Mitte der dreißiger Jahre entwickelte die Deutsche Reichsbahn in Zusammenarbeit mit der Waggonindustrie neue windschnittige Schnellzugwagen, die insbesondere durch mit der Außenwand bündige Fenster und Türen auffielen. Zudem war der Wagenkasten über die Pufferbohlen vorgezogen und abgerundet, so dass ein relativ geschlossenes Zugbild entstand. Ebenso wurden die Aggregate zwischen den Drehgestellen mittels Schürzen kaschiert, wovon diese Wagenbauart ihre Bezeichnung erhielt. Windschnittigkeit hieß zum damaligen Zeitpunkt das Zauberwort. Neuartig war vor allem, dass hier der Wagenkasten und die Schürzen in die Tragekonstruktion einbezogen wurden. Die Höchstgeschwindigkeit dieser Fahrzeuge lag seinerzeit bei 150 km/h.
Um ein einheitliches Zugbild zu bieten, entschloss sich die MITROPA zum Ende der dreißiger Jahre einige Speisewagen in der Schürzenwagenoptik zu bestellen. So orderte man 1938 vierzig Speisewagen der Bauart WR4ü-39 in drei Lieferserien, die bei WUMAG in Görlitz und Linke-Hofmann in Breslau in Auftrag gegeben wurden. Es waren also lediglich weitere Bestellungen der Bauart WR4ü-35, die nur äußerlich den Schürzenwagen angepasst wurden. Den neuartigen Konstruktionsprinzipien der Schürzenwagen entsprachen sie nicht. Sie boten 42 Reisenden Platz, die sich auf zwei Großräume verteilten. Hinzu kam ein Personalabteil mit zwei Sitzplätzen. Gekocht wurde auf einem Kohleherd, die Belüftung erfolgte mittels Wendler-Lüftern. Die Beheizung war sowohl mittels Dampf- als auch mittels E-Heizung möglich. Als Drehgestelle wurden solche der Bauart Görlitz-III schwer mit vierfacher Federung verwendet. Jedes Drehgestell besaß eine eigene, riemengetriebene Lichtmaschine. Bis 1940 wurden 110 Fahrzeuge in drei Serien bestellt (1148 – 1187, 1188 – 1217 und 1218 – 1257). Von letzterer wurden dann aus den bekannten Gründen bis 1942 nur noch neun Wagen (1218 – 1226) abgeliefert. Danach waren „andere Sachen“ wichtiger.
Nach dem zweiten Weltkrieg übernahm die DSG dreißig dieser Speisewagen in ihren Bestand und ließ sie zu Beginn der fünfziger Jahre aufarbeiten. Dabei kam es zu einem Tausch zweier Wagennummern. Der 1154 wurde zum 1146 II. Belegung, die eigentlich einem WR4ü-35 vorbehalten gewesen wäre, der 1221 wurde zum 1215 II. Belegung. Der Grund für dieses Vorgehen ist heute nicht mehr nachvollziehbar. Bis etwa 1958 waren dann alle Wagen RIC-fähig. Um diese Zeit erhielten die Wagen Gummiwulst-Übergänge anstelle der bisherigen Faltenbälge, auch, da nicht alle Faltenbalgwagen mit Gummiwulstwagen kuppelbar waren. Es folgte zu Beginn der 60er Jahre eine Klimaanlage der Firma LUWA, äußerlich an den beiden übereinanderliegenden Ansauggittern am Speiseraumende zu erkennen. Bis 1968 wurden alle Wagen so ausgerüstet. Bereits 1963 mussten zwei Fahrzeuge kurz nacheinander ausscheiden. Der 1213 brannte aus und der 1169 wurde wegen seines schlechten Allgemeinzustandes außer Dienst gestellt. 1962 erhielt der 1215 II. als erster Schürzenspeisewagen Drehgestelle der Bauart Minden-Deutz, die ihn 160 km/h-fähig machten. Erst um 1968 fuhr man mit dieser Umrüstung fort, die bis 1974 abgeschlossen war. Zu Beginn der siebziger Jahre wurde bei den Wagen die Küche noch einmal aufgearbeitet und der Kohleherd durch einen Ölherd ersetzt. Außerdem musste die Verglasung mit Sicherheitsglas ausgeführt werden, um weiterhin international einsetzbar zu sein. Einige Wagen wurden lauftechnisch noch für 160 km/h hergerichtet.
Wie alle anderen Speisewagen auch, wechselten die WR4ü-39 am 01. Januar 1966 in den Bestand der DB. Die Wagen erhielten nun fünfstellige Nummern, wobei allerdings lediglich zwischen erste und zweite Ziffer eine „0“ gesetzt wurde. Ende 1966 erhielten die Wagen dann das UIC-Nummernschema und wurden als WRüge 152 bezeichnet. Dabei behielten die Fahrzeuge ihre letzten drei Ziffern als Ordnungsnummer. Hier trat bei einem Wagen erstmals das Problem einer Doppelbelegung auf. Der 10215 (ex-1215 II.) sollte als - zum damaligen Zeitpunkt - einziger für 160 km/h ertüchtigter Schürzenwagen, die Nummer 51 80 88-80 215 erhalten. Da diese Nummer jedoch kurzfristig einem neugelieferten WRmh 132 zugeordnet wurde, wurde unser 10215 zum 51 80 88-80
015. Alle 28 verbliebenen Wagen waren noch 1971 im Bestand. Allerdings hatten sich im Laufe der Jahre die Ziffern für Heizungsbauarten und Höchstgeschwindigkeit verändert, da weitere Wagen durch Umbauten 160 km/h-fähig wurden, bzw. aus Dreispannungswagen Vierspannungswagen entstanden.
Doch ihr Stern war am sinken. 1978/79 wurden gleich 15 Wagen abgestellt und bald darauf ausgemustert, da nun (mehr oder weniger) ausreichend Neubaufahrzeuge zur Verfügung standen. Die restlichen 13 Wagen sollten 160 km/h ertüchtigt werden, was auch einen entsprechend guten Unterhaltungszustand bedingte. Ziel war, diese noch bis 1981 im Bestand zu halten. Allerdings wurde die 160 km/h-Fähigkeit wieder verworfen und in den Jahren 1980, 1981 und 1982 jeweils vier Fahrzeuge ausgemustert. Somit war der rote WRüge 152, 51 80 88-40 152-7, vom Bww Köln Hbf 1983 der letzte im Betrieb befindliche Schürzenspeisewagen.
Am 05. August 1983 konnte ich den WRüge 152, 51 80 88-40 152-7, in der Betriebsreserve in der Abstellgruppe von Köln Bbf fotografieren:
Etwa 1 ½ Jahre zuvor, am 02. März 1982, hatte W. Ballon (†) den Wagen an gleicher Stelle, allerdings gedreht (Gangseite) und in einem wesentlich besserem Lackzustand, an gleicher Stelle vorgefunden:
Ende 1983 trat er dann seine Reise ins AW Frankfurt/Main an, wo er im Laufe des Jahres1984 ausgemustert worden ist. D. Klug begegnete der Wagen bei der Überführung ins AW Frankfurt am 16. Dezember 1983 in Koblenz:
Am 08. August 1980 hatte ich im Holzkirchener Flügelbahnhof in München den WRüge 152, 51 80 88-40 150-1, vorgefunden. Er wurde nur noch für Sondereinsätze vorgehalten:
WRüge 152, 51 80 88-40 175-8, ist am 03. Mai 1981 im D 247 oder D 248, Aachen-Berlin-Aachen im Einsatz, als ihn ein unbekannter Eisenbahnfreund im Bild festhielt. Es waren in diesem Fahrplanabschnitt die letzten regelmäßigen D-Zugeinsätze der Schürzenspeisewagen. Planfahrzeuge waren der 88-40 175 und 176, 88-40 218 und 223 wurden vom Bf Köln als Reserve vorgehalten. Bis auf den roten 175 waren die drei anderen oceanblau-beige lackiert:
Am 03. November 1975 fotografierte G. Barths den oceanblau-beigen WRüge 152, 51 80 88-40 218-6, in Freiburg Hbf. 1972/73 verkehrte der Wagen in den D 575/576/578/579 zwischen Hamburg bzw. Bremerhaven-Lehe und Basel, 1976 u.a. im D 577, Ffm-Basel. Vermutlich handelt es sich hier um einen dieser Züge:
Dieser Wagen gelangt nach seiner Ausmusterung im April 1982 zur Krefelder Verkehrs AG (KREVAG). Am 09. Mai 1992 fotografierte ihn J. Stender im AW Krefeld-Oppum:
Der WRüge 152, 51 80 88-40 219-4, war einer von sechs (!) Schürzenspeisewagen (88-40 157, 88-46 160, 88-46 173, 88-46 187, 88-80 203 (kurzzeitig – ab etwa 1974/75 oceanblau-beige) und 88-40 219), die zu Beginn der siebziger Jahre die sogenannten „Pop-Farben“ rot-kieselgrau erhielten. Am 08. Juni 1981 steht der inzwischen stark ausgeblichene Wagen auf dem Stumpfgleis am Stellwerk in Frankfurt/Main Hbf, wo er als Trainigswagen für die DSG diente. Der Wagen wurde Mitte der siebziger Jahre hauptsächlich im Turnusverkehr eingesetzt. Hin und wieder kam es jedoch noch zu Sondereinsätzen, wie z.B. einem Monat zuvor, am 03. und 08. Mai 1981, in einem Sonderzugpaar München – Alkmaar (NL) und zurück:
Die bisher gezeigten Wagen waren für 140 km/h zugelassen und verfügten neben einer Dampfheizung über eine Vierspannungsheizung (Wechselstr. 1000 V, 16 2/3 Hz; Wechselstr. 1500 V, 50 Hz; Gleichstrom 1500 V und Gleichstrom 3000 V). Daher auch die Ziffernfolge „40“ in der Wagennummer.
Bei dem nun folgenden WRüge 152, 51 80 88-4
6 160-4, fehlte die Heizanlage für 3000 V Gleichstrom. Th. Lange fotografierte den ebenfalls in Pop-Farben lackierten Wagen um 1976 in München Hbf. Bei dem Zug handelt es sich vermutlich um den D 790, München – Kassel:
Hier sehen wir einen allerdings schon im Mai 1982 ausgemusterten WRüge 152, der für 160 km/h zugelassen war. Es ist der 51 80 88-80 146-0, der hier im AW Duisburg-Wedau hinterstellt ist. M. Mandelartz fotografierte ihn dort am 13. August 1983:
Im Sommer 1979 lief er planmäßig im Zugpaar D 214/D 215, München – Hoek v. Holland - München. Ab Dezember 1980 war er für ein knappes Jahr zusammen mit dem WRüge 152, 51 80 88-40 152-7, an die Nederlandse Spoorwegen (NS) vermietet, die ihn in ihren Turnuszügen einsetzte.
Für ihn war hier jedoch noch nicht Endstation. Anlässlich des 150-jährigen Jubiläums der deutschen Eisenbahnen 1985 wurde er aufgearbeitet und war in der Folgezeit bei zahlreichen Sonderfahrten dabei. G.Brickwedde fotografierte den Wagen am 03. August 1988 im Bww Hamburg-Langenfelde:
Der am 18. Januar 1979 ausgemusterte WRüge 152, 51 80 88-80 191-6, vorm. 51 80 88-40 220-2, wurde im selben Jahr vom EK erworben und lief dort als 51 80 09-80 101-1 P. Im Dezember 1983 ist er in einem von 38 1772 geführten Dampfzug auf der Teutoburger-Wald-Eisenbahn (TWE) bei Lienen unterwegs:
Am 28. März 1986 ist der Wagen auf dem Gelände der DEG-Hauptwerkstätte Lengerich-Hohne (TWE) zu sehen:
WRüge 152, 51 80 09-80 101-1 P, ist hier am 23. Juni 1989, jetzt im neuen Outfit, in einem Sonderzug in Hamburg Hbf zu sehen, als G. Brickwedde auf den Auslöser drückt:
Am 07. Mai 1993 ist der Wagen bereits für die IGE Eisenbahn-Touristik unterwegs, als er von A. Lehnert in Nürnberg Hbf hinter einer Serien-120 im Bild festgehalten wurde:
Bereits am 04. Oktober 1979 wurde der WRüge 152, 51 80 88-80 189-0, bei der DB ausgemustert. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch die DSG auf der Suche nach einem Speisewagen für die Personalausbildung. Seit dem Besitzerwechsel 1966 musste die DSG dazu einen Wagen der DB mieten, was angesichts der Speisewagenknappheit, insbesondere durch die Einführung von IC 79 immer problematischer wurde. Daher entschloss sich die DSG von der DB einen ausgemusterten WRüge 152 zu erwerben, um ihn dann mit einer elektrischen Küche, wie sie im WRmz 135 zur Anwendung kam, zu versehen und hier das Personal – Köche, aber auch Kellner und Stewardessen – praxisgerecht schulen zu können. Dazu waren umfangreiche Umbauten vorzunehmen und so dauerte es bis zum 11. September 1981, bis der Wagen der Presse präsentiert werden konnte. Er wurde bei der DB als Privatwagen mit der Nummer WRüge 152, 50 80 08-70 189-0, eingestellt. Am 01. Oktober 1983 fotografierte M. Mandelartz den Wagen als „DSG-Trainingstreff“ auf seinem Abstellplatz (Gleis 155?) am Frankfurter Hbf:
Im Sommer 1989 erhielt der Wagen dann eine Lackierung in den neuen IC-Produktfarben. Mit diesem Outfit, und nun als „DSG-Trainingscenter“ bezeichnet, fotografierte ich den Wagen in Frankfurt/Main an gleicher Stelle wie auf dem Bild zuvor, am 25. Februar 1990:
Ein Sonderling war der WRüge 152, 51 80 88-80 140-3 (ex-1140), der von der Bauart her eigentlich ein WR4ü-35 war und somit auch keinen windschnittigen Wagenkasten und keine Schürzen besaß. Dieser WRüge 152, 51 80 88-80 140-3, wurde vermutlich in den Sechzigern analog zu den Schürzenspeisewagen modernisiert, was auch an den Ansauggittern für die Klimaanlage zu erkennen ist. Zudem wurde er durch Einbau von Drehgestellen der Bauart Minden-Deutz lauftechnisch (da klotzgebremst) für 160 km/h hergerichtet. Aufgrund dieser modifizierten Ausstattungen reihte man ihn dann wohl als WRüge 152 ein, da er so freizügig mit den Schürzenspeisewagen einsetztbar war. Er wurde erst am 10. Mai 1982 ausgemustert. Seltsamerweise erhielt auch der ehemalige 1130 eine Klimaanlage, wurde aber weiterhin als WRüg(e) 151, 51 80 88-46 130-7, geführt.
W. Ballon (†) fotografierte den WRüge 152, 51 80 88-80 140-3, am 11. August 1982 auf dem Gelände des AW Krefeld-Oppum:
Noch ein weiterer Sonderling verirrte sich zu den WRüge 152. Es war der sechsachsige WR6üg 152.1, 51 80 88-40 227-7, ein ehemaliger Salonwagen (SalWR6ü 10245 II. Besetzung). Im EK 03/84 ist auf Seite 16 eine Farbaufnahme des Wagens bei der DB zu finden. Es soll sich bei dem Fahrzeug um ein Gastgeschenk Hitlers an den „Duce“, Benito Mussolini, gehandelt haben, das 1940 von der Wehrmacht nach Deutschland zurück geholt worden sein soll, nachdem sich Hitler und Mussolini zerstritten hatten. Er wurde später ohne Drehgestelle als Klubheim des Eisenbahner Sportvereins auf dem Gelände des Bw Gelsenkirchen-Bismarck aufgestellt, fiel jedoch in den Achtzigern einem Brandanschlag zum Opfer.
Thomas Nebelung fotografierte das Clubheim in Gelsenkirchen-Bismarck um 1980 herum:
Bis neulich – natürlich im HistFor
Rolf Köstner
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Man hat nicht richtig gelebt, wenn man nie in einem ICE gesessen hat, der in Hamm geteilt worden ist.
Ich bin ein Boomer!
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2007:07:11:17:58:41.