, daß der Lokomotivführer sofort aus dem Fahrdienst zurückgezogen wurde. Der Weichenwärter hingegen soll für sein entschlossenes Eingreifen eine Belohnung erhalten, da er wahrscheinlich ein schweres Unglück verhindert hat.
11. Juni
Nachdem die Anlagen auf „eingleisigen Hauptbahnbetrieb“ umgestellt worden sind, wird die Bundesbahnstrecke Bad Oldesloe–Neumünster nur noch eingleisig befahren. Das bereits stark abgenutzte zweite Gleis wurde stillgelegt. Auf dieser Strecke verkehren täglich 28 Reisezüge und ein Güterzugpaar.
14. Juni
Bundesverkehrsminister Seebohm und der dänische Minister für öffentliche Arbeiten Lindberg unterzeichneten in Bonn die endgültige Vereinbarung über den verkehrsmäßigen Ausbau der Vogelfluglinie. Die Außenarbeiten, wie Bau der Hochbrücke über den Fehmarnsund, Bau der Eisenbahnstrecke und Straße über die Jnsel Fehmarn, Bau des Bahnhofs und Fährhafens in Puttgarden, sollen 1959 begonnen werden. Man rechnet mit einer Bauzeit von vier bis fünf Jahren. Es wurde auch ein Tarifabkommen getroffen – es sieht vor, daß auf der künftigen Fährstrecke die jetzt für die längere Trajektstrecke Großenbrode–Gedser geltenden Gebühren weiter erhoben werden, bis die für den Ausbau der Eisenbahn- und Trajektanlagen aufzunehmenden Anleihen getilgt sind. Nach 20 Jahren tritt die Ermäßigung der Trajektentgelte in Kraft, die durch die Verkürzung der Trajektstrecke ermöglicht wird. Für die Benutzung der Fehmarnsundbrücke sollen keine Gebühren erhoben werden.
---> Wurden die Fährtarife Puttgarden-Rödby um 1983 herum wirklich gesenkt?
28. Juni
An einem unbeschrankten Bahnübergang bei Hademarschen stießen ein Schienenomnibus der Bundesbahn und ein Ackerschlepper zusammen. Von den sechs auf den Trecker fahrenden Personen wurden fünf getötet (darunter vier Frauen) und einer schwer verletzt. Am Schienenomnibus, dessen Fahrer leicht verletzt wurde, entstand nur geringer Sachschaden.
---> Am 12. Dezember berichtete die Zeitung, daß der 34-jährige Treckerfahrer wegen fahrlässiger Tötung in fünf Fällen in Tateinheit mit fahrlässiger Transportgefährdung und fahrlässiger Körperverletzung zu neun Monaten Gefängnis mit Bewährung sowie 1200 Mark Geldstrafe verurteilt wurde. Den Bahnbeamten des außerplanmäßigen Schienenomnibusses konnte keine Verletzung der Vorschriften nachgewiesen werden – sie hatten die vorgeschriebene Geschwindigkeit eingehalten, rechtzeitig akustische Signale gegeben und beim Erkennen der Gefahr sofort die Schnellbremse gezogen.
3. Juli
Aus bislang ungeklärten Gründen stürzte ein 25-jähriger Arbeiter nahe Wagersrott während der Fahrt von der Plattform eines Personenzuges der Kreisbahn. Mitreisende zogen aber nicht die Notbremse, sondern meldeten den Vorfall erst in Süderbrarup beim Fahrdienstleiter. Der schwer Verletzte wurde sofort von einer Lokomotive abgeholt und mit einem Unfallwagen ins Krankenhaus gebracht. Die Ärzte bezeichneten seinen Zustand als ernst.
24. Juli
Auf dem Bahnhof Neustadt in Holstein sind 20 Reisende leicht verletzt worden, als beim Rangieren ein Personenzug auf die am Bahnsteig stehenden Wagen hart auffuhr. Der Unfall ereignete sich, als der Personenzug Heiligenhafen–Lübeck gegen 14:30 Uhr auf dem Sackbahnhof umrangiert werden sollte.
4. August
Zwischen den Bahnhöfen Flintbek und Bordesholm wurden ein Gleismeister und ein Bahnarbeiter der Bahnmeisterei Bordesholm von einem Triebwagen erfaßt und tödlich verletzt. Sie gehörten zu einer Kolonne, die einen mit Gleisschotter beladenen Zug zu entleeren hatte – dabei sind sie dem Nachbargleis zu nahe gekommen. Beim Entladen der Spezialwagen für Gleisschotter hatte sich eine dichte Staubwolke entwickelt, durch die wahrscheinlich den Verunglückten und dem Triebwagenpersonal die Sicht genommen wurde.
27. September
---> Weiß jemand näheres? Kann jemand Auskunft zu dem Waggon neben der Dampflok erteilen?
27. Oktober
Das Unglück von Eidelstedt vom März 1957 ist am Montag noch einmal Gegenstand einer Hauptverhandlung. Gegen das Urteil vom Januar haben Staatsanwaltschaft und die Verurteilten Berufung eingelegt. Damit stehen am Montag noch einmal die fünf Angeklagten vor dem Landgericht.
---> über diese erneute Verhandlung hat unsere Zeitung dann leider nichts berichtet – und auch in den „Ritzau-Büchern“ finde ich dazu nichts.
11. November
Am Montag ist auf der eingleisigen Strecke der Altona-Kaltenkirchen-Neumünsteraner Eisenbahn (AKN) ein Triebwagen mit einem Gegentriebwagen zusammengeprallt. Dabei wurden 37 Fahrgäste und die beiden Fahrer verletzt. Der Unfall ereignete sich um 11:38 Uhr in einer unübersichtlichen Kurve zwischen den Stationen Eidelstedt-Ost und Schnelsen, etwa 50 Meter von dem Übergang der Halstenbeker Straße entfernt. Die AKN vermutet, daß einer der Fahrer an der Ausweichstelle nicht wie vorgeschrieben den Gegenzug abgewartet hat.
20. November
Die polizeilichen Ermittlungen über das schwere Eisenbahnunglück der AKN mit 55 Verletzten sind abgeschlossen. Nach dem Belegblatt der Zugleitung und dem Fahrtbericht der Zugführer wurde der Unfall dadurch verschuldet, daß das Zugpersonal des aus Altona kommenden Triebwagens ohne Genehmigung über den Bahnhof Eidelstedt-Ost nach Schnelsen weitergefahren ist. Gründe für ihr Verhalten könnten die Beschuldigten nicht nennen. Das Personal des anderen Triebwagens treffe kein Verschulden und auch die Beamten in der Zugleitung Ulzburg haben ihre Anweisungen über Funk richtig gegeben.
29. November
Die Deutsche Bundesbahn hat im Hauptbahnhof Münster ihre erste Diesellokomotive vom Typ „V 100“ vorgestellt. Die 1200-PS-Lokomotive ist um 30 Prozent leichter als eine Dampflokomotive gleicher Leistung und fährt im Durchschnitt 90 Kilometerstunden. Die Bundesbahn beabsichtigt, insgesamt etwa 1000 dieser Loks einzusetzen und verspricht sich von ihr einen technisch und wirtschaftlich günstigen Betrieb auf nicht elektrifizierten Strecken. Jn Schleswig-Holstein soll die neue Diesellok vor allem auf den Strecken von Kiel nach Hamburg, Lübeck, Flensburg und Westerland sowie zwischen Flensburg und Niebüll eingesetzt werden.
Gruß Alberto
Den Jahrgang 1957 siehe hier: [
www.drehscheibe-foren.de]
Den Jahrgang 1959 siehe hier: [
www.drehscheibe-foren.de]
Hier die Lösung der Waggonfrage: [
www.eisenbahndienstfahrzeuge.de]
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2012:06:20:21:14:03.