Hallo,
zu dem Thema "Wasserfassen während der Fahrt" erhielt ich von dem englischen Eisenbahnfreund David Rodgers eine E-Mail, deren Übersetzung ich hier posten möchte, auch wenn wir das Gebiet schon einmal ausführlich behandelt haben. Einige Aspekte sind neu und die beiden Bilder auf jeden Fall sehenswert.
"Lange Nonstop-Fahrten waren eine Besonderheit der britischen Eisenbahnen auf Strecken mit hoher Verkehrsdichte; dadurch wurden Wassertröge (water troughs, in den USA: track pans) notwendig. Im UK gab es auf den Hauptstrecken etwa 60 Anlagen, nur die Southern Railway/Region war eine Ausnahme, weil dort kürzere Zugläufe vorherrschten; darüber hinaus bildeten dort auf vielen Strecken die Stromschienen ein weiteres Hindernis. Der Abstand zwischen den Wassertrögen betrug normalerweise 40 bis 50 Meilen (65 bis 80 km), sodass der Zug auch noch den nächsten Wassertrog ohne Halt erreichen konnte, wenn eine Anlage wegen Unterhaltungsarbeiten ausfiel. Die Tender waren im UK viel kleiner als in Deutschland; die meisten hatten eine Kapazität von 4.000 bis 5.000 Gallonen (ca. 18 bis 23 Kubikmeter). Auf der 629 km langen East Coast Mainline (London – Edinburgh) – dort hatten die Schnellzugloks vierachsige Tender – gab es fünf Anlagen. Auf der anderen Seite des Landes – auf der West Coast Mainline Glasgow – London – befanden sich bei ähnlicher Entfernung nicht weniger als neun Anlagen. Sogar die mächtigen „Duchess“-Pacifics hatten nur einen dreiachsigen 4.000 Gallonen-Tender (mit Kohlen-Vorschub-Einrichtung).
Interessanterweise blieben einige Anlagen bis Ende 1967 in Betrieb und zwei auf der East Coast Mainline überlebten sogar das Dampf-Ende, weil sie von Dieselloks für die Dampfheizung der Wagen genutzt wurden. Erst 1969/70 wurden sie mit Einführung der elektrischen Zugheizung überflüssig.
Es gab Wassertröge auf allen viergleisigen Hauptstrecken und erstaunlicherweise gab es vier parallele Anlagen ganz in der Nähe meines Wohnorts in dem drei Meilen langen Standege-Tunnel (zwischen Huddersfield und Manchester), weil sich dort der einzige steigungslose Streckenabschnitt befand.
Die Région Ouest der SNCF hatte nach dem Zweiten Weltkrieg noch zwei Anlagen (Paris – Cherbourg in Armières-sur-Iton und Paris – Havre in Léry-Poses, vgl. Broncard/Fenino: French Steam, S. 91). In den USA hatten die Pennsylvania RR und die New York Central RR Wassertröge auf ihren New York – Chicago Hauptstrecken. Soweit ich weiß, waren das alle Wassertröge, die es weltweit gab, aber im UK waren sie am weitesten verbreitet.
Ich füge zwei Fotos bei, die von dem leider verstorbenen Mr. Whitfield stammen. Ich erhielt sie von seiner Witwe. Die Bilder zeigen die „Black 5“ # 45111 beim Wasserfassen auf der West Coast Mainline in Moore zwischen Crewe und Warrington an zwei Tagen im Juli 1960.
Ich hoffe, meine Zeilen sind von Interesse, weil sie einen Aspekt der Infrastruktur beschreiben, der den deutschen Eisenbahnfreunden nicht so geläufig sein dürfte.
David.“
Many thanks, David, very much appreciated!
Viele Grüße, Helmut
Edit: Ergänzend wies mich David gerade auf dieses You-Tube-Video hin:
[
www.youtube.com]
4-mal bearbeitet. Zuletzt am 2020:01:12:13:48:45.