Martin Pfeifer schrieb:
>
> Die heutige topographische Karte weist aus
> tschechischer Seite eine auffallend geringe
> Besiedlung auf, nur einzelne Häuser entlang der
> Straße. Vielleicht kann ja mal ein Einheimischer
> sagen ob hier ähnlich wie an der innerdeutschen
> Grenze auch Häuser geräumt und abgerissen wurden
> oder ob das schon immer so war.
Das hängt davon ab, wo die alte Sprachgrenze verlief. In der Region Taus waren die muttersprachigen Tschechen schon immer in der Mehrheit, und die alte Sprachgrenze lag dort schon sehr nah an Bayern(Furth im Wald). In Eisenstein lag sie schon wieder mehr im Landesinneren der CSR. Mit etwas geographischer Orientierung kann man die alte Sprachgrenze ersehen -> [
de.wikipedia.org]
Aus dem Bezirk Asch ist ja eingehend dokumentiert, dass nach der Vertreibung der Sudetendeutschen viele Häuser und gesamte Dörfer entlang der Grenze abgerissen worden sind. Und nicht nur wegen der Grenze zur BRD, sondern auch entlang der Grenze zur damaligen SBZ verschwanden auf böhmischer Seite viele Häuser nach der Vertreibung, weil sich keine Nachnutzer fanden. Dass lag aber auch daran, dass viele Häuser mit ihrem Inventar (das zurückgelassen werden musste) nach der Vertreibung (oder wie die Tschechen sagen, Abschiebung) von marodierenden Banden geplündert wurden und sie dadurch nach und nach verfielen. Fehlten erst einmal nicht nur Möbel, sondern auch Fenster, waren viele Häuser nach rund zehn Jahren, selbst wenn sie noch standen, schlicht nicht mehr bewohnbar. Auch war die Auswahl der leer stehender Immobilien und Bauernhöfe riesig, weil es der CSSR eigentlich nie richtig gelungen ist, die Grenzbezirke, die mehrheitlich deutsch besiedelt waren, umfassend mit muttersprachigen Tschechen und Slowaken (hier vor allem "@#$%&" aus der Ostslowakei) zu besiedeln. Von den sog. Nationalverwaltungskomitees wurden daher in erster Linie die Liegenschaften in Besitz genommen, die sich auch aus Gründen der eigenen Wirtschaftlichkeit anboten. Auch das gesellschaftliche Milieu der Neusiedler war in der Mehrheit, was sich dort dann nach der Vertreibung in den ehemaligen dt. sprachigen Gebieten niederließ, nicht unbedingt, wie man es heute sagen würde, "aufstiegsorientiert", sondern eher, neudeutsch gesagt, das "Prekariat" aus der späteren CSSR, das für sich in den Vetriebenengebieten vor allem einen sozialen Neubeginn erhoffte. Wirtschaftlich war erst einmal kein Neubgeinn zu erwarten, weil die Fabriken mit Maschinen keine Arbeiter mehr hatten und auch die wirtschafltichen Beziehungen durch die neuen Grenzen behindert waren.
Das Kapitel ist zu umfangreich, um es hier zu schildern. Wen es interessiert, der sei an das Buch von Andreas Wiedemann, Komm mit uns das Grenzland aufbauen, verwiesen, der darüber einen Wälzer von rund 500 Seiten verfasst hat ( das Buch ist eine trockene wissenschaftliche Arbeit und wurde auch in Tschechien positiv aufgenommen)
Zu den Problemen der Vertriebenengebiete sind auch viele Tschechen engagiert.
Bei Radio Prag gibt es viele Infos in dt. Sprache.
[
www.radio.cz]