Negative Schlagzeilen verkaufen sich in der Presse bekanntlich am besten. Ganz ähnlich ist es ja wohl mit den Darstellungen geradezu unsäglicher Zustände, wenn es um die Bahn geht. Die „Grüne Hölle Wipperfürth“ und das „Schrecklich schöne Gummersbach“ haben davon in den letzten Tagen ein beredtes Zeugnis abgelegt.
Und jetzt Niederseßmar, ein Stadtteil von Gummersbach, aber nicht an der Strecke nach Hagen gelegen, sondern an der ersten Bahn, die das Oberbergische erschlossen hat: der Verbindung nach Olpe. Niederseßmar war einmal der erste Bahnhof auf Gummersbacher Stadtgebiet und trug demzufolge auch früher den Stationsnamen Gummersbach. Erst als die Innenstadt einen eigenen Bahnhof an der Hagener Strecke erhielt, wurde Niederseßmar auch so umbenannt.
Einst war der Bahnhof ziemlich wichtig. Hier hatten die „Gummersbacher Kleinbahnen“ ihren Betriebs- und Übergabebahnhof zu Reichsbahn. Große Mengen Schotter und Steineprodukte wurden hier übergeben, aber auch Kalkprodukte und Lebensmittel (Konsumlager). Außerdem gab es einen regional wichtigen Schlachthof, für den Vieh angeliefert wurde.
Von all den Anlagen ist heute fast nichts mehr zu sehen. Die Gleisanlagen sind im Laufe der Zeit bis zur Unkenntlichkeit vereinfacht worden. Seit Ende 1996 ist der Gesamtverkehr eingestellt, die Abzweigweiche in Dieringhausen schon einige Jahre ausgebaut.
Sechs Bilder habe ich von der östlichen Bahnhofsein- bzw. –ausfahrt. Da überquerte die eingleisige Strecke unmittelbar hinter einem unbeschrankten BÜ auf einer Blechträgerbrücke die Agger. Das heißt, eigentlich lagen hier auf zwei nebeneinanderliegenden Brücken zwei Gleise, die sich allerdings wenige Meter weiter vereinigten. Das zweite Gleis ist jedoch schon (vmtl.) in den 50er Jahren entfernt, die Weiche vor den BÜ verlegt worden.
Ende der 80er Jahre führten die Eisenbahnfreunde Flügelrad Oberberg mit einer Einheit 795/995 Pendelfahrten zwischen Dieringhausen und Derschlag durch. Anläßlich dieser Fahrten sind die Aufnahmen entstanden.
Das Bahnhofsgelände präsentiert sich heute weitgehend als Müllhaufen und Brachfläche. Wild durcheinanderliegende Gleisreste udnallerhand Unrat prägen das Bild. Die Nachbarschaft durchaus vornehm: Ein Containerdienst mit Lkw und Schuttmulden, ein Entsorgungsbetrieb für Chemikalien und Krankenhausabfälle (!), eine Tankstelle und ein McDoof-ähnlicher Schnellimbiß. Und natürlich Parkplätzt... Bedarf es weiterer Erklärungen?
Die Aufnahme zeigt den erwähnten Schom auf Richtung Derschlag einfahrend in Niederseßmar, auf der Aggerbrücke. Im Hintergrund ost die schmale Straßenbrücke der Ahestraße zu erkennen, die die Bahn rechtwinkelig quert und noch heute – obwohl längst überflüssig – ein Verkehrshindernis darstellt.
Die aktuelle Ansicht sieht so aus. Das Gleis liegt zwar noch, aber wohl nur, weil Wegreißen Geld kostet. Auf der Trasse des früheren (kurzen) zweiten Gleises wurde ein Fußweg installiert, der zur erwähnten Straßenbrücke führt. Dank dieses sicher sinnvollen Weges brauchen Fußgänger nicht mehr die enge, randweglose Ahestraße zu begehen. Immerhin, ein Vorteil gegenüber früher. Von der Straßenbrücke ist wegen des Bewuchses kaum was zu erkennen.
Ein Nachschuss auf den Schienenbus, der soeben in den Bahnhof rollt. Rechts am Bildrand sind die alten Viehverladeanlagen noch zu erkennen. Von dort kam auch das Anschlussgleis der Kleinbahnen. Bei dem Hochhaus am Bildrand handelt es sich um die Theodor-Heuss-Akademie, eine mit Unterstützung von FDP-Kienbaum nach Niederseßmar geholte Partei-Bettenburg. Paßt doch bestens in die Landschaft, oder???
Das Gleis, auf dem vor Jahren der Schienenbus rollte, liegt nur noch im Straßenplanum. Der Rest wurde einplaniert und zum Parkplatz umfunkioniert. Rechts das Hamburger-Spezialitätenrestaurant, dahinter die Tankstelle. Über den Autodächer ist das Empfangsgebäude gerade noch zu sehen. Es steht schon seit Jahren leer...
Noch einmal der Schom, diesmal fährt er in Richtung Derschlag und wurde von der Brücke Ahestraße aufgenommen. Bemerkenswert ist der im Hintergrund parkende VW Bully von Herrn H.R. Die erste Fahrt am Volant dieses edlen Gefährts führte auch über die erwähnte Brücke, gell Herr R:?
Eina aktuelle Aufnahme aus identischer Perspektive lohnt nicht, denn das Objektiv würde direkt in üppiges Grünzeug zeigen. Deshalb hier ein Bild, das einige Schritte weiter links entstand und einen besseren Eindruck liefert ale der Blätterwald. Kommentare dürften sich erübrigen.
Soweit die Betrachtungen von Niederseßmar. Viel Freude beim Betrachten wünscht
Der Bergische!