Hallo HiFo-Gemeinde,
Nein! Jetzt folgt keine Gratulationskur für einen verdienten HiForisten!
Nachdem ein grünlackierter dampfbetriebener D-Kuppler offenbar den Geschmack der HiFo-Gemeinde nicht wirklich treffen konnte, versuche ich als nächstes mein Glück mit einer anderen Farbvariation: z.B. rot-beige.
Während sich Autoren und die Eisenbahn-Verlage derzeit geradezu überschlagen, Material über die Mariazellerbahn unter die Leute zu bringen, geht es im HiFo zu diesem Thema überraschend zurückhaltend zu. Und dabei fordert die Jahreszahl 2011 eine Beschäftigung mit dieser Bahn doch besonders heraus.
Ohne Anspruch aufs Detail, die gibt es woanders viel, viel besser, nur folgende Eckdaten:
Die 760mm-Strecke von St.Pölten bis Gußwerk, amtlich zur Eröffnung als 'Niederöstereichisch-steirische Alpenbahn' bezeichnet, umgangssprachlich: Mariazellerbahn, wurde in mehreren Abschnitten bis 1907 vollständig in Betrieb genommen, zeitgleich mit der 750-Jahr Feier des 'Gnadenortes' Mariazell, dessen Kirche Papst Pius X. aus diesem Anlaß zur Basilika erhob. Die Strecke gliedert sich in den Talabschnitt bis Laubenbachmühle, überwiegend dem Pielachtal folgend, sowie den anschließenden spektakulären Gebirgsabschnitt, der durch die Ötscherregion führt.
Bereits im selben Jahr 1907 lag die Genehmigung für die Elektrifizierung der Strecke vor. Die Arbeiten an der elektrischen Ausrüstung wurden Anfang Dezember 1910 mit ersten Probefahrten abgeschlossen und der Regelbetrieb dann auf der Gesamtstrecke bis Gußwerk am 7.Oktober 1911 aufgenommen, also tatsächlich vor genau 100 Jahren.
Und seitdem, seit 100 Jahren, 'orgeln' dort die 1099, viele, viele Jahrzehnte exklusiv (erst in den letzten Jahren arbeitsteilig mit E- & Dieseltriebwagen sowie in der jüngeren Zeit mit den 2095 Dieselloks) mit ihrem charakteristischen Sound sowie der zuweilen über dem Dach wabernden leichten Nebel-Wolke durch die wunderschöne Landschaft.
Die Serie von 16 Maschinen (die 15 ging bereits vor längerer Zeit verloren, heute stehen aktuell 5 weitere auf dem Rand) darf als die weltweit älteste 'komplett' im Regelbetrieb eingesetzte Ellokreihe angesehen werden, so jedenfalls schreibt man das allenthalben immer wieder.
* Anmerkung zur gewählten Global-Überschrift: die Lieferung der Serie erstreckte sich über einige Jahre, bis hinein ins Jahr 1914 (für die beiden Nachzügler mit den Nummern 15 und 16).
Was noch?
-> Übernahme der Bahn von der NÖLB (Niederöstereichische Landesbahnen) durch die Österreichischen Bundesbahnen BBÖ in verschiedenen Schritten im Zeitraum 1921/1922
-> Übernahme der Bahn von ÖBB durch NÖVOG (Niederösterreichische Verkehrsorganisationsgesellschaft) im Dezember 2010
-> Stilllegung Gesamtverkehr Gußwerk-Mariazell zum 29.Mai 1988
-> Einstellung des Güterverkehrs auf der Gesamtstrecke in drei Phasen zwischen 1988 und 1998
-> Modernisierung der kompletten 1099-Serie, augenfällig durch Erneuerung der Lokkästen und farblicher Neuausrichtung Anfang der 60er
-> einige 1099 tragen inzwischen die historisierende braune 'Ötscherbär' Lackierung
Eher planlos habe ich vor einigen Wochen eine Tour entlang der Westbahn zu einem kurzen Abstecher in St.Pölten genutzt. Leider war vor einem zeitgünstig gelegenen Mariazeller-Zug eine 2095 vorgespannt, eine Mitfahrt damit für mich nicht attraktiv. In der gewonnenen Zeit habe ich einen Blick in die Betriebsanlagen beim Alpenbahnhof geworfen.
Bild 01: Ernüchternd! 5 1099 stehen, bereits deutlich ausgeschlachtet, hinter dem Lokschuppen 'auf dem Rand'. Es sind in Reihenfolge die 006, 003, 009, 012 und 005, noch mit Wappen von Schwarzenbach/Pielach (19.Juni 2011).
Bild 02: Erste Begegnung! Vor 40 Jahren verläßt 1099.08 Obergrafendorf Richtung St.Pölten (26.März 1971) An Helmut '012 055': wäre das nichts für Deine Taschengalerie? Zu sehen sind die von mir und vom Begleiter Hartmut. Man fragt sich heute, warum wir die nicht gleich 'auf' dem Gleis niedergelegt haben ...
Bild 03: Warum Obergrafendorf? Die Drehung um 180 grad macht es deutlich: dort mußte man einmal gewesen sein, damals, am seinerzeit größten Schmalspur-Dampflokfriedhof Europas (stand ebenfalls so irgendwo einmal geschrieben).
Ist das Interesse an diesem traurig-magischen Ort geweckt? Dann kann ich euch bereits gerne ankündigen, daß es aus dem Dunstkreis der berühmten 'Hamburger Mafia' hierzu einen Spezialbeitrag geben wird; die Mafia bittet noch um etwas Geduld.
Am 20 März 1972 stand der nächste Besuch an, diesmal unter Ausnutzung des deutlich besseren Lichts:
Bild 04: Dicht gepa(r)ckt! Im Lokschuppen in St.Pölten stehen sechse, vorne die 06, 05 und 14, dahinter die 04 und 09, nur die Rechtsaußen entzieht sich der Identifizierung – eine schöne Maschinenpracht; und zufälligerweise drei der heute abgestellten dabei.
Bild 05: Im rechten Licht! Die 06 vor der 3-ständigen Remise in Fotopositur.
Bild 06: Innerstädtisch! Einfahrt eines Zuges mit der 11 in den Alpenbahnhof, gerade wird die Wagenhalle passiert, die inzwischen geschliffen ist. Sehr speziell wird der Betrieb zwischen St.Pölten Hbf und dem Alpenbahnhof abgewickelt: im Hbf beginnende Züge werden von hier aus in den Hbf geschoben, dort endende entsprechend zum Alpenbahnhof zurück; Umsetzen im Hbf geht nicht!
Es folgen jetzt einige Bilder aus den 80ern, ohne Zugnummern, Loknummern oder Datumsangaben.
Bild 07: Bahnhof Laubenbachmühle, von Winterbach aus gesehen; der Zug ist talwärts unterwegs.
Bild 08: Station Winterbach, 184m oberhalb Laubenbachmühle gelegen
Bild 09: Bahnhof Puchenstuben
Bild 10: Schmalspurgüterzug zwischen Mariazell und Mitterbach
Bild 11: In Gußwerk, dem inzwischen stillgelegten steirischen Endpunkt der Strecke
Bild 12: Zwischen Gußwerk und Mariazell
Bild 13: Alpen Panorama
Bild 14: Kletterpartie oberhalb des Saugrabenviadukts
Auch in den 90ern stand die Mariazeller einige Male auf der Besuchsliste.
Bild 15: Die Ober-Grafendorf
Bild 16: Abfahrtsauftrag im Alpenbahnhof
Bild 17: Pielachtal
Bild 18: Obwohl die 1099 eine E-Lok ist, wabern zuweilen gewiße Ausdünstungen überm Dach. Die Nebel weiter oben am Berg sind jedoch schlicht Regenwolken (Laubenbachmühle).
Bild 19: beinahe eingeschlafen! (Laubenbachmühle)
Bild 20: Sommerregen. Mitfahrt im elektrischen Museum (auf der 14)
Bild 21: mit vereinten Kräften ins Gebirge
Bekannt ist, daß die NÖVOG inzwischen neue Fahrzeuge bestellt hat. Noch orgeln sie jedoch, die 100-jährigen...
Und: ob es das HiFo wohl zu Bildern, ev. sogar Farbbildern, der Ursprungs-1099 schaffen könnte? Nur ran, wer solche Schätze hüten sollte!
Soviel für heute, noch einen schönen Sonntag und Gruß, vor allem an die gesundheitlich angeschlagenen
Donni
Ausgewählte Literaturhinweise:
H.Felsinger: Die Mariazellerbahn; Verlag Pospischil, 1979 (2.Auflage) & 2002 (3.Auflage)
Krobot, Slezak, Sternhart: Schmalspurig durch Österreich, Wien 1991 4.Auflage
Pawlik, Slezak: Schmalspurig nach Mariazell; Verlag Slezak, 1979
H. P. Pawlik: Mariazellerbahn in der Landschaft; Verlag Slezak, 2001
P.Wegenstein: Mariazellerbahn und Krumpe; Bahn im Bild 204, Verlag Pospischil
M.Inderst, F.Gemeinböck: Die Mariazellerbahn; Kiruba Verlag 2011
W.Prokop: Freie Fahrt für die Mariazellerbahn; 2010 (ohne Verlagsangabe)
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