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Teil 1 (Amstetten),
Teil 2 (Amstetten) und zum
Teil 3 (St. Pölten und Wien West).
Österreich hatten wir also hinter uns gelassen und befinden uns nun in
Budapest, der wunderschönen alten Stadt an der Donau.
Am
19.9.89 begannen die Vortragsreihen der Konferenz. Kurz vorher aber mussten wir uns erst einmal auf dem nicht allzu weit entfernt gelegenen Westbahnhof Budapest-Nyugati pu. umschauen, den man hier in
Mäpps-Google gut erkennen kann.
Übrigens: die Abkürzung pu hinter dem Bahnhofsnahmen bedeutet "pályaudvar" und bedeutet schlicht "Bahnhof".
Zunächst waren wir mit der Fotografiererei etwas unschlüssig. Aber als wir dann am Außenbahnsteig als unsere erste ungarische Ellok die V43,1312 schön im warmen Sonnenlicht stehen sahen, trauten wir uns – bei dem langen Mitteleinstiegswagenzug
(Bild 1):
V43,1312 gehört zu
der Standard-Ellokbaureihe in Ungarn, die auf eine Prototyplieferung von Krupp (V43,1001 – 1007, Baujahr 1963, Fabriknummern 4384-4390) im Rahmen der 50 Hertz-Arbeitsgemeinschaft für die MÁV zurückgeht. Als Lizenzbauten fertigte die ungarische Lokfabrik Ganz-Mávag weitere 372 Lokomotiven, die teilweise auch bei der GySEV / RÖEE eingesetzt wurden bzw. werden. Nach französischem Vorbild sind die Loks leider mit gleisunfreundlichen Monomoteur-Drehgestellen ausgerüstet, weshalb man bei der MÁV immer mal wieder über einen Umbau nachdenkt.
Die Fertigung der ersten sieben Lokomotiven bei Krupp konnte auf einem Prospekt-Titelbild der damaligen Lokomotiv-Export-Union (LEU) erkannt werden:
In meinem Teil 3 der
Krupp-Werksbahn hatte ich geschrieben:
"Dieses Bild war das Titelbild eines Werbeprospektes für die Lokomotiv-Export-Union (LEU), in der sich Krupp, Krauss Maffei und die MaK (damaliger Name noch "Atlas-MaK") zusammen gefunden hatten, um deren Produkte gemeinsam zu vermarkten. Wir erkennen in der linken Fertigungsstraße die E50-Fertigung; vorne ein auf dem Kopf liegender Hauptrahmen, bei dem man die Drehzapfen erkennt; anschließend ein "richtig herum" liegender Hauptrahmen, der bereits die Seiten und das mittlere Dach besitzt. Weiter hinten erkennen wir fertige Führerhäuser bis hin zu einer fast fertigen Lokomotive, noch im Grundieranstrich.
Die rechte Fertigungsstraße zeigt alle sieben Exportlokomotiven der Reihe V43 für die Ungarische Staatsbahn MÁV (Fahrzeugnummern V43,1001 – 1007, Fabriknummern 4384 – 4390), die im Rahmen der 50-Hz-Arbeitsgemeinschaft im Jahre 1963 gefertigt wurden. Der elektrische Teil stammt von Alsthom, damals noch mit "h" geschrieben. Am Ende sehen wir weitere DB-Einheitselloks. Der Platz zwischen den beiden Fertigungsstraßen wird als Lagerraum für Lokbauteile genutzt; in der Mitte hinten erkennt man sogar einen weiteren E50-Rohbau.
Aufgrund der gezeigten Fertigung der MÁV-V43 kann man den Aufnahmezeitraum ziemlich zuverlässig auf Ende 1962 / Anfang 1963 datieren."
Die Reihe M41 stellt so etwas wie das Diesel-Pendant zur V43 dar. Hierbei handelt es sich um eine dieselhydraulische Lokomotive der Achsfolge B'B'. Hergestellt wurden etwa 120 Maschinen. Im
Bild 2 sehen wir beide Loktypen; links die M41,2187 mit einem unidentifizierten Reisezug am Haken, rechts die gerade umsetzende V43,1247:
Links von M41,2188 stand mit M41,2187 eine Schwesterlok
(Bild 3):
V43,1247 – wie fast alle ungarischen Loks in einem Top-Zustand – setzte um und fuhr an die Wagenreihung des Ex612 nach Nyíregyháza (ich weiß leider nicht, wie das ausgesprochen wird), der Bp-Nyugati im 10:00 Uhr verlassen sollte
(Bilder 4 und 5):
Im Hintergrund die beeindruckende Bahnhofshalle.
Nebenan und unter dem Bahnsteigdach hindurchfotografiert kam gerade V43,1373 mit dem IEx73 "Metropol" aus Berlin-Lichtenberg über Bratislava am Haken herein; die Plan-Ankunftszeit war 9:00 Uhr
(Bild 6):
Nun hatten wir Lunte gerochen, und die Eisenbahner hinderten uns nicht am Fotografieren. Und da es draußen etwas stiller wurde, nahmen wir das Innere der imposanten Bahnhofshalle unter die Lupe.
Es war gerade 9:16 Uhr geworden, als ich an diesem Bild mit V43,1144 vor dem soeben eingelaufenen Ex619 aus Nyíregyháza die Bahnhofshalle an ihrer Spitze abschnitt :-((
(Bild 7):
Die große Glasfront der Straßenseite dieser Bahnhofshalle warf ein warmes Licht auf die innen stehende V43,1218; hinter ihr die Wagenreihung des Ex707 "Napféni-Express", der von Szeged kommend Bp-Nyugati um 8:53 Uhr erreicht hatte
(Bild 8):
V43,1144 mit dem Ex619 wurde auch nochmals von vorne aufgenommen
(Bild 9):
Danach wandten wir uns wieder dem freien Himmel zu. Außerhalb der Bahnhofshalle schob gerade V43,1258 ihre Wagenreihung in die Abstellanlage – hier liegen heute keine Gleise mehr und auch die Einfachfahrleitung ist natürlich abgebaut
(Bild 10):
Draußen kam eine neue Lokbaureihe auf uns zu, eine M43 – von ihren Abmessungen vielleicht vergleichbar mit unserer V100. M43,1107 setzte eine Leergarnitur um
(Bild 11):
Die Reihe M43 ist eine dieselhydraulische Lok aus Rumänien (Hersteller 23. August) mit einer Motorleistung von lediglich 330 kW (ca. 450 PS) und unterbietet damit noch unser bekanntes Dreibein V60!
Wir wurden immer mutiger und stellten uns vor das große Zentralstellwerk, wo gerade V63,045 mit einigen Verstärkungswagen wartete, während V43,1289 einen Reisezug nach Nyugati brachte
(Bild 12):
V63,045 bügelte auf und schickte sich an, ihre Wagen umzusetzen, sodass dieses Bild mit den im Hintergrund stehenden V43,1357 und V43,1218 entstand
(Bild 13):
Noch musste V63,045 warten. Links vom Zentralstellwerk hobelte gerade die Rangierabteilung mit M43,1107 vorbei, was uns heute auch noch einen Blick auf die Kopfseite des Stellwerks ermöglicht
(Bild 14):
Nebenan erreichte V63,049 mit einem hochwertigen Reisezug (leider unidentifiziert) Budapest-Nyugati, und schon konnte sich auch V63,045 aufmachen, diesen Zug zu übernehmen
(Bilder 15 und 16):
Am Bahnsteig links des Stellwerkes tat sich wieder etwas. Die Rangierlok V46,018, die modernste elektrische Rangierlokbaureihe der MÀV, setzte eine Wagenreihung um
(Bild 17):
Kaum war die Spitze frei, konnte auch V43,1144 ausfahren
(Bild 18):
Wir positionierten uns wieder in der Nähe des Zentralstellwerkes, wo man uns problemos gewähren ließ. V63,049 setzte zurück und passierte die beiden im Hintergrund mit ihren Zügen wartenden V43,1357 und V43,1218
(Bild 19):
Dieses imposante Stellwerk hatte es uns angetan. Hier kommt V46,018 mit ihrer Rangierabteilung zum Stellwerk herangefahren, um weitere Befehle zu erhalten
(Bild 20):
Danach fährt V43,1355 mit ihrem Zug an V46,018 und dem schönen Stellwerk vorbei
(Bilder 21 und 22):
Volle Breitseite! Im
Bild 23 kann man mal so richtig die langgestreckte Silhouette der V63,028 bewundern, die ihren - leider unidentifizierten - Schnellzug zum Nyugati-Bahnhof bringt:
Das gibt uns die Gelegenheit, einmal einen kurzen Blick auf das Drehgestell zu werfen. Im Jahre 1983, als die ersten Prototypen der Reihe V63 entstanden waren, hatte man wohl ziemliche Probleme mit der Lauftechnik und der Gleisbeanspruchung der dreiachsigen Prototyp-Drehgestelle. Daher trat die Herstellerfirma Ganz-Mávag an Krupp heran mit der Bitte, für die Serienlokomotiven gleisfreundliche und laufdynamisch bessere Drehgestelle zu entwickeln. Wir bei Krupp bekamen den Auftrag, nicht nur die dreiachsigen 120km/h-schnellen Drehgestelle für die weiteren V63-Lieferungen zu erarbeiten, sondern konstruierten auch ein dreiachsiges, 160km/h schnelles Drehgestell mit vollständig abgefederten Fahrmotoren sowie ein ebensolches, aber zweiachsiges Drehgestell.
Ich selbst war mit den fahrtechnischen Auslegungsrechnungen beschäftigt und hatte daher viel Kontakt mit den uns in gewissen Abständen besuchenden ungarischen Kollegen. Hieraus ist eine bis heute andauernde Freundschaft mit dem damaligen sehr gut Deutsch sprechenden Begleiter, Rudolf K., entstanden - eine meiner schönen Erfahrungen in meinem beruflichen Leben!
Und hier nun, vor Ort, durfte ich das Ergebnis unserer Auslegungs- und Konstruktionsarbeiten bewundern: Das gleisfreundliche dreiachsige Drehgestell mit Tatzlagerfahrmotoren und seitenverschieblicher Mittelachse
(Bild 24):
Dieser Lokführer musste uns wohl beobachtet haben, denn er hatte uns im Auge, als er seine hervorragend gepflegte und verzierte V43,1102 mit ihrem Zug an den Bahnsteig brachte
(Bild 25):
V63,049 setzte nochmals am Zentralstellwerk um
(Bild 26):
Bild 27 zeigt den Blick über die ausgedehnten südlichen Gleisanlagen des Bahnhofs Nyugati. Im Hintergrund die imposante Bahnhofshalle. Wir sehen v.l.n.r. die Loks M43,1107, V43,1144, V43,1102, V63,045 und - rechts neben einem Wagen herausschauend - V63,049.
Außerdem scheint sich der Lokführer besagter V43,1102 mit einem Kollegen über uns zu unterhalten:
Langsam marschierten wir den Bahnsteig zurück zur V43,1144
(Bild 28):
Und dann sprach uns der Lokführer von V43,1102 an - und wir verstanden kein Wort! Es funktionierte auch mit keiner uns bekannten Fremdsprache - aber mit Händen und Füßen signalisierte er mir, er wolle gerne ein Foto von sich und seiner Lokomotive bekommen. Nichts lieber als das, und so entstand dieses Foto mit Bodó László, dem Lokführer und seiner V43,1102, was ich ihm später als Papierabzug zugeschickt habe
(Bild 29):
Mit diesem Bild von V63,049 und ihrer Wagengarnitur verabschiedeten wir uns vom Bahnhof Nyugati und widmeten uns unserer Konferenz mit ihren Vorträgen
(Bild 30):
Ich hoffe, ihr habt damit einen kleinen Einblick in die ungarische Eisenbahntechnik gewonnen. Beim nächsten Teil werden wir mehr die Dieselfraktion auflaufen lassen.
Bis dahin Alaaf und Helau noch, wo immer ihr auch Karneval feiert,
Martin
Edit1: Auf berechtigten Hinweis von Gerd Böhmer (danke!) den Nyugati von Ost- in Westbahnhof umgetauft - das ist aber auch merkwürdig, fahren die Züge vom Westbahnhof überwiegend nach Norden und Osten aus!
Edit2: IEx 73 "Metropol" berechtigterweise von Bratislava nach Berlin-Lichtenberg verlängert (Dank an den Cottbuser).
Edit3: Dreckfuhler
Edit4: Loknummer im Bild 3 berichtigt
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5-mal bearbeitet. Zuletzt am 2011:11:11:10:29:38.