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Speisen auf Reisen - Dokumente 1922 bis 1944

geschrieben von: berre_mz

Datum: 08.04.10 02:56

Werte Gemeinde, liebe Mitropisten,

in der Hoffnung, dass Ihr Euch von der lukullisch-bacchantischen Reise in die Kaiserzeit erholt habt, nun schon der zweite Teil unserer Speisewagen-Zeitreise, der uns in die 20er bis 40er Jahre führen wird - zu Aufstieg und Niedergang der alten Mitropa. Im Pulverdampf des 1. Weltkrieges entstanden, war es dann der nächste Krieg, der ihren Stern - oder war sie doch mehr ein Komet? - wieder verglühen ließ. Für immer. Denn nach dem Ende des 2. Weltkrieges war es nicht der Wundervogel Phoenix, der da aus der Asche stieg, sondern nurmehr ein gerupftes Huhn. Mit dem Namen Mitropa ward fortan nicht mehr der Glanz des paneuropäischen Reisens verbunden, sondern die miefige Provinzialität eines Systems, das seine Bürger zwischen Mauern gefangen hielt.

Ich will und kann hier nicht die Geschichte der Mitropa nacherzählen, das haben schon Berufenere getan, sondern möchte Euch einmal mehr zu einer Altpapier-Safari durch die Zeitläufte einladen. Wer nach unserer kaiserlichen Tour schon wieder feste Nahrung zu sich nehmen kann, dem darf ich nun einen Platz anweisen... "Sie werden platziert."

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Mein frühestes Mitropa-Dokument ist diese Ansichtskarte, die 1922 von einem Holländer auf der Fahrt von Cottbus nach Stuttgart im Speisewagen geschrieben und nach Amsterdam geschickt wurde. Da die Karte einen bayrischen Kasten-Bahnpoststempel trägt (Zugnummer leider nicht lesbar), nehme ich an, dass sie vom Kellner oder Schaffner noch während der Fahrt zum Briefkasten oder auch zum mitfahrenden Bahnpostwagen gebracht wurde. Na ja, Spekulation... Beim Speisewagen selbst handelt es sich um einen der vielen hundert Vorkriegswaggons, die von DESG, ISG, Riffelmann, Kromrey, Scheidling übernommenen worden waren. Die Mitropa selbst ließ die ersten eigenen Speisewagen erst 1927 bauen.

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Die Mitropa war 1927 auf der Werkbundausstellung in Stuttgart mit einem ihrer drei nagelneuen Speisewagen zu Gast. Da die Ausstellung unter dem Titel "Die Wohnung" stand, war natürlich insbesondere die Küche Gegenstand der Betrachtung - die raumsparende Anordnung sämtlicher Schränke, Geräte und Kochutensilien. Speisewagenküchen sollen auch Vorbild der ersten Einbauküchen gewesen sein.

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Im Wagen wurde für die Dauer der Ausstellung jeden Tag exakt jene Speisefolge auf den Tisch gebracht, die auch im D 33 Stuttgart-Berlin serviert worden wäre. Ich persönlich würde mich nach reiflicher Überlegung für das erste Menü auf der Karte entscheiden

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In den ersten Jahren waren die Waggons der Mitropa - außer den Teakholzwagen - in preußischem D-Zug-Grün lackiert und trugen eine gelbe Schrift. Um 1927 gab sich die Mitropa dann ein neues Erscheinungsbild, heute würde man von Corporate Identity sprechen. Fortan waren die Wagen bordeaux-rot, trugen ihr neues Emblem und die für Jahrzehnte typische kantige gelbe Schrift. Entworfen hatte beides der Gebrauchsgrafiker Karl Schulpig (1884-1948), dessen Modernität bei der Gestaltung des Signets wohl nicht überall gut ankam: Angeblich wurde der stilisierte Adler, der gleichzeitig das Mitropa-"M" darstellte, despektierlich "Gefriergans" genannt.
Das Firmenporträt, dessen Vorderseite ich hier zeige sowie zwei Fotos aus der Wäscherei, stammt zwar aus dem Jahre 1933 und passt daher an dieser Stelle nicht so recht zu meiner halbwegs chronologischen Vorgehensweise, aber Farbe, Emblem und Schrift markieren hier doch ganz gut die Identitätsfindung der Mitropa. Übrigens erhielt auch das Mitropa-Kursbuch das typische Rot, bis dahin hatte es einen gelben Einband (ich suche seit Jahren ein gelbes Mitropa-Kursbuch ... bislang vergeblich. Wer also weiß, woher ich eines bekommen könnte, bitte melden!!!)

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Dieses Preisverzeichnis vom Winter 1928/29 trägt schon Schriftzug und Emblem. Unten ist links ist "Ah" für Anhalter Bahnhof in Berlin notiert, dann die Zugnummer FD 6, unten rechts die Streckennummer FD 2, was wohl bedeutet, dass die Mitropa ihren verschiedenen Fernstrecken eigene Streckennummern gegeben hat. Auch auf dem Fahrplan steht rechts oben nochmals "Strecke 2". Was mir nicht ganz einleuchtet, ist die Tatsache, dass der Speisewagen nur bis und ab Heidelberg lief. Dass hieße ja, dass man mir mein wohlverdientes Abendessen vorenthält... Ansonsten sehr schön - die Anschlüsse: Wer würde nicht nochmals gerne bis nach Rom fahren? Oder gar bis Neapel, das am späten nächsten Abend erreicht wurde.

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Die Regeln der Mitropa unterschieden sich nicht wesentlich von ihren Vorgängerunternehmen, außer dass das Rauchen zumindest im Raucherabteil des Speisewagens erlaubt war. Man beachte unten die Ausleihe von Gegenständen gegen Pfand und entsprechende Pfandmarken.

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Auch beim Essen sind im Großen und Ganzen wenige Unterschiede zur Vorkriegszeit festzustellen. Die Mitropa hielt an den gemeinsamen Mittags- und Abendmahlzeiten fest, während derer es kein Essen nach der Karte gab. Im Übrigen war man bemüht, auch einfache, preiswerte Gerichte anzubieten, war die Mitropa doch bestrebt, auch Reisende der 3. Wagenklasse als Gäste zu gewinnen. Ähnlich auch bei den Schlafwagen, bei denen mehr und mehr Betten in der untersten Kategorie angeboten wurden.

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Auf der Weinkarte zeigt sich eine Besonderheit - der eigene Mitropa-Wein. Nachdem die Gesellschaft die Kellereien von Franz Klein in Traben-Trarbach an der Mosel erworben hatte, fanden sich auf der Karte die Weine "Mitropa Kupfer", "Mitropa Silber" und "Mitropa Gold". Auf dieser Karte stehen diese Qualitätsbezeichnungen noch in Klammern hinter den Orts- bzw. Lagebezeichnungen, später fanden sich da nur noch die Bezeichnungen Kupfer, Silber und Gold - übrigens auch noch in den ersten DSG-Jahren nach dem Krieg.

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Das gute, wohl auch etwas schwere und zumal noch reichhaltig portionierte Essen muss natürlich durch etwas Scharfes und eine Zigarre abgerundet werden. Traditionsmarken finden sich hier wie dort - Underberg, Curacao, Jacobi oder auch Reemtsma und Neuerburg. Bei den Zigaretten-Herstellern gab es die Senoussi noch bis in die 60er Jahre, mit der Overstolz kann man sich sogar heute noch die Lunge teeren...

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Ein Abteilzettel aus dem Jahr 1929. Offenkundig wurde die Menü-Folge zunächst handschriftlich vorgeschrieben und dann mit einer Vervielfältigungsmaschine auf die Zettel kopiert, die in jedem Abteil ausgelegt wurden. In diesem Fall ist das Ganze etwas verrutscht, weshalb das Datum 10. Juli 1929, die Zugnummer und die Strecke etwas nach unten ausgewandert sind. Die Zugnummer kann ich nicht entziffern, und leider fehlt mir auch ein Kursbuch von 1929.
Auf dem Titelblatt auch eine schöne Werbung für Reisekissen, die für eine Mark gemietet werden konnten, wovon vor allem Reisende der Holzklasse Gebrauch machten. Erfunden und sehr gut in den Markt eingeführt hatte dies die Siesta-Gesellschaft, weshalb sich der Begriff Siesta-Kissen auch noch lange nach Übernahme des Geschäfts durch die Mitropa hielt. Der Kampf um Siesta, der sogar zu heftigsten Debatten im Reichstag führte, wäre übrigens ein ganz eigenes Kapitel wert... Deshalb schiebe ich hier noch eine Reisekissen-Werbung aus der Mitropa-Zeitung vom Oktober 1931 ein, bevor ich die Rückseite des Abteilzettels zeige.

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Hier nun die Rückseite des Abteilzettels, der einen kurzen Auszug aus dem Preisverzeichnis bot, dazu freundlich-werbende und erklärende Worte zu Angebot und Preisgestaltung des Speisewagen-Betriebs. Die unten angegebene Adresse Universitätsstr. 2-3 a in Berlin NW 7 war übrigens für Jahrzehnte die Anschrift der Mitropa - auch nach dem 2. Weltkrieg soweit ich weiß.

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Ein kleiner Blick in das Reich des Kochs, der auf schaukelndem-schlingernden Untergrund viel Geschick brauchte, um die vielgängigen Menüs zu zaubern. Gefeuert wurde mit fetter Anthrazit-Kohle, zumindest habe ich es mal so irgendwo gelesen, was mancherorts in Bahnhöfen zu Problemen führte. Wenn nämlich ein Zug bereitgestellt wurde und der Koch schon mal Feuer machte, so musste er, wenn der Wagen innerhalb der Halle stand, eigentlich die Klappen geschlossen halten, damit kein Qualm nach außen dringen konnte, was selbstredend für das Personal sehr unangenehm war. Diese Regelung wurde umgangen - außer, ein wenig freundlich gesonnener Aufsichtsbeamter bestand darauf, dass die Klappen geschlossen werden. Das Speisewagenpersonal revanchierte sich bei der Reichsbahn, in dem alles Bruchgeschirr gesammelt und bei einem etwas heftigeren Anstoßen durch die Lok dann der DRG als angeblicher Rangierschaden in Rechnung gestellt wurde...

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Zwei Ansichtskarten aus den neuen Mitropa-Speisewagen - und welch ein Unterschied zu den Vorkriegsbauten von DESG, ISG oder Riffelmann. Die verspielte Opulenz ist formaler Strenge gewichen, künstlerische Deckenverzierungen und -ventilatoren gibt es nicht mehr und statt einzelnen Stühlen wurden nun fest montierte Sitze und Bänke geboten, die mal in dunkles, mal in helles Holz gefasst sind. Auf den ersten Blick scheinen die beiden Fotos fast identisch, man beachte aber auf der oberen Ansichtskarte die Tischleuchten und den anderen Teppichboden.
Aber bevor wir nun tiefer in die 30er Jahre vordringen, noch ein kurzer Blick zu unseren deutschsprachigen Nachbarn:

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Dieser Werbeprospekt aus Österreich von 1937 mit interessanten Fahrplänen von der Südbahn- und der Westbahnstrecke zeigt, dass die österreichischen Strecken wie schon vor dem 1. Weltkrieg fest in der Hand der CIWL war, dem nach wie vor großen Gegenspieler der Mitropa. Deutsche Reisende dürften kaum in den Genuss einer solchen Fahrt durch Österreich gekommen sein, denn Urlaubsreisen ins schöne Nachbarland waren vom Nazi-Regime, dass die Alpenrepublik mit eine Vielzahl von Zwangsmaßnahmen sturmreif für die Angliederung schießen wollte, mit einer horrenden Strafsteuer von 1000 RM belegt worden, die den Tourismus praktisch zum Erliegen brachte. Und nun in die Schweiz:

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Die Schweizerische Speisewagen-Gesellschaft hatte eigene Fahrplanhefte, die nur die Läufe ihrer rollenden Restaurants wiedergaben. Hier die Ausgabe von 1923 (re.), die bei der Gestaltung noch ganz in Tradition der Belle Epoque stand, und der wesentlich schmucklosere Fahrplan von 1938.

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Ein Blick ins Innere des 23er Fahrplans, der durch Umrahmungen herausstellte, auf welchen Strecken innerhalb eines Zuglaufes Speisewagen beigestellt waren. Rechts die Fahrpläne der ebenso exklusiven wie landschaftlich exquisiten Montreux-Oberland-Bahn (MOB), die in zahlreichen Zügen, aber immer nur auf mehr oder minder langen Abschnitten, Speisewagen anbot.

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Nur zwei kleine Details am Rande bei diesem Blick in den Speisewagen-Fahrplan von 1938 auf der Gotthard-Bahn. So sind die Begriffe Morgenessen für Frühstück und Nachtessen für Abendessen mir als einem des Alemannischen mächtigen Südbadener zwar geläufig - weiter nördlich meiner Heimat dürften sie aber weniger bekannt sein. Und beim links aufgeführten Kurs ist mir aufgefallen, dass die Gäste der zweiten Mittagessen-Serie zwischen Göschenen und Biasca das erste Viertel ihrer Mahlzeit im Dunkel des Gotthard-Tunnels genießen durften...

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Hier noch eine schöne Werbung aus dem SSG-Fahrplan - aus einer Zeit, als das Rauchen auf Reisen noch nicht verpönt war und eine gute Zigarre für den weltläufigen Herrn den würdigen Abschluss eines Mahls darstellte...

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Nun ein Blick in einen schweizerischen Speisewagen ... aber einen mit deutschem Eigentümer. Die Mitropa hatte sich 1928 auf der Rhätischen Bahn und der Bernina-Bahn - damals noch zwei getrennte Unternehmen - den Speisewagendienst gesichert.

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Das obere Bild zeigt einen der bei Schlieren hergestellten Waggons mit dem großen Mitropa-Schriftzug, der übrigens in einer gar nicht so alten Publikation über die Rhätische Bahn auf einem historischen Foto einfach wegretuschiert wurde.... ob schon damals nach Entstehen des Bilder oder später, das sei dahingestellt. Dabei waren die Wagen damals hochmodern, verfügten sie doch über eine elektrische Küche, und sie stehen noch heute bei der Rhätischen im Sonderzug-Einsatz. Unten mein Schweizer Lieblingsbahnhof - Alp Grüm an der Berninabahn. Die Sonnenterrasse dort hoch über dem Tal mit freiem Blick auf die weiße Schulter des Piz Palü, hinunter ins Puschlav oder weit schweifend zu den Bergamasker Alpen - das ist mein Paradies. Damals wurde das Bahnhofsbuffet ebenfalls von der Mitropa betrieben, so wie sie auch in Deutschland mehr und mehr Bahnhofswirtschaften übernahm.... und damit sind wir von unserem Exkurs wieder zurück in Deutschland....

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Zu den Bahnhofsgaststätten, die von der Mitropa übernommen wurden, gehörte auch die des Frankfurter Hauptbahnhofs. Da der Betrieb auf dieser Karte von 1936 noch als GmbH firmiert, würde ich davon ausgehen, dass die Übernahme erst später erfolgte. Weitere Mitropa-Bahnhofswirtschaften waren etwa Basel Badischer Bahnhof, Königsberg und im Krieg noch Thorn, Warschau und Krakau.

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Ein kleiner Blick auf eine Hälfte der Frankfurter Speisekarte. Man beachte rechts oben die angebotenen Eintöpfe zu 2 Mark, von denen 1,20 RM an das Winterhilfswerk (WHW) gingen. 1933 hatten die Nazis den Eintopfsonntag ins Leben gerufen, der besagte, dass an jedem ersten Sonntag der Monate Oktober bis März in den Familien und in Wirtschaften nur Eintopf gegessen werden sollte. Das ersparte Geld - von den Nazis mit 50 Pfennigen veranschlagt - wurde dann zugunsten des WHW eingesammelt. Diese Karte hier stammt von einem jener Eintopf-Sonntage, dem 8. März 1936, weshalb eben jene Gerichte, teils in verfeinerter Form, angeboten wurden. Ob man zum Eintopfessen verpflichtet war oder ob es reichte, wenn man seinen Obolus entrichtete, entzieht sich meiner Kenntnis.

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Die meisten Bahnhofswirtschaften verharrten in ihrer alten gründerzeitlichen Großartigkeit, doch dort wo neu gebaut oder auch umgebaut wurde, kam ein schlichterer Stil zum Zuge. Hier im Bahnhof Kempten im Allgäu zeigt sich dies im Wartesaal 2. Klasse sehr gut. Der Raum unter der Kassettendecke zeigt eine sachlliche, wenn auch vornehme Gestaltung - ohne Lüster, Stuck und ähnliches Gepränge. Dafür gab es dann dem Stil der Zeit entsprechend heimattümelnde Gemälde oder andernorts auch Wandmalereien.

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Zu jeder Bahnhofsrestauration gehörte auch der Ausschank auf dem Bahnsteig wie hier in Schneidemühl - falls man nicht durch die Sperre wollte oder einfach die Zeit zu knapp war. Ich kann mich noch bestens an eine solche solche Einrichtung erinnern, denn auch in meiner Heimatstadt Lörrach gab es auf dem Bahnsteig noch bis Ende der 60er Jahre, vielleicht auch noch länger, einen solchen Ausschank, der wie hier auf diesem Bild als eine Art Vorbau gestaltet war. Was auch praktisch ganz verschwunden ist - ich wüsste nicht, wo es so etwas noch gibt -, ist die Wirtschaft auf dem Bahnsteig selbst, also die Möglichkeit auf dem Bahnsteig zu essen und zu trinken. Herrlich die Vorstellung, etwa in Schneidemühl auf dem Bahnsteig zu sitzen, gemütlich ein Bier zu sich zu nehmen und dabei den Betrieb im Bahnhof zu beobachten - die einlaufenden Züge, den Rangierbetrieb, die Fahrgäste...

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Auf kleinen Bahnhöfen war das ebenfalls üblich wie diese Karte von der schlesischen Trebnitz-Prausnitzer Kleinbahn zeigt. Diese Kleinbahn hatte ihren Ausgangspunkt mitten auf dem Breslauer Benderplatz, Siegfried Bufe hat ganz wunderbar davon erzählt, dann ging es hinaus aufs Land, mitten durch die Dörfer.

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Bevor wir uns jetzt wieder auf die Schiene begeben, hier noch eine Speisen-Karte von einem kleineren Bahnhof, vom neugestalteten Bahnhof Neubabelsberg, der später Potsdam-Babelsberg Ufa-Stadt hieß.

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Ein schönes Angebot, das auch immer eine Tageskarte enthielt - hier mit Karpfen blau, Gänsebraten oder Ente. Warme Speisen gab es immerhin bis 24 Uhr.

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Zurück im Zug sehen wir drei sehr unterschiedlich gestaltete Speisekarten aus den Jahren 1935, 1937 und 1939 (v.r.n.l.). Die linke galt von Mai bis August 1935 für die Strecke 190 (Berlin/Dresden)- Frankfurt - Basel und fand sich in den Nachtzügen D 2, D 202 und D 76 sowie deren Gegenzügen. Der Speisewagen war immer nur ab (südwärts) oder bis (abends) Frankfurt eingestellt. Das hübsch gestaltete Zugspitz-Motiv ziert die Karte von März bis Mai 1937 auf der Strecke 176 im Speisewagen des D 185 / D 186 zwischen Stuttgart - Göttingen und zurück. Abermals ein Motiv von der Zugspitze fand sich zwischen Januar und März 1939 auf dem Titel des Preisverzeichnisses. Rückseitig sind die Fahrpläne des D 244 Berlin - Frankfurt und des D 241 Frankfurt - Berlin sowie von D 156 Berlin - Leipzig und D 29 Leipzig - Berlin aufgeführt. In die Weinkarte wurde im März 1939 noch ein kleiner, gedruckter Zettel eingeklebt: "Restbestand! Bordeaux-Wein - 1922er Chat. de Rayne Vigneau Sauternes (weiß) 1/1 Fl. RM 5.-" Die Weinkenner unter Euch können mir vielleicht sagen, ob das ein guter Jahrgang war, ansonsten wurden in dieser Karte keine einzelnen Jahrgänge aufgeführt.

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Ein Menüzettel vom 24. September 1930 aus dem D 21 München - Berlin, der beim gemeinsamen Mittagessen auf den Tischen lag, wenn ohnehin nicht nach Karte bestellt werden konnte. Wer sich allerdings damals - mitten in der verheerenden Wirtschaftskriese - dieses Essen leisten konnte, das sei dahingestellt. Viele werden es nicht gewesen sein.

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Hier ein Abteilzettel vom Dezember 1936 - unschwer an dem großen Loch für die Befestigung am Kleiderhaken zu erkennen. Wer wollte, der konnte auch im Abteil etwas zu sich nehmen. Dafür wurde ein kleines Tischchen zur Verfügung gestellt.

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Die Tageskarte aus dem D 185 Stuttgart - Göttingen, dem wir ja bereits oben begegnet sind. Die Besonderheit hier ist die Angabe der Wagensnummer WR 311. Dabei handelt es sich um einen 1911 in Wismar für die "Nordwestdeutsche Speisewagen-Gesellschaft vereinigter Bahnhofswirte" gebauten Wagen mit der alten Nummer Ffm 01011, der dann am 7./8. Juli 1941 durch Flieger zerstört und im gleichen Jahr noch im RAW Köln-Nippes verschrottet wurde. Ein sehr früher Kriegssverlust also, denn 1941 waren die Feindeinflüge ins Reich noch sehr rar. Möglicherweise hatte ersich auch in Frontnähe befunden, was aber die Frage aufwerfen würde, warum man ihn dann extra nach Köln zum Verschrotten brachte.

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Ein kleines Konvolut, das oben rechts eine Ansichtskarte zeigt, wie sie im Speiseabteil des Schnelltriebwagens gekauft werden konnte. Rechts dann eine Speisewagen-Quittung von 1930, die neben der Zugnummer (wobei ich mit 788 nichts anzufangen weiß) auch den diensthabenden Oberkellner vermerkte. Rechts unten der Reservierungszettel für das gemeinsame Mittagessen, der mir dann endlich eröffnete, warum in alten Speisewagen einst die Sitze nummeriert waren - als Reservierungsnummer für die gemeinsame Mahlzeit.

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Nachdem nun der Gong des durch die Gänge gehenden Kellners zum Mittagessen gerufen hat, nehmen wir Platz im Speisewagen und finden dort - die Mitropa-Zeitung. Sie gehörte seit 1926 zur Grundausstattung jedes Speisewagens und war zum Mitnehmen gedacht. Es gab verschiedene Ausgaben für die großen Mitropa-Standorte Berlin, Frankfurt, Köln und München (mehr sind mir nicht bekannt), die neben Kurzgeschichten, Rätseln, Witzen und Annoncen auch allerlei Wissenswertes über die jeweiligen Städte, über Veranstaltungen etc. boten.

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Besonders interessant und umfangreich war immer die Berliner Ausgabe, die auch Theater-Kurzkritiken enthielt oder Nachrichten aus der Gesellschaft. So erfährt man in der Mitropa-Zeitung, Berliner Ausgabe vom Oktober 1931, unter der Rubrik "Wer ist heute in Berlin?", dass der berühmte Emil Jannings im Kaiserhof abgestiegen ist, um bei der Ufa einen Film unter der Regie von Kurt Siodmak zu drehen, dem Drehbuchautor und Bruder des berühmten Film-Noir-Regisseurs Robert Siodmak. Die Mitropa-Zeitung berichtet auch, dass gleich nach dem Abdrehen in den selben Kulissen noch eine französische und englische Version des Films mit Schauspielern aus eben jenen Ländern gedreht wurde - Synchronisation war wohl noch unbekannt.
Rechts eine Ausgabe von 1939 - nun hatte das Rot auch die Mitropa-Zeitung erreicht. Dafür war dann das Signet vom Titel verschwunden.

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Hübsch, dieses Gedicht auf den Speisewagen aus der Mitropa-Zeitung, und auch die Annoncen sind schön anzuschauen. Etliche Firmen werben für sich mit dem Hinweis, dass ihre Produkte auch im Speisewagen erhältlich seien.

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Hier eine schöne Werbung für Frankfurter Binding-Bier aus dem Jahr 1935, das sich allerdings eines wesentlich älteren Fotos - wahrscheinlich aus den 20er Jahren - für den Hintergrund bedient. Der Speisewagen trägt noch die alte Schrift und ist ganz offenkundig auch grün lackiert.

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Diese sehr schöne Werbung für das Mitropa-Kursbuch stammt aus dem Jahr 1931 und bedient sich der Kunstform der Kollage, die in den 20er Jahren hochmodern war. Wenig später war sie bereits nicht mehr gebräuchlich. Interessant die Bahnsteigszene aus Naumburg an der Saale, unten Berliner Straßenimpressionen.

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Bevor wir uns dem finalen Mitropa-Kapitel widmen, noch eine Speisekarte aus der Nichtkriegszeit (fälschlicherweise oft als Friedenszeit bezeichnet). Dieses originell gestaltete Dokument stammt aus Hannover vom 27. Januar 1939. In diesem Jahr wird den Juden die Benutzung von Speise- und Schlafwagen verboten, ein weiterer Schritt der Ausgrenzung, die bald darauf in den Massenmord mündet.

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Zwei Jahre später, am 16. Februar 1941, lag diese prächtig gestaltete Karte im Hauptbahnhof zu Chemnitz aus, aber der Blick ins Innere war dann doch sehr ernüchternd...

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... , es war lediglich ein einzelnes kleines Blatt eingelegt, das ich hier im richtigen Größenverhältnis zum Umschlag zeige. Ernüchternd nicht nur das geschrumpfte Angebot - dabei lagen Balkan- und Russland-Feldzug, alliierter Bombenterror und totaler Krieg noch vor den Menschen -, sondern die nunmehr schon zwei Jahre gültige Zwangsbewirtschaftung aller Lebensmittel. Egal, ob man in einem Laden Lebensmittel kaufte oder in einem Restaurant essen ging, man musste stets zusätzlich zur Bezahlung Lebensmittelmarken abgeben: Hier auf dieser Karte sind es Fleischmarken und Fettmarken, je nach dem Gehalt der jeweiligen Mahlzeit. Keine Marken, kein Essen - außer bei Salaten oder dem markenfreien Stammessen, das allerdings entsprechend geschmeckt haben dürfte. Angesichts der Markenwirtschaft kann man sich vorstellen, wie schwierig es für untergetauchte Menschen - Juden oder politisch Verfolgte - war, zu überleben. Ohne die Hilfe anderer Menschen, die von ihren ohnehin wenigen Marken etwas abgaben, war das nicht möglich. Für jene mutigen Helfer, die KZ-Haft und auch ihr eigenes Leben riskierten, gibt es in Israel einen schönen Ehrenbegriff: "Gerechter der Völker".

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Ein Menüzettel aus dem Frankreich des fünften Kriegsjahrs, kurz vor der Invasion der Alliierten in der Normandie. Die Mitropa bewirtschaftete also noch französische Züge, während im Reich der Speisewagenverkehr längst eingestellt war. Marken waren auch hier vonnöten, obwohl es den ganzen Krieg über in Frankreich eigentlich immer alles gab - wenn man die entsprechenden Kanäle kannte.

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27. November 1944 - die Russen stehen schon mit einem Bein in Ostpreußen, wo sie furchtbare Gräuel anrichten, die Amerikaner haben mit Aachen bereits die erste deutsche Stadt erobert, Hamburg ist restlos von Bomben vernichtet. In der Hauptbahnhofswirtschaft der Hansestadt gibt es warme Speisen von 11.30 bis 20.45 Uhr, danach macht es wegen der vielen nächtlichen Angriffe nur noch wenig Sinn. Man beachte bitte die vielen kleinen Anmerkungen, die der Mangelwirtschaft geschuldet waren - "Bestecke sind gegen Pfand am Büfett abzufordern", "Kriegssteuer für Bier", "Dienstags und freitags nur fleischlose Gerichte" oder - beim Rotwein - die Anmerkung "Es ist den Kellnern bei Strafe verboten, den Gästen mehr als 1 Glas zu verabfolgen".

Nein, mit Speisen auf Reisen hatte das nichts mehr zu tun. Essen war nur noch zum Überleben da, Alkohol – wenn er nicht ohnehin limitiert war – zum Betäuben angesichts der unmenschlich schweren Sorgen und Ängste. Kein schöner Abschluss für meinen Ausflug in die Zeit der Mitropa … und doch ein Teil unserer Geschichte, der Geschichte unserer Eltern und Großeltern, und auch ein Teil der Bahnhistorie. Tröstlich, wenn bei diesem totalen Untergang überhaupt irgend etwas tröstlich sein kann, ist allein die Tatsache, dass nur vier Jahre nach der Stunde Null aus dreien der vier Besatzungszonen ein demokratischer Staat aus den Trümmern erwuchs, dessen Bürger wieder frei reisen durften.

Schon 1947 war in der US-Zone wieder der erste D-Zug mit Speisewagen unterwegs gewesen, der auch für Deutsche zugänglich war. 1950 entstand im Westen aus den Trümmern der Mitropa die DSG, die an die positiven Traditionen ihrer Vorgängerinnen anknüpfte – auch beim Rot ihrer Speisewagen. Aber das ist eine andere Geschichte, die ich Euch irgendwann erzählen werde … vielleicht auch in gedruckter Form, aber wer weiß das schon….

Nun ziehe ich mich diskret in mein privates Zweibettabteil zurück,
und verbleibe mit freundlichen Grüßen
(insbesondere an einen Herrn in Hamburg, der mir jüngst mit seiner Schilderung der Menüfolge eines auf Mitropa-Geschirr servierten Abendessens den Mund wässrig gemacht hat)

Euer Michael / berre_mz



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1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2010:04:08:17:42:34.

Re: Speisen auf Reisen - Dokumente 1922 bis 1944

geschrieben von: scottie

Datum: 08.04.10 09:15

Hallo,
ich habe den Beitrag genossen!
Meine Anerkennung für den Fleiß bei der Erstellung dieses Beitrags!!


Gruß
Scottie

Re: Speisen auf Reisen - Dokumente 1922 bis 1944

geschrieben von: ET 403

Datum: 08.04.10 09:21

VIELEN DANK!

Einfach klasse und liebevoll gemacht. Da könnte tatsächlich ein Buch daraus werden?????

Re: Speisen auf Reisen - Dokumente 1922 bis 1944

geschrieben von: Jörg Schwabel

Datum: 08.04.10 09:21

Wahnsinn!

Ein Abteilzettel aus dem Jahr 1929. Offenkundig wurde die Menü-Folge zunächst handschriftlich vorgeschrieben und dann mit einer Vervielfältigungsmaschine auf die Zettel kopiert, die in jedem Abteil ausgelegt wurden. In diesem Fall ist das Ganze etwas verrutscht, weshalb das Datum 10. Juli 1929, die Zugnummer und die Strecke etwas nach unten ausgewandert sind. Die Zugnummer kann ich nicht entziffern, und leider fehlt mir auch ein Kursbuch von 1929.

Es könnte sich lt. STORM-Kursbuch, gültig ab 6. Oktober 1929 (Nachdruck, Verlag Ritzau) um den D 4 gehandelt haben (ab Berlin Lehrter Bf. 09:06 h, an Altona Hbf. 13:35 h), der im Sommer nach Westerland fuhr, und zwischen Altona und Westerland vmtl. auch Abendessen anbot. Lt. meinem Kursbuch verkehrte er im Winter eben nur bis Altona.

In die Weinkarte wurde im März 1939 noch ein kleiner, gedruckter Zettel eingeklebt: "Restbestand! Bordeaux-Wein - 1922er Chat. de Rayne Vigneau Sauternes (weiß) 1/1 Fl. RM 5.-" Die Weinkenner unter Euch können mir vielleicht sagen, ob das ein guter Jahrgang war, ansonsten wurden in dieser Karte keine einzelnen Jahrgänge aufgeführt.

Schwer zu sagen, ob 1922 ein guter Jahrgang war. Ich gehe davon aus, daß der Wein - Sauternes ist ein wundervoller Süßwein aus der Gegend südöstlich von Bordeaux - sicherlich heute noch trinkbar wäre. Der Name des Weingutes bürgt für Qualität, der Wein selbst ist als "Grand Cru Classé" bzw. "1er Cru Classé" eingestuft, was bei diesem Wein eine herausragende Qualität bezeichnet. So ein Fläschchen für RM 5,00 - ich wäre sofort dabei!

P.S.: Wie viele Dachböden besitzt Du eigentlich? ;-))

Dank und Gruß aus Wien



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2010:04:08:11:22:56.

Re: Speisen auf Reisen - Dokumente 1922 bis 1944

geschrieben von: steamjoe

Datum: 08.04.10 09:44

Vielen Dank für diesen Streifzug durch die Speisewagengeschichte, für dessen Lektüre (beider Teile) ich mir mehr als eine Stunde Zeit genommen habe, wie ich gerade mit Erschrecken feststelle. Aber es war jede Minute wert! Ich habe viel Neues gelernt und stelle mir gerade vor, wie in es früher in unserem vereinseigenen Speisewagen zugegangen sein muss.
Eine Anmerkung sei mir gestattet: Auch heute könntest du noch eine Bahnhofsgastronomie zwischen den Gleisen erleben, und zwar in Altenbeken. Dort gibt es noch eine funktionierende Bahnhofsgaststätte, sogar mit einer Art "Bahnsteigausschank".

Re: Speisen auf Reisen - Dokumente 1922 bis 1944

geschrieben von: KVB12

Datum: 08.04.10 16:11

Sehr schöne Zeitdokumente! Bei der Speisenfolge am 01.02./02.02.1927 könnte einem glatt das Wasser im Mund zergehen. Sowas wird es im ICE garantiert NIEMALS geben!

Re: Speisen auf Reisen - Dokumente 1922 bis 1944

geschrieben von: Eurocity341

Datum: 08.04.10 17:28

Hallo!

Grandios!

Zum 27.11.1944: Die Amerikaner standen schon in Deutschland. Aachen wurde bereits am 21./22. Oktober 1944 besetzt. Dies kann man in verschiedenen Chroniken nachlesen.

Im letzten Kriegskursbuch, welches ab dem 4. Juli 1944 galt, gab es auch innerhalb des Reichsgebietes noch einzelne D-Züge, die einen Speisewagen führten. So wies das Zuglaufverzeichnis folgende Züge auf, welche diesen Service sollten:

So wurde dem D 103/104 (Paris - Saarbrücken - Worms - Frankfurt (Main) - Leipzig - Berlin, mit Kurswagen von/nach Hendaye/Irun) zwischen Worms und Berlin noch ein Speisewagen eingestellt.

Auch das D-Zug-Paar D 37/38 (Paris - Strassburg - Stuttgart - München - Salzburg - Wien), wurde lt. diesem Kursbuch zwischen Stuttgart und Wien ein Speisewagen beigegeben.

Desweiteren führte der D 112/111 (Berlin - Hannover - Osnabrück - Amsterdam/den Haag) einen Speisewagen Berlin - Amsterdam.

Auch die Züge D 77/78, D 79/80 (München - Nürnberg - Saalfeld (Saale) - Berlin) und D 21/24 (München - Hof - Berlin) hatten noch Speisewagen.

Auch im Generalgouvernement soll im D 353/354 (Krakau - Cholm) ein Speisewagen mitgeführt worden sein.

Durch die Kriegsereignisse war allerdings der Einsatz dieser Wagen äußerst fraglich.

edit: einige Züge sind dazugekommen

Mit freundlichen Grüßen

Der Cottbuser




2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2010:04:08:20:14:43.

Re: Speisen auf Reisen - Dokumente 1922 bis 1944

geschrieben von: yg

Datum: 08.04.10 19:43

Hallo,

habe mal auf die Schnelle das Mitropa-Emblem von 1933 von Bild 4 (Scan 4)
als Entwurf und PDF-Dokument umgesetzt.

Die Ausbildung des Adlerkopfes (Schnabel) ist noch verbesserungswürdig.

@berre_mz: Falls Interesse an einer Optimierung besteht, wäre eine höhere
Auflösung des Ursprungsbildes und die Größenangaben des Originals hilfreich.


Gruss,
YG

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Die Eisenbahnen im Harzvorland

http://www.eisenbahn-harzvorland.de/htm/sig_br.gif

Re: Speisen auf Reisen - Dokumente 1922 bis 1944

geschrieben von: A.St.

Datum: 08.04.10 23:36

Lieber „berre_mz“,

nachdem ich (10 Jahre älter als Sie) nun mit großem Intersesse und noch mehr Vergnügen mehrere Ihrer Beiträge (wobei unter diesen die „Winterreise 1951“ besonders hervorsticht!) bisher einfach still genossen habe, muß ich Ihnen meine Begeisterung diesmal endlich öffentlich mitteilen. Sie haben eine glückliche Hand dafür, genau die Eisenbahnatmosphäre, die auch mich so fasziniert und an meine Kindheit und Jugend denken läßt, wieder lebendig und erlebbar zu machen. Meine, im Alter von Mitte 40, wiedererwachte Modellbahnleidenschaft mit einem nicht mehr endenden Streben danach, die verschwommenen Bilder mit gesammelten Vorbildfakten wieder zu schärfen, ist sicher solchen nostalgischen Gefühlen geschuldet.
Neben den vielen Eisenbahnfotografen und anderen Themenspezialisten, die in diesem Forum Schätze veröffentlichen, heben Sie aus den Gedächnisnebeln wieder konkrete Gemälde vergangener Tage ans Licht.
Zwei Bemerkungen möchte ich mir noch erlauben.
Soweit mir bekannt ist, entstand der Begriff „Gefriergans“ für das Mitropa-Emblem, das ich, meiner Generation entsprechend, ohnehin mehr mit der „DSG“ verbinde, die für mich gefühlsmäßig die „eigentliche“ Mitropa nach dem Krieg geblieben ist (daran können auch politisch-rechtliche Formalfestlegungen aus der Entspannungsära nichts ändern), nicht Ende der 20er-Jahre. Ich nehme einmal an, daß Gefriergeflügel zu dieser Zeit in der Bevölkerung auch noch wenig verbreitet war. Vielmehr war es der Spottbegriff für den aus ideologischen Gründen „geköpften“ Ost-Mitropa-Adler. Ein an das „Reich“ oder die „revanchistische“ Bonner Republik anspielendes Symbol ging im „Arbeiter- und Bauernstaat“ natürlich garnicht! Das rudimentäre „M“ mit Rad (übrigens 6-speichig, um auch nicht entfernt mit einem Hakenkreuz verwechselt werden zu können) ähnelt, wenn man das Originalemblem im Hinterkopf hat, aber tatsächlich einer Gefriergans, die ja auch ihres Halses und Kopfes beraubt ist.
Als gebürtigem Hamburger fiel mir in der Speisekarte des Frankfurter Bahnhofsrestaurants das angebotene „Hamburger Brot“ auf, worunter ich mir nichts vorstellen kann. Wenigstens habe ich inzwischen gelernt, daß die in Nordniedersachsen sogenannte „Hamburger Gekochte“ nichts weiter als die „gekochte Mettwurst“ von zu Hause ist. In Hamburg selbst gibt es zwar den Begriff: „Hamburger Butterbrot“ (eine Brötchenhälfte mit Wurst oder Käse und einer Scheibe Schwarzbrot belegt), ob dies aber damit gemeint sein könnte, weiß ich nicht. Immerhin dürfte mit „Hamburger Rundstück“ (auch in Babelsberg serviert) das „Rundstück warm“ gemeint sein: eine Rundstückhälfte (pardon: Brötchenhälfte), belegt mit einer etwas dickeren Scheibe kalten Bratens, übergossen mit heißer Bratensoße und einer Gewürzgurke dazu, auf einem Teller serviert. Letzteres bot früher jeder Imbiß in Hamburg an, heute findet man es manchmal noch auf dem Hamburger Dom.

Ihr A.Sternberg

Herr Ober . . .

geschrieben von: Buharli

Datum: 09.04.10 00:21

Werter berre_mz!
Ob notgedrungen oder mit kindlicher Vorfreude: Wir spätgeborenen Endzeit-Mitropisten reisten und speisten unter der Käseglocke des real existierenden Sozialismus. Bei Krümelkaffee, Eierspeisen und Soljanka stärkte sich, wer als umtriebiger Reisender in Sachen Dampf unterwegs war. Hier erfreut sich ein solcher am 30. April 1983 im Bahnhof Gardelegen an den gewagt-konterkarierenden Mustern von Tapete und Tischdecke – und bestellt . . . vergeblich.

http://www.abload.de/img/mitropagardbenne300483j5ur.jpg

Wohl bekomms!

Robin Garn

Ich fand es auch sehr interessant

geschrieben von: schwedenflo

Datum: 12.04.10 20:54

Gerade die Kleinigkeiten die man kaufen konnte wie zum Beispiel eine Fläschchen gekühlte Milch würde ich heute sicherlich auch kaufen.
Danke für diese Einblicke.
Das Pfandsystem finde ich recht kompliziert, wurde dort so oft etwas entwendet?
Auch die Benutzungsbestimmungen und Unterschiede bezüglich des Raucher oder Nichtraucherschutzes, wie man es nimmt sind sehr interessant, wobei ich den Raucherabteilen nicht hinterher trauere.

Dankender Gruß vom Niederrhein.