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 04 - Historisches Forum 

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Bilder, Dokumente, Berichte und Fragen zur Vergangenheit der Eisenbahn und des öffentlichen Nahverkehrs - Bilder vom aktuellen Betriebsgeschehen bitte nur im Zusammenhang mit historischen Entwicklungen veröffentlichen. Das Einstellen von Fotos ist jederzeit willkommen. Die Qualität der Bilder sollte jedoch in einem vernünftigen Verhältnis zur gezeigten Situation stehen.
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Heute nun Teil 3 der großen Polenrundreise, in dem das Kapitel Wollstein/Wolsztyn abgeschlossen wird und der Aufbruch zu neuen Ufern erfolgt.

Teil 1 (Nörenberg/Insko, Neu Bentschen/Zbaszynek, Wollstein/Wolsztyn)
Teil 2 (Wollstein/Wolsztyn)
Teil 3 (Wollstein/Wolsztyn, Gnesen/Gniezno)
Teil 4 (Gnesen/Gniezno, Jarotschin/Jarocin)
Teil 5 (Jarotschin/Jarocin, Kempen/Kepno)
Teil 6 (Kempen/Kepno, Königszelt/Jaworzyna Sl.)
Teil 7 (Königszelt/Jaworzyna Sl., Glatz/Klodzko, Neisse/Nysa)
Teil 8 (Jakobswalde/Kotlarnia, Peiskretscham/Pyskowice, Marcule, Scharfenwiese/Ostroleka)
Teil 9 (Lyck/Elk)
Teil 10 (Lyck/Elk)






Dienstag, 20. August 1991

Das Wetter war immer noch trübe, so dass ich langsam die Lust verlor und mich mit dem Gedanken trug, meine Zelte in Wollstein/Wolsztyn abzubrechen. Einzig der Umstand, dass ich die ersehnte Ty3-2 noch immer nicht im Zugdienst abgelichtet zu haben, hielt mich noch, stand die Lok doch heute auf der Einsatzliste.

Als ich morgens das Bw verließ, war die Ty3-2 bereits verschwunden. Laut Lokleiter war sie nach Unruhstadt/Karge/Kargowa unterwegs, um einen Güterzug zu holen. So hängte ich mich um 8:40 Uhr an den von Ol49-59 geführten P 4440 nach Züllichau/Sulechow, der ja irgendwo mit der Ty3-2 kreuzen musste.


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Ol49-59 durchfährt den damals noch halbwegs intakten Bahnhof Deutsch-Sodin/Zodyn

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Ol49-59 an der Landstraße vor Kopnitz/Kopanica


Die Ty3-2 fand ich tatsächlich dann in Unruhstadt/Karge/Kargowa. Sie stand schon mit dem langen Güterzug 44399 zur Rückfahrt bereit und wartete geduldig auf die Kreuzung. Leider ließen sich die beiden Loks wegen dazwischen stehender Leerwagen nicht auf ein gemeinsames Foto bannen, so dass ich erst einmal die Einfahrt der Ol49-59 ablichtete.


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Ty3-2 wartet in Unruhstadt/Karge/Kargowa auf Kreuzung

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Ol49-59 im Bahnhof Unruhstadt/Karge/Kargowa


Anschließend ging es hinter der Ty3-2 her, die ein ordentliches Tempo vorlegte.


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Ty3-2 durchfährt den Bahnhof Deutsch-Sodin/Zodyn


Zurück in Wollstein/Wolsztyn machte ich noch einige Aufnahmen im Bw, wo sich nun u.a. Ty3-2 und ihr „Luftpumpenspender“ Ty2-67 auf einem Bild verewigen ließen.


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Ty3-2 und Ersatzteilspender Ty2-67 in Wollstein/Wolsztyn

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Zwei dicke Brocken: Ty51-223 und Ty3-2 im Bw Wollstein/Wolsztyn

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Rangierlok Ty2-249 restauriert im Bw Wollstein/Wolsztyn


Der Langläufer 55637 um 12 Uhr nach Neusalz/Nowa Sol war heute mit der „Radkappe“ Ty42-148 bespannt, dem ich bis hinter Kontopp/Konotop nachsetzte.


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Ty42-148 verlässt den ehemaligen Bahnhof des ehemaligen „Freistaates Schwenten“ (Schwenten/Swietno)

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Ty42-148 hinter Kontopp/Konotop


Hier drehte ich ab und fuhr nach Wollstein/Wolsztyn zurück, wählte dabei aber den Umweg über Deutsch Sodin/Zodyn, wo ich noch Ol49-23 mit dem P 4436 „mitnehmen“ konnte.


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Ol49-23 Ausfahrt Deutsch-Sodin/Zodyn


Zurück in Wollstein/Wolsztyn ging es erst einmal ins Bw. Da ich die Ty3-2 endlich im Kasten hatte, konnte ich hier nun meine Zelte abbrechen. Ich lud meine Habseligkeiten ins Auto und fuhr dann hinüber auf die Ladestraße, wo ich das Rangiergeschäft beobachtete. Ty2-249 stellte schließlich den Wagenpark für den 4445 nach Opalenitza/Opalenica bereit, vor den sich dann Ty3-2 setzte.


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Ty3-2 setzt sich in Wollstein/Wolsztyn vor den P 4445 nach Opalenitza/Opalenica


Ich wollte diesen Zug begleiten, da er ohnehin in Richtung des nächsten Etappenziels – Gnesen/Gniezno – lag. In Anbetracht des trüben Wetters waren die Aufnahmen aber wenig erbaulich, so dass ich vor Grätz/Grodzisk die Verfolgung abbrach und mich auf in Richtung Osten machte.


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Ty3-2 fährt in Rotheburg/Roztarzewo ein

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Ty3-2 hinter Kaisertreu/Volkstreu/Drzymalowo

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Ty3-2 kurz vor Grätz/Grodzisk


Im letzten Licht des Tages erreichte ich Gnesen/Gniezno. Das dortige Groß-Bw war lange Jahre die Hochburg der Baureihe Ty43 (DRB-42) gewesen, deren Einsatzende jedoch bereits mehr als ein Jahr zurück lag. Die Ty43 waren jedoch nur teilweise durch Dieselloks ersetzt worden. Wegen fehlender Zugheizanlagen gab es im Winter keine Alternative zum Dampf, so dass in Gnesen/Gniezno in aller Eile eine größere Zahl an Ty2 aus umliegenden Bahnbetriebswerken zusammengezogen worden war, um im Winterhalbjahr die Personenzugleistungen auf den Nebenstrecken nördlich von Gnesen/Gniezno zu übernehmen. Mit den ersten warmen Strahlen der Frühlingssonne waren diese jedoch im April 1991 wieder abgestellt worden. Als ich auf dem Weg zur Lokleitung an der Drehscheibe vorbei kam, staunte ich jedenfalls nicht schlecht, als dort drei optisch in Bestzustand befindliche Loks abgestellt standen. Das ließ zumindest für den kommenden Winter hoffen.


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Ty2-820, Ty2-853 und Ty2-1298 im Bw Gnesen/Gniezno

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Ty2-820 und Ty2-853 im Bw Gnesen/Gniezno


Beim Lokleiter folgte auf die übliche Frage, ob ich denn fotografieren dürfe, die prompte Rückfrage nach einer Fotogenehmigung. Zum Glück hatte ich damit gerechnet und war vorbereitet: Ich zückte die Kopie eines mit der Unterschrift eines Direktors der PKP versehenen Schreibens aus der Tasche, in dem darauf hingewiesen wurde, dass das Fotografieren seit Dezember 1990 nunmehr erlaubt sei und lediglich beim Betreten von Bahnanlagen vorher der Dienststellenleiter zu kontaktieren sei. Beeindruckt nahm man den Inhalt zur Kenntnis und ließ mich gewähren, natürlich nicht ohne zuvor sorgfältig Name und Anschrift notiert zu haben. Insgeheim feixte ich, war das Schreiben doch gar nicht an mich gerichtet gewesen. Da von diesem Schreiben auch noch einige weitere Kopien in Umlauf waren, möchte ich nicht wissen, in welchem Bw „Pan Eilers z Frankfurta“ sonst noch gerade zeitgleich unterwegs war. Beam me up, Scotty!

Mit offizieller Begleitung versehen inspizierte ich die Loks an der Drehscheibe sowie die Schrottreihe am Hochbunker. Letztere offenbarte eine große Überraschung: Da stand neben diversen Ty2 und einigen Ty43 mit Ty1-76 doch tatsächlich eine echte preußische G 12! Die Maschine war völlig desolat, aber ziemlich vollständig. Eine kleine Sensation! Leider war das Licht schon ziemlich im Keller, so dass ich nach einigen Aufnahmen von den abgestellten Ty2 beschloss, am nächsten Morgen noch einmal wieder zu kommen. Da bis auf die Heizlok Ty2-331 keine Maschine unter Dampf war, konnte ich ohnehin nichts verpassen.


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Ty2-407 wartet auf ihre Verschrottung im Bw Gnesen/Gniezno

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Ty2-1122 wird im Bw Gnesen/Gniezno zerlegt


Ich mietete mich für eine Nacht im von der Februar-Tour bekannten Betonklotzhotel im Südwesten der Stadt ein. Die Preise waren im Vergleich zu Wollstein/Wolsztyn deutlich höher, so dass ich aus Kostengründen beschloss, die nächsten Nächte lieber im Auto zu verbringen. So bleib mir aber noch eine Nacht in einem richtigen Bett, so dass ich beschloss, früh schlafen zu gehen. Daraus wurde allerdings nichts, denn beim Abendessen im Hotelrestaurant kam ich mit einem deutschen Paar ins Gespräch, welches mir von einem Putsch in Moskau berichtete. Gorbatschow sei angeblich gestürzt worden! Mir wurde ein wenig mulmig, sollte meine Fahrt doch bis nach Ostpolen an die Grenze zur Sowjetunion führen. Drohte da jetzt etwa Krieg? Wo sollte ich hier vernünftige Informationen her bekommen, 300 km von zu Hause entfernt? Das Radio im Hotelzimmer war für unsereinen, der die polnische Sprache allenfalls rudimentär beherrschte, völlig nutzlos: In Polen wurde damals bei den UKW-Sendern noch ein deutlich unter dem bei uns üblichen Frequenzband liegender Frequenzbereich benutzt, so dass man deutsche UKW-Sender mit diesen Geräten nicht empfangen konnte. Über Mittelwelle fand ich nur den deutschsprachigen Dienst von Radio Moskau (!), dessen dürftige Meldungen die Lage auch nicht übersichtlicher werden ließen. Abbruch oder Weiterfahren? Nach kurzer Überlegung entschied ich mich für Weiterfahren, war ich mit dem Auto doch ziemlich beweglich und konnte schnell reagieren, falls es Anzeichen für eine Eskalation geben sollte.





Soweit wiedermal für heute. Bilder von der Ty1-76 gibt es dann im vsl. übermorgen erscheinenden vierten Teil, der sich ansonsten hauptsächlich um die Gnesener Schmalspurbahn drehen wird.

Bis dann, xBurt.



Meine HiFo-Beiträge: [www.drehscheibe-foren.de]




5-mal bearbeitet. Zuletzt am 2020:07:09:20:53:17.
Moin,

ich hoffe, die Serie hat noch mindestens zwei Dutzend Teile! Besten Dank.
Übrigens läuft derzeit im Auslandsforum eine Serie, die den Wolle-Alltag mit Dieselersatzverkehr (SU45) vor zwei Wochen zeigt, morgen stelle ich Teil II online. Immerhin, seit letzter Woche läuft der Dampf wieder planmäßig, ein so umfangreicher Betrieb, wie du ihn zeigst, kommt jedoch gewiss nicht wieder: Eine Maschine läuft derzeit pro Tag, insgesamt stehen drei Betriebsloks zur Verfügung. Die Strecke nach Poznan ist vorübergehen dicht und wird "behutsam modernisiert", sogar mit neuen Flügelsignalen; in Rostarzewo sind die großen Bäume am Bahnsteig verschwunden, und die Strecke über Kargowa ist längst nicht mehr befahrbar...

Grüße,
Patrick



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2011:04:02:00:54:11.
Hallo xBurt,

nicht daß Dir der Eindruck entsteht, es interessiert sich niemand mehr für Deine Berichte.

Sehr interessant aufbereitet, man kann schön Deine Reiseroute gedanklich mitverfolgen und aus heutiger Sicht war Polen damals - fotografisch gesehen - ein Schlaraffenland! Wünschte, dort zu jener Zeit einmal unterwegs gewesen zu sein. Interessant zu lesen sind auch Deine damaligen politischen Gedanken, wie sie plötzlich Deine Reiseplanung beeinflussten. Und das, wo noch kein Handy oder Laptop als Überlebensmittel einer Reise galten. Diese heutige länderübergreifende europäische "Freiheit" kann man trotz einiger Nachteile gar nicht genug schätzen. Bin schon auf Deine Fortsetzungen gespannt.

Übrigens ein Lob auch für die deutsch- und polnischsprachige Bezeichnung der Orte. So verstehen die "Oldies" wie die "Baraneks/Baranki" gleichermaßen Deine Reisereportagen.


Gruß Baranek
Hallo Frank,

auch von mir nen großen Dank für die bisherigen Teile. Sehr interessant sind Deine Aufnahmen an Orten, wo a) schon seit über einem Jahrzehnt kein Zug mehr hingekommen ist, b) vermutlich auch nie wieder einer hinkommen wird und c) wie teilweise gepflegt es damals noch dort aussah (Bsp. Kolsko, was schon wie Hulle aussah, als sich dort die letzten Übergaben und Sonderzüge in 2005 blicken ließen).

Du zeigts uns hier Sachen, die leider größten Teils unwiderbringliche Geschichte sind. Dies bezieht sich ausdrücklich auf die gezeigten Strecken und nicht nur auf die Loks.

Grüße,
Jens
Hallo Frank,
mir gefallen deine Aufnahmen ganz ausgezeichnet, sie wirken sehr überlegt und auf angenehme Weise ruhig. Auch die Landschaft kommt unaufdringlich aber deutlich mit ins Bild -viele Bilder wirken wie kleine Kunstwerke, nicht marktschreierisch aber doch wirkungsvoll. Dein gut lesbarer, sehr ansprechend verfasster Text tut sein übriges um hier wunderschöne Beiträge entstehen zu lassen.

Viele Grüße aus Bayern

Benjamin
Absolute Zustimmung; das ist großes Hifo.

Viele Grüße,

Jürgen
Hallo Frank-
ich habe mit großer Freude Deine Bilder und die dazu gehörenden Texte gelesen. Und kann mich nur dem Beitrag von Jens anschließen...heute gibt es an diesen Pisten ja fast nur noch rudimentär erhaltene Bahnanlagen, die ja weitgehend vom Eisenbahnverkehr befreit sind.
Ich habe seinerzeit auch diese Strecken bereist (nicht alle, und auch nicht so intensiv wie Du oder Steffen Tautz. Aber heute ist ja nur noch ein müder Abklatsch zu sehen- der sich wohl auch bald erledigt hat...schade eigentlich. Aber der Substanzverlust der Lokomotiven ist schon sehr weit fotgeschritten. Ich warte sehnsüchtig auf weitere Beiträge dieser Reise(n)...
Und ich kann nachvollziehen, welch körpelichen Strapazen Du bei der Fahrerei mit dem Zwickauer Flüchtlingskoffer auf Dich genommen hast... ich bin nämlich einige Jahre später mit dem Trabant nach Irland gefahren. Alles in allem 10 000km in sechs Wochen. Wnn es gewünscht wird, werde ich dann auch mal einen Beitrag zusammenstellen- der natürlich bei weitem nicht so Eisenbahnlastig sein wird.

Danke für die Bereitstellung dieser schönen Erinnerungen an eine schöne Eisenbahnzeit.
Christian

Link-Übersicht zu meinen Beiträgen [www.drehscheibe-online.de]
Moin Frank!

Natürlich bin auch ich schon auf die nächsten Folgen gespannt, aber erst einmal Dankeschön für die virtuelle Mitnahme bis nach Gnesen!

Auf weitere Folgen freut sich

Helmut
Dank' Euch für die schönen Kommentare! Ich revanchiere mich hier gleich mal mit Teil 4, der gerade fertig ist:

[www.drehscheibe-foren.de]

Insgesamt dürften es wohl 10 Teile werden - Ihr braucht also einen langen Atem!

Gruß, xBurt.



Meine HiFo-Beiträge: [www.drehscheibe-foren.de]




1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2011:04:02:21:02:55.
Hallo!

Ich war im Frühjahr 1991 zum ersten mal in Polen und habe jetzt viele Fotopunkte wieder erkannt. Mangels eigenem PKW damals in einer Gruppen Reise eines Veranstalters aus Hersbruck.