So – nun geht es also los mit der FIFA-WM in Südafrika und, wie
hier angekündigt, mit meiner Beitragsserie „Südafrika 1975“.
Nachdem ein Teil der Hamburger Fotomafia 1974 in der Türkei die Dampflokomotive als Rückgrat des Bahnbetriebes erleben konnte, sollte nun 1975 mit einer Reise nach Südafrika der Olymp des Dampfbetriebes erklommen werden.
Es stellte sich heraus, dass die SAR (South African Railways) ein offenes Ohr für Eisenbahnfreunde hatten. Mehrere Telefonate mit dem Headquarter in Johannesburg bestärkten uns endgültig in der Entscheidung, die Reise zu wagen. Die von den SAR übersandten amtlichen Unterlagen ließen uns die Augen übergehen: Per Stichtag 01.08.1975 befanden sich 1.850 Dampflokomotiven, verteilt auf rund 40 Baureihen im Einsatzbestand. Depots mit über 100 Dampflokomotiven waren keine Seltenheit. Schnell war eine Rundreise zusammengestellt, die Depots wurden der SAR zwecks Erteilung einer Besuchsgenehmigung mitgeteilt.
Hier das „Rundum-Sorglos-Paket“ der SAR
Zeitlich hatten wir den September eingeplant, also die Übergangzeit vom Winter zum Frühjahr (südlich des Äquators sind die Jahreszeiten entgegen gesetzt zu unseren). Die Temperaturen sind dann in einem Bereich, in dem zumindest am Morgen mit einer guten Dampfentwicklung zu rechnen ist. Einen etwas bitteren Beigeschmack hatte die dort herrschende Apartheitspolitik. Sollte man dorthin reisen und dadurch das Regime indirekt unterstützen? Aber auch in den Jahren zuvor hatten wir Länder besucht, die nicht gerade als hochentwickelte Demokratien bekannt waren. So hielten wir es für besser, Südafrika mit eigenen Augen zu sehen und mit den Menschen zu sprechen (das würde bei einer Individualreise zwangläufig erforderlich sein).
Als die von den SAR zugesagten Besuchsgenehmigungen für diverse Depots eine Woche vor Reisantritt immer noch nicht vorlagen, wurden wir langsam unruhig und mussten letztendlich ohne die so wichtigen Unterlagen abreisen. Der Direktflug mit den British Airways brachte uns mit Zwischenlandungen in Zürich und Nairobi in ca. 14 Stunden nach Johannesburg.
Bevor es mit der eigentliche Reiseschilderung losgeht, noch einige Anmerkungen: Alle Ortsnamen und sonstigen geographischen Bezeichnungen entsprechen der 1975 gültigen Schreibweise, um die Reise auf dieser historischen Südafrika-Karte verfolgen zu können. Die gesamte Serie „spielt“ im Präsens, um ein ständiges hin- und herspringen in den Zeitformen zu vermeiden. Wenn ihr also lest, das Depot Bloemfontein beheimatet 149 Dampflokomotiven, bezieht sich dies auf das Jahr 1975! Technische Daten zu den Lokomotiven sind auf das Notwendigste beschränkt, Details sind
hier ausführlich dargestellt.
Sofort nach Ankunft auf dem Johannesburger Jan Smuts Airport rufen wir im SAR-HQ an und vereinbaren einen Termin. Dort werden wir schon von Mr. Barkley erwartet, der uns die Kopien der Genehmigungen übergibt und versichert, dass die Originale vor drei Wochen abgeschickt wurden. Nach dem (wie wir später feststellen sollten) obligatorischen Rotbuschtee/Rooibostea mit Milch und Zucker schickt er uns mit den besten Wünschen auf den Weg zum Kap der Guten Hoffnung (wie passend!).
Unsere Besuchsgenehmigung nach der Rundreise!
Die heutige Route von Johannesburg über Krugersdorp und Coligny nach Klerksdorp
Nach Übernahme unseres Mietwagens (ein VW Campingbus) steuern wir unser erstes Ziel an: Das Depot Millsite in Krugersdorp, an der Peripherie von Johannesburg gelegen. Der Zutritt zum Depot ist problemlos: Nach Anmeldung beim Locomotive Foreman (Afrikaans: Lokomotiefvoorman) und Vorlage unserer Besuchsgenehmigung gibt es den obligatorischen „Tee-Empfang“. Im Gegensatz zur von uns im vorherigen Jahr besuchten Türkei, wo man schon mal zwei Stunden bei ein paar Gläsern Cai „festgenagelt“ war, hat die Tee-Prozedur in Südafrika fast geschäftlichen Charakter. Nach kurzem Small Talk über die SAR und deren Dampflokomotiven können wir uns nach Belieben auf dem Gelände umsehen und fotografieren. Die Personale sind ausnahmslos sehr freundlich und hilfsbereit. Auch Kontakte zu den untergeordnete Dienste verrichtenden schwarzen Arbeitern sind möglich. Dies führte bei den weißen Personale manchmal zu Stirnrunzeln, denn solche Kontakte sind – soweit sie über Arbeitsanweisungen hinaus gehen – für sie größtenteils unüblich.
Obwohl Millsite nicht zu den größten Depots der SAR gehört, ist der Umfang der Gleis- und Betriebsanlagen beeindruckend. Das ganze Areal wird von einer mächtigen Bekohlungsanlage überragt. Auf diese werden Mittels einer Rampe Schüttgutwaggons hinaufgeschoben, die ihre geladene Kohle gleichzeitig nach unten entleeren. An beiden Seiten der Bekohlungsanlage werden die Lokomotiven versorgt. Wasserkräne in unserem Sinne sind nur auf Unterwegsbahnhöfen anzutreffen. Die Depots verfügen über umfangreiche Wasserleitungen mit Auslassstutzen, die sämtliche Behandlungsgleise überspannen, wodurch ein gleichzeitges Bewässern von mehreren Lokomotiven möglich ist.
Von Krugersdorp geht es weiter nach Coligny. Dort bekommen wir die Garratt-Baureihe GO vor das Objektiv. Leider wurde diese Klasse vor wenigen Monaten abgestellt. Das Tagesziel Klerksdorp erreichen wir am späten Nachmittag. Im Depot sind noch einige wenige Exemplare der Kondenslok Reihe 25 beheimatet, die hier im Rangierdienst aufgebraucht werden.
Alle Aufnahmen entstanden am 30.08.1975
(1) Eine Pacific der Klasse 16R verdient sich ihr Gnadenbrot mit dem Verschub von Waggons auf den Kohlebunker des Depots Millsite (Krugersdorp)
(2) 15CB 2070 beim Bekohlen in Depot Millsite
(3) Lok-Nr. 2292, eine Garratt der Klasse GM, ist im Depot Millsite abgestellt
(4) 15CB 2070 rangiert mit einigen Wasserwagen im Depot Millsite
(5) Die Verschubloks der Klasse S, hier die Nr. 361 im Depot Millsite, wurden 1928 von Henschel gebaut.
(6) Der Einsatz der Reihe GO endete bei der SAR im August 1975. Hier steht die Nr. 2586 kalt abgestellt im Depot Coligny
(7) Die „Allroundlok“ der SAR: Klasse 19D, hier die Nr. 2695 im Depot Coligny. Diese Lok wurde 1935 zusammen mit 39 Schwestern von Borsig geliefert
(8) Das südafrikanische Highveld ist nicht gerade mit Wasservorräten gesegnet, deshalb führen einige Lokomotiven einen Wasserwagen mit, wie hier eine 12R in Coligny.
(9) Klasse 12R im Depot Coligny
(10) Einige Kondensloks der Klasse 25 wurden nach dem Rückzug aus Beaufort West im Rangierdienst verwendet. Hier wartet ein Exemplar dieser Klasse im Depot Klerksdorp auf den nächsten Einsatz
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