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? zu Trajektgleis südl. Bonn Hbf

geschrieben von: 44-tonner

Datum: 30.08.04 00:34

Hallo Rheinländer,

wie ich gelesem habe, ist das Trajekt von Bonn rüber nach Ramersdorf auf die andere Rheinseite ca. kurz nach dem 1. Weltkrieg stillgelegt wurden. Was mich erstaunte ist, dass das Gleis vom südlichen Bahnhofskopf des Bonner Hbf noch bis in die 80er Jahre auf ca. 1 km Länge bis auf Höhe des Zollamtes (heute steht dort die Bundeskunsthalle) neben den Streckengleisen Köln - Koblenz lag. Die Verbindung zum Zollamt wurde wohl mit der Straßenbahnumleitungsstrecke Anfang 1970 gekappt.
Wozu blieb das Gleis so lange liegen? Hatte es noch einen Nutzen?

Gruß
Olaf

Re: ? zu Trajektgleis südl. Bonn Hbf

geschrieben von: Kurt

Datum: 30.08.04 11:03

Ich hab keinerlaie Zugbewegungen dort mehr beobachten können. Lediglich das Stumpfgleis im Hauptbahnhof wurde zu Ausstellungszwecken gelegentlich noch mit Wagen und Loks beschickt. Als letzte hatte ich dort eine E40 mit 3 resiezugwagen stehen sehen, muß so etwa 1986 gewesen sein. Ansonsten wurde das Gleis bius runter in die Rheinaue zwiemlich von der Natur erobert. Lediglich parallel zur Kaiserstraße hat es wohl von der Unkrautbekämpfung auf den Hauptgleisen immer mit profitiert.

Gruß,



Kurt

Re: ? zu Trajektgleis südl. Bonn Hbf

geschrieben von: DerTalentierteThalys

Datum: 30.08.04 11:38

Das Gleis lag - und liegt in Resten heute noch - bis kurz hinter dem Bahnübergang Rheinweg. An der Stelle, an der es von der Hauptstrecke abbog, war es zumindest seit den siebziger Jahren gekappt. In den späten siebzigern und vielleicht auch noch in den ersten Jahren der Achtziger fuhr von Zeit zu Zeit schon mal eine Draisine über das Gleis bis unmmittelbar vor den Bahnübergang Rheinweg. Dort wurde die Draisine dann per Muskelkraft gedreht und es ging zurück.

Erstaunlicherweise wurde das Gleis beim Bau des Radweges an der Kaiserstraße - müßte zu Beginn der achtziger Jahre gewesen sein - nicht angetastet, obwohl der Radweg dadurch an einer Stelle sehr schmal wurde.

Inzwischen ist das Gleis durch mehrere bauliche Veränderungen unterbrochen. An den Bahnübergängen ist es rausgenommen worden. Die Einführung in den Hbf dürfte 1992/1993 dem Umbau des Hbf zum Opfer gefallen sein - zunächst dem Behelfsbahnsteig für Züge Richtung Köln und dann dem neuen Bahnsteig 1. Der Radweg ist inzwischen doch verbreitert worden - müßte so Mitte/eher Ende der neunziger Jahre geschehen sein. Bei der Erneuerung der Oberleitungsmasten wurden diese in das Gleis gesetzt. Ich hatte das Gefühl, dass erst mit der Erneuerung der Masten und der Radwegverbreiterung - das müßte zeitlich nahe beieinander geschehen sein - die entgültige Entscheidung gefallen war, die Trasse nicht mehr zu nutzen.

Warum das Gleis so lange erhalten blieb, habe ich mich allerdings auch schon oft gefragt und würde mich auch interessieren. Es gab ja lange Zeit mal die Überlegung, eine S-Bahn-Linie einzurichten mit einem Haltepunkte in der Höhe des Regierungsviertels. Vielleicht wollte man sich in diesem Zusammenhang einen dreigleisigen Ausbau der Strecke bis Godesberg offenhalten?! Das Ganze dürfte sich dann mit dem Regierungsumzug erledigt haben.

Re: ? zu Trajektgleis südl. Bonn Hbf

geschrieben von: 44-tonner

Datum: 30.08.04 12:15

Das mit der S-Bahn zum Haltepunkt Regierungsviertel hört sich plausibel an.

Ansonsten bin ich gespannt, ob noch eine weitere Erklärung kommt.

Gruß Olaf

Re: ? zu Trajektgleis südl. Bonn Hbf

geschrieben von: Anonymer Teilnehmer

Datum: 30.08.04 22:32

Hallo Forum,
auf der Bonner Trajektseite (Gronau) wurden noch Kohlewaggons zugestellt und abgestellt war dort oft ein langer fensterloser Ausstellungszug (Siemens?)
Ansonsten bekam die Kohlenhandlung Tenten (nahe des Zollamts) Wagen. Nach dem Abriß von Tenten entstand dort ein Platz auf dem oft der Zirkus gastierte. Durch den Straßenbau und das Ende von Tenten war zumindest der Sinn des Trajektgleises entfallen. Die Sache mit der Nutzung als S-Bahn stimmt so. Diese sollte aber in Höhe des Landesbehördenhauses erstmal enden. Später weiter bis Bad Godesberg. Das Gleis an der Kaiserstraße wurde noch genutzt um parallel zur Hauptstrecke Gleisarbeiten durchzuführen.
Soviel zu den Weisheiten meines Dad, als er in der Uni Bonn döööste.
Gruß
Fdl.Pronsfeld

Re: ? zu Trajektgleis südl. Bonn Hbf

geschrieben von: rheinpfeil

Datum: 30.08.04 22:34

Hallo, Olaf!
Das Trajektgleis führte nicht nur zu der Anlegestelle der Schiffe, sondern auch zu einigen Anschließern ("Güterbahnhof Kessenich"). Dieser "Bahnhof" war bis nach dem Zweiten Weltkrieg noch in Betrieb; ähnlich auf der anderen Rheinseite in Oberkassel, wo sich eine Schiffswerft angesiedelt hatte. Wann genau die Stillegung erfolgt ist, muss ich erst nachsehen; die Literatur habe ich momentan nicht zur Hand. Du hörst dann von mir...
Herzliche Grüße vom Drachenfels
Rheinpfeil

Re: ? zu Trajektgleis südl. Bonn Hbf

geschrieben von: rheinpfeil

Datum: 31.08.04 11:04

Hallo,
wie versprochen, noch einige Infromationen zum Trajekt und den zugehörigen Gleisanlagen:
Quelle:

Klaus Kemp, Das Trajekt Bonn-Oberkassel, in: Bonner Geschichtsblätter 35/1984, S. 187-214.

April 1869 Baubeginn der Trajektbahn – von der Blockstelle Kessenich über einen Bogen nach Osten durch einen Einschnitt unter der Köln-Koblenzer Chaussee hindurch (der heutigen B 9). Dort lag der Trajektbahnhof, der für den Fährverkehr zuständig war und nebenbei als Güterbahnhof diente. Der Einschnitt (südlich des neuen Post-Tower) wird heute noch von der Straße benutzt, die unter der B 9 hindurchführt.
Das bewusste dritte Gleis zwischen Kessenich und Bonn wurde 1970 gelegt, als man erkannte, dass die vorhandenen Anlagen nicht ausreichen würden.
11.Juli 1870 Eröffnung des Trajekts
12. September 1870 Eröffnung des dritten Gleises nach Bonn
Betrieb der Trajektbahn als eingleisige Nebenbahn
In der Folgezeit Ansiedlung von Gewerbebetrieben an der Trajektbahn (Ziegeleien, Kalkbrennereien, Sägewerke, Bonner Wasserwerk). Daher Anlage eines Güterbahnhofes in der Nähe der B 9, v.a. für die Mehlemsche Steingutfabrik an der Koblenzer Straße. Entwicklung eines regen Güterverkehrs (1913: 29 401 Tonnen Empfang und 1076 Tonnen Versand). Bau von Wohnhäusern für Bahnangestellte.
In den 1880er Jahren Umbau des Bonner Bahnhofs; das Trajektgleis bekam einen eigenen Bahnsteig mit Drehscheibe und Umfahrmöglichkeit
2. August 1914 vorläufige Einstellung des Fährverkehrs – 1919 endgültig
1. Februar 1922 trotz starker Proteste Umwandlung des Trajektbahnhofs Kessenich in eine Ladestelle - Kosten der Überstellung von Wagen von Bonn-Güterbahnhof hierher ab jetzt jeweils 50 Mark.
Verkehrssteigerung während der Besatzungszeit, da die französischen Truppen hier Vorratslager unterhielten.
Durch die Planungen für einen Grüngürtel um Bonn herum allerdings mehr und mehr Wegzug bzw. Schließung vieler ansässiger Betriebe
Nach dem zweiten Weltkrieg Überlegungen zur Reaktivierung des Trajekts in Form einer provisorischen Schiffbrücke (nicht ausgeführt)
Auf dem Gelände der Steingutfabrik nach dem Krieg Niederlassung einer Kohlehand-lung (später auch Heizölvertrieb), auch Zwischenlager für Kohle der US-Besatzungstruppen, teils sogar Ganzzugverkehr! 1955 Aufgabe des Geländes durch die Amerikaner, Lagerhallen durch Glasfabrik genutzt
Weitere Nutzung des Bahnhofs Trajekt für umliegende Kleinbetriebe und zur Energie-versorgung der Bundesbauten, hin und wieder sogar Personen-Sonderverkehr zum Sportplatz Gronau.
Nach Wegzug der Industrie Verkrautung der Gleise; der Verkehr wäre somit nach Kemp nie formell aufgegeben worden, sondern eingeschlafen. Das wäre allerdings zu überprüfen. Um 1970 wurde das Empfangsgebäude im Zuge des Neubaus der Bonner Südbrücke abgerissen. 1973 – während des U-Bahn-Baus, wurde vorübergehend die seinerzeitige Straßenbahnline 3 hinter dem Bonncenter auf die alte Trajektbahntrasse verlegt. 1975 wurde die Stadtbahn eröffnet und diese Strecke wieder aufgegeben. Das übrige Gleis nach Bonn blieb liegen. Es wurde gern für Bauzüge genutzt, da die linke Rheinstrecke sehr stark befahren ist. Das ist im Prinzip der Zustand bis heute

Soweit fürs Erste
Rheinpfeil

Sehr interessant! Danke! Nur ein kleiner

geschrieben von: DerTalentierteThalys

Datum: 31.08.04 15:20

Tippfehler:
"Das bewusste dritte Gleis zwischen Kessenich und Bonn wurde 1970 gelegt, ...". Muß natürlich 1870 heißen.

Re: Sehr interessant! Danke! Nur ein kleiner

geschrieben von: 44-tonner

Datum: 03.09.04 20:36

Vielen Dank für die interessanten Beiträge - sehr interessant gewesen!

Gruß

Olaf