In einem Rätsel dieser Tage ([
www.drehscheibe-foren.de]) habe ich ein Bild der Blockstelle (Bk) Baerl (Dehnungs-E, wird also „Baahl“ ausgesprochen) gezeigt und gefragt, wo das Bild gemacht worden sei. Als „Lohn“ für die Auflösung habe ich einen Bericht über die Betriebsstelle Baerl versprochen, den ich nun hiermit zu meiner Entlastung liefere.
Die Betriebsstelle hat ihren Namen vom heutigen Stadtteil Duisburgs, Duisburg-Baerl. Bis zur kommunalen Neugliederung 1975 gehörte Baerl als Dorf zur Gemeinde Rheinkamp. Die Ortschaft Baerl liegt etwa anderthalb Kilometer nördlich unserer Betriebsstelle.
Diese nachstehende Karte zeigt die Lage der Betriebsstelle Baerl im Eisenbahnnetz am linken Niederrhein (rote Strecken und Betriebsstellen = stillgelegt):
Die Betriebsstelle Baerl ist die erste Betriebsstelle, die Züge erreichen, welche die Haus-Knipp-Brücke über den Rhein in westlicher Richtung passieren. Die Haus-Knipp-Brücke ist die nördlichste Rheinbrücke in Deutschland, die derzeit in Betrieb steht. Aber die Brücke ist nicht Thema dieses Beitrags. Noch ein Wort zu Baerl: In Baerl gibt es einen Bahnhof der NIAG, früher Moerser Kreisbahn, der aber genau wie die Brücke heute nicht das eigentliche Thema ist, genauso wenig wie rechtwinklige Kreuzung der Kreisbahnstrecke mit der Zechenbahn, welche im Bereich unserer Betriebsstelle Baerl die Staatsbahnstrecke rechtwinklig unterquert.
Die Blockstelle Baerl wurde im Zuge des Baus der Güterzugstrecke Hohenbudberg – Oberhausen West errichtet. Am 01.10.1912 wurde der 12.21 km lange Abschnitt Hohenbudberg Rbf – Bk Oestrum – Bk Asberg – Bk Hochstraße – Bk Baerl – Duisburg Beeck – Abzw Buschmannshof mit der Haus-Knipp-Brücke fertig gestellt. Bk Baerl lag in Streckenkilometer 12,86. Die Grenze zwischen den Eisenbahndirektionen Cöln und Essen lag in km 13,07.
Die vorstehende Karte ist ein Ausschnitt aus der Karte der Eisenbahn-Direktion (ED) Cöln aus dem Jahr 1917, den Bereich der Bk Baerl habe ich in dieser und den folgenden Karten Rot eingekringelt. Bereits in dieser Karte sind gestrichelt geplante Anschlussstrecken nach Westen eingezeichnet.
Bürgermeister Heynen aus Friemersheim beantragte am 19.9.1919 bei der Eisenbahndirektion Köln, die Strecke Hohenbudberg – Oberhausen-West für den Personenverkehr zu erschließen. Der Antrag wurde abgelehnt, da die Strecke nur für den Güterverkehr gebaut ist. Auf einer Karte aus den 20iger Jahren ist ein Haltepunkt in Moers-Scherpenberg, nahe der Homberger Straße eingezeichnet. Offensichtlich gab es Anfangs tatsächlich Überlegungen, diese Strecke auch für den Personenverkehr zu nutzen.
Die nächste Karte ist ein Ausschnitt aus der Kreiskarte des Kreises Moers aus dem Jahr 1926 und zeigt die Strecke nach Westen als in Bau:
Auch dieser Ausschnitt aus einer Karte von vor 1929 zeigt nur die Strecke von der Brücke nach Hohenbudberg, welche übrigens von Anfang an zweigleisig ausgelegt war. Die in Bau befindliche Strecke nach Westen ist als Bahndamm angedeutet:
In der Karte der RBD Essen aus dem Jahr 1929 ist die neue Strecke nach Westen bereits als in Betrieb befindlich eingezeichnet:
Diese Strecke wurde am 15.05.1929 eröffnet und führt von Baerl, die Blockstelle ist dadurch zur Abzweigstelle geworden, zur Abzweigstelle Meerbeck zwischen Moers und Rheinkamp. Gleichzeitig wurde der Personenzugverkehr zwischen Krefeld und Duisburg über diese nördliche Verbindung – und damit über die Haus-Knipp-Brücke – aufgenommen. Der Neubau dieser Abzweigstelle Meerbeck bedingte die Verlegung des Haltepunktes Rheinpreußen, um Platz zu schaffen. Der Haltepunkt Rheinpreußen wurde wenige 100 m weiter nach Norden verlegt und später in Hp Utfort umbenannt – ich berichtete darüber bereits hier im Hifo: [
www.drehscheibe-foren.de] Übrigens wurden die weiteren, in der Karte als geplant eingezeichneten Strecken (gestrichelt) nie fertig gestellt...
Die nachstehende Ruhrgebietskarte der RBD Essen aus dem Jahr 1938 endete in Baerl, zeigte aber die Gleislage. Es ist deutlich zu erkennen, wie die zuerst vorhandene Güterzugstrecke nach Hohenbudberg in südlicher Richtung ausgefädelt wurde.
Um mal einen Überblick über die Region zu bieten, habe ich diesen Ausschnitt aus der Direktionskarte der RBD Köln aus dem Jahr 1944 eingestellt – der Ausschnitt zeigt den Verlauf der Güterzugstrecke bis nach Hohenbudberg:
Eine andere Darstellung ist mit dieser Karte aus dem Jahr 1958 gewählt worden – es fällt auf, dass im Gegensatz zu 1944 nicht mehr alle Verbindungsstrecken in Betrieb sind:
Als letzte Karte nun ein Blick in den Stadtplan der Gemeinde Rheinkamp aus dem Jahr 1968. Die Ausfädelung ist gut zu erkennen, leider hat ein Vorbesitzer die Zechenbahnstrecke fett und dunkel nachgezeichnet:
Diese Karte kann hier auch größer nachgeladen werden:
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www.nullclub.de]
Die Stilllegung der Strecke nach Hohenbudberg erfolgte am 24.08.1969, im September 1969 begann die Demontage des Gleiskörpers. Aus unserer Abzweigstelle wurde wieder nur eine Blockstelle, nur lag diese effektiv an einer anderen Strecke als die erste!
Nach der Stilllegung 1969 wurde der gesamte Verkehr über die Haus-Kipp-Brücke und Bk Baerl zur Abzweigstelle Meerbeck und weiter über Moers – Trompet Richtung Hohenbudberg/Krefeld geführt.
Am 01.12.1970 wurde unsere Strecke nun elektrifiziert.
Noch ein paar Worte zum Personenverkehr: Nach Eröffnung der Strecke von Abzw Meerbeck nach Baerl wurden Personenzüge in der Relation von Krefeld (teilweise) über Moers nach Oberhausen gefahren. Bis 1970 hat auch an der Abzweigstelle Baerl ein Haltepunkt existiert – das zugehörige Empfangsgebäude steht heute noch. Während der Zeit, in der die Rheinbrücke in Rheinhausen zerstört war, verkehrten auf unserer Strecke auch D-Züge, teilweise mit Halt in Moers. Der Personenverkehr wurde am 24.09.1983 eingestellt, HiFo-User Rainer Sp. und ich fuhren mit dem letzten Personenzug (BR 515), aber das ist einen anderen Beitrag wert. Eine kurze Episode mit Reisezugverkehr gab es aber im Herbst 2001: Die Rheinbrücke in Rheinhausen wurde saniert und zur deren Entlastung fuhr von August bis Oktober Freitags ein D-Zug von Dortmund nach Trier über Baerl!
Bk Baerl war bis Anfang 1984 mit einem Blockwärter besetzt. Dann wurden die Blockstelle aufgelassen, die Formsignale wurden abgebaut und das Stellwerksgebäude, welches seit Anbeginn mit Eisenbahnern besetzt war, verwaiste nun. Das Stellwerks-Gebäude wurde Ende der 80er Jahre abgerissen. Mit Inbetriebnahme des Spurplanstellwerks in Moers am 15.10.1987 wurden in Baerl Selbstblocksgnale aufgestellt, die Blockstelle Baerl gab es wieder, wenn auch nur mit automatischen Signalen.
Seit 1998 wird die Rheinbrücke nur noch eingleisig befahren. Dazu wurde in Baerl eine Weiche eingebaut und auf der anderen Rheinseite wurde die Ausfahrt aus Duisburg-Beeck Gbf so modifiziert, dass nur noch das Gleis von Baerl nach Duisburg-Beeck befahren wird, allerdings nun in beide Richtungen. Aus unserer selbsttätigen Blockstelle Baerl wurde somit nun eine Überleitstelle, die vom Stellwerk Maf in Oberhausen bedient wird und heute noch so in Betrieb steht.
Das war die Geschichte der Blockstelle/Abzweigstelle in kurzen Worten! Kommen wir nun zu den versprochenen Bildern, die ich dort gemacht habe. Die ersten Bilder entstanden dort am 31.07.1984. An diesem Tag war das Stellwerksgebäude schon nicht mehr besetzt, die Formsignale waren abgebaut und der Betrieb rollte trotzdem!
Die Bilder, die ich nun zeige, sind nicht alle optimal – ich stand noch am Anfang meiner Eisenbahn-Fotografie-Zeit und bitte deswegen um Nachsicht, dass diese Bilder nicht dem Standard der Bilder unserer HiFo-Meister entsprechen!
Den Anfang macht 140 278, die gerade von der Haus-Knipp-Brücke runtergerollt ist:
Ist Euch was aufgefallen? Im vorigen Bild war ein merkwürdiges Hektometerzeichen zu sehen, ich habe hier mal einen Ausschnitt gemacht:
Es kennzeichnete die Grenze zwischen den beiden Bundesbahndirektionen Köln und Essen – die Rheinbrücke gehörte also zur BD Essen!
Nun habe ich mich mal außerhalb des Gleisraums aufgestellt und eine Lok der BR 140 kam mir entgegen:
Ein Blick zurück zeigte 140 831, die aus Moers kommend am Stellwerksgebäude Baerl vorbei fährt:
Kurz danach folgte eine Lok meiner Lieblingsbaureihe, der BR 221. Und zwar fuhr 221 111 mit einem beladenen Kohlezug auf die Brücke zu – das Stellwerksgebäude lag nun in meinem Rücken. Deutlich ist zu erkennen, wie die Streckengleise auseinander gehen, die Güterzugstrecke nach Hohenbudberg lag zwischen den beiden sichtbaren Gleisen:
Das noch neue Teleobjektiv wurde genutzt, um 150 108 aus Moers kommend aufzunehmen:
Blicken wir noch einmal in Richtung Brücke, eine unerkannte 140 rollte in Richtung Moers:
150 128 folgte Lz, also ohne Zug:
Aus der Gegenrichtung fuhr 140 832 in Richtung Rheinbrücke – links der Lok sind weite Flächen erkennbar, irgendwo von dort entstand das Rätselbild:
140 850 kommt mit einem Ganzzug aus Ucs-Wagen von der Rheinbrücke:
Im Oktober 1984 stand die Sonne etwas tiefer, als ich mich so hinstellte, dass sie in meinem Rücken war und ich 150 009 Lz aufnehmen konnte. Unten ist der Schatten des Stellwerkgebäudes zu erkennen:
Kurz darauf folgte 140 666:
Damit endet mein Bilderreigen der Bundesbahnloks, die ich in Baerl aufnahm – war halt nur Bundesbahn-Alltag, nichts besonderes also. Ich habe noch ein paar wenige Bilder, hauptsächlich BR 221, die ich dort aufnahm. Auch der 491 kam dort mal vorbei, als ich mich dort aufhielt. Aber diese Dias sind noch nicht gescannt...
Wie schrieb ich oben? Die Zechenbahn soll nicht Thema sein? Na ja, ich will mal nicht so sein, Joachim Leitsch soll auch was sehen. Als erstes zeige ich eine Lok der Nummernreihe 140 bis 143 auf dem Weg zum Rheinpreußenhafen in Duisburg-Homberg. Er kommt von der Kreuzung mit der Kreisbahn und wird gleich den Bahndamm vor der Brücke unterqueren. Heute dominiert die A42 diese Fotostelle:
V137 ist hier auf dem Weg von Duisburg-Homberg nach Moers oder Kamp-Lintfort. Das Teleobjektiv holt nicht nur die Lok, sondern auch den Kirchturm von Baerl nahe heran:
Okay, die Moerser Kreisbahn hat ja auch eine Betriebsstelle namens Baerl, also hier zwei Bilder des Kreisbahnhofs Baerl, beide entstanden am 05.05.1984, als die Moerser Kreisbahn ihr 75jähriges Jubiläum feierte. Die auszustellende 41 241 stand verkehrt herum, so dass sie mit 221 104 nach Orsoy zum Gleisdreieck geschleppt wurde. Hier ist sie im Schlepp eben der genannten 221 104 zu sehen:
So, damit endet mein kleiner Bericht zur Betriebsstelle Baerl! Ich hoffe, er findet Eure Zustimmung!?!
Ich würde mich sehr freuen, wenn Ihr meinen Bericht mit eigenen Bildern ergänzen könntet und würdet – ich habe zum Beispiel noch nie Bilder von Dampfloks (ausgenommen Museumsloks) gesehen. Auch Bilder eines Schienenbusses oder eines Akku-Triebwagens würden mich sehr erfreuen...
Mit freundlichem Gruß,
Stefan P.
Quellen neben eigenen Aufzeichnungen/Erinnerungen:
Baerl auf André Joosts Seite: [
home.arcor.de]
Seite zum Bahnknoten Trompet: [
www.nullclub.de]
Gesammelte Karten
5-mal bearbeitet. Zuletzt am 2017:04:30:18:54:32.