Gummersbach – Bahnhof im Umbruch (Teil 1)
Zwei Bilder zum Einstieg in das Thema: Ein und das selbe Schild - aufgenommen im Abstand von zwei Jahren (2007 und 2009). Unfreiwillig wird auf diese Weise der Weg der Firma Steinmüller zum Steinmüll dokumentiert:
Gummersbach ist die Kreisstadt des Oberbergischen Kreises und hat etwa 53000 Einwohner. Durch die Stadt verläuft die Bahnstrecke Köln – Dieringhausen – Marienheide (- Meinerzhagen – Brügge – Hagen/W.), die zur Zeit nur zwischen Köln und Marienheide im Personenverkehr („Oberbergische Bahn“) befahren wird. Hier fahren seit Jahren ausschließlich Talent-Triebwagen der Reihe 644. Der Bahnhof Gummersbach hatte zwar für den örtlichen Güterumschlag dereinst eine große Bedeutung, was auch die Vielzahl von Gleisen erklärt, im Personenverkehr stand er aber stets im Schatten des benachbarten Abzweigbahnhofs Dieringhausen (einem Stadtteil von Gummersbach), mit dem ihn ein zweigleisiger Streckenabschnitt verband.
Das Google-Bild zeigt die Firma Steinmüller (blauer Punkt) in der Gummersbacher Stadtmitte, hufeisenförmig umgeben von der Eisenbahnstrecke und dem Bahnhof. Am oberen Bildrand geht es über die Brückestraße, die mittels einer Brücke überspannt wird (grüner Punkt) in Richtung Marienheide. Die beiden violetten Punkte markieren die Stellwerke Gn (oben) und Gf (unten), das Empfangsgebäude des Bahnhofs ist mit einem gelben Punkt gekennzeichnet. Der große rote Punkt markiert den Höhenzug "Berstig" (das Wort kommt von "Bärenstiege"), von wo aus die Aufnahmen, die den Kern dieses Beitrags bilden, entstanden sind.
Der Bahnhof liegt auf einem angeschütteten Plateau und erstreckt sich beinahe hufeisenförmig um das Geländer des Industrieunternehmens Steinmüller. Diese Firma war einst Gummersbach wichtigster Arbeitgeber. Mehr als 10.000 Menschen waren hier einst damit beschäftigt, riesige Kesselanlagen für Kraftwerke oder Müllverbrennungsanlagen zu bauen. Mit Hilfe politischer Einflussnahmen wurde das an sich gesunde Unternehmen vor einigen Jahren an die marode Firma Babcock verkauft und ging mit dieser schließlich sang- und klanglos unter. Das Firmengelände kaufte die Stadt Gummersbach, mit Unterstützung des Landes wurde darauf eine neue Fachhochschule (Ingenieurstudiengänge) errichtet. Die riesigen Werkhallen wurden bis auf einen kleinen Rest inzwischen abgebrochen, so dass eine Brachfläche entstanden ist, die zum Bau eines Einkaufszentrums sowie einer Sportarena für den bekannten Handballverein VfL Gummersbach genutzt werden soll. Wie das im Detail aussehen wird, weiß zur Zeit noch niemand – die Planungen (Ausschreibungen) sollen im Laufe des Dezembers abgeschlossen werden.
Der Bahnhof mit seinen umfangreichen Gleisanlagen wurde etappenweise zurückgebaut. Große Flächen wurden in Parkplätze umgewandelt, Gleisreste vielfach wild und planlos demontiert. Übrig blieben zunächst nur die beiden Bahnsteiggleise, die durch Weichen verbunden blieben. Zuvor war bereits der zweigleisige Betrieb in Richtung Dieringhausen zurückgebaut worden auf ein Gleis. Schließlich wurde im Zuge des Anschlusses an das zentrale Kölner Stellwerk die letzte Weiche am Nordkopf demontiert, so dass der „Bahnhof“ zur Zeit nur aus einem Durchgangsgleis und ein abzweigenden Bahnsteig-Stumpfgleis besteht. Sowohl in Dichtung Marienheide (1) als auch in Richtung Dieringhausen (2) sind Ausfahrtsignale bzw. aus beiden Richtungen auch Einfahrtsignale vorhanden. Die beiden Stellwerke Gummersbach Nord (Gn) und Gummersbach Fahrdienstleiter (Gf) sind zwar noch vorhanden, jedoch in Fremdbesitz (Gn, jetzt Büro) bzw. stehen leer (Gf).
Das Bahnhofsgebäude mitsamt der Expressgutabfertigung und dem Güterschuppen stehen teilweise schon länger leer. Ursprünglich war der komplette Abriss für 2009 vorgesehen. Dies dürfte auf jeden Fall in 2010 geschehen, da der Platz für eine innerstädtische Umgehungsstraße (Lückenschluss Innenstadtring) vorgesehen ist. In unmittelbarer Nachbarschaft des ehemaligen Stellwerks Gf wurde dazu schon eine Brücke fertiggestellt, mit deren Hilfe die Bahn die zukünftige Ringstraße überquert.
Die geschilderten Veränderungen – Abriss Fa. Steinmüller, schrittweiser Abbau Gleisanlagen, Neubau Straßenunterführung, Neubau Fachhochschule und (in Zukunft) Sporthalle und Einkaufszentrum mir Parkhäusern, Straßenanbindungen, Stadtgarten, Veranstaltungshalle u.a.m.) haben mich auf die Idee gebracht, die Veränderungen bildlich zu dokumentieren. Unter Verwendung von zum Teil viele Jahre alten Aufnahmen entsteht so ein interessanter Spannungsbogen der Veränderungen, den ich im Rahmen mehrerer Teile zeigen möchte. Damit entspreche ich auch dem schon früher aus dem HiFo an mich herangetragenen Wunsch, den Bahnhof Gummersbach näher vorzustellen.
Im Rahmen dieses ersten Teil stelle ich einige Aufnahmen von grundsätzlicher Bedeutung voran, auf die ich mich in späteren Teilen dann auch beziehe. Dazu gehören eine Google-Ansicht mit markanten Punkten sowie drei Lagepläne. Inhaltlich konzentriere ich mich in diesem ersten Teil ansonsten auf den nördlichen Bahnhofsteil zwischen Stellwerk Gn und Bahnsteig, der in einer Aufnahmeserie gezeigt wird, die vom Höhenzug „Berstig“, südlich des Bahnhofsgebäudes gelegen, entstanden. Von hier aus entstanden auch die beiden nächstfolgenden Aufnahmen, die sas Steinmüller-Industriegeländer in seiner Gesamtheit zeigen – und das was nach aktuellem Stand davon übrig geblieben ist:
Diese Aufnahme von 2003 zeigt Gummersbach mit dem Steinmüller-Komplex, das das Unternehmen zwar schon in der Abwicklung begriffen war, hinsichtlich der Baulichkeiten aber noch komplett.
Vom November 2009 ist dieses Bild. Nur das Steinmüller-Hochhaus und die angrenzenden Verwaltungsgebäude stehen noch, außerdem ein kleiner Rest der einstigen Hallen, der wohl Anfang 2010 dann auch noch fallen wird. Links ist die neue Fachhochschule zu sehen (FH Köln, Abteilung Gummersbach. Man erkennt außerdem, dass neue Erschließungsstraßen auf dem Gelände im Entstehen begriffen sind. Der Saum aus Sträuchern und kleineren Bäumen, der das Steinmüllergelände entlang der etwas tiefer liegenden Kampstraßen (nur ein einspuriger Weg) abgrenzte, ist Ende Oktober 2009 komplett gefällt worden.
Es geht nur weiter mit den angekündigten Aufnahmen des nördlichen Bahnhofsteile (wie beschrieben):
Blick auf die beiden einzigen Bahnsteiggleise des Gummersbacher Bahnhofs, zwischen denen der Inselbahnsteig liegt. Der Zugang erfolgte über eine Unterführung, die im Empfangsgebäudeendete. Zu sehen ist eine Hagener Citybahn-218 mit ihrem Zug, aufgenommen etwa 1986.
Aus nicht ganz so luftiger Höhe entstand dieses Bild, ebenfalls um 1986/87. Kürzlich war ja hier schon mal von Loks mit "Fehlfarben" vor den Citybahn-Zügen die Rede - diese Aufnahme belegt, dass es das tatsächlich gab (wie viele andere Aufnahmen natürlich auch, denn das war nicht sonderlich selten). Im Hintergund stehen die großen Steinmüller-Hallen, in denen selbstverständlich noch gearbeitet wird.
Genau einen Monat trennt diese Aufnahme, die einen Talent-Zug auf dem Weg nach Marienheide zeigt, von der nächsten, ...
...die ein fast identisches Motiv bietet, sieht man mal vom Fortschreiten der Abbrucharbeiten ab. Dieses zweite Bild entstand im Mai 2008.
[i ]Hier noch einmal die Bahnsteiganlage, wie sie aktuell aussieht. Vermutlich wird das Dach und der vergammelte (inzwischen verschlossene) Aufenthaltsraum auch in naher Zukunft ein Opfer der Spitzhacke, denn es ist vorgesehen, Bahnsteig und Busbahnhof direkt nebeneinander zu plazieren. Gleichzeitig soll das neue Shopping-Center mit einer Brücke mit dem Bahnsteig verbunden werden.[/i]
So bot sich die Nordeinfahrt in Gummersbach in der zweiten Hälfte der 80er Jahre dar. EIne Citybahn hat soeben das gut zu erkennende Stellwerk Gn passiert und wird gleich am Bahnsteig halten, bevor die Fahrt weiter in Richntung Köln geht.
Ein vergleichbares Motiv, aber mehr als 20 Jahre später aufgenommen. Man erkennt gut, dass der größte Teil der Gleisanlagen inzwischen einem Parkplatz gewichen ist. Abgesehen von den betriebsnotwendigen Flächen gehört das ganze Areal der Stadt Gummersbach. Deutlich sieht man auch, dass das Bahnsteiggleis Richtung Marienheide inzwischen gekappt ist.
Soweit der Erste Teil der Gummersbacher Betrachtungen. Der zweite Teil wird in etwa einer Woche folgen, die weiteren dann jeweil im Abstand von etwa jeweils einer weiteren Woche.
Ich wünsche viel Freude beim Betrachten der Vergleichsaufnahmen, auch wenn die aktuellen Bilder den Niedergang verdeutlichen und alles andere als erbaulich sind.
Es grüßt
Der Bergische!
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2009:12:04:22:00:25.