Auf vier Linien mit zusammen 60 Kilometer Streckenlänge betrieben die Ferrocarriles y Transportes Suburbanos de Bilbao FTS um 1970 ein voll elektrifiziertes Netz von Vorortsbahnen am rechten Ufer des Nervion, bis hinaus zum Seebad Plencia. Unter prekären Umständen konnte der seit 1928 aufgebaute Fahrzeugpark immer wieder der enormen Nachfrage angepasst werden. 1969 erzwang ein verheerender Erdrutsch im Stadtgebiet von Bilbao die Schliessung des Abschnittes zwischen dem pittoresk über der Altstadt gelegenen Ausgangsbahnhof Calzadas ("Treppen") und der primitiven, steil am Hang gelegenen Haltestelle Ciudad Jardin ("Gartenstadt"); die 5 km lange Strecke von Matico nach Azbarren musste wegen eines Tunneleinsturzes sogar endgültig eingestellt werden. Die 12 km lange Linie von Sondica nach Munguia wurde 1975 wegen der anstehenden Vergrösserung des Flughafens Bilbao abgebrochen.
Obwohl die staatliche FEVE den Betrieb der FTS 1978 übernahm, dauerte es noch bis 1987, also volle 13 Jahre, ehe der betrieblich äusserst hinderliche Streckenunterbruch zwischen Ciudad Jardin und Bilbao Calzadas endlich behoben werden konnte. Der vorübergehnd stillgelegte Bahnhof Bilbao Calzadas im Herzen der Altstadt.
Und erst 1986 kamen endlich zeitgemässe Fahrzeuge auf die Strecke. In Teil 1 zeige ich euch die urigen Fahrzeuge der Erstausrüstung, welche mit dem hölzernen Wagenkasten bis weit in die 70er im täglichen Betrieb standen. Im unglaublich primitiven provisorischen Endbahnhof Ciudad Jardin wirkte Bilbao wie eine völlig unkontrolliert gewachsene Grossstadt eines Entwicklungslandes. Das verbliebene Streckengleis bis zum Hangrutsch musste für sämtliche Umstellmanöver und Bereitstellungen ausreichen. Pendelzug und Einzeltriebwagen am Streckenende:
Die "Bereitstellungsanlage" aus der Nähe
Hier endlich einer der letzten Triebwagen von 1928 im Ursprungszustand, MAB 1 mit 1. Klasse in Wagenmitte. Bemerkenswert sind die ausladenden Stromabnehmer.
Am desolaten Endbahnhof Lezama steht MAB 9 mit seiner illustren Garnitur.
Auch in Luchana, am rechten Ufer des Nervion, hatte sich das diesige Wetter nicht gebessert, als ich am 3. August 1977 auf den FTS-Zug aus Sondica wartete, um ihn zwischen der Verzweigung mit der FTS-Stammlinie nach Plencia und dem Bahnhof ohne die störenden Hochperrons aufzunehmen. Das eher grobe Korn des ersten damals verfügbaren 400ASA-Farbfilms von Fuji war der Fotoqualität auch nicht zuträglich, aber andere Bilder habe ich leider nicht. MAB 1 in der Einfahrt Luchana (heute Lutxana). Wagen- und Zugführer konnten sich mächtig über meine offenbar nicht erwünschte fotografische Tätigkeit empören.
Erst, nachdem das Zugspersonal in der Bahnhofkneipe verschwunden war, getraute ich mich, den prachtvollen Triebwagen im Stillstand zu porträtieren. Wenn schon verboten, dann erst recht illegal: In diesem Moment war es mir völlig egal, auch noch die Gleise zu überschreiten.
Wer hat je solche Stromabnehmer gesehen?
Und nun zu den Personenwagen der 1. Generation, mit holzverkleideten Wagenkasten: Der urige Steuerwagen CD 5 in Ciudad Jardin war leider nicht von vorne zu fotografieren. Der Wagenführer machte ein fürchterliches Geschrei, als ich dem Gleis entlang nach vorne marschieren wollte, um mich besser aufzustellen.
Wagen 1. Klasse mit Mitteleinstieg A 6 in Ciudad Jardin. Der hier sichtbare "Weg" entlang dere Gleise bildete einen der Hauptzugänge zur provisorischen Endstation Ciudad Jardin, von 1969 bis 1987!
Wagen A 6 in Lezama.
Endlich, für ein paar Minuten, ein Sonnenstrahl: A 1 in Ciudad Jardin. Das einzige moderne Merkmal der alten FTS-Vorortsbahn waren die Hochperrons und die dazu passenden Einstiege der Fahrzeuge. Von seitenselektiver Türsteuerung war natürlich keine Rede. Wer bei der geöffnete Schiebetür auf der falschen Seite stand und hinausfiel, war eben selber Schuld...
Der Wagen der Holzklasse B 10 ist deutlich länger und besitzt 2 Eingänge pro Wagenseite, neckisch das überhängende Dach am Wagenende.
Leider fuhr dieser Zug nicht ab, bevor die tief hängenden Wolken wieder kamen, und ich kann nur noch dieses unvollständige Zugsbild zeigen.
Steuerwagen CD 1 gehört zur blechverkleideten 2. Fahrzeuggeneration. Hier fährt er an der Spitze eines antiken Pendelzuges in den Endbahnhof Lezama ein.
Der wunderbare, sehr amerikanisch anmutende Gepäck- und Expressgutwagen J 101 war 1977 als Hilfswagen eingerichtet und stand für Notfälle im Depot Luchana bereit.
Weitere Teile folgen.
Bisherige Spanien-Beiträge:
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