Hallo liebe HiFo-Gemeinde,
heute geht es ins Mittelschwäbische und zwar an eine Bahnlinie, die lange Zeit als „Kammeltalbahn“ in den einschlägigen Kreisen bekannt war. Gemeint ist die Strecke von Günzburg über Krumbach nach Mindelheim, die heutzutage historisch nicht ganz korrekt auch als Mittelschwabenbahn bezeichnet wird. Die Strecke ging auf dem Abschnitt Günzburg – Mindelheim am 29. September 1892 offiziell in Betrieb. 1909 erfolgte die Eröffnung einer Lokalbahn von Mindelheim über Pfaffenhausen nach Kirchheim mit seinem bekannten Fuggerschloss. Der Lückenschluss zwischen Krumbach und Pfaffenhausen wurde mit der Betriebseröffnung dieser Bahnlinie am 10. Dezember 1910 vorgenommen.
Die Bahnlinie besitzt eine recht unspektakuläre Historie und existiert heute noch in voller länge, wenn man von dem 1960 seines Personen- und 1966 des Güterverkehrs beraubten Abschnitts Pfaffenhausen – Kirchheim absieht.
Interessant ist der Streckenverlauf zwischen Neuburg an der Kammel und Ellzee, muss doch dort der Höhenrücken zwischen Kammel- und Günztal auf einer landschaftlich reizvollen, steigungsreichen Strecke überwunden werden. Reizvoll ebenso der Streckenverlauf durch das hier noch enge Kammeltal zwischen Krumbach und Loppenhausen.
Überregional bekannt wurde die Strecke durch den langjährigen Einsatz von dreiachsigen Umbauwagen, teilweise in GmP’s, der erst 1983 endete. Bis Ende Sommerfahrplan 1985 wurde ein Mischbetrieb mit V 100-bespannten 4yg-Wagenzügen und Akkutriebwagen der Baureihe 515/815 durchgeführt; ab September 1985 übernahmen dann die Säurekübel aus Augsburg für einige Fahrplanperioden den Gesamtverkehr um dann durch Uerdinger Schienenbusse abgelöst zu werden.
Im Güterverkehr war der Rohölversand in Breitenbrunn bis zu seiner Einstellung im Jahr 1995 etwas Besonderes. Der weitere Güterverkehr war überwiegend von der Landwirtschaft geprägt, nur in Krumbach, Kleinkötz und Wasserburg gab es auch Industriebetriebe mit erwähnenswertem Verkehrsaufkommen. 1997 wurden die letzten Gütertarifpunkte an der Strecke aufgehoben.
Üg Mindelheim - Pfaffenhausen Winter 1985/86:
Mindelheim 9.40 – Üg 67032 W(Sa) – Pfaffenhausen 10.01 (218 Bw Kempten)
Pfaffenhausen 10.10 – Üg 67033 W(Sa) – Mindelheim 10.34 (218 Bw Kempten)
Üg Günzburg - Krumbach Sommer 1991:
Günzburg 7.12 - Üg 67003 W(Sa) - Kleinkötz 7.23 (211 Bw Ulm)
Kleinkötz 7.26 - Üg 67005 W(Sa) - Krumbach 8.38 (211 Bw Ulm)
Krumbach 10.25 - Üg 67016 W(Sa) - Günzburg 11.17 (211 Bw Ulm)
Daneben fanden zwischen Günzburg und Wasserburg bzw. Kleinkötz mehrere Bedienungsfahrten mit der Kleinlok des Bf Günzburg statt.
Mitte der 1980er Jahre waren an der Strecke noch die Bahnhöfe Ichenhausen, Krumbach und Pfaffenhausen besetzt und mit mechanischen Stellwerken und Formsignalen ausgerüstet. Die beiden ersteren Dienststellen waren zur Hauptdienstelle Günzburg, Pfaffenhausen der Hauptdienstelle Memmingen angegliedert. Entsprechend lag eine Zugehörigkeit der Gütersateliten zu den Knotenpunktbereichen Neu-Ulm bzw. Memmingen vor.
2000 wurde durch Einführung des signalisierten Zugleitbetriebs das Personal auf den Bahnhöfen überflüssig und die letzten Formsignale abgebaut.
Doch nun zu einem kleinen Bilderbogen vom Bahnhof Krumbach im Sommer 1986.
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zaubermark at 2009-10-17
Bild 1
Das Empfangsgebäude des Bahnhofs Krumbach, seinerzeit wichtigste Betriebsstelle und Betriebsmittelpunkt der Kammeltalbahn.
Gleisplan Bahnhof Krumbach 1986:
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zaubermark at 2009-10-17
Bild 2
Sonntagsruhe im Bahnhof Krumbach. Insgesamt sind zwei aus je einem 515 und 815 bestehende Garnituren sowie ein einzelner 515 abgestellt. Im Vordergrund auf Gleis 3 rechts der altrote 515 011-5 mit einem Steuerwagen, dessen Nummer ich mir leider nicht notiert habe; dahinter etwas weiter zurück auf Gleis 3 der Solotriebwagen 515 009-9 und auf Gleis 4 schliesslich 515 023-0 mit 815 702-6. Am Bahnsteig von Gleis 3 ein Bahnübergangs-Überwachungssignal in Richtung Mindelheim.
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zaubermark at 2009-10-17
Bild 3
Im Jahr 1986 waren auch auf kleinen Dienststellen und eher verkehrsschwachen Nebenbahnen noch gesunde Infrastruktur und gepflegte Anlagen zu finden. Man beachte den liebevoll mit Blumen bepflanzten Handkarren im Vordergrund. Heute wuchert dagegen das Unkraut zwischen den Gleisen.
Das Zugangebot während des Winterfahrplans 1985/86:
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zaubermark at 2009-10-17
Bild 4
515 009 als Solotriebwagen auf Gleis 3. An der Ladestrasse auf Gleis 1 steht ein gedeckter Güterwagen bereit. Gleis 1 führt nach Querung des schienengleichen Zugangs zum Bahnsteig weiter zu einem Lagerhaus und einer Kopframpe. Links eine Lagerhalle des Dämmstoffherstellers Faist, seinerzeit eines der wichtigsten Bahnkunden der Kammeltalbahn mit eigenem Anschlussgleis.
Auszug aus dem Buchfahrplanheft 802 der BD München Sommerfahrplan 1979:
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zaubermark at 2009-10-17
Bild 5
Das Krumbacher Open-Air-Stellwerk der Altbau-Form Krauss/Bruchsal G wurde weit bekannt und oft fotografiert. Laut stellwerke.de soll es aus den Jahren um 1940 stammen. Meine Vermutung ist eher, dass es zu diesem Zeitpunkt in Krumbach aufgestellt wurde und vorher andernorts in Dienst stand. 1940 dürften keine Krauss/Bruchsal G-Stellwerke mehr angefertigt worden sein. Sieben Hebel waren damals noch vorhanden: die beiden Hebel für die Einfahrsignale A und B, die beiden Weichenhebel 5 und 19 für die Anbindung des Kreuzungsgleises 3 sowie drei Riegel. Daneben gab es noch mehrere Schlösser, u.a. für den Rangierschlüssel „RS“. Streckenblock ist nicht vorhanden. Die Kurbel mit dem Blechgehäuse zwischen den Hebeln stellt einen Wechselstromgenerator für die Weichenhebelsperre dar, eine Spezialität aus Bayern
(danke an S.B für diese Ergänzung!). Links mehrere Bedienungseinrichtungen für die Sicherung der benachbarten Bahnübergänge.
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zaubermark at 2009-10-17
Bild 6
Die senkrecht stehenden Fahrstrassenhebel für die damals noch vorhandenen acht Fahrstrassen.
So, ich hoffe es hat etwas gefallen und verbleibe mit vielen Grüssen an alle.
Bis demnächst
Mark
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2009:10:17:18:22:51.