28.07.79
Yolcati ist mal wieder ein gottverlassener Bahnhof irgendwo in der Pampa Ostanatolien. Hier verzweigt sich nach der Querung des Euphrats die Strecke Richtung Elazig, Tatvan, Van-See, Iran (die Verbindung war damals gerade frisch unterbrochen. Die islamische Revolution in Persien lag nur wenige Monate zurück) und in Richtung Kurdistan (Dyabakir, Kurtalan). Aufgrund lausiger Verbindungen auf der Schiene - der Van-Gölü-Expres fuhr nur alle zwei Tage, der Yolcu (Fernpersonenzug) Izmir-Kurtalan nur nachts – fuhren wir Dolmus (Sammeltaxi). Lt. Karte liegt Yolcati an der Fernstraße, wir also mitten in der anatloischen Hochebene aus dem Kleinbus gefallen. Die anderen Businsassen konnten es nicht glauben und wollten uns geradezu am Aussteigen hindern. Glück gehabt: Yolcati lag dort tatsächlich. Den Nachmittag dort verbracht, durchaus Betrieb mit diversen 56.0 und DE 24.
Hier im Osten waren die Bedingungen schon etwas härter. Neben uns Bahn -Herumhängern waren zahlreiche Hobos unterwegs, die wohl als Wanderarbeiter zum Teil auf den Güterzügen, sei es auf Plattformen, Bremserhäuschen oder in Leerwagen reisten (Hat jemand vom erlauchten Publikum vielleicht die Filme von Yilmaz Güney „Yol“ (Der Weg) oder „Sütü“ (Die Herde) gesehen?). Kurz und gut: Als unsre Rucksäcke nicht beaufsichtigt wurden, wurden wir beklaut. Glück im Unglück! Schmerzlichster Verlust der Reisewecker und nicht etwa die belichteten Filme (oder die Klopapierrolle).
Nachts mit dem Van-Gölü-Expres durch den Scheiteltunnel nach Baskil. Rest der Nacht mal wieder im Bekleme Salonu.
29.07.79 (Sonntag, heute vor 25 Jahren!)
Baskil ist ein Kaff in einem Seitental des Euphrats. Den Tipp, Baskil aufzusuchen, hatte Dg 53752 im Frühjahr 1979 von einem britischen Fan in Frankfurt erhalten.
Morgens zunächst der Van-Gölü-Expres.
In Baskil windet sich die Strecke so hinauf, so dass wir einen Zug tatsächlich vier mal fotografieren konnten (indem wir denselben bei sengender Sonne zu Fuß mit Gepäck auf dem Rücken verfolgt haben und zwar durch Abschneiden der Serpentinen!).
In allen drei Aufnahmen ist dasselbe Viadukt zu erkennen, in der letzten unterhalb der Brücke über das trocken gefallene Flussbett!
Nach dieser Verfolgung waren wir so platt, dass wir den Rest des Tages nur noch im Bahnhof herumlungern konnten. Wiederum viele Hobos, unser Durstlage wurde von geschäftstüchtigen Jungen ausgenutzt: Die von uns mitgenommenen Zigaretten zur wohlwollenden Beeinflussung von Eisenbahnern haben wir gegen schnöde Salatgurken eingetauscht (die immerhin bauartbedingt hygienisch verpackt sind).
Immerhin weitere Züge mit 56.0.
56.041
Am Spätnachmittag mit dem Yolcu Kurtalen–Izmir in Richtung Malatya hinter 56.006. Der Lokführer fuhr recht scharf, insbesondere nach der Querung des Euphrat, um das Tal wieder zu verlassen. Plötzlich schleudert die Maschine (zumindest klang das so) unkontrolliert, dann eine Schnellbremsung, der Zug stand. Das Personal stand am Triebwerk und kratzte sich am Hinterkopf: Triebwerksschaden. Der Bolzen zwischen Voreilhebel und Lenkerstange (heißen die Teile so?) war verlorengegangen. Auf dem folgenden Bild sieht man, wie der Heizer am Zugende auf der Suche nach dem Bolzen ist. Immerhin war diese Suche erfolgreich, der Bolzen wurde wieder eingebaut, mit einem umgebogenen Nagel gesichert und weiter ging es.(Das beweist wiederum, dass eine Dampflok zwar ständiger Pflege bedarf, aber halt doch mit dem Hammer repariert werden kann!).
Im Bild übrigens auch Dg 53752. Wer erkennt ihn?
Das Problem ist erkennbar!
Abends in Malatya in den Fernbus nach Kayseri, ca. 400 km, davon nicht unwesentliche Teile auf Staubpisten! Eine fantastische Reise teils bei Mondschein!
Und wie geht die Geschichte weiter? Würden zwei Nächste unterwegs die beiden Eisenbahnfreunde vollends platt machen? Was machen Ramadan und Darmerreger? Würde nach der bisherigen Baureihenvielfalt das Angebot überhaupt noch zu steigern sein?
Viele Fragen, die Antworten darauf demnächst (Ihr wertes Interesse vorausgesetzt) in diesem Forum. UND NOCH EINE BITTE: Ich habe zwar ein paar positive Rückmeldungen erhalten. Aber wenn der Leserschaft der Reisebericht zu textlastig ist, lasst mich das wissen. WIR KÖNNEN AUCH ANDERS! Und außerdem macht das Schreiben Arbeit!
Karabük, 29.07.2004
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