Am kommenden Sonntag findet im Free-State-Stadion in Bloemfontein das Achtelfinale der FIFA-WM mit dem Klassiker Deutschland gegen England statt. Als wir am 02.09.1975 das Lokomotivdepot dieser Stadt anfuhren, dachte natürlich niemand auch nur ansatzweise an Südafrika als Gastgeber einer Fußball-WM.
Hier die Links zu den bisherigen Teilen der Reise:
1. Einleitung / Durch das Highveld nach Klerksdorp
2. Mit den Klassen 23 und 25NC von Bethlehem über Thaba Nchu nach Bloemfontein
Die Gesamtkarte mit unserer Reiseroute findet ihr
hier
Anfang der 1970er Jahre, zu Zeiten eines außerordentlichen Wirtschaftsbooms in Südafrika, war Bloemfontein Drehscheibe eines immensen Verkehrsaufkommens. Zu Spitzenzeiten wurden über 200.000 Tonnen Güter pro Tag auf der Schiene befördert. Dementsprechend umfangreich war das Depot mit einem Bestand von bis zu 180 Dampflokomotiven.
Auch 1975 gehört das Depot Bloemfontein mit seinen über 100 Dampflokomotiven zu den größten des Landes. Innerhalb von 24 Stunden werden hier rund 150 Dampfloks behandelt. Wenn man berücksichtigt, dass die meisten Loks morgens das Depot verlassen und abends zurückkehren, entspricht dies einem Service-Intervall von etwa fünf Minuten pro Lok. Zum großen Teil werden die Loks auf dem zentralen Verschiebebahnhof eingesetzt. Dort werden Züge für die von Bloemfontein ausgehenden sechs Strecken nach Kroonstadt, Aliwal North, Burgersdorp, Nouport, Kimberley und Maseru zusammengestellt. Unser SAR-Kontaktmann Mr. Barkley hatte uns empfohlen, das Depot werktags am frühen Morgen zu besuchen: „That will be a once in a lifetime experience“.
Also machen wir uns am bitterkalten Morgen des 02.09.1975 zum Depot auf. Nach den üblichen Formalitäten und der Ermahnung des Locomotive Foremans, auf die vielen Lokbewegungen zu achten („Be aware, it’s rush time now“) begeben wir uns in das geheiligte Areal. Die Fotoapparate bleiben aufgrund der Lichtverhältnisse (es ist noch dunkel) in den Taschen, und das ist auch gut so. Es empfängt uns eine einmalige Atmosphäre: Auf Grund der Temperatur um den Gefrierpunkt wabern durch das gesamte Depot Schwaden von Bodennebel und Wasserdampf, hier und da unterbrochen von steil nach oben schießenden Rauchwolken der Loks, die im Umfeld schon den Rangierdienst aufgenommen haben. Im Schutze eines Lokschuppens beobachten wir das ständige Kommen und Gehen der Dampflokomotiven. In Zwölferreihen stehen sie nebeneinander unter den Wasserstutzen, um dann vorzurücken und sich in die langen Schlangen vor der Ausfahrt wartender Lokomotiven einzureihen. Akustisch wird die Szenerie untermalt durch das Zischen von abblasenden Sicherheitsventilen und den gedämpften Auspuffschlägen der Loks, die sozusagen im Stop-and-Go wieder ein Stück vorziehen. Entfernt ist das Stakkato einer Rangierlok vor ihrem schweren Zug zu hören. Hammerschläge und Sirenengeheul aus den nahen SAR-Werkstätten bilden den Rahmen einer Inszenierung, der wir gebannt eine Stunde lang zuschauen. Langsam bricht die aufgehende Sonne durch die Nebelschwaden, für uns der Zeitpunkt, mit dem Fotografieren zu beginnen. Nach rund drei Stunden ist der ganze „Spuk“ vorbei, und eine fast sonntägliche Ruhe breitet sich im Depot Bloemfontein aus.
Das war's für heute. Schaut Ende nächster Woche noch mal rein, dann besuchen wir die Kyalami-Rennbahn (aber ohne Formel-1).
Viele Grüße, Rainer
Die Aufnahmen im Depot Bloemfontein entstanden am 02.09.1975
(1) (2) (3) Typische Morgenstimmung im Depot Bloemfontein
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(4) Fast wie leergefegt sieht es im Depot aus, nachdem die morgendliche „Rush Hour“ vorbei ist
(5) Blick vom Wassertank auf die Werkstätte des Depots Bloemfontein
(6) (7) (8) Auf diesen Bildern wird die rationelle Konzeption der Behandlungsanlagen deutlich. Es können auf beiden Seiten des Kohlebunkers mehrere Loks gleichzeitig abgefertigt werden.
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(8) Auch das Bewässern der Lokomotiven findet parallel auf mehreren Gleisen nebeneinander statt.
(9) Mehrere Lokomotiven, angeführt von einer 25NC, warten auf das Entschlacken und einige „kosmetische“ Arbeiten
(10) Die Lokomotiven 2721 bis 2770 der Klasse 19D wurden von R. Stephenson & Hawthorns 1945 mit Vanderbilt-Tender geliefert, umgangssprachlich auch „Torpedo-Tender“ genannt.
(11) Die Klasse 11 (912-947, im Bild Nr. 923), ist eine Rarität unter den Kapspur-Regelbaureihen. Sie hat als einzige die Achsfolge 1’D1‘.
(12) Auch schon 1975 sind Dampflokomotiven als Denkmal aufgestellt, wie hier die 16 DA 870 (Hohenzollern, 1925) vor dem Depot Bloemfontein.
(13) 23 3282 wird im Bahnhof Bloemfontein für die Fahrt mit dem Orange-Express Richtung Kimberley vorbereitet
(14) Der Orange Express verlässt den Bahnhof Bloemfontein
3-mal bearbeitet. Zuletzt am 2010:06:26:13:17:03.