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 04 - Historisches Forum 

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Bilder, Dokumente, Berichte und Fragen zur Vergangenheit der Eisenbahn und des öffentlichen Nahverkehrs - Bilder vom aktuellen Betriebsgeschehen bitte nur im Zusammenhang mit historischen Entwicklungen veröffentlichen. Das Einstellen von Fotos ist jederzeit willkommen. Die Qualität der Bilder sollte jedoch in einem vernünftigen Verhältnis zur gezeigten Situation stehen.
Dies ist KEIN Museumsbahnforum! Bilder, Meldungen und Fragen zu aktuellen Sonderfahrten bitte in die entsprechenden Foren stellen.
Hallo,

das Teilstück der Riedbahn, mit dem ich mich vornehmlich beschäftige, nämlich von Darmstadt über Griesheim und Wolfskehlen nach Goddelau-Erfelden, wurde 1869 eröffnet. Neben dem Personenverkehr, der zehn Jahre später (Fahrplan) aus vier Zugpaaren zwischen Darmstadt und Worms sowie einem Badezug zwischen Darmstadt und Gernsheim bestand, war das Interesse des Betreibers, nämlich der Hessischen Ludwigsbahn, darauf gerichtet, möglichst viele Güter zu befördern.

Das mit dem Badeverkehr ist eine interessante Angelegenheit. Das gut betuchte Darmstädter Bürgertum konnte in den Sommermonaten mit der Eisenbahn recht schnell (schneller als heute jedenfalls!) und (für bürgerliche Verhältnisse) auch kostengünstig nach Stockstadt an den Altrhein fahren. Dort gab es einen Badestrand, der später durch eine kastenförmige, über den Fluß platzierte Badeanstalt ergänzt wurde. Das Zugpaar nach Gernsheim war ausdrücklich als “Badezug” deklariert, auch in den internen Unterlagen der Gesellschaft. Arbeiterinnen und Arbeiter haben diesen Zug wohl nicht genutzt, denn die Fahrpreise waren bei den damaligen Löhnen schlicht zu hoch.

Es war die Zeit, in der noch private Aktiengesellschaften den Bahnbetrieb in weiten Teilen des Deutschen Reiches bestimmten. Dementsprechend war jede Gesellschaft darauf erpicht, einen möglichst großen Anteil vom Kuchen zu befördernder Güter abzubekommen. Abkommen zwischen den diversen Gesellschaften sorgten für einen reibungslosen Transport auch über die Grenzen des Schienennetzes der jeweiligen Gesellschaften hinaus.

Die Hessische Ludwigsbahn als recht große Gesellschaft lag im Mittelpunkt zwischen den rheinisch-westfälischen, sächsischen, badischen und bayerischen Bahnen. Der damit verbundene Transitverkehr bedeutete eine erhebliche Einnahmequelle. In den 1880er Jahren, nach der Verstaatlichung mehrerer Eisenbahnen, drückte Preußen der in Mainz ansässigen Gesellschaft immer mehr die Luft ab, indem frühere Transitleistungen das Netz der Hessischen Ludwigsbahn umgingen, selbst dann, wenn dadurch die Transporte länger und teurer wurden.

http://www.walter-kuhl.de/dso/Guet1879.jpg

In der Hessischen Landesbibliothek habe ich mit den “Vorschriften über die Beförderung der Eil- und Frachtgüter sowie der lebenden Thiere” ein Dokument gefunden, das einen Einblick in die Abwicklung des regionalen wie überregionalen Güterverkehrs im Sommer 1879 gibt. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Verbindung von Frankfurt über Biblis nach Mannheim noch im Bau. Genauer gesagt: die Teilstücke von Frankfurt nach Goddelau-Erfelden und von Biblis nach Mannheim, also der Strecke, die wir heute als Riedbahn kennen.

Die Vorlage aus der Bibliothek war aufgrund ihres Alters und Zustandes nicht kopierfähig. Ich habe sie daher abfotografiert. Die abendlichen Lichtverhältnisse im Lesesaal sind grenzwertig, vor allem für meine recht einfache Digitalkamera. Auf meiner Webseite über die Riedbahn habe ich den vollständigen Text als Grafikdateien (insgesamt 8 MB) wiedergegeben.

Vielleicht ist diese Vorschrift ja nicht nur für mich von Interesse.
Die darin aufgeführten Ankunfts- und Abfahrtszeiten sind zur Rekonstruktion des Güterverkehrs der damaligen Zeit aufschlußreich. Ein Plakatfahrplan aller Personenzugleistungen der Hessischen Ludwigsbahn des Sommers 1879 ist im Hessischen Staatsarchiv in Darmstadt vorhanden, aber nicht kopierbar. Ein “Coursplan” (Bildfahrplan) ist für den Herbst 1879 vorhanden, daraus müßten die Güterzugleistungen jedoch mühsam herausgepuzzelt werden. Ich verfüge zur Zeit weder über das eine noch das andere.


Meine bisherigen Fragen zur Riedbahn:
1. Zu Zug 803 aus Pirmasens.
2. Zu einem Markierungsstein der Hessischen Ludwigsbahn.
3. Zum Schotterwagenunfall in Griesheim 1977

Gruß, Walter

Die Riedbahn von Darmstadt nach Goddelau-Erfelden, und mehr, auf https://www.walter-kuhl.de/riedbahn/.
Neueste Seite: Bahnwärterhäuser in Darmstadt und der näheren Umgebung. *** Mein DSO-Inhaltsverzeichnis.
Hallo Walter,
das Thema abfotografieren von alten Dokumenten kenne ich nur zu gut.
In meiner Nähe gibt es ein Archiv dessen alte Zeitungen bis ins Jahr 1869 zurückreichen.
Da darf man nicht kopieren. Alles wird dank Digitalkamera abfotografiert. Am PC dann versuchen das Druckwerk aufzubereiten - ist nicht immer einfach.
In meinem Bildarchiv sind einige Originaltexte aus dem Jahr 1884, Brexbachtalbahn, zu sehen, es lohnt sich.

Grüße
Ulrich

Nicht alle meine Unterlagen zu den Strecken im Westerwald, Fotos, Negative und Dias befinden sich bei meinem Verein in Westerburg, im Erlebnisbahnhof Westerwald.
Dias und Negative Österreich, Schweiz und Süddeutschland sind in Thun/CH. Dias der Rheinstrecken und Lahnbahn bei der Eisenbahnstiftung. Unterwesterwaldbahn und NBS ins Stadtarchiv Montabaur. Bildmaterial teilweise vor Ort Digital vorhanden.
Hallo 'Pallaswiese',

vielen Dank für Deine interessanten Recherchen und ihre Publikation!

Deren Qualität hätte ich mir auch für die Ausstellung über die Entwicklung der Eisenbahn in Darmstadt gewünscht, die ich heute im Prinz-Emils-Schlößchen betrachten durfte. Doch dort fand ich nur eine leidlich thematisch gegliederte Sammlung von Bildern mit dürren Erläuterungen, zum Teil aus privaten Fotoalben, zum Teil ohne Quellenangabe anderen Publikationen entnommen (u.a. ein Bild von meiner eigenen Homepage, das mit dem Thema der Ausstellung gerade mal garnichts zu tun hat ([www.schrankenposten.de])). Das stimmt mich umso trauriger, als der Macher der Ausstellung sicher nicht zu dem Klientel unbedarfter Jünglinge zählt, die Mein und Dein noch nicht richtig unterscheiden können, und als er etliche hundert Stunden Zeit investiert hat ...

Schwamm drüber.

> Das mit dem Badeverkehr ist eine interessante
> Angelegenheit.

Tatsächlich, davon höre ich auch zum ersten Mal. Weißt Du, wie lange diese Züge liefen?
Im Zusamenhang mit Freizeitverkehr frage ich mich übrigens schon länger, ob die Haltepunkte Glasberg, Rotes Kreuz und Bessunger Forsthaus an der Strecke Darmstadt Ost - Groß Zimmern tatsächlich für den (Wald- und Steinbruch-) Arbeiterverkehr eingerichtet waren, wie Aßmann/Bleiweis ohne Quellenangabe behaupten [1], oder auch für den Ausflugsverkehr?


> In der Hessischen Landesbibliothek habe ich mit
> den “Vorschriften über die Beförderung der Eil-
> und Frachtgüter sowie der lebenden Thiere” ein
> Dokument gefunden, das einen Einblick in die
> Abwicklung des regionalen wie überregionalen
> Güterverkehrs im Sommer 1879 gibt.
[...]
> Vielleicht ist diese Vorschrift ja nicht nur für
> mich von Interesse.

Ja, ich finde sie auch interessant.

Als Dankeschön gibts folgenden (als Collage aus einer größeren Kopie zusammengeschnittenen) Ausschnitt aus der "Verkehrsstatistik des Eisenbahndirektionsbezirks Mainz" von 1909, ebenfalls aus der ULB Darmstadt.

http://www.schrankenposten.de/Service/verkehr-griesheim07-09.jpg

Ein reicher Quell sind dort übrigens auch die aus den Jahrgängen 1897 bis 1920 vorhandenen Direktions-Amtsblätter. Für den sozialhistorisch Interessierten bieten sie u.a. Listen mit den ortsüblichen Tagelöhnen für alle Stationen des Direktionsbezirks ...

Grüße
Volker


[1] Aßmann, Karl; Bleiweis, Wolfgang: Nebenbahn Darmstadt Ost - Groß Zimmern, Hrsg: Roßdörfer Eisenbahn Club e.V., o.J
Volker Blees schrieb:
-------------------------------------------------------
> Hallo 'Pallaswiese',
>
> vielen Dank für Deine interessanten Recherchen und
> ihre Publikation!
>
> Deren Qualität hätte ich mir auch für die
> Ausstellung über die Entwicklung der Eisenbahn in
> Darmstadt gewünscht, die ich heute im
> Prinz-Emils-Schlößchen betrachten durfte. Doch
> dort fand ich nur eine leidlich thematisch
> gegliederte Sammlung von Bildern mit dürren
> Erläuterungen, zum Teil aus privaten Fotoalben,
> zum Teil ohne Quellenangabe anderen Publikationen
> entnommen (u.a. ein Bild von meiner eigenen
> Homepage, das mit dem Thema der Ausstellung gerade
> mal garnichts zu tun hat
> (http://www.schrankenposten.de/Themen/Eisenberg_18
> 90.jpg)). Das stimmt mich umso trauriger, als der
> Macher der Ausstellung sicher nicht zu dem
> Klientel unbedarfter Jünglinge zählt, die Mein und
> Dein noch nicht richtig unterscheiden können, und
> als er etliche hundert Stunden Zeit investiert hat
> ...
>
> Schwamm drüber.

Hallo Volker,

ich war heute Nachmittag auch mal da, um zu sehen, was ich noch nicht kenne. Wenn ich mir überlegen würde, eine Ausstellung zur Riedbahn zu machen und dabei auf mich allein gestellt wäre, naja, sie wäre anders geworden. Sicherlich textlastiger. Ich glaube aber, für das doch recht zahlreiche Publikum am Sonntagnachmittag waren die Bilder interessanter. Die kleinen Ungenauigkeiten der Ausstellung übersehe ich einfach mal.

>
> > Das mit dem Badeverkehr ist eine interessante
> > Angelegenheit.
>
> Tatsächlich, davon höre ich auch zum ersten Mal.
> Weißt Du, wie lange diese Züge liefen?

Der erste mir bekannte Fahrplan ist vom Sommer 1878, und da gibt es die Badezüge schon. Ob sie schon im ersten Betriebsjahr 1869 vorhanden waren, entzieht sich meiner Kenntnis. Mit der Verstaatlichung der Hessischen Ludwigsbahn 1897 scheint die Zeit der als "Badezüge" ausgewiesenen Fahrten vorbei gewesen zu sein. In den Jahren darauf, vor allem nach der Eröffnung der Eisenbahnbrücke bei Worms, erhöhte sich die Zahl der regulären Personenzüge, so daß spezielle Badezüge nicht mehr nötig waren. Für 1896 habe ich sie noch ausgewiesen vorgefunden.

Edit für diejenigen, die mehr über die Badezüge erfahren möchten: Badefreuden in Stockstadt.

> Im Zusamenhang mit Freizeitverkehr frage ich mich
> übrigens schon länger, ob die Haltepunkte
> Glasberg, Rotes Kreuz und Bessunger Forsthaus an
> der Strecke Darmstadt Ost - Groß Zimmern
> tatsächlich für den (Wald- und Steinbruch-)
> Arbeiterverkehr eingerichtet waren, wie
> Aßmann/Bleiweis ohne Quellenangabe behaupten [1],
> oder auch für den Ausflugsverkehr?
>

Ich denke, beides hat seine Berechtigung. Die Fahrpläne machen keinen Unterschied zwischen Werktags- und Sonntagsandienungen der Zwischenhalte.

>
> > In der Hessischen Landesbibliothek habe ich mit
> > den “Vorschriften über die Beförderung der Eil-
> > und Frachtgüter sowie der lebenden Thiere” ein
> > Dokument gefunden, das einen Einblick in die
> > Abwicklung des regionalen wie überregionalen
> > Güterverkehrs im Sommer 1879 gibt.
> [...]
> > Vielleicht ist diese Vorschrift ja nicht nur
> für
> > mich von Interesse.
>
> Ja, ich finde sie auch interessant.
>
> Als Dankeschön gibts folgenden (als Collage aus
> einer größeren Kopie zusammengeschnittenen)
> Ausschnitt aus der "Verkehrsstatistik des
> Eisenbahndirektionsbezirks Mainz" von 1909,
> ebenfalls aus der ULB Darmstadt.
>
> [www.schrankenposten.de]
> sheim07-09.jpg

Oh, ich habe zu danken. Das sagt mir, daß ich noch häufiger die Bibliotheken aufsuchen werden muß. Im Stadtarchiv Griesheim war ich z.B. auch noch nicht. Interessant finde ich, daß mehr Güter nach Griesheim befördert wurden als aus Griesheim heraus, was ich angesichts der Griesheimer Landwirtschaftsproduktion so nicht erwartet hätte. Oder hat das etwas mit dem Griesheimer Sand, also der Versorgung des Truppenübungsplatzes, zu tun?

>
> Ein reicher Quell sind dort übrigens auch die aus
> den Jahrgängen 1897 bis 1920 vorhandenen
> Direktions-Amtsblätter. Für den sozialhistorisch
> Interessierten bieten sie u.a. Listen mit den
> ortsüblichen Tagelöhnen für alle Stationen des
> Direktionsbezirks ...

Danke für den Hinweis. Die kannte ich auch noch nicht.

>
> Grüße
> Volker
>
>
> [1] Aßmann, Karl; Bleiweis, Wolfgang: Nebenbahn
> Darmstadt Ost - Groß Zimmern, Hrsg: Roßdörfer
> Eisenbahn Club e.V., o.J

Gruß, Walter

Die Riedbahn von Darmstadt nach Goddelau-Erfelden, und mehr, auf https://www.walter-kuhl.de/riedbahn/.
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1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2010:02:01:01:47:14.