Die öffentliche Präsentation der 03 1090 wurde hier: [drehscheibe-online.ist-im-web.de] dank Dampfachim schon
mal ausgiebig ausgewertet. Nur gab es zu DDR-Zeit keine richtige Ankündigungen von lokalen Lokaustellungen.
Es blieb also nur der Weg der Mundpropaganda, doch dieser war mich zu dieser Zeit fast abgeschnitten,den noch
bis Ende Oktober 1988 musste ich nicht ganz freiwillig meinen Wehrdienst absolvieren. Als letzter Soldat des
3.Diensthalbjahres war mein Aufenthaltsort in Straußberg natürlich fremdbestimmt und damit keine Chance zu
dieser Zeit auch noch an Dampflokfotos überhaupt zu denken...
Nach dem ich mich ja nun mal um den "Dienst am Volke" nicht drücken konnte,blieb mir nur die Wahl die Zeit so
sinnlos wie möglich zu verbringen.Nach dem man mich nach einer Blinddarm-OP fälschlicherweise als "Vollinvalide"
eingestuft hatte, konnte ich natürlich andere sinnvollere Sachen machen, wenn die anderen irgentwelche Kriegspiele
draußen machten. Meine damalige Tätigkeit als Regimetsfotograf machte sich dazu ganz nützlich, so hatte ich immer
eine Kamera beim "Polit" im Tresor verschlossen und eine Weitere zusammen mit meiner Zivilkleidung in meinem "Bunker".

Zu den Vorteilen einer eigenen Dunkelkammer hatte ich auch meine Reichsbahnkleidung dabei, die für zahlreiche
Exkursionen in umliegende Bahnbetriebswerke sehr von Vorteil war. Einen Eisenbahner fragte ja so schnell kein
Ordnungshüter ob er auch dahin gehörte und so konnte man auch seine Standortbeschränkung ignorieren.

So fuhr ich auch in meiner DR-Tracht nach dem Dienst nach Stralsund und kam gerade rechtzeitig zum Schluß der dortigen
Lokschau im Bw an. Nach dem alle Besucher das Bahnbetriebswerk verlassen hatten konnte ich endlich in Ruhe fotogarfieren.
Dabei interessierte mich weniger die Traditionslok 03 1090(Sorry Achim!), sodern der Star war nun mal die unter Dampf
stehende 50 3527!



Die Pasewalker Maschine war unter uns Eisenbahnern weitläufig als "Russenkuh" bekannt, wohl wegen Ihrer übertriebenen
üppigen weißen Radreifenbemalung.



Nach der Lokschau gab es eigentlich immer etwas aufzuräumen und so fuhr die 50 3527 zum Wassernehmen erst mal auf die
Drehscheibe. Heute wurden sich bei sowas zahlreiche Fotografen sich gegenseitig auf den Füßen stehen, aber ich war
fast ganz allein...


An der Drehscheibe langen eigentlich immer die ungenutzten Breitspurdrehgestlle für eine nie realisierte V200-Schlepplok
in Mukran hier links im Bild. Zu dieser Zeit hatte ich leider keine Augen dafür!


Kurz vor Sonnenuntergang gab es dann noch ein paar Kohlen für die Nacht und ich musste schnell zum Bahnhof um meinen Zug
nach Berlin zu erreichen , denn spätestens 24Uhr musste ich wieder in der Kaserne sein!


So das war erst mal! Wie schnell auch diese Zeit vergangen ist!

Hallo,

die besagt Mundpropaganda hatte auch mich erreicht und so setzte ich mich auf mein Motorrad.
Stralsund war damals noch ein richtiges Groß-Bw und hat einiges auf die Beine gestellt.
War nicht zu diesem Anlaß auch die kurzerhand organisierte E94-Tour nach Rügen?
Wenn man heute an die von Dir fortografierten Stellen kommt, möchte man in Tränen ausbrechen!
Gruß


Mathias

Hallo Jan, Hallo Mathias,

die von Euch erwähnte Lokausstellung war damals ein Highlight im Eisenbahnalltag der Hansestadt. Es galt das 125. Dienstjubiläum der Eisenbahn in Stralsund zu feiern. Jan, ich kann Dich verstehen, daß Dich die kalte 03.10 nicht so sehr interessierte. Die 03 1090 hatte ich ja auch in allen kalten Lebenslagen fotografiert. Die warmen 50 3527 ( Bw Neustrelitz ) und 74 1230 ( Bw Wustermark ) waren da viel interessanter.
Die Lokschau war auch für unser Pflegekollektiv eine große Herausforderung und man vertraute uns auch die 50.35 zur Pflege auf Zeit an. Die Rekolok habe ich am Freitag ganz allein geputzt. Das Ding ist ganz schön groß, zumal vorher die 03 eingeseift werden musste. Uwe und Ingo hatten noch keine Zeit und kamen erst später.
Die Aufmachung der 50 ist aber auch nicht auf meinem Mist gewachsen. Sie kam schon so aus Neustrelitz, wo sie in der Est. Templin bzw. Waren als Heizlok und heimliche Traditionslok diente. Nach Pasewalk kam 50 3527 erst in der Wendezeit.
Auf Jans Fotos sind die Vorbereitungen zur Rücküberführung in der Nacht nach der Ausstellung zu sehen. Ich habe eigentlich auch recht fleißig fotografiert. Allerdings kam zumindest ein Film abhanden. Er wurde mir schon auf der Ausstellung gestohlen. So bleiben mir nur einige Dias vom Sonntag.
Die Überführung nach Neustrelitz war meine erste längere Ausfahrt mit einer Dampflok, allerdings als Fahrgast auf dem Führerstand. Meine Lokführerprüfung auf Dampf fand dann erst 1992 statt.
Vor dem Vergnügen hatte aber auch Gerd Bünger eine Menge Arbeit für Uwe und mich parat. Zum ersten Mal durfte ich eine unter Dampf stehende Lok von unten abölen. Was ich vorher nie gedacht hätte, unten tropft heißes Wasser an allen Ecken und Enden und als Heizlok war der Unterbau auch nicht gerade sauber. Die Ölgefäße waren unter dem Dreck gut getarnt.
Es hat geklappt und es ist nichts warm gelaufen.
Angenehmer war da schon, dem einströmenden Wasser zuzuschauen, wie auf Jans Fotos sichtbar. Der Typ auf dem Werkzeugkasten bin ich, während Uwe von unten mit einem anderen Eisenbahner zuschaut, den ich gerade nicht erkennen kann.

Nach Anbruch der Dunkelheit und nach einer Stärkung in der Kantine ging es dann mit einer angehängten 250 ( ab 1992 BR 155 für die jüngeren Fans ) nach Neustrelitz.
Als kleinen Eindruck kann ich Euch noch zwei Nachtaufnahmen präsentieren, die bei Kreuzungshalten entstanden. sind.



In Rakow bei Grimmen ist unser erster Kreuzungs- und Kontrollhalt. Leider war es dort ziemlich finster. Hinter der 50 ist schwach die Ellok erkennbar.



Auch in Demmin wurde gehalten. Hier war eine Bahnhofslampe behilflich. Uwe und Gerd "Opa" Bünger sind derweil mit der Kontrolle des Lauf- und Triebwerks beschäftigt. Uwe malt mit seiner Taschenlampe interessante Muster auf das Foto.

Beide Fotos: Achim Rickelt, 2. Oktober 1988

Die Rückfahrt von Neustrelitz nach Stralsund mussten wir dann als Fahrgast über Rostock antreten, weil auf der Nordbahn so spät nichts mehr fuhr.

Es war ein glücklicher Nebeneffekt unserer Tätigkeit an der 03.10, daß wir so zu interessanten Fahrten mitgenommen wurden. Die Bw-Führung war froh, Helfer beim Erhalt der 03 gefunden zu haben und ermöglichte uns manche Extratour.

@ Mathias: Die E 94 war erst im Juni 1989 in Stralsund.

Viele Grüße

Dampf - Achim Rickelt