Hallo HiFo- Freunde,
nein, der Kalender ist nicht verrutscht. Es ist noch nicht Freitag.
Die folgenden Bilder sind aber für das Einläuten eines schönen Wochenendes nicht geeignet.
Sensible Seelen sollten eventuell vom Betrachten der Bilder Abstand nehmen.
Heute präsentiere ich euch die letzten Bahnbilder, die mein Vater im Jahr 1966 angefertigte. Leider war der Anlass für diese Bilder kein erfreulicher. Es war Freitag, der 18.11.66. Am Vorabend geschah auf der Frankfurt – Königsteiner Eisenbahn das bislang schwerste Eisenbahnunglück in der Region. Es forderte 7 Tote und ca. 70 zum Teil schwer Verletzte.
Was war passiert ?
Im Bahnhof Hornau setzte sich ein abgestellter Triebwagenzug, bestehend aus Steuerwagen, Beiwagen und Triebwagen (führend der VS 204) in Bewegung. Als Ursache wurde ein technischer Defekt angegeben. Damals wurde auch über nicht angezogene Bremsen beim Abstellen des Zuges bis hin zu Manipulation spekuliert. Eine Person soll sich angeblich im Zug befunden haben. Diese (unbesetzte ?) führerlose Garnitur gewann auf abschüssiger Strecke schnell an Fahrt, durcheilte die Bahnhöfe Kelkheim und Münster mit zunehmender Geschwindigkeit. Eilige Bemühungen, den Zug abzulenken, blieben ohne Erfolg. So prallte er bei Oberliederbach unvermittelt mit dem entgegenkommenden Feierabendzug P2177, geführt von Lok 262 und 7 Personenwagen auf gerader Strecke zusammen.
Die Lokmannschaft erkannte das sich anbahnende Desaster, bremste den Zug noch stark ab und rettet sich durch Sprünge aus dem Führerhaus.
Der Esslinger Steuerwagen VS204 zerplatzte auf der Front der Dampflok. Dach und Seitenwände schoben sich wie eine Decke über die Lok und den ersten Wagen, während sich der gesamte Wageninhalt und die Drehgestelle vor der Lok auftürmten. Auf diese Trümmer stieg der folgende Beiwagen auf und wurde im ersten Drittel schwerst beschädigt. Der am Schluss laufende Triebwagen blieb im Gleis stehen. Seine Front drückte sich allerdings in den Mittelwagen, da er über dessen Puffer rutschte.
Durch den Aufprall wurde der Dampfzug ruckartig gestoppt. Die Lok schützte den direkt hinter ihr laufenden Personenwagen, während die Wagen 2, 3 und 4 des Zuges ineinander rutschten, sich verkeilten und schwer beschädigt wurden. Wagen 5 bis 7 blieben im Gleis stehen.
Der durch den Aufprall erzeugte Knall war mit dem Wind über viele Kilometer weit zu hören.
Mein Vater war durch die Abendnachrichten auf dieses Ereignis aufmerksam geworden und fuhr am nächsten Morgen zur Unfallstelle. Als er dort eintraf, war die Bergung der Opfer bereits erfolgt. Die Aufräumungsarbeiten der Trümmer hatten aber noch nicht begonnen. Die Unfallstelle war durch einige wenige Einsatzkräfte von Polizei, THW und Feuerwehr gesichert, aber trotzdem ungehindert zugänglich.
Von der Straße aus konnte man das ganze Ausmaß überblicken.
Über die Lok schoben sich Dach und Wände des VS204.
Im Zug traf es den 2. bis 4. Wagen. Es waren die Wagen 26, 25 und 21. In diesen Wagen kamen 7 Insassen zu Tode.
Die Rettungsmannschaften schnitten unter den Fenstern die Seitenwände auf um festgeklemmte Opfer zu bergen.
Während die beschädigten Wagen erst einmal in Unterliederbach abgestellt wurden, schleppte man die Lok nach Höchst. Am Sonntag, dem 20. November fuhren wir dort hin, um nach ihr zu sehen. Diese Lok wurde 1954 von Henschel neu als Nr.7 an die FK geliefert. Sie war erst kurz vorher von einer Hauptuntersuchung zurückgekehrt. Ihre solide Konstruktion hatte dem leichten Esslinger Steuerwagen Einiges entgegenzusetzen. Daher hatte sie den Zusammenstoß auch relativ gut weggesteckt.
Sie wurde im AW Nied wieder Instand gesetzt und konnte im März des Jahres 1967 wieder ihren Dienst aufnehmen. Ihr schöner Schlot mit Krempe wurde allerdings durch einen einfachen, geraden ersetzt. So stand sie dann noch bis 22. August 1969 in Betrieb.
Die Wagen des Unglückszuges wurden alle abgestellt. Die Kleinbahn fuhr fortan mit einer, von der DB angekauften Garnitur B3y- Wagen.
Die Reste des VS204 wurden an der Unfallstelle zerlegt, Mittel- und Triebwagen wurden später wieder repariert.
Während der Reparatur der 262 wurde der Lokfahrbetrieb durch die 261 und fallweise dem Einsatz von Loks der Reihen 50 und 94 aufrecht erhalten.
So, ihr Lieben, hier möchte ich für heute wieder schließen. Reinhard Gumbert hat mir signalisiert, dass er im Anhang noch weitere Bilder der beschädigten Fahrzeuge beisteuern will.
Jetzt habe ich euch im Laufe von 14 Monaten 1000 Bilder gezeigt. Mit dabei waren sämtliche Bilder des Jahres 1966, die schönen, aber auch, wie hier, die unschönen. Leider gehörte aber auch das zur Eisenbahn des Jahres 1966 dazu und stellt heute ein außergewöhnliches Zeitdokument dar.
Morgen zeige ich euch wieder zum Auftakt des Wochenendes Bilder aus der Dampfzeit, diesmal Gießen, Frühjahr 1967.
Also, bis dahin.
Viele Grüße
Michael Fischbach
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2011:06:27:23:41:59.