Teil 7: Kapstadt: Paarden Eiland - und weiter bis De Aar
Liebe HiFo-Gemeinde,
im heutigen Teil besuchen wir das berühmte Dampflok-Depot Paarden Eiland, das auch 1979 noch die Strecken um Kapstadt mit Dampftraktion versorgt. Obwohl hier viele Strecken bereits elektrifiziert sind, werden auch diese Linien im Güterverkehr vorwiegend per Dampf bedient, so z. B. die südwestlichste Bahnstrecke des afrikanischen Kontinents von Kapstadt nach Simonstown, die ab Muizenberg direkt am Meer entlangführt.
Der Steam Safari train ist für einen Tag in Rondebosch abgestellt. Danach wird er nach Muizenberg überführt und steht dort einen weiteren Tag direkt am Sandstrand, so daß man vom Zug direkt auf den Strand 'umsteigen' kann (im November ist es im südlichen Afrika ordentlich warm).
Nach zwei Tagen Kapstadt-Aufenthalt geht's dann über die Hauptstrecke bis De Aar, die längste Etappe dieser Fahrt. Den schwierigsten Teil bildet der Hex River Pass, über den der Übergang vom fruchtbaren Kapland auf die Wüstensteppe Karoo erfolgt.
Ich hoffe, Euch mit der heutigen relativ hohen Bildanzahl nicht zu überfordern ;-)
Aber nun genug geschrieben, fangen wir an:
Bild 187
Rondebosch station, Sonntag, 11. November 1979: Unser Zug ist hier für einen Tag abgestellt. Am heutigen Tag gibt's mal außer diesem Bild nix in Sachen Eisenbahn.
Stadtdessen ist 'sightseeing' angesagt, das gehört einfach hier dazu:
Bild 188
Sehr häufig ist der Tafelberg, eines der Wahrzeichen Kapstadts, von einer Wolkendecke überzogen. Zum Glück ist er das heute nicht, und deshalb geht's mit der Seilbahn rauf.
Abbildung links: Kabine 2 kurz vor ihrer Ankunft in der Talstation. Die Bergstation oben ist gut zu erkennen. Die Fahrkartenrückseite bezeichnet ihre Höhe auf 1067 m. Das ist komischerweise in Metern die gleiche Zahl wie die Spurweite der Bahnen des südlichen Afrikas in Millimeter.
Abbildung rechts unten: Blick vom Tafelberg auf den Atlantik Richtung Westen. Unten liegt der malerischen Badeort Camps Bay.
Abbildung rechts oben: Blick Richtung Norden am späten Abend (im Vordergrund stört HGG). Unten Kapstadt vor der Tafel Bucht. Der nur halb sichtbare dunkle Fleck mittig am linken Bildrand ist die Gefängnisinsel Robben Island, auf der Nelson Mandela 18 Jahre lang gefangen war.
Bild 189
Abbildung links: Die zerklüftete Atlantikküste im Westen. An ihr entlang schlängelt sich eine der schönsten Küstenstraßen der Welt: Chapmans Peak Drive, über die man auch zum Kap der guten Hoffnung gelangt.
Abbildung rechts unten: Blick von der Kap-Halbinsel auf die False Bay. Zerzauste Bäume lassen erahnen, warum das Kap der Guten Hoffnung auch Kap der Stürme genannt wird.
Abbildung rechts oben: Der Kap-Felsen: Das Kap der Guten Hoffnung. Es ist der geographisch südwestlichste Punkt des afrikanischen Kontinents.
Kapstadt: Paarden Eiland Loco Depot, 12. November 1979
Bild 190
S2 3758 beim Wasserfassen an der 'water column', einem Rohrsystem, das alle Gleise vor dem Schuppen überspannt und so auf rationelle Weise ermöglicht, daß mehrere Loks gleichzeitig ihre Vorräte ergänzen können: gleich hinter der S2 faßt eine 14CR Wasser.
Zwischenbemerkung: class S2
Die Baureihe S2 der Südafrikanischen Staatsbahn (SAR/SAS) wurde als leichte Rangierlok besonders zum Einsatz in Häfen konzipiert (S steht für shunter, also Rangierlok). Die Loks waren mit 6achsigen Torpedo-Tendern ausgerüstet, die denen der class 24 sehr ähnlich waren. Im Gegensatz zu diesen hatte jedoch der obere Kohlenbunkerteil beidseitig nach innen Aussparungen, was die Sicht bei Rückwärtsfahrten erheblich verbesserte. Einige S2 kamen auch andernorts zum Einsatz. So durfte eine S2 viele Jahre den Blue Train befördern - wenn auch nur von der Abstellanlage in Pretoria zum Personenbahnhof.
Die S2 wurde in den Jahren 1952-1953 in insgesamt 100 Exemplaren gebaut, und zwar durch nur eine Lokomotivfabrik: Friedrich Krupp in Essen. Die Lokomotive wiegt 105t und ist 20,65m lang. Die Achsfolge: D bzw. englisch: 0-8-0.
Bild 191
Die gleiche Lok wie in Bild 190 vor der Schuppenfront.
Bild 192 (links)
Ein (kalter) Dampfkran als Helfer für schwere Einsätze
Bild 193 (rechts)
S2 3737 (oder 3787?) nimmt Schwung für die Fahrt auf die Rampe zur Großbekohlungsanlage ....
Bild 194
.... jedoch, als ich dorthin komme, ist die S2 schon wieder unten und macht keinerlei Anstalten, nochmal hochzudampfen.
In den großen Depots der SAR ist meist diese Bauart von Großbekohlungsanlage zu finden: Zwei bis drei Kohlewagen werden von einer Dampflok die Rampe hochgedrückt und oben abgestellt. Dann werden die Seitentüren der Wagen geöffnet. Was nicht selbst in den Bunker fällt, wird per Muskelkraft eben dorthin befördert. Die zu bekohlenden Lokomotiven können auf beiden Bunkerseiten ihre Vorräte ergänzen.
Im Bild links hinten ist eine ganze Reihe ausgemusterter Lokomotiven zu erkennen.
Bild 195
25 3462, ein kalter 'condenser', wird von einer 14CR umgesetzt. In Kürze wird auch diese Lokomotive in den nahe gelegenen Werkstätten von Salt River nach Entfernung der Kondenseinrichtung in eine konventionelle Lok umgebaut.
Bild 196
Als sich die 14CR zurückzieht, bietet sich diese Szene: 25 3462 neben einem Schild, das zur Vermeidung schwarzen Rauches auffordert. Links über der 25 im Hintergrund der Tafelberg in Wolken - heute hätte man von dort keine gute Sicht. Rechts vom Schild der 'Big Lionshead', dessen Gipfel ebenfalls wolkenbedeckt ist.
Bild 197
Im Schuppenbereich 14CRB 2003 namens 'Bonanza' neben einer S2, an deren Tender hinten das dreieckige Krupp-Schild zu erkennen ist.
Bild 198
14CR 1770 unter einer kleinen 'water column'
Bild 199
Direkt am Schuppen, in den mit max. 8km/h eingefahren werden darf. Gleich links eine 14CR namens 'Rene' mit der Nummer 1769, drei Gleise weiter eine S2.
Bild 200
Vorwiegend warten hier Loks der Baureihen S2 und 14CR auf ihre nächsten Einsätze.
... und weiter bis De Aar, 13. November 1979
Bild 201
Grün markiert die heutige Fahrtstrecke über 806km. Noch tief in der Nacht verlassen wir den Kapstadter Vorortbahnhof Muizenberg und fahren, während der Tag anbricht, bis Worcester. Nach einem Lokwechsel geht es bis De Doorns, wo die Vorspannlok für die Hex River Pass-Strecke schon auf uns wartet. In Touws River gibt es einen weiteren Lokwechsel auf zwei 15F, die den Zug bis in die Nacht nach Beauford West befördern. Dort übernimmt eine 25NC den Steam Safari train und bringt ihn in flotter Nachtfahrt nach De Aar, wo gerade die Sonne am Horizont erscheint. Die schwarz gepunkteten Streckenteile kennzeichnen die Nachtfahrten.
Bild 202
Unsere Zuglok bis Worcester heißt 'Sandra' alias 19C 2449. Wir kennen sie schon von Teil 6 meines Reiseberichts. Sie hatte schon seit Fahrtbeginn heute den Steam Safari train an der Kupplung. Die 19C verfügt über eine Poppet Ventilsteuerung. Deutlich ist deren 'Markenzeichen', die schräg liegende Kardanwelle, zu erkennen.
Wir befinden uns hier in Wellington station in 98m Höhe über dem Meeresspiegel, hier ist ein 40minütiger Aufenthalt zum Wasserfassen eingeplant.
Bild 203
Vorspann fährt heute 24 3675 'ANNELINE', auch sie kennen wir aus Teil 6. Als Besonderheit trägt sie an beiden Kesselseiten ein Schild, das darauf hinweist, daß sie die 2000. Lokomotive ist, die von North British Locomotive Co. an Südafrika geliefert wurde.
Bild 204
Und hier das Schild von der rechten Kesselseite aus der Nähe: Die Lokomotive trägt außer dem Namen 'ANNELINE' auch noch den Namen 'BARTHOLOMEW DIAZ'.
Bild 205
Worcester station, der Bahnhof liegt bereits 242m hoch, 175km von Kapstadt entfernt. Unsere beiden bisherigen Loks haben sich pfeifend verabschiedet. Eben kuppelt die schwere Garratt vom Typ GMAM mit der Betriebsnummer 4121 an. Sie befördert den Zug erstmal alleine bis De Doorns. Das sind nur knapp 32km. Hätten die Jungs auf der Garratt nur ihre Wasservorräte kontrolliert ...
Bild 206
Nach vorwiegend recht flotter Fahrt - GMAMs sind nicht nur sehr kräftige, sondern auch schnelle Lokomotiven - wurde unsere Lok plötzlich immer leiser und der Zug immer langsamer. Mit Mühe und Not wurde der Bahnsteig von De Doorns erreicht. Vorher gab die Lok noch mehrere kurze Pfiffe ab. Ich dachte schon an einen Maschinenschaden, doch der Grund war viel einfacher: Der Wasservorrat war komplett aufgebraucht, vermutlich wollte man erst hier die Vorräte ergänzen und dachte, was drin ist, wird schon reichen. Als die Jungs auf der Lok merkten, daß es sehr knapp würde, wurde nicht mehr geheizt, man ließ das Feuer fast ausbrennen und schaffte es gerade noch bis hierher. Die Rettung näherte sich nach einem entfernten Pfiff in Form der aus Teil 6 schon bekannten 'ELMA' bzw. 14CRB 2006, die ab hier als Vorspann gedacht ist. Hier hat sie eben an die GMAM angekuppelt.
Bild 207
Harter Schnitt: Am Bahnsteig von De Doorns. Die Station liegt bereits 477m hoch. Gleich links befindet sich eine Schule ...
Bild 208
... wobei es nicht lange dauert, bis zahlreiche Kinder über die Fußgängerbrücke kommen und vor allem über die gewaltigen Dampfrösser staunen. Denn Dampfloks sind hier seit der Elektrifizierung nur noch recht selten anzutreffen.
Bild 209
'ELMA' hat inzwischen die GMAM ins Depot gezogen, wo endlich der Wasservorrat komplett aufgefüllt und GMAM 4121 wieder hochgeheizt wird. De Doorns ist quasi die Talstation der Hex River Pass Strecke. Zu Dampfzeiten waren hier zahlreiche 14CR stationiert, die ab hier als Vorspann oder bei Güterzügen als Schiebelok bis Matroosberg fungierten. Und die 14CR waren bekannt für ihren lauten 'Ausspruch'.
Bild 210
Trotz Elektrifizierung ist hier auch die Dampf-Infrastruktur noch voll intakt. Und das Wasser läuft und läuft ...
Bild 211
E252, eine Vertreterin der Baureihe 4E, wartet auf einem Stumpfgleis auf ihren nächsten Rampeneinsatz.
Bild 212
Mit knapp anderthalb Stunden Verspätung sind wir jetzt unterwegs. Wenige Kilometer hinter De Doorns beginnt der schwierige Teil der Passstrecke. Wir warten hier noch auf grünes Licht.
Bild 213
In der Steigung! Am Fuß des Kegelberges (links) erkennt man die Trasse aus dem Tal, gleich darunter besser sichtbar die 'service road'. Am Berghang rechts ist ein Einschnitt erkennbar. Er liegt schon gut 100m höher und wird von uns in Kürze durchfahren.
Bild 214
Der Zug hat sich schon ein gutes Stück höher geschraubt, die Lokomotiven sind bereits in einer Rechtskurve verschwunden. Unten im Tal folgt uns im Blockabstand ein Güterzug mit drei Eloks.
Bild 215
Blick nach vorn aus dem viertletzten Wagen auf die schwer arbeitenden Lokomotiven und die Berglandschaft.
Bild 216
Blick nach hinten. Im Tal unterhalb des Kegelberges ist als dünne dunkle Linie ein weiterer Güterzugs zu erkennen.
Bild 217 (links)
Beide schwer arbeitende Loks zwischen zwei Einschnitten auf einer Brücke. Die Paßhöhe folgt etwas später bei Matroosberg mit 959m Höhe.
Bild 218 (rechts)
In Touws River werden die Zugteilnehmer wie Staatsgäste empfangen. Vielleicht liegt es ja auch daran, daß dieser Ort als Eisenbahnort bezeichnet werden kann. Hier war bis zum Ende des planmäßigen Dampfbetriebs die Eisenbahn der größte Arbeitgeber. Touws River heißt in Afrikaans Touwsrivier, wie auch an den weißen Steinen oben am Berg erkennbar ist. Der Ort liegt 771m hoch.
Bild 219
Nach einem relativ flotten Lokwechsel setzt sich der Zug wieder in Bewegung, verabschiedet von der lokalen Bevölkerung.
Bild 220
Am Rande von Touws River geht es in extrem hartem Gegenlicht vorbei am weitgehend stillgelegten Dampflokdepot, das lange Zeit als das modernste des afrikanischen Kontinents galt. Schier endlose Reihen ausgemusterter Dampflokomotiven haben ihre besten Zeiten hinter sich.
Bild 221
15F 2918 ist unsere Zuglok seit dem letzten Lokwechsel. Und Ihre Windleitbleche sind tatsächlich so blau. Wir stehen am Bahnsteig von Matjiesfontein. Der Ort liegt 901m hoch.
Bild 222
Der winzige Ort wäre eigentlich nur ein winziges Wüstennest - gäbe es da nicht das über Grenzen hinaus bekannte 'Lord Milner', ein Hotel in Form eines schloßartigen Prachtbaus.
Bild 223
Vorspanndienste leistet 15F 2919, hier beim Wasserfassen.
Bild 224
Der großzügige Bahnhofsvorplatz von Matjiesfontein.
Bild 225
Blick aus dem Abteilfenster zum Lord Milner, vorn Hotelpersonal.
Bild 226 (links)
Die Fahrt geht weiter, durch ...
Bild 227 (rechts)
... typische Karoo-Landschaften
Bild 228
Aufenthalt in Laingsburg, 660m hoch. Und dieser rot-gelbe Farb-Kleks in Form einer Draisine muß natürlich mit auf den Film!
Bild 229
Unsere Vorspannlokomotive, 15F 2919, in der Abendsonne, Laingsburg gegen 17:40 Uhr.
Bild 230
'Güldenes' Sonnenlicht: Während der letzte Wagen eines Güterzuges vorbeirattert, wird bei 15F 2919 das Feuer geputzt. Koup station, 730m hoch gelegen.
Bild 231
Rechts die beiden letzten Wagen des Steam Safari train. Gleich wird 2919 wieder an die Zugspitze dampfen, wo 2918 bereits mit dem Wasserfassen fertig ist. Während hier längst Lichtsignale im Einsatz sind, werden die Weichen noch immer per Drahtzug bedient, siehe die Zugdrähte in Bildmitte unten.
Bild 232
Mittwoch, 14. November 1979, ca. 5:30 Uhr: Vor wenigen Minuten hat der Steam Safari train De Aar erreicht. Ich blicke aus meinem Abteilfenster und bekomme gerade noch die Kamera in Position, um die Lokomotive, die uns durch die Nacht hierher gebracht hat, abzulichten. Majestätisch rollt 25NC 3452 über den Damm ins Depot.
Bis hierher hat der Steam Safari train 3319km zurückgelegt.
Das letzte Bild ist auch Hinweis auf das Thema des 8. Teils. In ihm werden wir uns das Großdepot De Aar und natürlich besonders seine Lokomotiven näher anschauen.
Seit damals hat sich vieles geändert. Die Infrastruktur für Dampfloks ist weitgehend verschwunden. Paarden Eiland Locomotive Depot existiert nicht mehr. Und die schönsten Stellen des Hex River Passes werden per Tunnels unterquert, durch Streckenbegradigungen sind die Fahrzeiten in diesem Bereich wesentlich kürzer geworden. Ob die Welt dadurch besser geworden ist, steht auf einem anderen Blatt ...
Jetzt aber entgültig genug für heute!
Viele Grüße aus dem Land der Franken
Günter
Und hier noch die links zu den vorherigen Teilen:
Teil 1 (m26B) - Die ersten 423 km: Johannesburg – Germiston – Vereeniging – Kroonstadt – Bloemfontein
Teil 2 (m22B) - Von der Hauptstrecke auf die Nebenbahn: Bloemfontein – Burgersdorp – Aliwal North – Lady Grey
Teil 3 (m36B): Über 8 Spitzkehren von Lady Grey nach Barkly East - und zurück nach Burgersdorp
. . . . . und: Die Geschichte von einem Eisenbahntunnel, durch das nie ein Zug fuhr
Teil 4 (m34B) - Durch die Karoo: (Burgersdorp - Rosmead) - Graaff-Reinet - Klipplaat - Oudtshoorn
Teil 5 (m39B): Über die Berge zum Indischen Ozean: Oudtshoorn - George - Knysna - Mossel Bay
Teil 6 (m29B): 517 km Richtung Westen: Mossel Bay - Riversdale - Worcester - Kapstadt/Rondebosch
[edit: Bild 228 wieder sichtbar gemacht / 06. Oktober 2011]
[edit: Bild 200 wieder sichtbar gemacht / 31. Dezember 2011]
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2011:12:31:22:38:36.