Hallo Forum,
heute zeige ich euch einen kleinen Bericht über die ehem. Bahnlinie zum Malmsheimer Flughafen. Seit dem Bau der württembergischen Schwarzwaldbahn (WSB) von Stuttgart-Zuffenhausen nach Calw hatte Malmsheim (Landkreis Böblingen) einen Bahnanschluss.
Aber erst im Jahr 1935 erhielt der vom Malmsheimer Bahnhof nur ca. 1 km entfernte Luftwaffenfliegerhorst Malmsheim einen eigenen, ca. 4 km langen Gleisanschluss. Der Fliegerhorst wurde so für den Krieg gegen Frankreich vorbereitet. Bomben, Munition und Flugbenzin für die Flugzeuge konnten so mit der Bahn bis auf Flugfeld bzw. ins angrenzende Luftwaffendepot angeliefert werden.
Nach dem erfolgreichen Frankreichfeldzug wurden die Bomber aber schnell wieder abgezogen. In den letzen Kriegsjahren waren von 1942-1945 noch ein paar vereinzelte Jagdflieger zur Verteidigung von Stuttgart hier stationiert. Diese Einsätze der Jagdflieger waren wohl weniger erfolgreich, wenn man sich alte Bilder vom völlig zerstörten Stuttgart mal ansieht.
Doch zurück zur Strecke. Nach dem Krieg wurde das ehem. Luftwaffendepot zu erst zum Flüchtlingslager umfunktioniert. Hier kamen viele Flüchtlinge, vor allem aus Südmähren und dem Sudetenland, mit dem Zug an. Der letzte Flüchtlingszug fuhr laut einem Bericht der Leonberger Kreiszeitung erst 1946. Danach wurde es sicher sehr ruhig auf den Schienen.
Das Flugfeld des Fliegerhorstes wurde nach dem Krieg natürlich nicht mehr benötigt. Er wird aber bis heute noch zivil von den Malmsheimer Segelsportfliegern betrieben.
In den achtziger Jahren bekam aber interessanter Weise eine Piste des Flugfeldes von der NATO noch eine ca. 30 m breite und 2000 m lange Betonpiste spendiert, da das angrenzende Depot bis heute von der Bundeswehr (Depot der KSK Calw) sehr intensiv genutzt wird. Auf dieser Betonpiste könnte theoretisch eine große Transportmaschine vom Typ Transall der Bundeswehr oder ein großer Düsenjet landen landen. Heute ist die Betonpiste unter der Woche Testareal für das nur 15 km entfernte Mercedes Werk Sindelfingen und Übungsgelände für die örtlichen Fahrschulen.
Wenn man heute auf Spurensuche geht findet man auf dem Flugfeld noch viele Spuren des Anschlussgleises. Meine kleine Exkursion beginnt aber am Bahnhof von Renningen. Auf dem Streckenteil Zuffenhausen – Renningen - Weil der Stadt der heutigen S6 verkehren noch die guten alten ET 420 im 15 min Takt. Dazu kommen normalerweise noch ca. 45 Güterzüge über die sogenannte Rankbachbahn von Renningen nach Böblingen. Die Rankbachbahn ist aber momentan für den S60 Ausbau bis Oktober 2008 voll gesperrt.
(1)Zug der Stuttgarter S6 auf dem Weg nach Weil der Stadt
Das Anschlussgleis begann am Bahnhofsende von Renningen an der Ausfahrt Richtung Zuffenhausen. Von der dortigen Bahnbrücke kann man heute noch recht gut den Streckenbeginn erkennen.
(2)Ehem. Beginn des Anschlussgleises
Hier zweigte links das Anschlussgleis ab. Das Anschlussgleis war mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer Schutzweiche ausgestattet. Zumindest kann man aus der Breite und der Lage der noch vorhandenen Holzschwellen die Position einer Schutzweiche erahnen. Leider ist der Bahndamm hier aber total zugewachsen. Auch sind die Schienen in diesem Bereich demontiert.
(3)Betonreste des ehem. Anschlussgleises bei km 0,1. Im Hintergrund sind die Gleise der WSB noch schwach zu erkennen.
Die ganze Bahnstrecke wurde so einfach wie möglich gebaut. Es wurde kein einziges Kunstbauwerk nötig, da die Landschaft optimal ausgenutzt wurde. Nach der Schutzweiche begann eine recht kurze, steile Rampe. Dieser Teil der Strecke ist heute total zugewachsen. Der Begriff grüne Hölle passt hier recht gut. Die gesamten Aufnahmen entstanden alle (bis auf die letzten vier) im Oktober 2006.
(4)Die grüne Hölle von Renningen
Nach ca. 300 m "Dschungel" kommt die Strecke aus dem Gebüsch des Bahndammes der WSB heraus. Ab hier liegen erstaunlicherweise wieder Schienen. Der Bahndamm dient ab hier als Feldweg. Hier begann ein 180° Bogen gegen den Uhrzeigersinn.
(5)Erster Teil der 180° Kehre bei km 0,5 mit Blickrichtung Bahnhof Renningen
Im Hintergrund sind die Gleise und die Oberleitungen der WSB dank Wildwuchs so gut wie nicht mehr zu erkennen. Aber auf dem Abschnitt des Feldweges liegen die Schienen noch komplett, teilweise liegen sie aber verdeckt unter dem Erdreich.
(6)Zweiter Teil der 180° Kehre mit Blick Richtung der Renninger Aussiedlerhöfe
Nach der 180° Kehre führte die Strecke genau zwischen den beiden Aussiedlerhöfen hindurch. Hier ist das Gleis wahrscheinlich in Eigenregie von den Landwirten komplett entfernt worden. Nur im Hof eines Aussiedlerhofes liegen noch ein paar Meter total verformte Schienen.
(7)Die Schienen vor dem Aussiedlerhof bei km 1,0. Der Landwirt scheint hier wohl schon öfters mit seinem Pflug oder seiner Egge an den Schienen hängen geblieben zu sein...
Nach den Aussiedlerhöfen sind die Schienen wieder komplett entfernt worden. Die Strecke führte ab hier ca. 2 km gerade aus weiter Richtung Malmsheim. Im Bereich der heutigen Shell Tankstelle Renningen muss früher wohl ein Bahnübergang der Landstraße Richtung Rutesheim existiert haben. Hier wurde vor ca. 15 Jahren eine Umgehungsstraße gebaut und die Verkehrsführung der Landstraße total geändert.
Ein ehem. Geschäftkollege bekam diese Änderung der Verkehrsführung nicht mit da er zu dieser Zeit 3 Wochen Urlaub hatte. Auf der ersten Fahrt zur Arbeit verunglückte er mit seinem Motorrad hier tödlich, da die geänderte Verkehrsführung zu schlecht ausgeschildert war.
(8)Ehem. Bahnübergang der Landstraße Renningen-Rutesheim. Die Trasse der Bahnstrecke lag hier ungefähr zwischen den beiden Bäumen. Hinter den Bäumen ist noch schwach die Shell Tankstelle Renningen zu erahnen.
(9)Blick zurück Richtung Shell Tankstelle. Die Trasse des Bahndammes dient hier heute als Radweg neben der Umgehungsstraße.
(10)Der ehem. Bahndamm bei km 2,5 mit Blick Richtung Malmsheim
Kurz vor dem Flugfeld Malmsheim begann bei km 3,0 eine 80° Rechtskurve. Rechts neben den Feldweg kommen auch die Schienen wieder zurück ans Tageslicht.
(11)Ab hier liegen wieder komplett Schienen. Sie führen bis kurz vor die Hallen der Malmsheimer Segelflieger.
(12)Blick Richtung Segelflughalle bei km 3,5
(13)Blick von der Segelflughalle zurück Richtung Malmsheim
Die Schienen sind ungefähr bis zum rot – weisen Absperrband noch zu erkennen. Ab hier steht die Halle der Segelflieger Malmsheim auf der ehemaligen Bahnstrecke. Um die Segelflugzeuge aus der Flugzeughalle auf die Startbahn zu bekommen wurden die Schienen hier großflächig überteert. Die letzten vier Bilder entstanden im April 2007.
(14)Blick auf die Rückseite der Flugzeughalle
(15)Schienen bei km 3,7 mit Blick auf das heutige Bundeswehrdepot
(16)vermutliches Streckende im heutigen Bundeswehrdepot (km 4,0).
Ob im Depot jemals Schienen lagen oder die Strecke kurz vor dem Depot aufhörte entzieht aber meiner Kenntnis. Die Bundeswehr hat den Gleisanschluss wahrscheinlicht nicht mehr benutzt.
Beim fotografieren wurde ich von einem Landwirt des Aussiedlerhofes argwöhnisch beobachtet. Ich kam aber mit dem Landwirt schnell ins Gespräch. Der Landwirt wörtlich: "Seit dem Adolf isch do nix mehr g´fahra."
Insgesamt ist die kurze Strecke nie groß bekannt geworden. Zum einen weil hier nie öffentlich Betrieb statt fand und zum anderen weil die Strecke wohl nur für 11 Jahre im Betrieb gewesen sein dürfte. Auch im bekannten Schewers+Wall Eisenbahnatlas fehlt die Strecke komplett.
Als kleines Kind war ich übrigens oft am Flugtag der Segelflieger in Malmsheim. Doch die Segelflugzeuge interessierten mich nie. Mich interessierten immer nur die Eisenbahnschienen...
Auch ging ich fast ein vierteljahrhundert davon aus dass die Strecke am Malmsheimer Bahnhof und nicht in Renningen begann. Erst durch ein paar Recherchen im Internet und dem Hinweis von DSO User Blechwurmpilot wurde ich auf den tatsächlichen Verlauf der Strecke aufmerksam.
Ich hoffe der Beitrag gefällt euch, auch wenn kein einziges historisches Schienfahrzeug zu sehen ist...
Schöne Grüße
Markus Richta
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2009:06:24:22:47:31.