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 04 - Historisches Forum 

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Dies ist KEIN Museumsbahnforum! Bilder, Meldungen und Fragen zu aktuellen Sonderfahrten bitte in die entsprechenden Foren stellen.

Im sogenannten „Nassen Dreieck“, also zwischen Bremen, Cuxhaven und Hamburg, waren Anfang der siebziger Jahre noch verschiedene Privatbahnunternehmen tätig, die alle so nach und nach von mir besucht wurden.

Eine dieser Privatbahngesellschaften war die Wilstedt – Zeven – Tostedter Eisenbahn (WZTE), die insgesamt nur 2 Übergabestellen zur DB hatte, nämlich in Zeven, dem Sitz der Gesellschaft, sowie in Tostedt an der Rollbahn Hamburg - Ruhrgebiet. Zum Zeitpunkt meines Besuches fand noch ein regelmäßiger wenn auch spärlicher Personenverkehr zwischen Zeven und Tostedt statt. Ausserdem wurde auf der Strecke noch Schülerverkehr abgewickelt.

Die WZTE war dafür bekannt, dass sie für die Personenbeförderung nur betagte Triebfahrzeuge zur Verfügung hatte. Das war für mich Grund genug, um dieser Bahn einen Besuch abzustatten.

Es war ein ganz gewöhnlicher Sonnabend, als ich am 13. Juni 1970 bei bestem Sommerwetter nach Zeven fuhr, um mich im dortigen Bw umzusehen.


Bild 01 Im Freien stand der mächtige T 174, der zu Bundesbahnzeiten die Bezeichnung VT66 903 hatte. Er wurde 1927 von der Waggonfabrik Görlitz (WUMAG) mit der Fabr. Nr. 8229 4/26 gebaut und verbrachte nun bei der WZTE ein relativ geruhsames Dasein:
http://fs5.directupload.net/images/user/160114/owtcazxa.jpg


Bild 02 Der kleine Ringlokschuppen beherbergte ebenfalls einen Triebwagen. Allerdings gehörte dieser nicht zu den ganz großen VT, sondern war ein klassisches Schweineschnäuzchen, das 1933 in der Waggonfabrik Wismar unter der Nr. 20216 in den Werkhallen der Ostseestadt gebaut worden war:
http://fs5.directupload.net/images/user/160114/sg5cy3ub.jpg


Bild 03 Aufgrund der üppigen Platzverhältnisse auf dem Gelände konnte ich den T 174 in kompletter Seitenansicht aufnehmen. Irgendwelche Modernisierungen äußerlicher Art schienen an dem Triebwagen bisher nicht durchgeführt worden zu sein:
http://fs5.directupload.net/images/user/160114/krcdbj59.jpg


Bild 04 Etwas abseits des Bw-Geländes standen noch zwei weitere Wismarer Schienenbusse, die jedoch schon beide ausgemustert waren. Als Ersatzteilspender konnten sie jedoch den VT 145 bis dahin am Leben erhalten:
http://fs5.directupload.net/images/user/160114/z94gbrzb.jpg


Bild 05 Erneut kehrte ich zum Bw-Gelände zurück und machte weitere Aufnahmen. Der Blickwinkel „schräg von vorn“ bringt die imposante Länge des T 174 gut zur Geltung:
http://fs5.directupload.net/images/user/160114/qjpsnzl7.jpg


Bild 06 Auch für einen eventuellen sprunghaften Anstieg von Fahrgästen war bei der WZTE vorgesorgt worden. Für diesen Zweck wurde nämlich der VB 815 vorgehalten:
http://fs5.directupload.net/images/user/160114/xetn4rz8.jpg


Inzwischen war die Abfahrzeit für den T 174 näher gerückt, daher erschien der Triebfahrzeugführer auf dem Gelände, um seinen VT zum Bahnhof Zeven zu fahren. Meine Bitte, noch vorher das Schweineschnäuzchen aus dem Schuppen zu fahren, wurde von ihm gerne erfüllt.

Bild 07 Hier der bestens gepflegte VT 145 als Seitenansicht...
http://fs5.directupload.net/images/user/160114/md5nz6xp.jpg


Bild 08 ...und in der klassischen Schrägansicht:
http://fs5.directupload.net/images/user/160114/czqevfha.jpg


Damit war mein Bw-Besuch beendet, denn ich wollte den großen Triebwagen auch an der Strecke fotografieren und hierfür eine fotogene Stelle aufsuchen. Jedoch war fast der gesamte Streckenverlauf zwischen Zeven und Tostedt dicht mit Buschwerk eingerahmt, daher war der von mir gewählte Fotostandpunkt nicht sonderlich attraktiv.


Bild 09 Bei Weertzen kam der T 174 mir entgegengefahren und so entstand meine einzige Streckenaufnahme an dem Tag. Der Oberbau aus Sand und Kies war übrigens für die Privatbahnen im Nassen Dreieck damals Standard!
http://fs5.directupload.net/images/user/160114/krvs5ufb.jpg


Bild 10 Am Endbahnhof Tostedt konnte ich den Triebwagen erneut aufnehmen...
http://fs5.directupload.net/images/user/160114/9qkobbrl.jpg



...und fuhr anschliessend mit dem nächsten Zug nach Hamburg zurück.

Leider machte wenige Monate später der T 174 mit einem Milchtankwagen unliebsame Bekanntschaft und wurde aufgrund massiver Schäden daraufhin ausgemustert.

Besuche bei Bahnen wie der WZTE habe ich immer sehr geschätzt, vermittelten sie mir doch ein Flair, das auch schon damals wie aus längst vergangenen Zeiten auf mich wirkte!


Grüße aus dem Norden

Helmut



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http://s14.directupload.net/images/user/140226/jikgddpg.jpg
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Edit: Die Daten von Malte eingepflegt - Danke!



5-mal bearbeitet. Zuletzt am 2016:01:14:15:35:29.
"Nasses Dreieck" bei Bremen? Ich dachte, das ist die Straßenkreuzung vor der Stadthalle in Offenbach/M... Die heist nämlich auch so, weil die Kreuzung früher jedes Frühjahr knöcheltief vom Hainbach geflutet wurde...

kondensierte Grüße, Stefan

https://www.drehscheibe-online.de/foren/file.php?099,file=190387
Kondenslok.de (temporär offline) + Industrial Railways of Indonesia SIG (fc)
Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. Wer sich über Signaturen aufregt, hat sonst nix zu sagen.
Moin Helmut,

da hast Du wieder einen Beitrag hingelegt, bei dem es mir die Puschen auszieht und ich nach Herztropfen japse.
Fragt sich nur, warum sich kaum jemand um diese liebenswerte Kleinbahn gekümmert hat, aber es dampte ja dort nicht mehr und es war "nur" eine Privatbahn.

Vielen Dank fürs Einstellen!

Gruß
Detlef
kleine Korrektur,

der T174 wurde nicht von der Waggonfabrik Wismar gebaut, sondern von der Waggon- und Maschinenbau AG Görlitz (WUMAG). Ansonsten sehr schöne Fotos.

Gruß
Mathias
Hallo Helmut,

ein wunderbares Thema zeigst Du hier. Ein paar Anmerkungen zu den Fahrzeugen:

- Der T 145 befindet sich in Aufarbeitung bei der Mindener Museumseisenbahn. Er müsste eigentlich in Kürze wieder in Betrieb gehen.

- Der T 174 ist kein Wimsra-, sondern ein WUMAG-Triebwagen. Er wurde 1927 unter der Fabriknummer 8229 4/26 für die DRG gebaut, wohin er am 12. Juli 1927 als Nr. 760 ausgeliefert wurde.

- Das Schicksal des VB 815 (MAN 1936 | 127401, ex DB VS 144 002, ab 1959 nur noch VB ) ist ein wenig ungeklärt. Der Wagen soll 1978 an die Beverner Disco „Ta-Töff“ abgegeben worden sein, dort verliert sich die Spur. An der Disco steht heute die Borkum-Dampflok. Hat jemand mehr Infos?

- Bei den abgestellten Wismar-Wagen müsste es sich um 20230 und 20252 handelt (WZTE T 2 und T 3). Beide sollen 1972 in den Schrott gewandert sein.

Viele Grüße | Malte

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Und nun schon seit einige Monaten dabei: ET 30, ET 56, VT 08, VT 11, VT 12, VT 92, ETA 150, ETA 176 der DB und LVT 2.09 sowie VT 18.16 der DR. Und viele mehr.

wieder ein sehr interessanter Beitrag, ...

geschrieben von: ludger K

Datum: 27.03.08 14:56

leider habe ich vom WZTE-Personenverkehr nichts mehr mitbekommen. Dafür besitze ich einige ältere Sammlungsbilder (auch Dampf), die ich gelegentlich zeigen werde. Der T 174 war übrigens ein Schwesterfahrzeug des noch existierenden T 175, über den ich mal ein Buch herausgegeben habe. Nach meinem Geschmack könnten einige Deiner Bilder mehr Kontraste gebrauchen. Was hälst Du hiervon:

http://img248.imageshack.us/img248/6749/unbenannteq5.jpg

Deinen Balken mußte ich weglassen, weil sonst die Bearbeitung schwierig bis unmöglich ist.
Malte Werning schrieb:
-------------------------------------------------------
>
> - Bei den abgestellten Wismar-Wagen müsste es sich
> um 20230 und 20252 handelt (WZTE T 2 und T 3).
> Beide sollen 1972 in den Schrott gewandert sein.
>

Wann wurden diese beiden Schienenbusse ausgemustert? Ist das bekannt?

Gruß
Mathias

Wismarer der WZTE (Link, z.Z. ohne Foto)

geschrieben von: Mikado-Freund

Datum: 27.03.08 15:21

Ich habe mal bei dem User vossibär angefragt, ob er seine Bilder aus [drehscheibe-online.ist-im-web.de] wieder einstellt. Die wären m.E. ein hervorragend hierzu passendes Mosaiksteinchen.


An Helmut natürlich noch ein Dankeschön fürs Zeigen seiner Fotos.

mit freundlichem Gruß

Walter

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Zitat:
Wann wurden diese beiden Schienenbusse ausgemustert? Ist das bekannt?

Eine Ausmusterung ist eigentlich eher ein Staatsbahnterminus.

Für den T 2 (-> T 146 nach NLEA-Schema] habe ich 1966 als Abstellungsjahr recherchiert, da war möglicherweise Fristablauf (kann das jemand bestätigen?). Zum T 3 (-> T 147) kann ich leider keine Aussage treffen.

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Malte Werning schrieb:
-------------------------------------------------------
>
> Eine Ausmusterung ist eigentlich eher ein
> Staatsbahnterminus.
>
> Für den T 2 (-> T 146 nach NLEA-Schema] habe ich
> 1966 als Abstellungsjahr recherchiert, da war
> möglicherweise Fristablauf (kann das jemand
> bestätigen?). Zum T 3 (-> T 147) kann ich leider
> keine Aussage treffen.

für den T146 liegt mir der 17.6.1963 als fälligen Termin für die nächste Uuntersuchung vor.

Gruß
Mathias

WUMAG-VT beim NLEA und ? zur Stillegung Pv

geschrieben von: ferrocarril del Sur

Datum: 27.03.08 16:41

Hallo zusammen,

wirklich wunderschöne Fotos!!

Bei den WUMAGS des NLEA (DHE, WTZE und BHE) wurden doch geringe Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt und zwar wurden die beiden kleinen Frontfenster gegen eine große Frontscheibe getauscht (bei der BHE war es einer mit geteilte Frontscheibe und einer mit asymetrischem Stirnübergang (letzterer war wenig später ein Brandtotalschaden)), Seitenfenster für den Führerstand eingebaut und die Dachkühler entfernt, durch Umbau des Kühlsystems. Zudem erhielten VT andere Drehgestelle. Meine, man hätte hierzu alte preußische Reisezugwagendrehgestelle von der DB erworben und verbaut.

Der Wismarer war insofern besonders interessant, da er über Klapp- anstelle von Schiebetüren verfügte. Meines Wissens hatte die WTZE auch einen VT 70 von der DB gebraucht gekauft.

Wann wurde eigentlich der Pv eingestellt? Kann es sein, dass er offiziell schon in den 60ern aus dem Kursbuch genommen und dann als Schülerverkehr noch ein Weilchen weiterbetrieben wurde?

Viele Grüße von Jan Olaf, der als VT-Freund von diesem Beitrag begeistert ist



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2008:03:27:16:45:54.

zu WZTE T2 und T3 aus dem Buch "Niedersachsen"

geschrieben von: Mikado-Freund

Datum: 27.03.08 16:42

... falls es etwas neues ist; aus dem "Archiv deutscher Klein- und Privatbahnen, Band Niedersachsen", H.W.Rogl, transpress, Stuttgart 1996, entnehme ich für beide Fahrzeuge

Bez.AchsfolgeLeistung
Hersteller
Bemerkungen
2 (146)
AA
2•50 PSWismar 1934/20.2301966 abgestellt, 1972 verschrottet
3 (147)
AA
2•50 PSWismar 1935/20.2501966 abgestellt, 1972 verschrottet


Die wenige Monate später stattgefundene unliebsame Bekanntschaft des T 174 mit einem Milchtankwagen fand hiernach am 17.Mai 1971 statt; bis zum 25.September 1971 übernahm daraufhin der T170 der BOE den Rest-Schienen-Personenverkehr, danach gab es Personenverkehr nur noch mit dem eigenen Bus.

Mal schauen, ob ich Zugriff auf das Sommerkursbuch 1971 habe, in dem Fall reiche ich die Fahrplantabelle noch nach.

mit freundlichem Gruß

Walter

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zu Deiner latent gestellten Frage nach dem VT 70

geschrieben von: Mikado-Freund

Datum: 27.03.08 16:46

Zu Deiner latent gestellten Frage bezüglich ex VT 70 siehe [www.drehscheibe-foren.de]; ein Kleinzitat aus dem aus dem Rogl-Buch "Niedersachsen" von 1996.



(Edit: Sprungadresse korrigiert)



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2010:11:27:17:59:18.
Interessant ist auch der Vorserien-Uerdinger am linken Rand von Bild 3...

Vorserien-Schom

geschrieben von: ferrocarril del Sur

Datum: 27.03.08 17:03

Das könnte der VT 150 oder dessen Beiwagen der benachbarten BHE sein.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2008:03:27:17:03:33.

Re: Vorserien-Schom

geschrieben von: Helmut Philipp

Datum: 27.03.08 17:14

So ist es! Der VB stand dort, übrigens schwach lesbar noch mit "Lübeck-Segeberger Eisenbahn" beschriftet, einsam in der Prärie herum. Der dazu passende VT150 der BHE (auch ex LSE) befand sich am selben Tag in Harsefeld.

Hier eine Aufnahme des VB´s:

http://fs5.directupload.net/images/user/160114/8r9hd69v.jpg

Gruß

Helmut


Edit: Nachträglich Foto eingestellt



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2016:01:14:15:37:00.

"geringe Modernisierungsmaßnahmen"?

geschrieben von: ludger K

Datum: 27.03.08 17:16

Die Umbauten waren alles andere als "geringfügig". Schau mal, was unser WUMAG-Buch dazu sagt:

„Viele norddeutsche Kleinbahnen setzten schon in den 30er Jahren Triebwagen ein, um ihren Personenverkehr zu rationalisieren, doch unterbrachen dann der Krieg und die Notjahre die Motorisierungswelle und sorgten für ähnlich traurige Zustände wie bei der Staatsbahn. Der Neubeginn ließ zudem länger auf sich warten, weil das fehlende Kapital trotz Bereitstellung von Mitteln aus dem Marshallplan für die Beschaffung fabrikneuer Triebwagen nicht ausreichte. Folglich machte man aus der Not eine Tugend, indem man ausgemusterte DB-Fahrzeuge vom EZA München kaufte. Damit eröffneten sich für die vier im Aw Kassel abgestellten WUMAG-Triebwagen neue Chancen, weil sie wegen ihrer Drehgestelle auf schlechtem Oberbau noch gute Laufeigenschaften aufwiesen und ihre großräumigen Wagenkästen für den Einsatz im Schüler- und Stückgutverkehr gut geeignet waren. Das Niedersächsische Landeseisenbahnamt (NLEA) legte großen Wert auf den Kauf dieser altbrauchbaren Wagen, da die Ankaufs- und Herrichtungskosten nur etwa die Hälfte eines neuen Fahrzeugs ausmachten, ohne daß ihr Gebrauchswert diesem irgendwie nachstand.
So erwarb das NLEA für die Buxtehude-Harsefelder Eisenbahn (BHE) den antriebslosen VT 66 900 für 12.000 DM und ließ ihn mit zwei beigelegten Mylius-Getrieben zur Waggonbaufabrik Joseph Graaff (Elze) überführen, wo der Wagen einen Generalumbau erhielt. Die beiden neuen Antriebsanlagen mit je einem Deutz-Dieselmotor F6M517 wurden unter den Wagenkasten gehängt und die Achsfolge auf (1A)'(A1)' umgedreht. Das Werk ersetzte die Dachkühler durch Unterflurkühler. An die Stelle der alten Kühlwasserheizung trat eine Warmwasseranlage mit zwei kohlebefeuerten Unterfluröfen. Die Schiebetüren wurden geändert und die Führerstandstüren entfielen. Den ursprünglichen Plan, den Wagenköpfen eine gerundete Form zu geben, setzte man aus Kostengründen nicht um. Stattdessen wurden die Stirnwände für den Einbau einer Übergangstür vorbereitet. Das mit glänzenden Liwa-Platten ausgekleidete Wageninnere erhielt zwei Gepäck- und Fahrradräume und zwei große Fahrgasträume III. Klasse mit 80 Polstersitzen. Übersetzrahmenfenster, Leichtmetallbeschläge, Flachklappenleuchten und eine Musikübertragungsanlage ergänzten die komfortable Ausstattung des im neuen Kleinbahn-Anstrichschema feuerrot/elfenbein lackierten Wagens.
Nach reibungsloser Überführung von Elze nach Harsefeld am 13.7.1952 wurde der T 171 mehrere Tage lang eingehend getestet. Er nahm am 15. Juli seinen Plandienst auf der 15 km langen Strecke auf. Während die Bevölkerung das komfortable Reisen genoß und für eine gute Auslastung sorgte, ärgerte sich das Bahnpersonal über zu hohe Kühlwassertemperaturen und starke Spannungsschwankungen in der Bordelektrik. Es gelang aber, die Probleme bis November 1952 in der BOE-Werkstatt Bremervörde weitgehend abzustellen. Dem „Stolz der Geestbahn" war kein langes Leben beschieden. Am 15. Februar 1955 vernichtete ein Großbrand das Bahnbetriebswerk Harsefeld Süd und den im Schuppen abgestellten T 171. Das vollkommen ausgebrannte und um 10 cm durchhängende Wrack mußte ausgeschlachtet und verschrottet werden. Das NLEA dachte noch im August 1955 daran, den T 171 aus den geretteten Maschinenteilen, alten preußischen Regeldrehgestellen und einem neuen Wagenkasten wiedererstehen zu lassen, doch daraus wurde nichts, weil die BHE ein gutes Jahr später den VT 66 904 von der Bundesbahn kaufen konnte.
1954 übernahm das NLEA zwei weitere WUMAG-Triebwagen von der DB. Der VT 66 903 ging am 17. März in den Besitz der Wilstedt-Zeven-Tostedter Eisenbahn (WZTE) über und der VT 66 901 gehörte ab 21. April der Delmenhorst-Harpstedter Eisenbahn (DHE). Beide Gesellschaften hielten ihren Personenverkehr mit alten Wismar-Schienenbussen aufrecht, die nun von „neuen" großen Triebwagen abgelöst werden sollten. Aus Kostengründen wurde die Modernisierung der „Wumberer“ der Werkstatt der Niederweserbahn (Wulsdorf bei Bremerhaven) übertragen. Beide Wagenkästen erhielten neue, zu den Wagenköpfen hin versetzte Einstiege mit Kiekert-Türen, ungeteilte Frontscheiben und neue Fahrtische. Der ehemalige VT 66 901 bekam sogar geteilte Seitenfenster. Polsterbänke und Klappsitze für 91 Fahrgäste ersetzten die alten Holzbänke. Die langen WUMAG-Drehgestelle wurden gegen 1912 gebaute preußische Regeldrehgestelle mit 90 cm großen Radsätzen in der Achsfolge (1A)'(A1)' getauscht. Die Antriebsanlagen standen auf Maschinentragrahmen, die unter dem Wagenboden hingen. Zum Einbau kamen luftgekühlte Deutz-Dieselmotoren (Bauart F/A8 L 614), die die Dachkühler nicht mehr benötigten. Dafür mußte die Warmwasserheizung nun mit einem Kohleofen betrieben werden.
Der Umbau zog sich in die Länge, weil die personellen und technischen Möglichkeiten der Kleinbahnwerkstatt begrenzt waren. Somit konnte der frühere VT 66 901 (nun T 172) erst am 12. Juni 1956 an die DHE und der VT 66 903 im November 1956 (nun T 174) an die WZTE abgeliefert werden.
Beide Wagen erfüllten jahrelang ihren Dienst zuverlässig und zur vollen Zufriedenheit der Bahnen und ihrer Kunden. Am 17. Dezember 1957 war der T 174 in einen schweren Auffahrunfall im Bahnhof Tiste verwickelt, bei dem ein Schwer- und sieben Leichtverletzte zu beklagen waren. Die Schäden am Triebwagen waren erheblich, doch ließen sich die Stauchungen des Wagenkastens beheben, so daß das Fahrzeug wieder eingesetzt werden konnte.
Bald schwappte die Autowelle auch auf die ländlichen Regionen über. Die DHE spürte die Abwanderung ihrer Fahrgäste besonders stark und lieh den Wagen vom 1. Februar 1960 (nach manchen Quellen: 1958) bis 9. Dezember 1962 an die Eisenbahn Köln-Mülheim – Leverkusen aus. 1966 verkaufte sie ihn nach 171.450 km Laufleistung an die Südwestdeutsche Eisenbahn-Gesellschaft (SWEG). Am 14. Juli verließ er Harpstedt und traf am 16. Juli im Betriebswerk Staufen der Münstertalbahn ein. Ab 15. Dezember 1966 war er als VT 101 in Wiesloch stationiert und pendelte nun auf der Strecke nach Waldangelloch, bis er am 1. Oktober 1979 in Wiesloch im Rückwärtsgang mit großer Wucht auf seine eigenen Beiwagen auffuhr. Dabei wurden der Wagenkasten zusammengestaucht, die Maschinenrahmen verzogen und die Inneneinrichtung beschädigt. Eine Reparatur lohnte sich wegen der zu erwartenden hohen Kosten nicht mehr, und so erfolgte 1982 die Verschrottung. Die beiden Drehgestelle mit den Achswendegetrieben kamen als Ersatzteilspender nach Harsefeld.
Auch auf der WZTE gingen die Fahrgastzahlen zurück, und zwar von 290.185 (1961) auf 210.000 (1965). Die umfangreiche, von der Landesregierung kräftig bezuschußte Erweiterung des Straßennetzes führte 1964 zur Einstellung des Personenverkehrs zwischen Wilstedt und Zeven. Zu den letzten Einsätzen des T 174 gehörten zwei Personenzugpaare mit Stückgutbeförderung zwischen Zeven und Tostedt. Am Mittwoch, den 19. Mai 1971 war der Wagen in einen schweren Unfall verwickelt. Als er die B 71 in Zeven Nord überquerte, fuhr ihm ein Milchtanklastzug vor die Pufferbohle und riß den Führerstand mit dem Gepäckraum auseinander. Der Triebwagen entgleiste und der Lokführer erlitt einen Schock, doch gab es keine Verletzten. Der Wagenkasten mit gebrochenem Langträger war derart verzogen, daß der Triebwagen ausgemustert werden mußte. Das Wrack wurde später ins Bw Bremervörde Süd geschleppt, in den Sommermonaten ausgeschlachtet und im Herbst zerlegt.
Die Kleinbahnzeit verlief für den VT 66 904 glücklicher. Er wurde vom NLEA am 21. Dezember 1956 auf Rechnung der BHE gekauft und am 4. Januar 1957 dem Bw Bremervörde zur Instandsetzung übergeben. Dort erhielt er u.a. größere Frontscheiben und eine neue, elfenbein/rote Lackierung. Ab 8. März 1957 versah er als T 175 zwischen Buxtehude und Harsefeld seinen Plandienst. 1959 verlor er bei einer außerplanmäßigen Motorenüberholung die Dachkühler, die durch Unterfluranlagen ersetzt wurden. Mit neuen Kompressoren und Steuerventilen setzte er ab 24. September 1959 seinen Dienst fort. Nach einem schweren Unfall auf dem Übergang Griemshorster Straße bei Harsefeld am 17. März 1962 kam er mit erheblichen Stauchungen an den Wagenköpfen ins Werk der Hansa-Waggonbau Bremen. Bei der Reparatur baute man neue, luftgekühlte Deutz-Dieselmotoren (Typ A8 L614), zwei Webasto-Heizgebläse und andere Fahrtische ein. Mit neuer purpurroter Lackierung, Silberstreifen und grauem Dach kehrte er im Juli 1962 nach Harsefeld zurück, wo er die kleineren Radsätze des ausgemusterten T 160 erhielt. Mit um 9 cm höhergesetzten Puffern ging er am 23. August wieder auf Strecke.
1966 mußten bei Hansa-Waggon Anrisse im Langträger und an den Drehgestellen beseitigt werden. Im Herbst 1971 erhielt der Wagen im gleichen Werk eine Hauptuntersuchung, obwohl der Personenverkehr am 1. Juni 1969 von der Schiene auf den Bus verlagert worden war. Der Triebwagen fand aber weiterhin Verwendung im Stückgutverkehr, für Sonderfahrten und als Schleppfahrzeug für die herbstlichen Rübenzüge. Durch Überbeanspruchung ging am 23. Oktober 1975 ein Achswendegetriebe irreparabel zu Bruch, so daß weitere Rübeneinsätze nicht mehr möglich waren. Ein Zusammenstoß mit einem Lkw im Oktober 1976 verformte einen Wagenkopf. Die Reparatur und eine Untersuchung im Januar 1977 (wiederum bei Hansa-Waggon) sicherten sein Dasein bis auf weiteres, doch war er nun zumeist im Harsefelder Schuppen abgestellt. Das Ende schien nahe, als die Betriebsleitung erklärte, die am 21. Januar 1980 anstehende bahnamtliche Fristuntersuchung nicht mehr durchführen zu lassen.“

Re: "geringe Modernisierungsmaßnahmen"?

geschrieben von: Helmut Philipp

Datum: 27.03.08 17:55

Moin Ludger!

Vielen Dank für Deine ausführlichen Erläuterungen zur Beschaffungs- und Umbaugeschichte der WUMAG-Triebwagen beim NLEA!

Grüsse

Helmut
Anbei die weiter oben versprochene(n) Fahrplantabelle(n):


Winterfahrplan 1970/71

217e_WZTE_70-71.jpg


Sommerfahrplan 1971

217e_WZTE_71.jpg


"Das war´s": kein Schienen-Personenverkehr mehr im
Winterfahrplan 1971/72

217e_WZTE_71-72.jpg






mfG

Walter
Guten Abend Helmut
Hast du noch Bilder von dem Personenwagen der dahinter steht.
Er steht hinter dem Schweineschäuzchen am Lokschuppen.
Ich nehme mal an der ist schon ausgemustert, und wartet bis er verschrottet wird.

Gruß Jürgen Schwarz aus Fachsenfeld
Hallo Helmut,

daa kann ich nur sagen: Sehr beeindruckend!

Um die Zeit hatte ich in KoMo meine ersten Bilder gemacht,


Beste Grüße

Gerd

gt

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Soweit nicht anders erwähnt gilt für alle gezeigten Bilder Copyright: Gerd Tierbach
Alle gezeigten Bilder sind urheberechtlich geschützt und dürfen ohne Genehmigung nicht weiterverwendet werden.
Dieser Begriff wird wohl für verschiedene Örtlichkeiten verwendet. Ob die Bezeichnung für den im Ausgangsthread genannten Landstrich offiziell ist, entzieht sich momentan meiner Kenntnis. Kenne die Bezeichnung bereits seit den späten siebziger Jahren.


Bis neulich

Rolf Köstner

Man hat nicht richtig gelebt, wenn man nie in einem ICE gesessen hat, der in Hamm geteilt worden ist.


Ich bin ein Boomer!

gelöscht (o.w.T)

geschrieben von: V. Klemm

Datum: 28.03.08 21:28

(Dieser Beitrag enthält keinen Text)
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2009:11:25:15:37:00.

VB 815 - TaTöff

geschrieben von: C+D

Datum: 29.03.08 10:18

In der Disco TaTöff in Bevern bei Bremervörde steht ein Beiwagen, wohlgemerkt in der Disco - nicht draußen. Ob es der VB 815 ist, habe ich nicht überprüft. Vor der Disco steht die Schwesterlok der auf der Insel Borkum betriebsfahigen Dampflok auf dem Sockel. Beides wurde vom damaligen geschäftsführer der EVB, Heinz Badke, vermittelt, der auf Borkum seinerzeit einen Wohnwagen stehen hatte und die Betriebsleitung der Borkumer Kleinbahn sehr gut kannte.

Re: VB 815 - TaTöff

geschrieben von: Malte Werning

Datum: 29.03.08 11:10

Das ist ja mal eine großartige Info! Vielen Dank!

Dann weiß ich ja, was ich beim nächsten Besuch im nassen Dreieck zu tun habe... :-)

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