Hallo alle miteinander!
Soltau-Neuenkirchen war ursprünglich eine formal eigenständige, ca. 12 Kilometer lange Kleinbahnstrecke am Westrand der Lüneburger Heide, die aber stets von den benachbarten Kleinbahnen mitbetrieben wurde und mit ihnen 1944 in der Osthannoverschen Eisenbahn OHE aufging. Sie wurde leider wie manch andere Kleinbahnstrecke auch in der Bauphase vom Ausbruch des ersten Weltkriegs überrascht und konnte erst nach Ende des Krieges richtig in Betrieb gehen. Die geplante Verlängerung über Fintel nach Lauenbrück kam nie zustande, und so blieb die Bahn stets ein Torso und hinter den Erwartungen zurück. Der Güterverkehr beschränkte sich auf landwirtschaftliche Güter und gelegentlichen Militärverkehr, der Personenverkehr war mangels größerer Orte entlang der Strecke bereits in den 30er Jahren eingestellt worden, kam aber nach dem Krieg wieder in Gang: Die große OHE konnte diese defizitäre Dienstleistung quersubventionieren, und so war die Strecke ein ideales Betätigungsfeld für die alten OHE-Schienenbusse und Kleintriebwagen. 1961 war die Strecke aber dann auch die erste der OHE, die ihren Personenverkehr wieder verlor.
Mitte der 80er Jahre war die Strecke dann auch die erste, die ihren Güterverkehr verlor: Der Gleiszustand entsprach noch bis zuletzt weitgehend der Ursprungsausführung und war völlig verbraucht bzw. den Betriebsbelangen nicht mehr gewachsen. Die Bahnübergänge wurden überteert, der Anschluss an die große weite Eisenbahnwelt in Soltau-Süd fiel einem Umbau des OHE-Betriebshofs zum Opfer, die Strecke verkrautete immer mehr mit dem typischen Heidekraut. Mitte der 90er Jahre wurden Stilllegung und Endwidmung anberaumt und der Schrottboom ließ vor 2-3 Jahren den Abbau der völlig zugewachsenen Strecke wirtschaftlich werden (wobei allerdings ein Gleisbagger ausbrannte…). Landschaftlich war es sicherlich eine der schönsten OHE-Strecken, wegen der ortsabseitigen Lage und trotz der Lage am Rand der Lüneburger Heide bot sie viel heidetypisches Landschaftsflair.
Eine Infotafel am Bahnübergang über die Bundesstraße nach Soltau erinnert an die Geschichte der Bahn:
Die folgenden Bilder entstanden, wenn nicht anders angegeben, Anfang Februar dieses Jahres, als sich der Winter noch einmal zurückmeldete. Wie bei Rotenburg-Brockel und Cordingen habe ich die Strecke 1999 einmal bereist und kann daher Vergleichsbilder zwischen früher und heute liefern.
Doch nun zu den Bildern, die überwiegend im Februar 2009 entstanden:
Das schöne, wenngleich auch etwas ungepflegt wirkende Bahnhofsgebäude am Endbahnhof Neuenkirchen (Straßenseite):
Die frühere Gleisseite (die Bahnsteigkante ist rechts noch schwach erkennbar):
…und noch einmal aus einer anderen Perspektive:
Hinter dem Bahnhof ging es noch weiter über die Straße nach Schneverdingen zu einem Anschluss. Das Gleis im BÜ ist noch vorhanden:
Der Blick zurück: Einsam stand das Bahnhofsgebäude zuletzt auf dem geräumten Bahnhofsgelände:
Ein Vergleichsbild von 1999: Die Gleise im Bahnhof waren bereits weitgehend beräumt, ein Stück lag noch bis vor das Bahnhofsgebäude. Links ist noch eine alte Laderampe erkennbar, heute fehlt sie:
Im hinteren Bahnhofsteil in Richtung Soltau war gerade die neue Feuerwehr errichtet worden. Die Silotürme wurden 1999 gerade in handliche Stücke für den Schrotthändler zersägt:
Hinter dem Bahnhof lagen noch einige Gleisreste:
Südlich des Bahnhofs gab es auch einen Gleisanschluss, der heute noch unter Gestrüpp vorhanden ist:
Der Prellbock unterhalb des EG’s:
Bildnachtrag vom 28.11.2014: Das Bahnhofsgebäude ist inzwischen auch verschwunden, nur der Baum am früheren Bahnsteig steht noch:
Die Gleise außerhalb des Bahnhofs in Richtung Soltau sind noch auf ca. 1km Länge vorhanden, bis zum früheren Bahnübergang über die Bundesstraße nach Soltau, jedoch völlig zugewachsen und unzugänglich (hier unmittelbar neben dem überteerten BÜ mit Grabenüberquerung):
Der BÜ war 1999 schon überteert, aber die Gleise in Richtung Soltau lagen noch:
Heute ist hier ein kleiner Grillplatz mit einer Art Denkmal an die Kleinbahn inkl. Prellbock. Eingerichtet wurde das Ganze im Rahmen irgendeines EU-Naturschutzprojekts. Hoffentlich wird man sich die Aufstellung irgendeines wehrlosen Eisenbahnfahrzeugs auf dem Schienenfragment verkneifen:
Der kleinbahntypische Oberbau ermöglichte fast buchstäblich eine Fahrt „durch“ die Heide:
Auf Schwellen-Stelen wird die Geschichte der Bahn näher gebracht, hier z. B. das bekannte Bild der Abschiedsfahrt mit dem DT 0502 1961 am Bahnhof Neuenkirchen:
Im weiteren Verlauf ist die Trasse im Rahmen des EU-Projekts ohne Gleise als Wanderweg ausgebaut:
Am 28.11.2014 war die Situation hier unverändert:
Der Blick in die andere Richtung am selben Tag: Zwischen dem früheren Bahnhofsbereich und der ehemaligen Bundesstraßen-Überquerung ist das verbliebene Gleis inzwischen für Draisinenfahrten freigeschnitten worden:
Nach ca. einem weiteren Kilometer war der Haltepunkt Gilmerdingen erreicht, weitab jeder Bebauung. Blick nach Neuenkirchen heute:
…und 1999:
Blick nach Soltau heute:
…und 1999:
Zwei Kilometer weiter endet der Wanderweg an einem Aussichtsturm bei Leverdingen. Dieser Ort hatte keinen Haltepunkt an der Bahn:
Die Bahn lief mehr oder weniger parallel zur Bundesstraße nach Soltau, doch nur an einer Stelle tangierte sie sie noch mal, und zwar am Haltepunkt Ellingen. 1999 war hier alles im Dickicht verschwunden (Blick über das „Bahnhofsareal“ in Richtung Soltau:
Jetzt kann man zwar mehr sehen, aber dafür gibt es jetzt nichts mehr zu sehen… Ellingen besaß als „Bahnhof“ in Streckenmitte sogar ein beidseitig angeschlossenes Ladegleis. Das Planum ist im Hintergrund noch schwach erkennbar:
Der Blick zurück nach Neuenkirchen. Schade, dass die Trasse nicht durchgehend als Radweg ausgebaut, sondern offenbar bewusst renaturiert wird, wie an den Setzlingen zu erkennen:
Kurz vor dem Halt Wiedingen zwei Kilometer weiter wird die Trasse privat genutzt, Blick nach Neuenkirchen:
Ein kleiner Beton-Durchlass neben dem Bü:
Blick nach Soltau, im BÜ liegt noch ein Gleisrest:
Die gleiche Stelle 1999:
Vom Haltepunkt Wiedingen neben einem der Gehöfte ist nichts mehr zu erkennen, sondern nur noch zu erahnen:
Blick nach Soltau an der gleichen Stelle: Auf den folgenden drei Kilometern ist die Trasse (rechts) nicht erreichbar und wird wohl in ein paar Jahren wieder zugewachsen sein:
Erst kurz vor Soltau kommt man wieder an die Strecke. Hier überquerte sie die Amerikalinie Langwedel-Uelzen. Der Überbau wurde mit den Gleisen abgerissen, die Widerlager bröckeln weiter vor sich hin und sollten aus Unfallschutzgründen m. E. vorsichtshalber mit entfernt werden, wenn man schon aus der Trasse nichts mehr machen will:
1999 waren Gleise und der genietete Überbau noch vorhanden, zwei Bilder:
Der Blick von der Brücke in Richtung Langwedel, leider kam damals kein Zug, aber ich erinnerte mich später noch mal an diese schöne Fotostelle mit der alten Freileitung:
Der Blick von der Brücke in Richtung Soltau 1999. Rechts lag noch ein Rest des zweiten Streckengleises als Ausziehgleis bis unter die Brücke. Heute ist dieses Gleis auch entfernt und dieser Blickwinkel nicht mehr möglich:
Kurz darauf überquerte die Kleinbahn auch die Strecke Hannover-Soltau. Hier ein Bild der Brücke von 1999:
Die gleiche Situation heute, ebenfalls ohne Träger:
Die Brücke von „unten“ 1999: Auf dem Rückweg zum Auto gelang mir gerade noch dieser Nachschuss eines Personenzugs mit 218 und türkis-beigen Bn-Wagen, der gleich Soltau erreichen wird. Auch das ist mittlerweile Vergangenheit:
Leider war ich zu faul, dichter an die gleich folgende dritte Kleinbahnbrücke über die Visselhöveder Straße zu fahren, trotzdem will ich das Bild nicht vorenthalten, wo man sie im Hintergrund erkennen kann:
Auch diese Brücke wurde entfernt, diesmal aber konsequenterweise gleich mitsamt der Widerlager (Blick nach Neuenkirchen).
Am Fuße der Brückenrampe fängt bereits die Bebauung von Soltau an, Blick Richtung Neuenkirchen:
Eine ähnliche Perspektive, allerdings aus 1999, noch mit Gleis:
Blick in die andere Richtung nach Soltau-Süd. Im Vordergrund der ehemalige BÜ über die Straße nach Fallingbostel, der schon 1999 überteert war. In diesem Bereich dient die Trasse jetzt offenbar als Spazierweg:
Nach einer Linkskurve in nördliche Richtung ist der Endbahnhof Soltau-Süd fast erreicht, Blick nach Neuenkirchen mit Gleisrest im BÜ:
…und nach Soltau-Süd:
Die frühere Einmündung auf dem Betriebshof habe ich nicht ausfindig gemacht, das Areal schien mir zu unwegsam, daher hier noch mal Blick aus östlicher Richtung auf Soltau-Süd (die Strecke aus Neuenkirchen kam von hinten links):
…und der Vollständig halber noch mal die Ausfahrt nach Lüneburg bzw. Celle (Vordergrund) und die Amerikalinie nach Uelzen (Hintergrund):
Leider konnte ich den schönen Fotostandpunkt auf der Brücke über die Amerikalinie nur einmal nutzen, als ich am „05.05.05“ die 03 1010 auf Sonderfahrt spätnachmittags ablichten konnte. Ich war zufällig in der Nähe, weil ich am selben Tag mit der AVL auf der Jordan-Bomlitz-Bahn gefahren bin, doch deren Zug konnte ich auf der Rücküberführung von Walsrode nach Soltau auf der Nachbarbrücke leider mangels Saft in der Batterie nicht mehr ablichten…
Auch wenn das Bild etwas statisch wirkt und im Fotoforum wahrscheinlich verrissen werden würde, hier noch mal die 03 als lebendiger Abschluss eines ansonsten fast fahrzeuglosen Beitrags:
Das war’s für heute, ich hoffe Euch die Strecke Soltau-Neuenkirchen ein wenig näher gebracht zu haben. Bei Zeiten geht es weiter mit der Schleswiger Kreisbahn, der Kreisbahn Norderdithmarschen, der Flensburger Kreisbahn-Südstrecke, der Kehdinger Kreisbahn, der Butjadinger Bahn und der Niederweserbahn (Kleinbahn Farge-Wulsdorf). Also bis bald, schöne Grüße,
Dennis.
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6-mal bearbeitet. Zuletzt am 2014:12:01:02:33:05.