Zunächst die Links zu den vorausgegangenen Teilen:
Teil 1: [
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Teil 2: [
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Teil 2 endete ja mit dem Besuch des Bw, doch zwei Aufnahmen habe ich noch übersehen. Die Kasseler 01 1056 beim Wassernehmen und unter der Besandungsanlage:
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Seht mir bitte nach, dass ich auch hier darauf verzichte, jeden Kratzer der alten Negative zu beseitigen – einen Schönheitswettbewerb gewinnen die Aufnahmen ohnehin nicht und Ihr wisst ja auch so, wie eine 01.10 aussieht. ;-)
Doch – wieso überhaupt der miese Zustand, wo ich doch noch nie Abzüge von diesen Schlechtwetterbildern gemacht habe? Zu recht stellt Martin Welzel unter Teil 2 diese Frage. – Nun, für Abzüge reichte einfach das Taschengeld nicht. So betrachtete ich meine „Schätze“ eben von mal zu mal im Negativ. Und wenn man sie aus der Hülle zog, gegen dunklen Hintergrund hielt und in einem bestimmten Winkel beleuchtete, dann schimmerten gerade die schwach die Bilder sogar ganz leicht im Positiv auf. Frag’ mich keiner, wieso - aber es funktionierte! Bloß mussten die Streifen eben - „ratsch!“ – aus der Hülle… Also: Eben deswegen so verkratzt.
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(Hand aufs Herz: Wer von Euch hat das schöne Lokschild jetzt im Keller??)
So, nun verließen wir das Bw. Doch nicht Richtung Bahnhof, sondern – Wilfried hat mich erst jetzt in einem Telefongespräch wieder daran erinnert: zu den Ami-Kasernen!
Richtig, so war’s: Enttäuscht kehrten wir nach unserem Bw-Rundgang – Fußnote: das ging 1965 trotz des wuseligen Betriebs im Bw noch ohne Begleiter, nur mit dem ermahnenden „Awwer uffebasst, gell!?!“ des Lokleiters versehen – wieder in die Lokleitung zurück: Nicht nur, um uns artig heil wieder zurückzumelden, sondern auch um nach der Giessener 01 233 zu fragen. Ich hatte die Lok vor einiger Zeit mal an meinem „Spähposten“, am BÜ Woogstraße in Ffm-Ginnheim vorbeifahren sehen, und irgendwo – war’s vielleicht sogar im „Pfiff“? – hatten wir gelesen, dass die Lok ja eigentlich eine „02“ ist. Hui!! – Ja, und nun waren wir in „ihrem“ Heimat-Bw, und sie war nicht da… Nein, beschied uns der Lokleiter und zog kräftig an seinem vernuckelten, schon fast erloschenen Stumpen: die sei schon z-gestellt. „…unn steht owwe in der Ami-Kasern’.“
Der Tag schien gerettet: Nach dem Glück mit der 66 schien nun auch noch die 01 233, die „eigentliche 02“, in greifbarer Nähe! Und wenn sie schon z-gestellt war, sogar noch besser: Dann konnte man ja vielleicht sogar ein Lokschild…!? **feix-glucks!**
Eilig erkundigten wir uns am Bahnhofsvorplatz nach der Busverbindung nach draußen, zu den Amerikaner-Kasernen am Stadtrand und machten uns Gedanken, wie wir denn… „Ohne Werkzeug?“ – „Och, die Amis leihen uns bestimmt einen Schraubenschlüssel.“ – „Und wie dann heimschleppe? Im Rucksack vielleischd, newwe’m Foto, der Sprudelwasserflasch’ un mei’m üwwerischgebliewene Abbel etwa??“ – Na, das würden wir dann schon sehen. Jedenfalls war auch schon besprochen: Falls nur noch ein Schild an der Lok war, oder wir nur eins von den verrosteten Schrauben losbekamen, sollte Wilfried das Nummernschild und ich zum Ausgleich alle anderen Schilder (alle!) kriegen, die wir abschrauben konnten!
Angekommen an der „Ami-Kasern’“ entließ uns der Giessener Stadtbus, die pneumatischen Falt-Klapptüren schlossen sich wieder – „Pffffschhhhdddzz-bumms!“ – und da standen wir nun, etwas verloren vor dem riesigen, stacheldrahnverhaugesicherten Kasernengelände mit der breiten Pforte, an der ein fetter, chromglänzender Straßenkreuzer nach dem anderen ein- und ausfuhr, die Schlagbäume in der Ein- und in der Ausfahrt `rauf- und `runtergingen, handbedient natürlich, jeder von einem stramm-grüßenden GI mit Stahlhelm und MP. Eine eigene Welt, die kaum etwas gemein hatte mit unserer Welt der grauen Schulgebäude, der schwarzgeräucherten Bahnanlagen, der klapperigen Büssing-Stadtbusse – verlockend-grell glitzernd, und doch in ihrer Wehrhaftigkeit mit Stacheldraht, Stahlhelmen und Maschinengewehr für uns Buben angsteinflößend „…und hier soll die 01 233…??“
Doch nun waren wir schon hier – und außerdem wollte ich mich vor Wilfried ja nicht als Hosenschisser blamieren! Schließlich war der allem Anschein nach wild-entschlossen (oder gab sich nur so cool…) Also, tief Luft geholt – und hin zum Pförtnerhaus!
Der brave Soldat am Eingangs-Schlagbaum guckte wohl ziemlich schräg, wie wir Buben, von Muttern mit Anorak und Proviant-Rucksack ausgestattet, da über den großen Teer-Vorplatz auf ihn zu-tappten. Ich nahm allen Mut zusammen und versuchte mich in meinem besten Schul-Englisch (Jahresnote im letzten Osterzeugnis: 4): „Good day! Where are here the locomotives?“ – „What??“ – Wilfried sprang bei (letzte Note: 3+): „Yes, we want to go to the old steamlocomotives, from the Giessen shed…” – “No-no! Not here!!” herrschte der GI zurück und schwang mit routiniert-leichter Armbewegung seinen langen Schrankenbaum für den nächsten Ami-Kreutzer auf. Und bekräftigend nachsetzend, mit dem rechten Arm barsch Richtung Bushaltestelle weisend: „…go!! Get away!!!“
Lässig-bedrohlich baumelte das Maschinengewehr am breiten Leder-Halfter, der Stahlhelm saß tief im diensteifrig-verkniffenen Gesicht des GI und verdeckte völlig die pechschwarze Stirn des Afrokaners, drohend blitzen zwei grell-weiße Augen darunter hervor - und wir traten belämmert den Rückweg an.
Keine „02“ also. Und erst recht kein Loknummernschild „01 233“. Nicht einmal ein Bw-Schild. Oder wenigstens das lustige kleine „Schornstein-überschreitet-das-Profil“-Dreieck, mit dem noch kleineren „Strich“-Schild darüber, „…aber abnehmbar“!? Neee – nix. Leere Taschen, leere Hände. Stattdessen reichlich Frust…, dicker Frust!
Also: Büssing-Stadtbus zurück zum rußschwarzen Giessener Bahnhof. „Pffffschhhhdddzz-bumms!“, Falt-Klapptür zu. „Zweimal Hauptbahnhof“, während der brave dienst-bemützte städtische Fahrer schon wieder anfuhr und seinen Büssing (?) mit weit ausgreifenden Armen zurück auf die Fahrbahn der Licher Landstraße lenkte, gleich hinterm Wartehäuschen mitten durch die tiefe Pfütze. Klagend schepperten die Pfennig-, Groschen- und Markstücke im Fahrgeld-Kassierpult auf. Wir hätten mitscheppern mögen: Fahrgeld vergeigt! Sogar gleich zweimal, für Hin- und Rückfahrt!
(Anmerkung: 01 233 wurde nach meinen Aufzeichnungen wenige Tage vorher, am 20.05.1965 z-gestellt und am 01.09.1965 ausgemustert. Und: Das Bw Gießen stellte 1965 z-Loks aus Platzmangel auf nicht mehr genutzten Gleisanlagen des US-Kasernengeländes ab.)
Zurück am Bahnhof Gießen munterte uns immerhin die 66 001 wieder auf, die gegen 13-14 Uhr dampfend wie im tiefsten Winter auf Gleis 1 vor einem Personenzug nach – erinnere ich mich recht? – Lollar stand:
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(@Ronald Krug, vielleicht hast Du wieder eine Idee, welcher Zug das gewesen sein könnte?)
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Ganz zaghaft kam sogar die Sonne heraus, als die 66 001 etwas unscharf abfuhr:
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Kurz darauf rollte die schon vorhin beim Wassernehmen gesehene Kasseler 01 1056 durch den Bahnhof:
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Offenbar übernahm sie eine weiter rechts im Stumpfgleis stehende Garnitur Richtung Marburg-Kassel:
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Man beachte auch die rege Bautätigkeit in Gießen Mitte der 60er Jahre.
Als es Zeit war zum Einsteigen in unseren Zug Richtung Butzbach, überraschte uns noch die Limburger 38 3077 (oder Bw Fulda?), die wohl gerade einen von der Vogelsbergbahn oder aus Richtung Nidda gebrachten Zug in die Abstellgruppe zog. Beinahe wäre das Bild der in diesem Moment aus Frankfurt hereinkommenden E 10 zum Opfer gefallen und ich habe leider mit dem falschen Objekt mitgezogen:
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Ausfahrend zogen wir an der 86 380 vom Bw Wetzlar (! So das Bw-Schild!) vorbei:
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In Butzbach stiegen wir aus – der Tag war ja lang… - und schauten im „Bw“ Butzbach-Ost nach der dort stehenden ELNA 142 der Butzbach-Licher Eisenbahn (BLE):
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Ob’s das schöne Wohnhaus im Hintergrund heute noch gibt?
Weiter ging’s nach Frankfurt. In Friedberg standen 78 353 und 78 456 einträchtig mit einer dieser neumodischen E 41 nebeneinander:
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(Ich zeige das Bild trotz der Unschärfe, weil man die Friedberger Szenerie der Mitt-60er Jahre mit Gaswerk (?) und Zuckerfabrik rechts daneben sonst nicht so oft sieht.)
Weiter gen Frankfurt. Bei der Vorbeifahrt am Bw Friedberg erwischten wir 86 862 und 56 338, beide vom Bw Friedberg:
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… und die Friedberger Heizlok HZ 015656, eine G 10 mit G12-Tender, während die qualmende 44 (Hanau?) rechts am Kohlenbansen und die Kö (Ka?) links bloß Nebenprodukt waren:
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Und hier, wenig südlich von Friedberg, drüben auf der Hanauer Strecke nun endlich die Bauzugwagen-Rehabilitation: Wer entdeckt die Friedberger 56.2 mit dem langen Bauzug, der da von Heldenbergen-Windecken hereinkommt?
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…ja, und die 10? Was war mit diesen in meinen beiden vorausgegangenen Teilbeiträgen erwähnten Exoten aus Kassel? – Tja: Leider nicht erwischt. Vielleicht war sie ja während unserer „Exkursion“ zur Kaserne am frühen Nachmittag angekommen und ins Bw eingerückt? Auch so ein Stückchen Frust jenes Tages, des 8. Juni 1965, der sich aber dennoch sehr gelohnt hat und Wilfried Kohlmeier und mir auch nach 46 Jahren noch lebhaft in Erinnerung ist.
Ich hoffe, mit so vielen qualitativ grenzwertigen Bildern nicht genervt zu haben, wünsche nun allerseits eine recht gute neue Woche und grüße schön aus Aachen –
Reinhard Gumbert